Dienstag, 27. August 2013

Die tägliche Hl. Messe... auch ohne Volk!

Vor einigen Tagen erschien ein Schreiben der Kongregation für den Klerus über die tägliche Feier der hl. Messe. Ich hatte das Thema vor eineinhalb Jahren (hier) mal angesprochen. Nun gibt es also auch aus Rom entsprechende Impulse: "Die tägliche Feier der Heiligen Messe auch in Abwesenheit von Gläubigen" (hier zu finden). Es sei im ganzem zitiert, weil es so ein wertvoller Text ist:


Wir wissen sehr wohl, dass es in letzter Zeit immer wieder Priester gibt, die das so genannte „Messe-Fasten“ einhalten, das darin besteht, werktags, ab und zu, manchmal sogar jede Woche, die heilige Messe nicht zu zelebrieren, sie somit auch den Gläubigen vorenthaltend. In manchen Fällen ist der Priester der Ansicht, vor allem wenn er nicht auch direkt mit Seelsorge beauftragt ist, dass das tägliche Feiern der Messe nicht notwendig sei, wenn er sie nicht für eine Gemeinschaft zelebrieren kann. Und dann gibt es auch diejenigen, die der Ansicht sind, dass auch sie, in der Zeit ihrer wohlverdienten Ferien, das Recht haben „nicht zu arbeiten“; deshalb unterbrechen sie das tägliche Zelebrieren der Eucharistie. Was soll man nun davon halten? Fassen wir die Antwort in zwei Punkten zusammen: die Lehren des Magisteriums einerseits und einige theologisch-spirituelle Betrachtungen andererseits.


1. Das Lehramt

Zweifelsohne finden wir in den Lehramts-Dokumenten keine Weisungen hinsichtlich einer zwingenden Pflicht des Priesters, täglich die heilige Messe zu zelebrieren; es ist jedoch ebenso offensichtlich, dass ihm dies nicht nur empfohlen, sondern auch nahegelegt wird. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen. Der Kodex des Kanonischen Rechts von 1983 verweist, im Rahmen eines Kanons über die Pflicht der Priester des Strebens nach Heiligkeit, auf Folgendes: «Die Priester sind nachhaltig eingeladen, täglich das eucharistische Opfer darzubringen » (Kan. 276, § 2 n. 2). Auf die tägliche Feier der Eucharistie müssen sie bereits in der Zeit ihrer Ausbildung vorbereitet werden: «Die Feier der Eucharistie hat der Mittelpunkt des ganzen Seminarlebens zu sein, so dass die Alumnen täglich an der Liebe Christi Anteil haben und die geistliche Kraft für ihre apostolische Arbeit und für ihr geistliches Leben vor allem aus dieser reichen Quelle schöpfen.» (Kan. 246 § 1).

Auf diesen letzten Kanon Bezug nehmend, unterstreicht Johannes Paul II. Folgendes: «Es ist daher angemessen, dass die Seminaristen jeden Tag an der Eucharistiefeier teilnehmen, auf dass sie, im weiteren Verlauf des Lebens, die tägliche Feier der Eucharistie als Grundregel ihres Priesterlebens verinnerlichen. Ihre Ausbildung wird sie auch dazu führen, die Feier der Eucharistie als den grundlegendsten Moment ihres Tages zu erachten.» (vgl. Angelus, 01.07.1990, n. 3; kursiv von uns).

Im nachsynodalen Apostolischen Schreiben Sacramentum Caritatis von 2007, hat Benedikt XVI. vor allem daran erinnert, dass «Bischöfe, Priester und Diakone – jeder seinem Grad entsprechend – die Zelebration als ihre Hauptpflicht betrachten müssen.» (Nr. 39). Daraus hat der Heilige Vater die logische Folgerung gezogen:
   
