Sonntag, 28. Juli 2013

falsches Beten

Raffael, betender Heiliger
»Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.« (Lk 18,10-14; Leseordnung im Messbuch von 1962)

Beide, der Zöllner und der Pharisäer haben eine Sehnsucht nach Gott, beide zieht es in den Tempel.
Aber der Pharisäer begegnet uns als ein exaltiertes Beispiel, was man dabei alles falsch machen kann. Und er macht wirklich alles falsch. Er stellt sich, wohl mit großer Selbstsicherheit, vorne hin und blickt unverwunden auf. Sein "Dank", den er Gott bringt, ist nichts weiter als Selbstlob. Er tritt nicht für den anderen ein oder betet gar für dessen Bekehrung, sondern verurteilt ihn, als sei er an Gottes statt (oder vielmehr an der des Teufels: Offb 12,10). Er bittet um nichts, sondern prahlt. Er schachert mit Gott, will ihn regelrecht bestechen. Im Gebet des Pharisäers kommt Gott nur als Hülse vor, als Wand auf die zu er sein Eigenlob spricht, als Spiegel, vor dem er sich in Pose bringt. Dieser Pharisäer ist richtiggehend krank im Kopf, krankhaft egoistisch und selbstherrlich; von sich selbst und Gott entfremdet, verblendet und eingeschlossen in einen selbstgebauten Kerker. Auf alles und jeden trampelt er für den kleinsten Vorteil, für das kleinste bisschen Prestige, für jede Prise  Bestätigung und Abgrenzung.
Dieser Pharisäer wird uns natürlich grell überzeichnet dargestellt. Das soll uns warnen: Ein jeder dieser Fehler ist schon fatal.

Der Zöllner hingegen ist gesund. Er weiß um seine Sünde, um seine Nichtigkeit, er weiß um die Notwendigkeit des göttlichen Erbarmens. Immer.
Ich hatte anlässlich der aktuellen superpeinlichen Priesterentblödung in Freiburg das Folgende (hier) erwähnt:
Einer der maßgeblichen Köpfe hinter dem Aufruf, der Freiburger Pfarrer Konrad Irslinger, hat in seiner Pfarrei das "Herr ich bin nicht würdig..." abgeschafft und durch "Herr, ich danke dir, dass du mich würdig gemacht hast" ersetzt. In der Erklärung "Kirche 2013" spiegelt sich das deutlich wieder, wenn es dort heißt: Christus habe "uns wür­dig gemacht [...] am Kreuz durch seine Lebenshingabe".

In Zeiten, da man um die Abschaffung des Zölibats, die Einführung des Frauen"priestertums" und ein "Recht auf Abtreibung" betet, ist die Aktualität von Jesu Gleichnis unübertroffen.
Mir scheint, die Zusage Jesu "bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten" ist leicht misszuverstehen, wenn man ignoriert, dass sie in einem Konditionalsatz verpackt ist: "Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten." (Joh 15,7)

1 Kommentar:

  1. Hw. Irslingers Variante habe ich im Pfarrblatt als Besinnungsimpuls gelesen - hat er das echt auch in die Liturgie eingeführt?

    Aber man soll ja nicht nur meckern: Im neuesten Pfarrbrief kam im Rahmen der Besinnungslyrik, die meistens das Titelblatt füllt, sogar ausdrücklich das Wort "Gott" vor! ;-)

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