Dienstag, 30. Dezember 2014

O God of Earth and Altar

O God of earth and altar,
bow down and hear our cry,
our earthly rulers falter,
our people drift and die;
the walls of gold entomb us,
the swords of scorn divide,
take not thy thunder from us,
but take away our pride.

From all that terror teaches,
from lies of tongue and pen,
from all the easy speeches
that comfort cruel men,
from sale and profanation
of honor, and the sword,
from sleep and from damnation,
deliver us, good Lord!

Tie in a living tether
the prince and priest and thrall,
bind all our lives together,
smite us and save us all;
in ire and exultation
aflame with faith, and free,
lift up a living nation,
a single sword to thee.


(Gilbert Keith Chesterton, 1906)

Samstag, 20. Dezember 2014

unchristliche Familie

Die offizielle Internetpräsenz der katholischen Kirche in Deutschland hat einen interessanten Artikel über die Ehe im Angebot, der, kurz gesagt, die christliche Eheauffassung unter den Teppich der Geschichte kehren möchte (hier).

Die auch nur flüchtige Lektüre des Artikels zeigt etwas Bemerkenswertes: Der Autor interessiert sich in seinem Artikel ausschließlich für (aus guten Gründen!) überwundene Sitten und Gebräuche aus der frühen alttestamentlichen Geschichte. Er möchte damit beweisen, dass vor Gott auch andere Formen von "Familie" legitim sind. Der Autor interessiert sich weder für die Schöpfung, noch für die sehr eindeutige Ehelehre des Neuen Testamentes. Er redet von "pragmatischen" Gründen für die Monogamie, aber unterlässt es, einen Hinweis auf die Schöpfungsordnung und Jesu Gebote zu geben. (Sollten wir, der exakt selben Logik folgend, also auch die Steinigung und dergleichen wieder einführen? Die ist, im Unterschied zur Polygamie, sogar ausdrücklich von Gott angeordnet worden!)
Das alles ist einfach nur feige und verdient es überhaupt nicht, in christlichen Kreisen irgendwie ernstgenommen zu werden.

Schon irgendwie kurios mutet es denn auch an, wenn der Autor am Ende seines Beitrags Papst Franziskus als Gewährsmann heranziehen will... unerwähnt lässt der Autor, dass der Papst in der selben Ansprache, aus der er ihn zitiert, klargestellt hat: "Kinder haben ein Recht, in einer Familie aufzuwachsen, mit einem Vater und einer Mutter" (hier). Die Stoßrichtung des Papstes geht nämlich in genau die entgegengesetzte Richtung, von dem, was Uwe Bork uns glauben machen will: Es geht gerade darum, die "Familie" vor solchen Umdeutungen zu schützen, wie sie der Autor insinuiert! Das "klassische" Familienbild ist kein ideologhischer Begriff, sondern sie ist eine natürliche, schöpfungsgemäße und gottgewollte Institution.

Der Artikel ist völlig wertlos. In jeder Hinsicht. Die Verantwortlichen bei katholisch.de sollten diesen Schund baldigst entfernen.

Samstag, 6. Dezember 2014

Ortlose Theologie

Der evidentermaßen dem Atheismus frönende (siehe z.B. hier) Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet hat dieser Tage in "Christ & Welt" ein Pamphlet veröffentlicht (klick), das ich nicht unkommentiert lassen will.

Die übliche schwarz-weiß-Malerei vom bösen Lehramt der bösen Amtskirche einerseits, und den erleuchteten und dafür drangsalierten Theologen andererseits, läuft nach dem gewohnten Muster. Als exemplarisches Opfer der Verfolgung durch die oppressive Amtskirche wird diesmal Frau Regina Ammicht Quinn herbeigezogen "der man das 'Nihil obstat' verweigerte, eben weil sie sexualethische Fragen bearbeitet hat". Unerwähnt bleibt freilich, dass Frau Quinn das christliche Menschenbild rundweg ablehnt und ihre Ethik sich zusammenfassen ließe mit "erlaubt ist, was gefällt". Das braucht Herr Striet aber auch nicht extra auszuführen, denn er formuliert etwas Gleichsinniges als seinen eigenen Standpunkt, wenn er späterhin unmissverständlich erklärt, dass der Mensch keine Autorität anerkennen dürfe, die ihm vorgeordnet ist. Das ist insofern praktisch, weil damit endlich auch einmal deutlich wird, was Striet unter Freiheit versteht (sein großes Steckenpferd, siehe z.B. hier): "sich selbst ein Gesetz zu sein und nicht auf etwas Vorgeordnetes schielen zu dürfen. Aber auch nicht zu müssen." Etwas verschämt mutet es da an, wenn er noch hinzufügt: "Das darf gelebt werden, was andere Menschen nicht zum Mittel eigener Bedürfnisse degradiert." Was das komkret heißt, darf natürlich jeder selbst festlegen. Das Zauberwort lautet "Autonomiemoral".

Erfreulich finde ich es, dass Striet die Katze aus dem Sack lässt und endlich mal klarstellt, dass es nicht Barmherzigkeit ist, was gewollt ist (das ist ja hierarchisch und überdies in Kategorien von "Wahr" und "Falsch" gedacht!), sondern, wie er es nennt, "Warmherzigkeit"... Ergo: Es geht den Forderern nicht um Toleranz, sondern um vollumfängliche Anerkennung. Recht hat er (vgl. meine Ausführungen dazu hier)!

Ebenfalls ermutigend ehrlich ist der Fundamentaltheologe, wenn er klarstellt, dass für ihn "Gott" nurmehr eine recht abstrakte Möglichkeit darstellt. Entscheidend ist für ihn das, was Menschen einander geben können. Gott ist nurmehr der, der es (was immer "es" ist) annimmt und "vollendet"... aber wirklich brauchen, tut es Gott eigentlich nicht: "Um dies überhaupt tun zu können, bedarf es im Übrigen auch keines Gottes. Dazu reicht, dass der Mensch Mensch sein will, sich und den anderen Menschen in seinen Sehnsüchten ernst nimmt." Es klingt schon recht absurd, wenn Striet einerseits Gott für optional hält, er dann aber diesen Gott als den Vollendenden benennt, um dann schließlich doch wieder die ganze Last einzig auf die Menschen abzuwelzen. Gott tut eigentlich nichts in diesem Konstrukt, er ist offenkundig nur eine fromme Floskel, eine abstrakte "Hoffnung". Und das nennt Striet dann "sakramental".


Amüsant finde ich die Pointe des Pamphlets, die wohl darin besteht, die Ortlosigkeit der Theologie zu beklagen und eine Lösung vorzuschlagen. Die Festellung ist richtig, nur liegt diese Ortlosigkeit nicht, wie Striet meint, an der mangelnden Rezeption durch das Lehramt, sondern an der Beschaffenheit dieser "Theologie", die in der Lage ist alles nur denkbare "theologisch" zu begründen. Die Regalmeter, die laut Striet seit den 50er Jahren mit kontroverser Theologie gefüllt werden, existieren tatsächlich - amüsant ist diese Äußerung des Fundamentaltheologen deshalb, weil das meiste davon nur noch als Altpapier taugt. Ein Blick in seine eigene Bibliothek an der theologischen Fakultät in Freiburg würde genügen: Viele viele Regalmeter verstaubter Bücher der letzten paar Jahrzehnte die kein Mensch ließt, weil es für jedes erdenkliche Thema mindestens zehn verschiedene Standpunkte gibt, die sich alle Widersprechen und von denen die meisten mit dem Glauben nur wenig oder gar nichts zu tun haben. Welchen dieser Standpunkte soll das Lehramt rezipieren? Den von Herrn Striet?

Was ich meine: Die Theologie hat heute in ihrem Mainstream v.a. dieses eine Problem, dass sie nicht wissenschaftlich ist. Echte, wissenschaftliche Theologie findet sich fast nur noch in irgendwelchen Nischen. Das gilt für Katholiken und Protestanten gleichermaßen. Das ist deswegen besonders tragisch, weil die wissenschaftliche Methode, die eine Grundbedingung für die heute überall sichtbare Blüte der Naturwissenschaften ist, eine Erfindung der mittelalterlichen Theologen gewesen ist.

Eine jede Wissenschaft gründet auf Prämissen, die sie nicht selbst begründen, sich nicht selbst geben kann: "absolute presuppositions", nennt das der Anglophone. Jede Wissenschaft muss ihre Prämissen kennen und kann nur auf ihrer Grundlage arbeiten. Das Problem der katholischen Theologie (seit nunmehr 50 Jahren, bei den Protestanten schon länger) ist, dass die Theologen ihre Prämissen zumeist ignorieren oder gar aktiv leugnen. Für die Katholische Theologie ist die zentrale Prämisse: Die Wahrheit des katholischen Glaubens. Die Grundlage der christlichen Theologie ist die Offenbarung Gottes, deren authentische Zeugin und Auslegerin Seine Kirche ist, die Sein Leib ist, von Seinem Geist beseelt. Wird diese Prämisse abgetan, ist keine wissenschaftliche Theologie mehr möglich. Man mag sich dann (Religions)Philosoph oder Psychologe oder Soziologe oder Anthropologe nennen, aber was man sicherlich nicht ist, ist "(katholischer) Theologe".