    «Die priesterliche Spiritualität ist von ihrem inneren Wesen her eucharistisch. [...]Den Priestern empfehle ich deshalb „die tägliche Feier der heiligen Messe, auch wenn keine Gläubigen teilnehmen” (Propositio 38 Bischofssynode). Diese Empfehlung steht zunächst in Einklang mit dem objektiv unendlichen Wert jeder Eucharistiefeier und hat überdies seinen Beweggrund in ihrer einzigartigen geistlichen Wirkkraft, denn wenn die heilige Messe mit Aufmerksamkeit und Glauben erlebt wird, ist sie formend im tiefsten Sinn des Wortes, da sie die Gleichgestaltung mit Christus fördert und den Priester in seiner Berufung stärkt.» (Nr. 80)

 Als Nachfolger dieser und weiterer Lehren besagt das Direktorium für Dienst und Leben der Priester, - 2013 von der Kongregation für den Klerus neu herausgegeben - unter Nr. 50, bezüglich der „Mittel für das spirituelle Leben“ der Priester: « Daher ist es für den Priester notwendig, sein Gebetsleben dermaßen zu gestalten, dass es folgendes umfasst: die tägliche Eucharistiefeier mit geeigneter Vorbereitung und anschließender Danksagung».
Diese und weitere Lehren des neueren Magisteriums wurzeln selbstverständlich in den Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils, das unter Nr.13 des Dekrets Presbyterorum Ordinis  besagt:

«Im Mysterium des eucharistischen Opfers, dessen Darbringung die vornehmliche Aufgabe des Priesters ist, wird beständig das Werk unserer Erlösung vollzogen; darum wird seine tägliche Feier dringend empfohlen; sie ist auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche».

2. Die wichtigsten Gründe

Allein der Verweis auf diese Weisungen des Lehramtes sollte ausreichen um alle Priester zur täglichen Feier der heiligen Messe zu veranlassen, unabhängig davon ob Gläubige anwesend sind oder nicht. So kurz gefasst wie möglich möchten wir jedoch auch die wichtigsten theologisch-spirituellen Gründe darlegen, die diesbezüglich den Weisungen der Kirche zugrunde liegen. In knappen Verweisen sei Folgendes gesagt.

a) Privilegiertes Instrument zur Heiligkeit des Priesters. Die heilige Messe ist „Quelle und Krönung“ des ganzen priesterlichen Lebens: aus ihr schöpft der Priester die übernatürliche Kraft und nährt den Geist des Glaubens desjenigen, der ihn braucht um sich Christus gleichgestalten zu können und um ihm würdig zu dienen. Wie die Manna, die während der Flucht aus Ägypten jeden Tag gesammelt werden musste, so muss auch der Priester jeden Tag an der Quelle der Gnade trinken, dem Opfer auf dem Golgatha, das sich in jeder heiligen Messe sakramental erneuert. Diese tägliche Feier zu unterlassen - außer im Falle tatsächlicher Unmöglichkeit - bedeutet, sich der wichtigsten Nahrung zu entziehen, die zur eigenen Heiligung und für den apostolischen Dienst in der Kirche erforderlich ist. Es bedeutet auch, das Risiko einer Art spirituellen Pelagianismus zu laufen, der eher auf die Kraft des Menschen setzt als auf die Gnade des Herrn.

b) Wichtigste Pflicht des Priesters, seine Identität kennzeichnend. Es ist ja vor allem die Feier der Eucharistie, die den Priester als solchen kennzeichnet; dies bestätigt sich durch die Tatsache, dass dieser Kirchendienst, dass die Eucharistie als solche, in Christi Handeln während des Letzten Abendmahls gründet. Die heilige Messe zu feiern ist nicht die einzige Aufgabe des Priesters, aber es ist die wichtigste. Daran erinnert ja gerade auch Presbyterorum Ordinis: im Darbringen der Eucharistie „üben die Priester ihre bedeutendste Funktion aus.“ Diese Lehre wird 1992 von Johannes Paul II. in Pastores Dabo Vobis aufgegriffen: «In ihrer Berufung zum Dienst am Heiligen sind die Priester also vor allem Diener beim Messopfer» (Nr. 48).

c) