Samstag, 26. Oktober 2019

Gefährliche eucharistische Anbetung

Vor ein paar Tagen hat ein Artikel auf katholisch.de für Furore gesorgt (HIER), weil darin die eucharistische Anbetung auf Recht merkwürdige Weise herabgesetzt und suspekt gemacht wurde. (Es wurde u.a. ein für mich nicht nachvollziehbarer Zahlenvergleich mit irgend so einer dubiosen politischen Organisation bemüht, die sich als "katholische Jugend" tarnt.) Und nebenbei wurde dadurch die Werbetrommel für den "Adoratio"-Kongress gerührt. (Ich würde gerne selber teilnehmen, kann aber leider nicht.)

Mich hat jener Artikel schockiert, aber nicht sonderlich überrascht. Die Theologie in Deutschland und auch die Reflektionsprozesse in den deutschen Kirchenbehörden sind seit ein paar Jahren (ausgelöst durch das Phänomen "Nightfever") damit beschäftigt, nicht selten missgünstig auf die eucharistische Anbetung zu blicken.
Solche Reaktionen kommen zu einem Gutteil daher, dass alle gebräuchlichen religions-soziologischen Modelle, mit denen man hier wie dort arbeitet und die quasi die "Offenbarungsquelle" für das die Pastoral bestimmende "Lehramt" sind, diesen Trend weder vorhergesagt haben noch irgendwie erklären können. Man ist also zunächst einmal schlicht ratlos und weiß nicht, was man davon halten oder wie man damit umgehen soll. Darum wurde Nightfever in der Theologie und in vielen Diözesen auch so lange ignoriert, bis es nicht mehr zu ignorieren war.

Ein anderer Grund für die abweisende Reaktion auf ein Erblühen der eucharistischen Anbetung liegt wohl darin begründet, dass diese fundamental im Widerspruch zu dem steht, was im Kern des theologischen Mainstreams seit Jahren nicht mehr wie früher nur festgestellt, sondern aktiv betrieben wird: die Entsakralisierung. (Vgl. auch meinen Beitrag "Über die Angst vor bekehrten Christen".) Es gibt eine inzwischen tief sitzende Abneigung gegen das Heilige, was u.a. daran liegt, dass es nicht demokratisch einzuebnen ist und nicht dem "Machen" unterworfen werden kann. Wenn es das Heilige, das Sakrale gibt, dann ist hier etwas nicht "auf Augenhöhe" und damit inkompatibel mit der herrschenden Ideologie. Die Folgen dieser Abneigung werden augenfällig in mancher Kirchenarchitektur, aber mehr noch in pastoralen Programmen deutscher Diözesen und natürlich in der sich selbst "theologisch" nennenden Literatur.
Die eucharistische Anbetung - oder allgemeiner: die unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen - passt nicht in das, was den Verantwortlichen in Theologie und Bistumsverwaltung wichtig ist: sie widerspricht dem Konsens zwischen Theologie und Pastoral, sie widerspricht den Prognosen und Planungen, und sie widerspricht v.a. der aktiv angestrebten Umgestaltung des gläubigen Bewusstseins (weg von Dingen wie Geheimnis, Sünde, Heiligkeit, Wahrheit etc.). (Randnotiz: In Freiburg, Regensburg und Paderborn wurde in den vergangenen Jahren [2008, 2009 {aktualisiert 2016} und 2017] jeweils eine recht umfangreiche Broschüre zum Thema eucharistische Anbetung herausgegeben, jedoch scheinen das eher isolierte Phänomene zu sei, die schon in den bischöflichen Behörden selbst zumeist belächelt oder ignoriert werden.)

Es ist immer erheiternd, wenn man Theologen und Kirchenfunktionäre über das "Hören auf den Heiligen Geist" reden hört. Aber wehe, wenn etwas Unvorhergesehenes geschieht, das auch noch unzweifelhaft katholisch ist. Im Zweifel ignoriert man es dann einfach, packt es in die Schublade "zu Überwindendes" und schreitet mit dem religions-soziologisch abgesicherten pastoralen Programm unbeirrt voran.