Das ist der Grund, warum die Theologie in ihrem Mainstream zumeist ortlos ist: Sie ist zur völligen Beliebigkeit verkommen. Sie wabert nur um sich selbst in einem ewigen Kreislauf der Selbstreferenz. Sie betreibt ständig Nabelschau bei gleichzeitiger scheinbar grenzenloser Anmaßung in ihrer Selbstglorifizierung (siehe Striet: alle Antworten auf alle Fragen sind seit Jahrzehnten regalmeterweise vorhanden). Sie spielt sich selbst als Herrin über den Glauben und sogar als Richterin über Gott selbst auf (z.B. hier Striets These über die "Schuld Gottes an seiner Schöpfung"), während sie doch eigentlich Dienerin der Braut Christi, der Kirche sein sollte.
Ihrer Wissenschaftlichkeit versichern sich viele Theologen seit Jahrzehnten durch die Anzahl ihrer Fußnoten pro Seite und anhand der Menge der einbezogenen Literatur. Dieses manchmal schon auf ziemlich lächerliche Weise realisierte Kriterium bringt es mit sich, dass man so ziemlich alles "theologisch" behaupten und begründen kann, solange man nur irgendein Buch oder einen Artikel zitiert, um die jeweils behaupteten Dinge zu "belegen"... notfalls auch, indem man, wie Hans Küng das sehr gerne tut, sich einfach selbst immer und immer wieder zitiert. Widerpsruchsfreiheit der Argumentation ist dabei ebensowenig erforderlich wie Plausibilität.
Das System ist sogar derart pervertiert, dass nicht selten die Treue zum überlieferten christlichen Glauben als eo ipso unwissenschaftlich gebrandmarkt und entsprechend geahndet wird.

Die Theologie ist ortlos, weil sie in der Mehrheit der Fälle kein Fundament mehr hat auf dem sie stehen könnte, weil sie schon vor Jahren ihren Grund ausgehöhlt hat und heute nurmehr von den Wellen eines ruhelosen Zeitgeistes hin und her geschleudert wird. Das Lehramt der Kirche tut gut daran, sehr genau zu prüfen, was sie von dem rezipiert, was unter dem Label "Theologie" daherkommt. Einen Solidarpakt zwischen Kirche und Theologie, wie ihn Striet wünscht, kann es unter diesen Bedingungen unmöglich geben. Denn Gott ist hier viel zu oft nicht mehr der Protagonist der Heilsgeschichte, sondern nurmehr ein Statist, das anschmiegsame Alibi das jedwedes menschliche Tun und Lassen rechtfertigt... ein Handschmeichlergott.

Theologen können problemlos alles behaupten, für jede Position fidet sich ein "Theologe" der sie vertritt. Sie sind die universell einsetzbaren Experten. Und darum nimmt niemand sie ernst. Niemand interessiert sich für die theologischen Zänkereien etwa um die wiederverheirateten Geschiedenen. Aber es ist ein Irrtum, daraus ableiten zu wollen, dass die Menschen sich nicht für das interessieren, was die Kirche lehrt. Die Menschen dürsten nach dem, was die Kirche zu verkündigen hat: Die Wahrheit. Sie bekommen von diesem Wasser aber nichts zu sehen, geschweigedenn zu trinken, weil die Verkündigung fehlt und weil sie vermittels der Medien - besonders auch der literarischen Erzeugnisse der Theologie - den Eindruck gewinnen müssen, das Leben und Glauben der Kirche sei ein unüberschaubares Sammelsurium sich widersprechender theologischer Meinungen. Die theologischen Debatten interessieren niemanden, denn für den Außenstehenden erscheinen sie wie Lagerkämpfe darüber was "wahr" ist, so als stünde das jedem frei zu bestimmen oder als ändere es sich zumindest mit jedem neuen Pontifikat. Das haben die Theologen (aber auch viele Bischöfe, vgl. hier!) wirklich gut hinbekommen... die Wahrheit haben sie abgeschafft. Herr Striet jubelt ob dieser Errungenschaft und fordert schon länger die offizielle, möglichst päpstliche Entsorgung der Wahrheit in effigie - dafür ist die alte Inquisition gerade noch gut genug.
Am Kauderwelsch der Theologen besteht wahrlich kein öffentliches Interesse, da gebe ich Herrn Striet recht, aber die Menschen lechtzen nach der Wahrheit und nach der frohen Botschaft, auch in Betreff Ehe, Familie und Sexualität (vgl. hier und hier). Gebt ihnen zu trinken!
»Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?« (Röm 10,14)

Wenn Papst Franziskus immer wieder eine "Theologie auf Knien" fordert, dann ist das durchaus wörtlich zu nehmen: Ein Theologe muss ein glaubender, ein betender, ein anbetender Mensch sein. Nur wer den Glauben der Kirche teilt und mit Seiner Kirche fühlt, mit ihr vor Gott kniet und Ihm dient, kann auch der Kirche als Theologe dienen. Es ist sehr bedauerlich, dass das Lehramt der Kirche heute mehr denn je das Volk Gottes vor einer herrischen Theologie schützen muss, die andernfalls alles vergiften und zerspalten würde.
Ich habe das Glück einige Theologen kennen zu dürfen, die ihre Verantwortung und ihren Platz in der Kirche kennen. Auch an der theologischen Fakultät in Freiburg gibt es ein paar davon. 


Heiliger Albertus Magnus, Patron der Theologen, bitte für uns.

Montag, 1. Dezember 2014

Eucharistie und Abendmahl

Im Anschluss an das hier (klick), noch ein klärendes Wort über jene Frage nach einem "gemeinsamen Abendmahl" (achtung: politisch völlig unkorrekt). Kann es ein "gemeinsames Abendmahl" geben?

Wenn Katholiken bei Protestanten zu Gast sind spielt es, mangels sakramentalem Priestertum (und apostolischer Sukzession), faktisch keine Rolle, welches Verständnis manche von ihnen über ihr "Abendmahl" haben: Es handelt sich immer nur um Brot und Traubensaft, was da konsumiert wird, da keine Wandlung stattfindet. (Das Gleiche gilt auch für die Anglikaner.) Ergo kann jedwedes protestantische "Abendmahl" von Katholiken niemals mit der Eucharistie auf eine Stufe gestellt werden. Ganz leicht zu merken: Das eine ist ein Sakrament, das Gott selbst wirkt und in dem Jesus Christus mit Leib und Blut, Seele und Gottheit dauerhaft gegenwärtig wird, das andere ist Brot und Wein, worüber ein Gebet gesprochen wurde.
Für einen Katholiken spielt es eigentlich keine Rolle, ob er an solch einer Feier teilnimmt, oder nicht. Zugangsbedingungen gibt es eigentlich keine (auch die protestantischen Kinder machen oft schon vor der Konfirmation mit). Es ist zwar katholischerseits offiziell verboten, um Ver(w)irrung zu vermeiden, aber wenn man sich des Unterschieds zur Eucharistie bewusst ist - man könnte es z.B. unter "Antidoron", wie es das im byzantinischen Ritus gibt (klick), verbuchen -, ist das eigentlich kein Problem. Ich selbst habe es in meinen "wilden Jahren" vor und kurz nach meiner Taufe bei verschiedenen protestantischen Denominationen getan.

