Samstag, 26. Juni 2021

Josemaría Escrivá über die Wirkung der Liturgie

Du sahst mich an einem schmucklosen Altar die heilige Messe feiern. Nur Tisch und Altarstein, kein Altaraufsatz. Das Kruzifix war groß. Die Leuchter kräftig und derb, mit großen Wachskerzen, stufenförmig aufsteigend, am höchsten beim Kreuz. Altarverkleidung in liturgischer Tagesfarbe. Weite Kasel. Streng in den Linien, kostbar und schalenförmig der Kelch. Ohne elektrisches Licht, das wir nicht entbehrten.

Und es kostete dir Mühe, die Kapelle zu verlassen. Du warst zu Hause hier. Siehst du, wie die Strenge der Liturgie Gott näher bringt?

(Der Weg, Nr. 543)

Montag, 21. Juni 2021

geschlechtersensibel von/zu Gott reden?

  Zum Glück nur wenig medial beackert wurde die Tatsache, dass das Bistum Hildesheim vor ein paar Tagen eine Handreichung über „geschlechtersensible Sprache“ veröffentlicht hat (hier). Alles erwartungsgemäß: Aus Mitarbeitern werden Mitarbeitende (Nr. 2; hoffentlich bekommen die, die beim Pfarrfest „mitarbeiten“ dann auch alle einen guten Stundenlohn!) und seelsorglichen Rat dürfen ab sofort nur noch die (bezahlten) Seelsorger geben, sonst wird es verwirrend (Nr. 5). Das ist mir alles ziemlich egal, ich benutze solche Sprache eh nicht.

Was mir nicht egal ist, ist die neue Gottesrede, die hier propagiert wird (s. Bild). Die ist meiner Meinung nach theologisch unhaltbar und nichts weniger als häretisch und blasphemisch.

Doch zunächst muss noch kurz darauf hingewiesen werden, dass bereits das erste hier gegebene Beispiel schon auf rein sprachlicher Ebene – wir lassen mal alle Theologie beiseite – ganz unterirdisch dämlich ist. Das zu ersetzende „Gott der Herr“ ist eine erzählende oder beschreibende Sprachform, d.h. der so Sprechende möchte jemand anderem etwas über Gott berichten: Gott der Herr machte/sprach/etc. (siehe z.B. den zweiten Schöpfungsbericht am Beginn der Bibel ab Gen 2,4b). Die als „auch möglich“ deklarierte Formel „Du, unser Gott“ ist dagegen eine Anrede, denn hier wird Gott direkt angesprochen. Es handelt sich um zwei gänzlich verschiedene Redeweisen mit unterschiedlichen Adressaten. Das dritte Beispiel hat das gleiche Problem, wobei hier noch extra darauf hingewiesen wird, man solle im „Du“, nicht im „Er“ fortfahren... dass das eine die zweite Person bezeichnet und das andere die Dritte, man diese also nicht beliebig vertauschen kann, ohne einen ganz anderen Text (und einen anderen Adressaten der Rede) zu erhalten, ist den Sprachgenies im Bistum Hildesheim offenbar nicht aufgefallen.

Schon die Einleitung ist sehr hilfreich:
Herr, Vater, König, Richter, Herrscher – Mutter, Trösterin,
Heilige Geistkraft, Liebe – Welches Gottesbild hilft uns
in unserem Glaubensleben und spricht die Menschen
an, die da sind?
Ich begrüße die Ehrlichkeit: Immerhin geben die Autoren zu, dass es hier nicht bloß um Sprache geht, sondern dass damit faktisch ein neues/anderes Gottesbild propagiert werden soll. Was für ein Gottesbild ist das? Nun, es ist jedenfalls nicht das, was uns in der Bibel begegnet.

Es ist bemerkenswert, dass den Autoren anscheinend keine Alternative zu „Gott der Herr“ eingefallen ist, weshalb sie offenbar nur den Ausweg sahen, gleich etwas völlig anderes zu schreiben. Durchaus angemessen, schließlich ist „Herr“ die Anrede für Gott und Jesus schlechthin, die tatsächlich durch nichts ersetzt werden kann!

