Sonntag, 26. Dezember 2021

Das Opfer von Weihnachten

Das Gabengebet der Messe vom Tag am 25. Dezember hat es mir angetan (die deutsche Übersetzung hat mit dem lateinischen Text nicht viel gemein, aber worum es mir geht findet sich auch im Original):

Gott, unser Vater,
in diesen Gaben
willst du uns Versöhnung schenken
und uns wieder mit dir verbinden.
Nimm sie an
und gib durch sie unserem heiligen Dienst
die höchste Vollendung.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Oberflächlich betrachtet, scheint das so gar nicht zu Weihnachten zu passen. Warum (Opfer)Gaben? Warum Versöhnung? Warum der heilige Dienst? Der Sinn erhellt aus der neutestamentlichen Lesung vom 4. Advent (C), Hebr 10,5-10:

Darum spricht er bei seinem Eintritt in die Welt: Schlacht- und Speiseopfer hast du nicht gefordert, / doch einen Leib hast du mir bereitet; /
an Brand- und Sündopfern hast du kein Gefallen.
Da sagte ich: Siehe, ich komme - / so steht es über mich in der Schriftrolle -, / um deinen Willen, Gott, zu tun.
Zunächst sagt er: Schlacht- und Speiseopfer, Brand- und Sündopfer forderst du nicht, du hast daran kein Gefallen, obgleich sie doch nach dem Gesetz dargebracht werden;
dann aber hat er gesagt: Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun. Er hebt das Erste auf, um das Zweite in Kraft zu setzen.
Aufgrund dieses Willens sind wir durch die Hingabe des Leibes Jesu Christi geheiligt - ein für alle Mal.

Jesu "Eintritt in die Welt" ist also in höchstem Maße relevant für unsere Versöhnung mit Gott (Heiligung) und wie wir dies Feiern ist nicht Nebensache, sondern zentral: Die Feier der Eucharistie ist höchste Vollendung allen Gottesdienstes, weil in ihr Jesu Opfer am Kreuz gegenwärtig wird. Etwas mehr Klarheit bringt dieses Gabengebet vom 23. Dezember (dem kurioser Weise der gleiche lateinische Text zugrunde liegt):

Heiliger Gott,
du hast uns diese Opferfeier geschenkt
als höchsten Lobpreis,
den wir dir darbringen können.
Sie versöhne uns mit dir
und reinige uns von unseren Sünden,
damit wir mit lauterem Herzen
das Geburtsfest unseres Erlösers begehen,
der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Die Reihenfolge der Sätze ist gegenüber der ersten zitierten Oration vertauscht, somit ist die Versöhnung hier Folge des höchsten Lobpreises. Dass beide Reihenfolgen einen Sinn ergeben, finde ich durchaus lehrreich.

Christi Leiden, Sterben und Auferstehen ist somit überdeutlich herausgestellt als Zentrum des Mysteriums der Menschwerdung. Weihnachten ist nicht "schöner" oder "familienfreundlicher" als Karfreitag und Ostern. Beides hängt innigst zusammen: Bei seinem Eintritt in die Welt spricht er "Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun", und dieser Wille besteht darin, dass er für uns stirbt um für uns und mit uns zu leben: "er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich." (Phil 2,7) Weihnachten gibt es, weil Christus uns durch sein Kreuz erlösen wollte - die Liturgie erinnert uns eindringlich daran.

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Michel Aupetit

Dass der Papst geradezu in Rekordzeit das Rücktrittsangebot des Pariser Erzbischofs Aupetit angenommen hat, lässt vermuten, dass da tatsächlich einiges im Argen liegt... Äußerst schade, er war ein echter Hoffnungsträger (Kardinal? Papabile?). Bleibt zu hoffen, dass damit nicht auch seine Glaubwürdigkeit als Bioethiker hinüber ist; vielleicht nutzt er die freie Zeit, mehr zu schreiben?

Dazu fällt mir das Buch der Sprichwörter ein, in Kapitel 5 heißt es:

1 Mein Sohn, merke auf meine Weisheit, / neige meiner Einsicht dein Ohr zu, 2 damit du Besonnenheit bewahrst / und deine Lippen auf Klugheit achten! 3 Denn die Lippen der fremden Frau triefen von Honig, / glatter als Öl ist ihr Gaumen. 4 Doch zuletzt ist sie bitter wie Wermut, / scharf wie ein zweischneidiges Schwert. 5 Ihre Füße steigen zum Tod hinab, / ihre Schritte gehen der Unterwelt zu. 6 Den Pfad zum Leben verfehlt sie, / ihre Wege schwanken und sie merkt es nicht. 7 Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich, / weicht nicht ab von den Worten, die mein Mund spricht! 8 Halte deinen Weg von ihr fern, / komm ihrer Haustür nicht nahe! 9 Sonst schenkst du anderen deinen Glanz, / deine Jahre einem Rücksichtslosen; 10 sonst sättigen sich Fremde an deinem Vermögen, / die Frucht deiner Arbeit kommt in das Haus eines andern 11 und am Ende wirst du stöhnen, / wenn dein Leib und dein Fleisch dahinsiechen. 12 Dann wirst du sagen: Ach, ich habe die Erziehung gehasst, / mein Herz hat die Zurechtweisung verschmäht; 13 ich habe nicht auf die Stimme meiner Erzieher gehört, / mein Ohr nicht meinen Lehrern zugeneigt. 14 Fast hätte mich alles Unheil getroffen / in der Versammlung und in der Gemeinde. 15 Trink Wasser aus deiner eigenen Zisterne, / Wasser, das aus deinem Brunnen quillt! 16 Sollen deine Quellen auf die Straße fließen, / auf die freien Plätze deine Bäche? 17 Dir allein sollen sie gehören, / keine Fremden sollen teilen mit dir. 18 Dein Brunnen sei gesegnet;...