Auf Seiten der Katholiken ist das so: Die Protestanten sind gerne zur Teilnahme an der Messe eingeladen, die Eucharistie darf aber nur der empfangen, der sich im Stand der Gnade befindet und sich zum Glauben der Kirche bekennt (ein jeder prüfe sich!). Oder, kürzer: Wer am Ende des Hochgebetes zu allem, was dieses Gebet beinhaltet (Papst, Heilige, Opfer etc.) sein "Amen" geben kann, der kann eigentlich auch gleich katholisch werden, und dann ganz regulär die Kommunion empfangen. Denn es ist der katholische Glaube, der sich in diesen Gebeten ausdrückt und der sich in der Eucharistie wie auf einer Nadelspitze konzentriert. Solange jemand nicht zum kompletten Kanon (und eigentlich zum kompletten Messbuch der römischen Kirche [vgl. hier]) sein Amen geben kann, ist der anschließende Empfang des Leibes und Blutes Christi subjektiv ein Irrtum und objektiv Frevel (auch dann, wenn die Betroffenen laut Ausweis "katholisch" sind).
»Wenn wir unter dem Vorwand eines gewissen Entgegenkommens unseren eucharistischen Glauben verbergen müssen, dann nehmen wir weder unseren eigenen Schatz noch unsere Gesprächspartner genügend ernst« (Papst Franziskus, siehe Link)

Schon der Ausdruck "gemeinsames Abendmahl" ist absolut irrig und irreführend. Was soll das denn überhaupt sein? "Abendmahl" ist eine Wortneuschöpfung von Martin Luther, der urchristliche Terminus für die sakramental-vergegenwärtigende Feier der Lebenshingabe und Auferstehung Jesu (biblisch auch: "Brotbrechen") ist "Eucharistie". Katholiken kennen nur eine Feier des Abendmahls, nämlich die "vom letzten Abendmahl" an Gründonnerstag - im Gedächtnis an die Einsetzung der Eucharistie durch Jesus von von Nazareth beim letzten Mahl mit seinen Aposteln vor seinem Leiden, Sterben und Auferstehen, in dem er diese Ereignisse vorwegnahm und dieses sein Opfer als "für euch und für viele" deutete.
Das ist aber hier nicht gemeint! Sondern gemeint ist, die "katholische Eucharistie" und das "protestantische Abendmahl" in einen Topf zu werfen und ordentlich umzurühren, bis entweder etwas undefinierbares Neues entsteht, oder - und die Erfahrung lehrt, dass dies i.d.R. der Fall ist - der "katholische" Bestandteil abgeschöpft und als ungenießbare/unbrauchbare Schlacke ausgeschieden wird. Folge: "gemeinsames 'Abendmal'". Dass das völlig inakzeptabel und überdies sakrilegisch ist, müsste jedem einleuchten und ist keine Schlagzeile wert.

Die Wahrheit ist: Die allermeisten Protestanten lehnen das, was die katholische Kirche von der Eucharistie glaubt, entschieden ab (v.a. dass es sich um ein Opfer handelt, siehe Kanon). Ein redlicher Protestant müsste sich also schon aus eigenem Interesse weit, weit davon distanzieren. Die "Ablehnung" und die "Nein-Sager" finden sich in dieser Angelegenheit eben durchaus nicht nur auf katholischer Seite!
Das ganze Gerede funktioniert nur, wenn die Katholiken ihren eucharistischen Glauben völlig aushöhlen. Es ist aber ein Zeichen von katastrophaler kognitiver Beschränktheit, wenn man meint, nach so einer Aushöhlung würden die Protestanten dem katholischen Glauben zustimmen: Hier stimmen dann nicht Protestanten irgendetwas Katholischem zu, sondern es sind die Katholiken, die ihren Glauben protestantisiert, sich also der protestantischen Auffassung zugewendet haben!

Der Papst hat, natürlich, völlig recht.

Der unbequeme Franziskus

Auf katholisch.de könnte man heute fast den Eindruck gewinnen, es sei in irgendeiner Weise bemerkenswert, dass sich Papst Franziskus gegenüber dne schweizer Bischöfen bei ihrem Ad-limina Besuch "gegen ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten" ausgesprochen hat (hier). 

Ehm... Was ist daran so besonders? Ich hab keine Ahnung.

Alles in allem sind die Worte des Papstes sehr präzise und sehr klar: Der Unterschied zwischen Laien und Klerus muss gewahrt bleiben (etwas, womit sich die Schweizer traditionell schwer tun) und die Abhängigkeit vom Staat gilt es kritisch zu hinterfragen. Der Papst hat mit seinen Worten seine Finger punktgenau in die Wunden der Katholischen Kirche der Schweiz gelegt. Dankeschön!
Warum katholisch.de allerdings nicht eine dieser Aussagen in ihren Aufhänger gemacht hat, statt jener fast schon trivial zu nennenden Tatsache (die jedem geläufig sein müsste, der sich ein wenig mit seinem Glauben beschäftigt), ist mir schleierhaft. Aber es steckt wohl ein System dahinter, denn leider unterlässt es katholisch.de/die KNA, einige andere Aussagen des Pontifex überhaupt nur zu erwähnen, die durchaus auch von beachtlicher Schlagkraft sind.
»“Without a living faith in the risen Christ the beautiful churches and monasteries gradually become museums, the commendable works and institutions lose their soul, leaving only empty spaces and lost people”.
Pope Francis says the mission entrusted to the bishops is to “feed the flock”. “The people of God cannot be without  a shepherd” , he continued and the role of bishops and priests is to serve the unity of the faith and ensure that it is taught according to Church tradition.   He urges the bishops to have renewed sense of collegiality as a form of mutual support in their mission and calls on them bishops to have a united and clear voice on society’s ills.
This united voice, he writes is important at a time when some people - even within the Church – try to “withhold the realism of the social dimension of the Gospel”.  Pope Francis notes that the Gospel has an inherent, original prepositive power and that it’s the pastors’ job to make the full extent of this accessible to people experiencing difficulties in their everyday life – without tarnishing its beauty or weakening its appeal - particularly for people who are searching for meaning in their lives, or those who have turned away from the Church. 
[...] In this way, Pope Francis states “the Church in Switzerland will clearly be the Body of Christ, the People of God, and not only a beautiful organization, another NGO”.« (Quelle)

Museumwerdung von Kirchen, leere Räume, verlorene Menschen; die Notwendigkeit von Hirten, den unverkürzten Glauben zu lehren, nichts zu verschweigen; nur so kann die Kirche dem Schicksal entgehen, eine NGO zu werden.  Noch Fragen?
Dass die KNA diese durchaus nicht nebensächlichen Dinge verschweigt, liegt vermutlich daran, dass das nicht ins Bild passt, das man gerne von Franziskus zeichnen möchte. Ganz verschweigen konnte man den Besuch der Schweizer in Rom nicht, also konzentrierte man sich zumindest auf die weniger unbequemen Einzelheiten? Ein gewisses Gschmäckle kann ich dem Artikel jedenfalls nicht absprechen.

Sonntag, 30. November 2014

Hirtenbrief von Erzbischof Stephan

»Mit unserer Taufe wurde uns Christus in unser eigenes Herz hineingelegt, in jeder hl. Kommunion empfangen wir den, der uns von Herzen liebt, der sein eigenes Herz für uns am Kreuz hat öffnen lassen. Er nimmt in unserem Herzen Wohnung, so wie wir in seinem Herzen Eingang gefunden haben und in seinem Herzen wohnen dürfen.

Je mehr wir aus dieser inneren Christus-Verbundenheit leben, desto mehr wird unser Leben und Handeln auf andere ausstrahlen. Unser Christsein endet nicht nach dem Gottesdienst, sondern beginnt in neuer Weise an der Kirchentür: Wenn wir hinausgehen in unsere Familien, an den Arbeitsplatz oder in den Freundeskreis. Überall dort will Gottes Liebe durch uns aufstrahlen. Das hat ganz konkrete Auswirkungen auf unser Miteinander in den Räten, Gruppen und Kreisen. Durch den Glauben an Jesus Christus wird der Mitmensch zur Schwester, zum Bruder. Durch Jesus Christus empfange ich die Kraft, dass ich liebe, wo man hasst, dass ich verzeihe, wo man beleidigt, dass ich verbinde, wo Streit ist, dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, dass ich Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, dass ich Hoffnung bringe, wo der Kummer wohnt.


Wo immer es uns gelingt, dass unser Miteinander menschlicher, gerechter und friedlicher wird, kann Jesus Christus mit und durch uns sein Wirken in dieser Welt fortsetzen. Dort wird seine Erlösungstat sichtbar und erfahrbar. Erlösung, das ist kein Wort fürs Museum, sondern ein Wort, das in unseren Alltag übersetzt werden will: Gott will uns erlösen. Er will uns lösen und frei machen von allem, was uns abhängig werden lässt, was unser Leben einengt und kleinkariert macht. Entscheidend ist, dass wir uns allein an der göttlichen Liebe orientieren.« (Quelle)


Vergleicht man dieses (übrigens ingesamt deutlich kürzere) Hirtenwort mit dem, was Robert Zollitsch etwa in seinen letzten beiden Hirtenbriefen geschrieben hat (hier und hier), gehen einem die Augen auf. Hier schreibt nicht ein Funktionär am Schreibtisch über Strukturen, sondern ein Hirte aus dem Glauben über den Glauben. Schön!

Frohes Neues!


