Dienstag, 3. Juli 2012

Hochgebet III

Was mir bisher nicht aufgefallen war, aber jetzt umso mehr stört... Bei den Interzessionen im dritten Hochgebet heißt es an einer Stelle: 
»Erhöre, gütiger Vater, die Gebete der hier versammelten Gemeinde und führe zu dir auch alle deine Söhne und Töchter, die noch fern sind von dir
Problem: diese Übersetzung des lateinischen Originals ist nicht bloß philologisch falsch, sondern sehr irreführend. Im lateinischen Text heißt es:
»Votis huius familiae, quam tibi astare voluisti, adesto propitius. Omnes filios tuos ubique dispersos tibi, clemens Pater, miseratus coniunge.«

Jetzt hat man schon "neue" Hochgebete, bei denen man versucht ist, sie als verschiedene Grade der Verstümmelung des römischen Kanons anzusehen, und dann übersetzt man sie auch noch derart sinnentstellend. Richtig übersetzt müsste es ungefähr lauten:  Führe zusammen alle deine Kinder die in der Welt verstreut sind.

Das ist etwas völlig anderes, denn es meint die Christen (und die Juden?); während die Übersetzung in unserem Messbuch den Eindruck erweckt, hier wären die Nichtchristen gemeint.
Über die Legitimität solch einer Bitte will ich hier nichts aussagen, es geht mir nur um die bloße Tatsache, dass die offizielle Übersetzung unseres deutschen Messbuches an dieser Stelle einer, selbst am Rest des Messbuches gemessen, ziemlich miesen Verschandelung unterliegt.
Neidisch bin ich auf die englischsprachigen Katholiken... im neuen Roman Missal stimmt die Übersetzung... sehnsuchtsvoll warte ich auf unser neues!

2 Kommentare:

  1. ... hoffentlich warten wir nicht zu lange ...

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  2. Das ist ein sehr gutes Beispiel, Invenimus...es gibt 100 davon! Weist man darauf hin, heißt es immer, das lateinische könne man nicht 1:1 umsetzen. - In Wirklichkeit hat dies, wie Sie dagen, zur miesen Verschandelung geführt (im ästhetischen Sinn), aber auch zur bewußten Verfälschung (auf der doktrinellen Ebene). Erwarten Sie nicht zu viel vom neuen Messbuch - manche Fehlübersetzungen werden korrigiert, aber es gibt viele neue liturgische Texte, die (dem Eindruck nach) von einem anderen Planeten stammen. :-( Gruß. Windlicht.

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