Bekanntlich ist „Herr“ (gr. kyrios) die übliche Umschreibung des unaussprechlichen Gottesnamens, den Gott dem Mose aus dem Dornbusch offenbarte (vgl. Ex 3,14). Der Bezeichnung Gottes als Kyrios kommt biblisch besehen die gleiche Bedeutung zu wie dem Gottesnamen selbst (vgl. ThWNT 3, 1058), bis dahin, dass es heißt: „HERR ist sein Name“ (Ex 15,3) und das Volk bekennt: „Der HERR ist Gott, der HERR ist Gott!“ (1Kön 18,39)

Die für die Hildesheimer Handreichung Verantwortlichen müssen sich das Wort Josuas gefallen lassen: „Wenn es euch aber nicht gefällt, dem HERRN zu dienen, dann entscheidet euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, denen eure Väter jenseits des Stroms dienten, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus, wir wollen dem HERRN dienen.“ (Jos 24,15)

Erst im vergangenen Jahr hatte ich mich HIER etwas eingehender mit der unsäglichen und unbiblischen Anrede Jesu als „unser Bruder“ befasst und gegen Ende dann den Schwenk zur Bedeutung der Herr-Anrede getan, die nichts weniger ist als ein Bekenntnis zum Gottsein Jesu, denn dieser wird im ganzen Neuen Testament ganz bewusst so angesprochen, wie im Alten Testament Gott angesprochen wurde:
Die von Bibel und Liturgie einhellig als vorrangig und ersatzlos bezeugte Anrede Jesu als Kyrios – Herr ist weit mehr als nur eine bloß zufällige oder austauschbare Betitelung. Sie ist auch mehr als eine „Hierarchisierung“, die man zu bestimmten Zeiten durch etwas Anderes ersetzen oder milieuspezifisch verflachen kann, damit Jesus irgendwie (aber dann verfälscht) kommunikabel bleibt. Es zeigt sich gerade darin die Vertrautheit, denn die den Herrn erkannt haben und die er erkannt hat, die nennen ihn auch so in ihren Gebeten: „Herr, der du aller Herzen kennst...“ (Apg 1,24) Die Anrede „Herr“ war von Anfang an und ist bis heute vor allem anderen das Bekenntnis der Christen schlechthin: „Darum hat ihn Gott über alle erhöht [...] damit [...] jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters.“ (Phil 2,9-11) Dass Jesus der „Christus“ und der „Herr“ ist, ist ein wesentlicher Teil der Botschaft von Ostern: „Gott hat ihn zum Herrn und Christus gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt.“ (Apg 2,36) Die Anrede Jesu als „Bruder“ offenbart dagegen eine geradezu vorösterliche Sichtweise – nach Ostern wissen wir: „Dieser ist der Herr aller.“ (Apg 10,36)

Im Apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen wir Jesus als „unseren Herrn“, im Nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis bekennen wir ihn als den „einen Herrn“ (parallel zum „einen Gott“). Das kürzeste und zugleich älteste Glaubenbekenntnis der Christen findet sich im Brief des Apostels Paulus an die Römer: „Herr ist Jesus“ (Röm 10,9; gr. Kyrion Iesun). So sollten wir auch zu ihm beten.

Dass der Heilige Geist, eine der drei Personen(!) der Dreifaltigkeit hier durch eine apersonale Geistkraft ersetzt wird, ist offenkundig. Das mag auch erklären, warum die Autoren den Kyrios entsorgt haben, denn „keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet.“ (1Kor 12,3)

Fassen wir zusammen: Der Gott Israels wird seines herr[!]lichen Namens beraubt, der Herr Jesus wird verleugnet und der Heilige Geist wird entsorgt. Was bleibt da noch übrig? Erst neulich habe ich es erleiden müssen, wie ein Gottesdienst „im Namen Gottes, uns Vater und Mutter, im Namen des Sohnes, uns Bruder und Freund und im Namen der heiligen Geistkraft“ eröffnet wurde, und ich kann nicht umhin zu rätseln, in wessen Namen die Leute da nun eigentlich versammelt waren…  *grusel*



Nachtrag 27. Juni: Übrigens hat das Erzbistum Paderborn schon im Januar 2020 einen "Praxisleitfaden für geschlechtergerechte Kommunikation" herausgegeben (hier). Hier war man immerhin klug genug, Gebetssprache und Gottesanrede ganz außen vor zu lassen. Es sind aber auch hier einige Beklopptheiten drin, etwa wenn "Wanderer" zu "Wer zu Fuß kommt," wird... offenbar glaubt man, beim Wandern ginge es nur darum, an ein verabredetes Ziel (eine Veranstaltung?) zu kommen... arme Leute.