Freitag, 28. November 2014

Seite eins

"Beth Hamishpath" - Das Haus der Gerechtigkeit: bei diesen Worten, die der Gerichtsdiener mit gewaltigem Stimmaufwand in den Saal ruft, springen wir von unseren Sitzen, denn sie verkünden die Ankunft der drei Richter, die barhäuptig, in schwarzen Roben von einem Seiteneingang her den Gerichtssaal betreten, auf der obersten Stufe des schräg ansteigenden, erhöhten Podiums ihre Sitze einnehmen und die Verhandlung eröffnen. Ihr langer Tisch, den bald unzählige Bücher und über fünfzehnhundert Dokumente bedecken werden, wird von den Gerichtsstenographen flankiert. Die Dolmetscher, die gleich unterhalb der Richterbank ihren Platz haben, werden immer dann gebraucht, wenn sich der Angeklagte oder die Verteidigung und das gericht direkt miteinander verständigen wollen. Ansonsten verfolgen der Angeklagte und sein Verteidiger, wie übrigens fast alle Zuhörer, die in hebräischer Sprache geführte Verhandlung über Kopfhörer, in denen die Simultanübersetzung in ausgezeichnetem Französisch, brauchbarem Englisch und in einem oft komischen und zumeist unverständlichen deutschen Kauderwelsch zur Verfügung steht. (Je mehr man bedenkt, mit welch minuziöser Fairneß alle technischen Details für diesen Prozeß arrangiert worden sind, desto unbegreiflicher wird, daß es gerade in Israel unmöglich gewesen sein soll, unter so vielen aus Deutschland stammenden Bürgern einen fähigen Übersetzer für die einzige Sprache aufzutreiben, die der Angeklagte und sein Anwalt verstehen. Das alte...  

[Siehe hier. Hannah Arendt, Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen]

Montag, 24. November 2014

Paradox der Liebe

von fr. Lawrence O.P.
»Dies ist das Paradox der Liebe zwischen Mann und Frau: zwei Unendlichkeiten begegnen zwei Grenzen; zwei unendliche Bedürfnisse, geliebt zu werden, begegnen zwei zerbrechlichen und begrenzten Fähigkeiten zu lieben. Und nur im Horizont einer größeren Liebe verschleißen sie sich nicht im Anspruch und geben nicht auf, sondern gehen zusammen einer Erfüllung entgegen, für die der andere Zeichen ist. Nur im Horizont einer größeren Liebe kann man vermeiden, sich im gewaltsamen Anspruch zu verzehren, dass der andere, der begrenzt ist, den unendlichen Wunsch erfüllen soll, den er wachruft. Dieser Anspruch würde die eigene Erfüllung und die der geliebten Person unmöglich machen.« (Julián Carrón, hier)

Dienstag, 18. November 2014

Benedikts Einwurf zur Debatte?

Ich hatte bereits vor zwei Monaten (hier) darauf aufmerksam gemacht, dass der emeritierte Papst sich in die aktuelle Debatte um die wvG einmsichen würde - durch die Überarbeitung eines über 40 Jahre alten Beitrags (1972) zum Thema, auf den sich Kardinal Kasper maßgeblich stützt (meine Bemerkungen zu Ratzingers Text und mehr: siehe Link). Das Ergebnis liegt zwar schon eine ganze Weile vor, ist nun aber auch öffentlich für jeden einzusehen - und es ist wenig überraschend.

Nun ringt man um die Deutung. Die einen (hier z.B. Prof. Schockenhoff) sehen darin eine Positionierung, die aus dem vor 40 Jahren Geschriebenen nicht zu folgern sei (Benedikt also unsauber argumentiert), die anderen (hier) stilisieren BXVI gleich mal zum Gegenpapst.
Wie üblich stimmt weder das eine, noch das andere. Wie ich in meinem vorigen Beitrag dazu (siehe ersten Link oben) zu zeigen versuchte, ist sich Ratzinger bewusst geworden, dass er sich damals geirrt hatte. Schockenhoff versucht freilich, wie Kasper, den historischen Befund als Argument ins Feld zu führen, wie es auch Ratzinger damals tat, aber er übersieht, dass der Papst emeritus die historischen Befunde keineswegs minimiert oder infrage stellt, sondern das tut, was er (und Kasper) eben zuvor nicht getan haben: Er ordnet die Befunde in den größeren Kontext ein und offenbart somit ihre Marginalität im Hinblick auf die aktuelle Debatte.
Dass es die von Ratzinger beschriebenen (und von Kasper in verfälschter Form übernommenen) Vorkommnisse in der frühen Kirche gab, leugnet niemand. Die Frage ist aber: Wie deuten wir sie? Welches Gewicht haben diese Vorkomnisse? In welchem Kontext stehen sie? Das sind die Fragen, die sich Kasper & co. nicht stellen... sie nutzen die Kirchenväter nur als Steinbruch, aus dem sich einige vereinzelte ihre Position scheinbar stützende Satzfragmente herausbrechen lassen (vgl. meine Ausführungen hier, Teile 3 bis 6).

Anders als Schockenhoff uns glauben machen will, betrifft die Überarbeitung nämlich nicht nur den Abschnitt "Schlussfolgerungen", sondern sie setzt bereits davor ein, nämlich in der Bewertung des historischen Befundes. (Wie Kasper und andere [auch in anderen Bereichen der Theologie, etwa der Liturgie], hat auch Schockenhoff den Schuss nicht gehört: Die historische Forschung hat nämlich in den letzten 40 Jahren neue Erkenntnisse gewonnen... ja, ehrlich. Aber das möchte man natürlich nicht hören, es stört beim Selbstbestätigen.) Hier mal der letzte Textabschnitt der historischen Bestandsaufnahme direkt vor den "Schlussfolgerungen" (ich gebe den gleichbleibenden Text kursiv wider, den neuen normal, einzelne Unterschiede mache ich mit Durch- und Unterstreichungen kenntlich):
»Sie [d.i. die Kirche] kann an sich nur eines: "Gemäß der lehre des Evangeliums und des Apostels" leben und lehren. Aber sie kann die Grenzfälle nicht völlig ausschließen, in denen sie zur Verhütung von Schlimmerem unterhalb dessen verbleiben muss, was sie eigentlich sollte was ihr aufgetragen ist. Zwei solcher Grenzsituationen kollektiver Art stehen bis dahin (das heißt bis Trient) vor Augen: die Übergangssituation vom Heidentum zum Christentum (Gregor II.); die Kircheneinheit, die eine Begrenzung auf das Minimum nötig macht. Niemand wird behaupten wollen, daß dies die einzigen und abschließenden Fälle sind, bei denen überdies wiederum im einzelnen mit viel Sorgfalt gefragt werden muß, wo konkret der Fall der Nachgiebigkeit gegeben sein kann und wo nicht. Eine allgemeine Norm, die das an sich unmöglich macht, wird es dafür sicher nicht geben. Was dabei gemeint ist, könnte man wohl am ehesten mit der Formel definieren, die Augustinus im Ringen um die Kircheneinheit mit der vom Donatismus gespaltenen Kirche Afrikas versucht hat: Er spricht von "tolerare pro pace". Die Wiederherstellung der Einheit war für ihn ein so großes Gut, dass es ihm richtig und nötig schien, in einer Übergangssituation Verhältnisse zu tolerieren, die in sich nicht annehmbar waren, aber um des größeren Gutes der Einheit willen in Kauf genommen werden konnten. Daraus kann man keine festen Regeln ableiten. Aber es würde sich doch lohnen, wie mir scheint, genauer nachzufragen, was Augustinus konkret im Auge hatte und ob sich daraus Schlussfolgerungen für spätere Zeiten ziehen lassen.« (JRGS 4, 614f.)«


Als Unterschied wird deutlich: Hatte Ratzinger zuvor sehr schnell den Sprung gewagt, von jenen sehr speziellen Grenzsituationen, die die Gesamtkirche betreffen, das Toleranzprinzip auch auf andere (maßstäblich kleinere) Situationen hin zu dehnen und gar eine Verhinderung dieser Dehnung auszuschließen, so ist der emiritierte Papst sehr viel vorsichtiger, belässt die Grenzsituationen dort, wo sie sind und gibt damit den Schlüssel zum Verständnis des historischen Befundes in den vorangehenden Kapiteln. Wo "Ausnahmen" breit denkbar werden konnten, betrifft dies ganz besondere "Grenzsituationen" der Kirche als solcher (Mission, Kircheneinheit); in wie fern sich hier Rückschlüsse auf die Pastoral innerhalb einer "etablierten" Kirche ableiten lassen, muss, wenn überhaupt, noch genauer eruiert werden.