Der Theologe Gregor Maria Hoff aus Salzburg hat angesichts der Missbrauchskrise den Begriff der "Sakralisierungsfalle" geprägt, den ich zwar nicht für glücklich gewählt, aber zumindest für einigermaßen nützlich zur Beschreibung eines Sachverhalts halte: Es geht um die Gefahr, dass ein Priester bzw. seine Autorität/Macht zu sehr (durch sich selbst oder von anderen) überhöht, geradezu engelgleich stilisiert wird, was dann leider den Tätern zugute kommt, sei es psychologisch für sie selbst, sei es, weil dadurch die Vertuschung begünstigt wird. Der Begriff "Sakralisierungsfalle" rückt leider (ob beabsichtigt oder nicht) das Sakrale und den (echten) Klerikalismus in eine enge gedankliche Nähe. Inzwischen ist auch wahrzunehmen, wie das gedankliche Umfeld dieses Begriffs auf andere Aspekte der Kirche angewendet wird, namentlich etwa die eucharistische Anbetung.
Theologen wie Kirchenbeamte können heute ganz selbstverständlich davon sprechen, dass eucharistische Anbetung irgendwie "problematisch" sei. Dies wird dann z.B. damit begründet, dass hier die "Gefahr der Sakralisierung", d.h. der geistlichen Überhöhung bestünde. Konkret ist damit etwa gemeint: Die durch die Aussetzung des Allerheiligsten notwendig eintretende "Unterscheidung zwischen sakral und profan" würde die Eucharistie aus dem "kommunikativen Zusammenhang der Liturgie" herausreißen. (Das in den "..." sind übrigens Zitate, ich denke mir das nicht aus.)
Mit Letzterem ist gemeint, dass in der Liturgie der Kirche Kommunikation zwischen Mensch und Mensch stattfinde, was bei der eucharistischen Anbetung nicht der Fall sei (= Problem). Auf den Gedanken, dass die eucharistische Anbetung vielleicht der "kommunikative Zusammenhang" par excellence sein könnte, weil hier der Einzelne Christ unmittelbar geistig und leiblich vor den geistig und leiblich anwesenden Gott kommt um mit diesem ins Gespräch zu treten, kommt man dabei natürlich nicht. Die vertikale Dimension (das Heilige!) ist allzuoft gar nicht mehr im Bewusstsein jener Theologen und Kirchenbeamten. 

Man muss sich das einmal vor Augen führen: Da wenden sich (v.a. junge) Leute mit Überzeugung und Sehnsucht dem zu, was/den wir Katholiken als Zentrum, Quelle und Höhepunkt des christlichen Lebens wie des Lebens der ganzen Kirche bekennen. Aber nicht wenige Theologen und Bistumsbeamten (oder katholisch.de-Autoren) sehen darin nicht etwa einen Anlass zu Freude und Dank, sondern zunächst einmal etwas "Problematisches", ja sogar eine "Gefahr"...

Ich glaube, die eucharistische Anbetung ist tatsächlich eine Gefahr: Eine Gefahr für alles, was nicht der heil(ig)enden Botschaft des Evangeliums entspricht.

Sonntag, 20. Oktober 2019

Der heilige Papst Paul VI. über den Zölibat

Ansprache zum Angelus am 1. Februar 1970 (nachdem die Holländische Synode die Abschaffung des Zölibats beschlossen hatte). Aus aktuellem Anlass. Habe aber gerade nicht die Zeit, es zu übersetzen.


Abbiamo bisogno, Figli carissimi, delle vostre preghiere. Voi certamente indovinate perché.

Fra le grandi cause bisognose dell’aiuto di Dio, verso le quali Noi indirizziamo le preghiere di quanti buoni e fedeli le rivolgono al Signore per Noi e per le Nostre intenzioni, una ve n’è, che ora ci sta molto a cuore, e di cui ora molto si parla, il sacro celibato dei Preti.