Mittwoch, 2. Juni 2021

Verbot der "Weihe" von Frauen

Das erneuerte Strafrecht bietet insbesondere eine Neuerung, die in Deutschland bestimmt viel Resonanz hervorrufen wird. 

 

Bislang galt: "Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann." (c. 1024) und c. 1379 schrieb ganz allgemein vor, dass mit einer "gerechten Strafe belegt werden" "soll", wer eine "Sakramentenspendung vortäuscht". Nun konnte man c. 1024 ignorieren und behaupten, c. 1379 treffe ja gar nicht auf etwaige Diakoninnenweihe und dergleichen. So konnte man korrekt feststellen, dass nirgendwo im Kirchenrecht explizit drinsteht, dass man einer Frau nicht die Weihe spenden darf! Außerdem ist "soll mit einer gerechten Strafe belegt werden" eine ausgesprochen lasche Formulierung, an die sich offenbar niemand mit Verantwortung so recht gebunden wissen wollte. Es ist ebne nur eine "soll", keine "muss" Vorschrift, und "gerechte Strafe" scheint im Ermessen des Einzelnen zu liegen.

Damit ist es nun vorbei. Im neuen Canon 1379, §3 heißt es nun: 

»Jeder, der einer Frau die heilige Weihe zu spenden versucht, wie auch die Frau, welche die heilige Weihe zu empfangen versucht, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu; ein Kleriker kann darüber hinaus mit der Entlassung aus dem Klerikerstand bestraft werden.«

 

Damit ist dreierlei klar: 

1. Es wird ausdrücklich der Versuch einer Weihe von Frauen (mulieres) als rechtswidrig verworfen (implizit ist damit nochmals bestätigt, dass so eine Weihe nicht möglich ist: es ist bloß der Versuch).

2. Wie c. 1024 betrifft diese Norm nicht bloß die "Priesterweihe", sondern jede "heilige Weihe" (sacrum ordinem).

3. Es gibt keine "soll" Vorschrift mit unklarem Strafmaß mehr, sondern ein solcher Versuch hat nun die Exkommunikation als Tatstrafe (latae sententiae) zur Folge (d.h. die Exkommunikation tritt im Moment des "Versuchs" automatisch ein).


Tja... und nun, Herr Bätzing?


PS. Ich bin überhaupt sehr froh um den ganzen neuen Abschnitt "Straftaten gegen die Sakramente" (cc. 1378-1389), den es vorher nicht gab und dessen Canones bisher anderweitig (etwa unter "Verletzung der Amtspflichten") verteilt und weniger deutlich waren.

Dienstag, 1. Juni 2021

Zum erneuerten kirchlichen Strafrecht

Papst Benedikt XVI. im Interview mit Peter Seewald in „Licht der Welt“ 2010 (aus JRGS 13/2, 865):

»[Seewald:] Es ist nicht nur der Missbrauch, der erschüttert, es ist auch der Umgang damit. Die Taten selbst wurden über Jahrzehnte ver schwiegen und vertuscht. Eine Bankrotterklärung für eine Institution, die sich die Liebe auf ihr Banner geschrieben hat.