Der zweite Abschnitt des Kapitels 4 (Schlussfolgerungen) ist weitestgehend neu verfasst und deutlich länger als zuvor, und bietet Impulse zu einer konkreten Pastoral von wvG, auch über aktuell geltende Normen hinaus (z.B. Zulassung zu bestimmten Ehrenämtern). Familiaris consortio wird dort ebenso besprochen, wie die einschlägigen Normen des CIC von 1983 und die Möglichkeiten zur Straffung von Ehenichtsigkeitsverfahren. Der Kommunionempfang für wvG wird, statt der vorherigen ausdrücklichen Befürwortung, ausgeschlossen, und zwar indem einfach die geltende Lehre konstatiert wird. Dass der kaspersche Vorstoß nicht explizit abgewehrt wird, zeigt, dass der Emeritus sich hier keineswegs in die Diskussion "einmischen" will... er konstatiert nur, wie es ist. Wenn das schon als "Einwurf" gilt, dann ist das eben so. Sehr deutlich bespricht der emeritierte Papst die große Zahl der "getauften Heiden" in der Kirche und fragt nach den Konsequenzen für die Ehepastoral.


Was die Fabeleien vom "Gegenpapst" anbetrifft, ist es vielleicht hilfreich, sich Folgendes zu überlegen: Wo Benedikt XVI. stand und steht, weiß jeder. Wäre nun dieser vierte Band seiner Gesammelten Schriften mit dem unveränderten Beitrag von 1972 erschienen, wäre auch dieser, ohne jede Bearbeitung, als Wortmeldung aufgefasst worden und zwar zugunsten einer Position, die Joseph Ratzinger schon sehr schnell nach der Abfassung jenes Artikels aufgegeben hat. Mehr als einmal hat sich Joseph Ratzinger explizit von seiner damaligen Position distanziert. In so einer Situation - oder irgendwann in den nächsten Jahren - soetwas zu publizieren, wäre fatal gewesen. Dass dieser Band der JRGS gerade jetzt erscheint, ist, nach allem was ich weiß, tatsächlich Zufall. So oder so wäre die Veröffentlichung problematisch.


Dass es eine (ob nun gezielte oder den Umständen geschuldete) Wortmeldung zur Diskussion ist bzw. so wahrgenommen wird, steht außer Frage. Aber weder beruft sich der emeritierte Papst hier auf irgendeine ihm zukommende Autorität (die ihm nicht mehr zukommt!!), noch bringt er irgendetwas wirklich "Neues" in die Debatte ein. Er vertritt als Theologe, der er nach wie vor ist, eine Position, wie sie auch viele andere ebenso, auch mancher im engsten Beraterkreis um Papst Franziskus, vertreten. Und, nochmal: Benedikt bezieht nicht explizit Position gegen Kasper - er sagt nur, wie es (siehe Katechismus) ist.
Ob sich Franziskus davon besonders beeindrucken lässt und das Thema nun als "geklärt" betrachtet, halte ich für fraglich; er wird sicherlich die breit geführte Debatte nicht unterbinden und die Synode im kommenaden Jahr wird wiederum kontrovers darüber beraten. 
Es kommt allein dem Papst zu, hier eine Entscheidung zu treffen.

Donnerstag, 13. November 2014

Strafe bei Nichtabtreibung

Vor einigen Tagen sickerte auch in deutschsprachigen Medien die Meldung durch (etwa hier), dass Anfang des Monats in Israel ein Ehepaar dafür bestraft wurde, dass sie ihr behindertes Kind nicht abgetrieben haben.

Offenbar stellte der behandelnde Arzt schon früh in der Schwangerschaft fest, dass das Kind gelähmt zur Welt kommen würde, und riet daher zu einer Abtreibung. Das Paar zog daraufhin einen Rabbi zu Rate, der von der Abtreibung abriet. Als die Versicherung des Paares nach der Geburt erfuhr, dass dem Paar zuvor von ihrem Arzt zu einer Abtreibung geraten wurde, lehnten sie es ab, die kostenintensive Versorgung des Kindes mitzutragen. Die Eltern klagten dagegen und bekamen zunächst recht, in der Berufung unterlagen sie allerdings gegen die Versicherung. Sas "Interessante" ist nun die Begründung des Gerichts: Der Rabbi sei zwar sehr versiert in Schrift und Gesetz, aber eben kein Arzt. Da die Eltern diese "unprofessionellen" Rat über den des Fachmanns gestellt hätten, müssten sie nun eben mit den Folgen leben: "die Eltern, die seine [d.i. des Rabbis] nichtprofessionelle Beurteilung der des sachkundigen Arztes vorgezogen haben, haben sich schuldig gemacht" ("the parents who took his non-professional opinion over that of knowledgeable doctor, are [to blame]") (Quelle).

Bemerkenswert finde ich daran dieses: Hier wird die Schwangerschaft mit einem behinderten Kind in die gleiche Kategorie wie eine Krankheit gesteckt, deren Folgen man bei Nichtbehandlung nunmal selbst zu verantworten habe. Dass es sich bei dem Kind im Mutterleib um ein Individuum mit eigenen Rechten handeln könnte, gerät erst gar nicht in den Blick. Aus dem, was in dem Medien verfügbar ist, wird eines deutlich: Hier wurde eine richterliche Entscheidung in einem durchaus moralfreien Raum getroffen. Von belang war für das Gericht offenbar nur der Kontrast zwischen "Fachmann" und "Nichtfachmann". Es ging dem Gericht also letztlich mehr um bürokratisch gesicherte Kompetenz, als um soetwas wie "Richtig" und "Falsch": Der mit der Urkunde, die ihn als Arzt ausweist, hat Recht. 
Natürlich ist die Frage nach "Leben oder Sterben" eines Menschen auch zuweilen eine sehr medizinische Frage, aber in diesem Fall geht es um mehr: Es geht um das Lebendürfen oder Sterbenmüssen eines Menschen... und das ist ganz sicher keine medizinische Frage, sondern eine ethische! Aber, eben: Der ungeborene Mensch kam hier offenbar eh überhaupt nicht in den Blick...

Wir lernen also: Wer ein ungeborenes Kind nicht abtreibt, macht sich schuldig.
Links ist Rechts, Unten ist Oben, Unrecht ist Recht, Falsch ist Richtig. Das ist die altbekannte satanische Verballhornung von Gottes Verheißung vom Licht in der Finsternis (Ps 139,12) und vom Leben im Tod (2Kor 4,11).

Überrascht bin ich von dem Urteil nicht übermäßig. Es ist doch schon lange absehbar, dass genau so eine Mentalität das ist, worauf es auch bei uns hinauslaufen wird. Spätestens wenn unser aktueller Wohlstand kippt, wird man sich zweimal überlegen, ob man sich nicht doch lieber das "lebensunwerte Leben" spart. Aus historischer Rücksichtnahme wird man das dann freilich anders benennen, aber das Prinzip wird wohl das gleiche sein. Dank des technischen Fortschritts seit der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts (wo es ja weißgott nicht bloß in Deutschland Programme zur Eugenik gab... *hust* USA *hust*), wird es diesmal jedoch weniger "sichtbar" und ergo weniger skandalträchtig ablaufen können. Pränataldiagnostik wird in absehbarar Zeit gesetzlich vorgeschrieben sein und die Geburt eines behinderten Kindes wird natürlich sanktioniert werden müssen (wegen Belastung des Steuer- bzw. Beitragszahlers).
Überrascht bin ich eigentlich nur, dass es jetzt schon anfängt und ausgerechnet in Israel... ich hatte dem kollektiven Gedächtnis, gerade in Israel, eine längere Halbwertszeit zugestanden.

So kann man sich irren...


Die hl. Margareta [Marina] von Antiochien († 305) ist eine der 14 Nothelfer und Patronin der Schwangeren und Gebärenden. Sehr passend wird sie mit Kreuz und Drache dargestellt. Der Legende nach erschien ihr der Teufel immer wieder in Gestalt eines Drachen der sie verschlingen wollte. Sie wehrte ihn jedoch mit dem Kreuz(zeichen) ab. Sie wird oft mit dem hl. Georg (dem "Drachentöter") in Beziehung gesetzt und zuweilen auch mit ihm zusammen abgebildet.
Es ist wahrlich ein Kampf gegen Satan der hier läuft, und dieser gewinnt gerade an Boden.
Sancte Margarete, ora pro nobis!

Mittwoch, 12. November 2014

Theologie des Leibes

Joachim und Anna (siehe PS)
Weil ich mich am kommenden Freitag (14.11) aufmache zu einer Tagung über die Theologie des Leibes (TdL) an der KU Eichstätt (klick), hier ein paar unsystematische Gedanken dazu (vereinzelt kam ich auf diesem Blog schon darauf zu sprechen, z.B. hier und hier; ob ich mal zu mehr - dann auch konkret inhaltlich - komme, ist v.a. eine Frage der Zeit).