È una legge capitale della nostra Chiesa latina.
Abbandonarla, o metterla in discussione non si può: sarebbe retrocedere; sarebbe venir meno ad una fedeltà d’amore e di sacrificio, che la nostra Chiesa latina, dopo consumata esperienza, con immenso coraggio e con evangelica serenità, si è imposta nello sforzo secolare di severa selezione e di perenne rinnovamento del suo ministero sacerdotale, dal quale poi dipende la vitalità di tutto il Popolo di Dio.

È certo una norma molto alta e molto esigente, la cui osservanza esige, oltre che un irrevocabile proposito, uno speciale carisma, cioè una grazia superiore e interiore; (Matth.19, 12; 19, 29; 1 Cor. 7, 7.) ed è ciò che la rende del tutto conforme alla vocazione all’unica sequela di Cristo e conforme alla risposta totale del discepolo, che lascia ogni cosa per seguire Lui solo e per dedicarsi completamente ed esclusivamente, con cuore indiviso, al ministero in favore dei fratelli e della comunità cristiana.

Tutto questo fa del celibato ecclesiastico una suprema testimonianza al regno di Dio, un segno unico e parlante dei valori della fede, della speranza, dell’amore, una condizione incomparabile di pieno servizio pastorale, un’ascetica continua di perfezione cristiana.

Sì, è difficile; ma è proprio questo carattere che lo rende attraente alle anime giovani e ardenti; ed è più che mai valido per i bisogni del nostro tempo. Diciamo di più: può diventare facile, lieto, bello, cattolico. Dobbiamo conservarlo e difenderlo, e dobbiamo appunto pregare affinché il Signore oggi ce lo faccia a tutti, chiamati o non chiamati, più profondamente comprendere, e da tutti, laici, religiosi ed ecclesiastici, stimare e venerare.

E che la Vergine ce ne sveli, per gli eletti al ministero sacerdotale, la dignità, la possibilità, la necessità.


(von HIER)

Mittwoch, 9. Oktober 2019

Moral als Weg

In den frühesten Anfängen, noch bevor das Wort »Christen« gebildet wurde, hieß die christliche Religion einfach »Weg«. Nicht weniger als sechsmal finden wir diese Bezeichnung in der Apostelgeschichte, die uns von der ersten Phase der geschichtlichen Entfaltung des Christentums berichtet. »Ich habe diesen Weg verfolgt«, bekennt zum Beispiel der heilige Paulus in seiner Rede vor den Juden im Tempelvorhof, und er will damit sagen, dass er die Christen verfolgt habe (Apg 22,4). Wenn das Christentum Weg genannt wird, so bedeutet dies, dass es vor allem eine bestimmte Art zu leben vorzeichnete. Glaube ist nicht bloße Theorie, er ist vor allem ein »Weg«, das heißt eine Praxis. Die neuen Überzeugungen, die er schenkt, haben einen unmittelbar praktischen Inhalt. Glaube schließt Moral ein und zwar nicht bloß allgemeine Ideale. Er gibt vielmehr konkrete Weisungen für das menschliche Leben. Gerade durch ihre Moral unterschieden sich die Christen in der antiken Welt von den anderen; gerade so wurde ihr Glaube als etwas Neues, unverwechselbar Eigenes sichtbar. Ein Christentum, das nicht mehr gemeinsamer Weg wäre, sondern nur noch unbestimmte Ideale verkünden würde, wäre nicht mehr das Christentum Jesu Christi und seiner unmittelbaren Jünger. Deswegen ist es eine bleibende Aufgabe der Kirche, Weggemeinschaft zu sein und konkret den Weg des rechten Lebens zu zeigen.

(aus: Joseph Ratzinger, Glaube als Weg. Hinführung zur Enzyklika des Papstes über die Grundlagen der Moral [Veritatis splendor])