Sonntag, 8. Juli 2012

Weisheit und Kosmos

Ikone der Hagia Sophia, der heiligen Weisheit

Die Weisheit lobt sich selbst, sie rühmt sich bei ihrem Volk.

Sie öffnet ihren Mund in der Versammlung Gottes und rühmt sich vor seinen Scharen:
Ich ging aus dem Mund des Höchsten hervor und wie Nebel umhüllte ich die Erde.
Ich wohnte in den Höhen, auf einer Wolkensäule stand mein Thron.
Den Kreis des Himmels umschritt ich allein, in der Tiefe des Abgrunds ging ich umher.
Über die Fluten des Meeres und über alles Land, über alle Völker und Nationen hatte ich Macht.
Bei ihnen allen suchte ich einen Ort der Ruhe, ein Volk, in dessen Land ich wohnen könnte.
Da gab der Schöpfer des Alls mir Befehl; er, der mich schuf, wusste für mein Zelt eine Ruhestätte. Er sprach: In Jakob sollst du wohnen, in Israel sollst du deinen Erbbesitz haben. 
Vor der Zeit, am Anfang, hat er mich erschaffen und bis in Ewigkeit vergehe ich nicht.
Ich tat vor ihm Dienst im heiligen Zelt und wurde dann auf dem Zion eingesetzt.
In der Stadt, die er ebenso liebt wie mich, fand ich Ruhe, Jerusalem wurde mein Machtbereich.
Ich fasste Wurzel bei einem ruhmreichen Volk, im Eigentum des Herrn, in seinem Erbbesitz.
Wie eine Zeder auf dem Libanon wuchs ich empor, wie ein wilder Ölbaum auf dem Hermongebirge.
Wie eine Palme in En-Gedi wuchs ich empor, wie Oleandersträucher in Jericho, wie ein prächtiger Ölbaum in der Schefela, wie eine Platane am Wasser wuchs ich empor.
Wie Zimt und duftendes Gewürzrohr, wie beste Myrrhe strömte ich Wohlgeruch aus, wie Galbanum, Onyx und Stakte, wie Weihrauchwolken im heiligen Zelt.
Ich breitete wie eine Terebinthe meine Zweige aus und meine Zweige waren voll Pracht und Anmut.Wie ein Weinstock trieb ich schöne Ranken, meine Blüten wurden zu prächtiger und reicher Frucht.
Ich bin die Mutter der schönen Liebe, der Gottesfurcht, der Erkenntnis und der frommen Hoffnung. In mir ist alle Lieblichkeit des Weges und der Wahrheit, in mir alle Hoffnung des Lebens und der Tugend.
Kommt zu mir, die ihr mich begehrt, sättigt euch an meinen Früchten!
An mich zu denken ist süßer als Honig, mich zu besitzen ist besser als Wabenhonig. Mein Andenken reicht bis zu den fernsten Generationen.
Wer mich genießt, den hungert noch, wer mich trinkt, den dürstet noch.
Wer auf mich hört, wird nicht zuschanden, wer mir dient, fällt nicht in Sünde. Wer mich ans Licht hebt, hat ewiges Leben.
(Sir 24,1-34)

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