Es ist klar, dass sich die TdL mit mehr als nur Sex befasst. Sie behandelt den Menschen an sich in seiner erlösten bzw. erlösungsbedürftigen Leiblichkeit. Wenn aber die Liebe das "Größte" (vgl. 1Kor 13,13) für den Menschen ist und die eheliche Liebe, die das "tiefe Geheimnis" zwischen Christus und seiner Kirche ist (vgl. Eph 5,32), ihren höchsten Ausdruck in der körperlichen Vereinigung und der Weitergabe des Lebens findet, dann kommt der Sexualität wohl eine hervorragende Stellung innerhalb dieser Theologie zu. (Vor einer ganzen Weile schreib ich hier mal ein paar Sätze darüber, inwiefern die Katholiken "sexbesessen" sind... klick.) Und es ist noch mehr.

Die Titel, die Papst Johannes Paul II. selbst seinen Katechesen gab, lauten: "Die menschliche Liebe im göttlichen Heilsplan" und "Die Erlösung des Leibes und die Sakramentalität der Ehe". Für den heiligen Papst waren seine Überlegungen, die er in den Mittwochskatechesen über einen Zeitraum von fünf Jahren hielt, ein umfassender "Kommentar zu der in der Enzyklika Humanae vitae enthaltenen Lehre" (so der Papst selber in der letzten Katechese, vom 28.11.1984). Insofern entspringt die "Theologie des Leibes", deren Feld semantisch betrachtet viel weiter ist, doch der Frage nach der Sexualität und fasst von dieser so wichtigen Dimension des Menschseins her das Ganze.

Es ist erschreckend, wie nach wie vor auch innerkirchlich die angebliche Leib- und Sexualfeindlichkeit der Kirche und gar ihre angebliche "Verteufelung der Sexualität" nicht nur aus uninformiertem Munde proklamiert (z.B. hier), sondern auch von vielen gehört und weitergesagt wird... sogar von eigentlich informiert sein sollenden Theologen und Geistlichen (z.B. hier... ein ermutigendes Gegenbeispiel: hier).
Sehr oft, auch in "konservativen" Zirkeln, herrscht auch einfach eine schlichte Unkenntnis: Viele, ich kenne sogar Priester und Hochschuldozenten, die das betrifft, haben schlicht und ergreifend noch nie etwas von "Theologie des Leibes" gehört (da kommt man sich manchmal schon ziemlich verar***t vor...). Tja.

Leider ist es nun so, dass die Art und Weise, wie JPII diese "sexuelle Revolution" in die Kirche gebracht hat, eine Rezeption nicht gerade erleichtert, weder akademisch noch persönlich. Zum einen haben päpstliche Mittwochskatechesen tatsächlich einen anderen magisterialen Stellen- und Beachtungswert als etwa ein Apostolisches Schreiben (den gemeinen Theologen kümmert wenig, was ein Papst mittwochs sagt...). Zum anderen bringt aber gerade die notgedrungene Zerhackstückelung des großen Ganzen in mundgerechte Häppchen, die dann Mittwoch für Mittwoch einem ständig wechselnden (!) Publikum präsentiert werden mussten, eine enorme Zähigkeit der einzelnen Texte mit sich, welche die ohnehin schon gegebene und für uns "Wessis" ungewohnte Viskosität der - von der orthodoxen Theologie beeinflussten - polnischen Art, Theologie zu treiben, nicht gerade bekömmlicher macht. Die Lektüre der Katechesen zieht sich oft wie Gummi und man weiß auf dem Höhepunkt des Bogens oft nicht mehr, wo der Anfang lag. Sekundärliteratur ist daher sehr notwendig, leider gibt es die zumeist nur auf englisch. Wojtylas für alles Folgende absolut grundlegende Standardwerk "Liebe und Verantwortung" ist da schon deutlich besser zu lesen, da hat man es nur mit der "polnischen Zähigkeit" zu tun.

Natürlich ist die mangelnde Rezeption, bis hin zur gezielten Unterdrückung der TdL v.a. in deutschen Landen auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie kompromisslos auf der Lehre der Kirche, insbesondere auf Humanae vitae, fußt (ein paar Gedanken dazu: hier). Was von den ideologischen "Verschweigern" (vgl. hier) und "Bekämpfern" aber wohl übersehen wird (oder nicht gesehen werden will) ist dies: Wie revolutionär und zugleich im besten Sinne "modern" diese Theologie nämlich in Wirklichkeit ist. Vor allem gründet das Denken Karol Wojtylas in dieser Hinsicht auf der "anthropologischen Wende", wie sie mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil verstärkt in die Kirche einzug hielt: Der "Mensch ist der erste Weg, den die Kirche bei der Erfüllung ihres Auftrags beschreiten muß: er ist der erste und grundlegende Weg der Kirche" (Redemptor hominis 14). Was der Papst hier in seiner Antrittsenzyklika schreibt, gilt freilich nur unter der fundamentalen christlichen Prämisse: "er ist der erste und grundlegende Weg der Kirche, ein Weg, der von Christus selbst vorgezeichnet ist und unabänderlich durch das Geheimnis der Menschwerdung und der Erlösung führt" (ebd). Worum es diesem großen Papst in seinem ganzen Lehramt geht, ist eine "christliche Anthropologie" die besonders durch das Konzilsdokument "Gaudium et spes" stark entwickelt wurde, an dessen Entstehung Wojtyla als Konzilsvater selber entscheidend mitwirkte. Diese christliche Anthropologie betrachtet den Menschen als den, der als Abbild Gottes geschaffen ist und der gänzlich abhängig und verwiesen ist auf diesen Gott, der selbst in Jesus Christus Mensch wurde, der die sieben Sakramente für das geistig/geistliche und leibliche Heil der Menschen eingesetzt hat, und dessen Menschennatur nach seinem Tod und seiner Auferstehung auch zu Gott erhoben wurde.
Es ist eine Pervertierung dieser an sich guten (weil zutiefst christologischen) Wende zu einer vertieften christlichen Anthropologie, mit der sich die Theologie heute selbst überflüssig zu machen trachtet. Diese "Perversion" kulminiert dann in einer "atheistischen Theologie", die eigentlich nurmehr eine philosophische Anthropologie ist, wenn auch unter dem Dach der Theologie (das beste Beispiel aus meinem eigenen Umfeld: hier). Dieser "erste Weg der Kirche" wurde oft missverstanden, weil man diesen einen Satz aus dem gedanklichen Gesamtgefüge etwa von Redemptor himinis heraustrennte und nicht beachtete, was direkt vorher ausgeführt ist, wo es nämlich heißt: "Jesus Christus ist der Hauptweg der Kirche. Er selbst ist unser Weg zum Haus des Vaters und ist auch der Zugang zu jedem Menschen." (RH 13) Zum Menschen gelangen wir durch Christus!

Was ich damit sagen will: Die TdL von Johannes Paul II. ist nur in der geistesgeschichtlichen und theologischen Atmosphäre nach dem (Ersten und) Zweiten Vatikanischen Konzil denkbar und sie macht zugleich aber keine Abstriche an der beständigen Lehre und Disziplin der Kirche. Genau das was für viele (rechts wie links) unmöglich scheint, ohne entweder das Konzil zu relativieren (rechts) oder einem Gespenst des Konzils aufzusitzen (links) - was im Grunde das selbe ist, nur mit diametralen Folgerungen -, das hat Johannes Paul II. mit seiner "Theologie des Leibes" im Hinblick auf den Fragekomplex Ehe und Sexualität geleistet.
Der Vorwurf einer "Rückkehr vor das Konzil" in der Lehre von JPII ist also auch rein sachlich besehen lächerlich. Ebenso falsch ist aber zugleich eine Vernachlässigung der Situation und der Theologie nach dem Konzil.
»Echte eheliche Liebe wird in die göttliche Liebe aufgenommen und durch die erlösende Kraft Christi und die Heilsvermittlung der Kirche gelenkt und bereichert, damit die Ehegatten wirksam zu Gott hingeführt werden und in ihrer hohen Aufgabe als Vater und Mutter unterstützt und gefestigt werden.« (Gaudium et spes 48, sich auf das Erste Vaticanum beziehend)

Und obendrein ist die ganze TdL übrigens zutiefst biblisch, und gerade nicht irgendwie (neu)scholastisch verschroben. (Traurige Ironie gerade der "katholischen" Theologie und wohmöglich auch ein Grund für die geringe Rezeption: Weil diese Mittwochskatechesen des heiligen Papstes in der Gestalt von Meditationen der heiligen Schrift zu uns kommen - das alles aufrecht haltende "Skelett" der Katechesen sind einige handverlesene Bibelverse! - sind sie in Theologenkreisen zuweilen nurmehr als "Schriftbetrachtungen" geläufig, denen darum kein besonderer Wert, etwa für die Moraltheologie, zugemessen wird.) Nach meinem Dafürhalten müssten (zumindest die "konservativen") Protestanten die TdL sehr zu schätzen wissen, aber als "Lehre eines Papstes" ist sie dort natürlich nochmal weniger geläufig als bei den Katholiken.