[Ratzinger:] Dazu hat mir der Erzbischof von Dublin etwas sehr Interessantes gesagt. Er sagte, dass das kirchliche Strafrecht bis in die späten 1950er-Jahre hinein funktioniert hat; es war zwar nicht vollkommen – vieles ist daran zu kritisieren –, aber immerhin: Es wurde angewandt. Doch seit der Mitte der 1960er-Jahre wurde es einfach nicht mehr angewandt. Es herrschte das Bewusstsein, die Kirche dürfe nicht Rechtskirche, sondern müsse Liebeskirche sein; sie dürfe nicht strafen. So war das Bewusstsein dafür, dass Strafe ein Akt der Liebe sein kann, erloschen. Damals kam es auch bei ganz guten Leuten zu einer merkwürdigen Verdunkelung des Denkens. Heute müssen wir wieder neu erlernen, dass die Liebe zu dem Sünder und die Liebe zu dem Geschädigten dadurch im rechten Ausgleich stehen, dass ich den Sünder in der Form bestrafe, die möglich und die angemessen ist. Insofern gab es in der Vergangenheit eine Bewusstseinsveränderung, durch die eine Verdunkelung des Rechts und der Notwendigkeit von Strafe eingetreten ist – letztendlich auch eine Verengung des Begriffs von Liebe, die eben nicht nur Nettigkeit und Artigkeit ist, sondern die in der Wahrheit ist. Und zur Wahrheit gehört auch, dass ich denjenigen strafen muss, der gegen die wirkliche Liebe gesündigt hat.«


Papst Franziskus in der Apostolischen Konstitution Pascite gregis Dei vom 23. Mai 2021, mit der das Buch VI des Codex des kanonischen Rechtes erneuert wird (hier):

»Die Beachtung und Respektierung der Strafdisziplin der Kirche ist Aufgabe des ganzen Volkes Gottes, aber die Verantwortung für ihre korrekte Anwendung ist […] in besonderer Weise den Hirten und den Oberen der einzelnen Gemeinschaften aufgetragen. Es ist eine Aufgabe, die in untrennbarer Weise mit dem munus pastorale verbunden ist, das ihnen anvertraut wird. Sie soll als konkretes und unverzichtbares Erfordernis der Liebe gegenüber der Kirche, der christlichen Gemeinschaft und der eventuellen Opfer ausgeübt werden, aber auch gegenüber demjenigen, der eine Straftat begangen hat und der, zusammen mit der Barmherzigkeit, auch der Korrektur von Seiten der Kirche bedarf.

Das Unverständnis für den engen Zusammenhang, der in der Kirche zwischen der Ausübung der Liebe und der Umsetzung der Strafdisziplin besteht – immer, wenn es die Umstände und die Gerechtigkeit erforderlich machen –, haben in der Vergangenheit viel Schaden verursacht. Diese Art des Denkens – die Erfahrung lehrt uns das – steht in der Gefahr, dahin zu führen, dass man mit Gewohnheiten lebt, die der Rechtsordnung entgegenstehen und denen nicht nur durch Ermahnungen und mit Ratschläge begegnet werden kann. Eine solche Situation bringt oft die Gefahr mit sich, dass sich eine bestimmte Lebensweise im Laufe der Zeit verfestigt, eine Korrektur schwieriger macht und in vielen Fällen Ärgernis und Verwirrung unter den Gläubigen hervorruft. Aus diesem Grund ist die Anwendung der Strafen von Seiten der Hirten und der Oberen notwendig. Die Nachlässigkeit eines Hirten bei der Anwendung des Strafrechts macht deutlich, dass er seine Aufgabe nicht recht und treu ausübt […].

Es ist tatsächlich die Liebe, die es erforderlich macht, dass die Hirten das Strafsystem immer dann anwenden, wenn es erforderlich ist, und dabei die drei Ziele beachten, die es notwendig machen, nämlich die Wiederherstellung der Erfordernisse der Gerechtigkeit, die Besserung des Straftäters und die Beseitigung von Ärgernissen.«

 

Can. 1365 fand sich zuvor unter der Nummer 1371. Er ist also von den "Straftaten gegen die kirchliche Autorität und die Ausübung des kirchlichen Amtes" gewandert zu den "Straftaten gegen den Glauben und die Einheit der Kirche". Ob er nun auch vermehrt zu Anwendung kommt?

»Wer außer dem in can. 1364 § 1 genannten Fall [Apostasie, Häresie, Schisma] eine vom Papst oder einem Ökumenischen Konzil verworfene Lehre vertritt oder eine der in can. 750 § 2 oder in can. 752 behandelten Lehren hartnäckig ablehnt und, nach Verwarnung durch den Apostolischen Stuhl oder den Ordinarius nicht widerruft, ist mit einer Beugestrafe und Amtsverlust zu bestrafen; diesen Strafen können andere der in can. 1336 §§ 2-4 genannten Strafen hinzugefügt werden.«