Das Bemerkenswerteste an der kirchlichen Lehre gerade über die Sexualität (aber auch über viele andere Fragen, etwa Abtreibung) ist vielleicht die Tatsache, dass sie bestechend einfach ist: Die christliche Sicht vom Sex ist eine solche, die grundsätzlich immer der Würde der Person den Vorrang einräumt. Meine eigenen Interessen, etwa mein Bedürfnis nach Befriedigung, müssen immer zurückstehen vor der geschuldeten Achtung vor der Person des anderen (und meiner selbst). Der Grund dafür ist die jedem Menschen (und damit auch seinem Körper!) von seinem Schöpfer eingestiftete Würde. Alles Weitere ergibt sich daraus.
(Überaus amüsieren kann ich mich ob des Vorwurfs der "Unnatürlichkeit" der kirchlichen Sicht auf die Sexualität, da doch gerade die katholische Kirche die einzige "Organisation" ist, die die Natur des Menschen ohne Abstriche wirklich ernst nimmt, gerade auch wenn es um Sex geht... Was, bitte, ist so "natürlich" an einem Kondom, oder überhaupt an absichtlicher Sterilisation? Die - auch vorübergehende - Unfähigkeit an sich dazu fähiger Individuen, Nachkommenschaft zu erzeugen, ist, von der Natur her betrachtet, eine Dysfunktion, eine Pathologie! Der sich bereits in der Terminologie andeutende Unterschied zwischen natürlicher Empfängnisregelung und künstlicher Empfgängnisverhütung ist ebenso klar [die kirchliche Lehre mal völlig außen vor lassend]: Erstere achtet die Natur des Menschen, nimmt sie ernst, schützt sie, lebt mit ihr - der Mensch wird als leib-seelisches Wesen wertgeschätzt. Letztere manipuliert und bekämpft diese Natur regelrecht, und schädigt sie dabei nicht selten - es herrscht die Idee, man müsse den Menschen vor seiner eigenen Natur "schützen".)


Von diesen philosophisch-theologischen Aspekten einmal abgesehen, ist die TdL aber v.a. ein Fanal der Hoffnung und ein Anlass zur Freude, weil sie eine Perspektive auf den Menschen und insbesondere die menschliche Sexualität eröffnet, die wirklich zutiefst wahr, gut und schön zu nennen ist (vgl. dazu auch die "erotischen" Kapitel in der Enzyklika Deus caritas est von Benedikt XVI.).
Ich genieße das große Privileg, vielfach um mich herum sehen und mit(er)leben zu können, wie (zumeist junge) Familien nach dem (v.a.) von Johannes Paul II. Gelehrten leben, und wie sie die Herausforderungen und Nöte überstehen, haargenau weil sie beständig diese Perspektie einnehmen und von der Mutter Kirche geführt ihr Leben gestalten. Dass die Kirche das lehrt, was sie lehrt, empfinden diese Menschen als eine beständige Stärkung und Ermutigung. Sie leben was die Kirche als "Sachwalterin" Gottes authentisch lehrt und sie er-leben die Freude, die daraus erwächst. Bei allen Opfern und Herausforderungen (es ist nie leicht oder bequem, nach Gottes Geboten zu leben!), die damit einhergehen und allen Rückschlägen und aller Schwäche, erfahren sie doch "schon in dieser Welt" reichen Lohn und sie haben die Gewissheit der Fruchtbarkeit dieser Lebensweise für das ewige Leben. 

Das Sakrament, das sie in der Ehe verbindet, ist für diese Menschen der Grundstein, auf dem sie ihr gemeinsames Leben und ihre Familien bauen. Die Gewissheit, dass nichts was sie selber fühlen, denken, sagen oder tun und nichts was von außen an sie herankommt und sie bedrängen mag, an dem Bund, den sie vor und mit Gott geschlossen haben, etwas ändern kann - dass sie bis zum Tod existentiell auf den je anderen bezogen und an ihn mit allen dazu gehörenden Pflichten gebunden bleiben -, gibt ihnen den Mut und zugleich eine faszinierende Gelassenheit, allen Herausforderungen entgegen zu gehen: "Egal was passiert: wir gehören zusammen, weil Gott uns verbunden hat." Es ist das Vertrauen auf Gott, dass das Vertrauen zu einander in besonderer Weise ermöglicht.
Was Johannes Paul II. aber auch Benedikt XVI. in ihren vielfältigen und unterschiedlichen Äußerungen gelehrt haben (Enzykliken, Ansprachen, Briefe, Katechesen etc.) empfinden diese Familien keineswegs als ein Eindringen in ihre Privatsphäre oder als Bevormundung; sondern sie erfahren es als Zuspruch und Ermutigung, als Ausdruck der Wertschätzung und als liebenden Hirtensorge, die verlässliche Orientierung in einer zunehmend verrückter werdenden Umwelt gibt (weil vom eigenen Bischof, etwa hier in Freiburg, seit Jahrzehnten nichts diesbezügliches kommt, bleibt eben nur der Blick zum "Oberhirten" in Rom). Es ist durchaus eine Gegenkultur, die dort trotz vieler Widrigkeiten (leider auch sehr stark innerhalb der Kirche!) gelebt wird... und sie ist ungemein fruchtbar (in mehrfacher Hinsicht ;) ).

Für mich sind diese Menschen wichtige Vorbilder. An Allerheiligen wurde bei uns in einer sehr kurzen Predigt die Frage gestellt, was wir täten, wenn wir bemerken würden, dass wir einen Heiligen in unserer Familie haben... Ich weiß immerhin, wie es mir damit geht, Heilige in meinem engsten Freundeskreis zu haben... denn ich habe dort gleich mehrere Menschen, denen ich, bei aller menschlichen Schwäche und Unzulänglichkeit, und bei aller alltäglichen Nüchternheit und der Notwendigkeit ständigen Lernens, ohne Zögern ein durchaus tugendhaftes Leben attestieren kann. Und ich bin dankbar, diese Familien kennen und auch, wo es möglich ist, unterstützen zu dürfen.
Immer wieder höre ich von Leuten, die der kirchlichen Lehre abgeneigt sind, den dümmlichen Hohn und Spott über diese Lehre (oder eher das, was diese Leute dafür halten), der sich bei manchem sogar bis zu blankem Hass und Ekel steigert (es sind Fratzen, die sich da zeigen!). Aber die Demut und die Zuversicht, die Wärme und Hingabebereitschaft, die ich bei denen erlebe, die danach leben, lassen es für mich fraglos: Das ist der dem Menschen - allen Menschen - gemäße Weg. Und die anderen haben einfach keine Ahnung.

Die christliche Vision von der ehelichen Liebe besteht v.a. darin, dass diese Liebe immer von Gott kommt und auf Gott ausgerichtet ist. Das gilt auch für die Sexualität. Diese Liebe genügt sich nicht selbst und kann sich gar nicht selbst genügen. Die sakramentale Ehe zwischen Getauften kann noch viel weniger aus Menschlichem gespeist werden als die "bloße" Naturehe. Ohne das Bewusstsein ihrer Herkunft aus und ihrer Ausrichtung auf Gott ergibt das ganze "moralische" Reden der Kirche überhaupt keinen Sinn, dann muss man dieses Gerede (durchaus verständlicherweise) für Blödsinn halten und konsequent verwerfen. Alles Reden und Lehren der Kirche über die Ehe (und die Sexualität) zielt auf die Verwirklichung des in ihr als Sakrament ("Sex [in der Ehe] ist ein Sakrament" sagte Manfred Lütz einst pointiert, und er hat damit durchaus nicht unrecht) Angelegten und letztlich also auf das ewige Heil der in der Ehe verbundenen Menschen bei Gott. Darum ist der Blick der Kirche oft viel weiter als der des einzelnen Menschen mit seinen "Sorgen des Alltags", und sie wirkt zuweilen "fremd"... Die Berufung des Christen ist aber nicht das irdische Glück und Wohlbefinden, sondern - durch das Kreuz! - die ewige Glückseligkeit!

Die "frohe Botschaft" der Theologie des Leibes lautet vor diesem Hintergrund in einer sehr knappen Form vielleicht so: "Gott hat die Berufung zur göttlichen Liebe unserem Leib eingeschrieben - unserer Sexualität -, und zwar von Anfang an." (Christopher West in seiner "TdL für Anfänger")

Verteufelung der Sexualität? Ha!



Post scriptum zu obigem Bild: Auf den orthodoxen Ikonen, die die Eltern Mariens, Joachim und Anna, darstellen, findet sich meist hinter dem küssenden Paar ein bereitetes Bett. Eine so offensichtlich sexuelle Anspielung (bei aller gebotenen frommen Zurückhaltung in der Darstellung) ist m.W. einmalig in der Ikonenkunst und durchaus etwas Schönes. Es stellt im Grunde das dar, was in der Westkirche als "unbeflekte Empfängnis" bekannt ist, nur dass in der orthodoxen Tradition (mangels des westlichen Begriffs von der Erbsünde und wegen des Fehlens einer einheitlichen oder gar lehramtlich dogmatisierten Lehre über die ohne Erbsünde empfangene Gottesmutter) das entsprechende Fest, welches am 9. Dezember gefeiert wird und wohl ins 7. Jahrundert zurückreicht, das "Fest der Empfängnis der hl. Anna" heißt, hier also die Eltern, v.a. die Mutter Mariens im Mittelpunkt steht.

Dienstag, 11. November 2014

Unbekannte

Von Bastian (hier): 

»Eheschließung heißt, dass ich nicht nur verspreche, eine Frau zu lieben, die ich nur im Moment kenne und deren Entwicklung ich nicht im Geringsten vorhersehen könnte. Ich verspreche auch, dieselbe Frau zu lieben, gleich wie ich mich selbst verändern werde. Ich verspreche Liebe von einem mir unbekanntem zu einer mir unbekannten für Lebenssituationen, die mir ebenfalls völlig unbekannt sind. Die Tatsache, dass ich sie heute liebe, ist keinerlei Garantie: bei der Ehe geht es nicht um Bestätigung einer Liebe, die da ist, sondern um das Versprechen von Liebe, die noch nicht da ist. Ohne Einschränkung, ohne Rückweg. Die Ehe ist knallhart!«

Diener der Liturgie

Weil ich am Sonntag (Patrozinium: St. Martin!) wieder ganz fürchterliche liturgische Verbaldiarrhö aushalten musste... 

Es scheint in deutschen Landen ein Anliegen von hoher Priorität zu sein, die Tatsache, dass Jesus Christus der eigentliche Liturge der kirchlichen Liturgie ist (siehe Bild), zu verschleiern (in gewissen Nachbarländern sind deutsche Priester daher nicht gern gesehen...). 
Schade.


»Unter den verschiedenen Aspekten des Problems, die heute häufig aufgezeigt werden, verdient jener hervorgehoben zu werden, der die überzeugte Liebe zu den liturgischen Normen und ihre Respektierung betrifft.
Die Liturgie ist Ausübung des Priestertums Christi , „der Gipfel, auf den das Tun der Kirche hinstrebt und gleichfalls die Quelle, aus der alle ihre Tugenden hervorfließen“ 242 . Sie bildet einen Bereich, wo sich der Priester in besonderer Weise bewusst sein muss, dass er Amtsträger ist, das heißt Diener, und dass er der Kirche treu gehorchen muss. „Das Recht, die heilige Liturgie zu ordnen, steht einzig der Autorität der Kirche zu. Diese Autorität liegt beim Apostolischen Stuhl und nach Maßgabe des Rechtes beim Bischof.“ Deshalb wird der Priester nach eigenem Gutdünken in dieser Materie nichts hinzufügen, wegnehmen oder ändern (vgl. SC 22).
Dies gilt in besonderer Weise für die Feier der Sakramente, die herausragende Akte Christi und der Kirche sind und die der Priester in der Person Christi, des Hauptes, und im Namen der Kirche zum Wohl der Gläubigen spendet. Diese haben ein wahres Recht darauf, an liturgischen Feiern teilzunehmen, wie sie die Kirche will, und nicht nach dem persönlichen Geschmack des einzelnen Amtsträgers, nach partikularistischen Ritualen, die nicht approbiert sind, oder nach den Ausdrucksweisen einzelner Gruppen, die dazu neigen, sich der Universa lität des Volkes Gottes zu verschließen.«

(Aus dem "Direktorium für Dienst und Leben der Priester", Nr. 59; kann man hier als PDF nachlesen; die Neue Ausgabe vom April 2013 ist nach wie vor von der Deutschen Bischofskonferenz nicht rezipiert worden.)

Montag, 10. November 2014

Die Wellen

Es ist wiedermal das selbe Spiel wie schon so oft... irgendetwas passiert im Vatikan, und prompt sprudeln die Verschwörungstheorien nur so vor sich hin. Da wird wiedermal fabuliert, die Wahl des Papstes sei ungültig gewesen und sowieso und überhaupt sei das ja fast schon soetweas wie eine Terrorherrschaft im Vatikan... der "falsche Papst Bergoglio" entledigt sich seiner Widersacher und drückt seine Agenda durch. (Ein Katholik der soetwas ernsthaft behauptet, spricht sich m.E. selbst das Urteil.) *gähn*

Den vielleicht besten und besonnensten Kommentar zur Versetzung von Kardinal Burke findet man beim NCR (unbedingt lesen: hier).
Was mich angeht, ich nehms gelassen (zumal diese Personalie seit Mitte Oktober ja vom Kardinal selbst angekündirgt war). Es gibt wirklich wichtigere Angelegenheiten!

Ich muss gestehen: Mir kam das Auftreten des Kardinals Burke mit Cappa Magna immer schon dezent lächerlich vor. Jedoch bin ich zugleich auch sehr beeindruckt von der Demut und Weisheit dieses Mannes. Am meisten weiß ich wohl zu schätzen, dass er eine leider auch in Vatikankreise zu selten anzutreffende Ehrlichkeit und Authentizität ausstrahlt. Er lebt, was er predigt und er lebt v.a. für die Kirche Gottes. Darum begrüße ich es auch, dass er seine neue Aufgabe in aller Demut annimmt. 
Die neue Stelle bei den Maltesern hat auch einiges für sich (Funfact: die acht Zacken am weißen Kreuz weisen hin auf die 8[+1] Seligpreisungen). Hätte der Papst Burke "kaltstellen" wollen, hätte er gewiss andere Mittel gehabt, als ihm ein Büro ein paar Häuser weiter zuzuweisen... der Sitz der Malteser ist nämlich in Rom!... allzuweit weg ist der angebliche "Gegenspieler des Papstes" also durchaus nicht. Mir ist überdies nicht bekannt, dass mit seiner neuen Stelle etwa ein Schweigegebot, die Aufagabe seiner verbliebenen Pflichten im Vatikan oder die Einstellung aller Kontakte dorthin verbunden wäre. Burke tat seine Pflicht (vor Gott, der Kirche und seinem Gewissen) in der Apostolischen Signatur und er wird sie tun bei den Maltesern.

Es ist wieder das gleiche Debakel wie schon mehrmals... Dieser Rummel und diese Verschwörungstheorien um den Papst schaden der Kirche jedenfalls mehr als diese oder jene vatikanische Personalie. Was soll denn ein Katholik, der sich informieren möchte, dabei mitnehmen, wenn ihm alle Nase lang unterbreitet wird, wie schlimm doch alles ist und dass dieser Papst angeblich die Kirche zugrunde richtet? Selbst wenn: Es wird ihm eh nicht gelingen, denn das haben schon andere und mächtigere Päpste vor ihm versucht und sie sind allesamt gescheitert.
Es ist durchaus bemerkenswert, wie hier wiedermal die "Liberalen" und die "Konservativen" ins selbe Horn stoßen. Man ist sich offenbar einig in der Beurteilung der Lage. Toll!... ?


In der Philothea des hl. Franz von Sales las ich heute diese nette kleine Geschichte (II,13), die mir nicht nur dieser Tage sehr zu passen scheint:
»Der hl. Gregor von Nazianz – er erzählte es selbst in einer Predigt – ging eines Tages am Meeresufer auf und ab; da sah er, wie die Wellen Muscheln, Pflanzen, kleine Austern und ähnliches anschwemmten, was das Meer ausstieß, sozusagen ausspie. Dann kamen andere Wellen und schwemmten einiges davon wieder ins Meer zurück; die Felsen ringsum aber blieben fest und unbeweglich, so sehr auch die Wellen dagegen brandeten. Darüber kam ihm der schöne Gedanke, dass schwache Menschen gleich Muscheln und entwurzelten Pflanzen sich bald zur Traurigkeit, bald zur Freude hinreißen lassen, hin- und hergespült von den Wellen und Wogen des Schicksals; die Mutigen aber bleiben fest und unbeweglich in allen Stürmen. Von diesem Gedanken ausgehend betete er mit David: „Herr, rette mich, denn die Wasser sind bis in meine Seele gedrungen. Herr, rette mich vor den tiefen Wassern. Ich werde auf die hohe See hinausgetrieben, der Sturm hat mich zum Sinken gebracht“ (Ps 69,2; 16,3). – Er war ja damals in schwerer Bedrängnis, weil Maximus sich seinen Bischofssitz widerrechtlich angeeignet hatte.«

Immer mit der Ruhe Leute, alles wird gut. Wachet und betet!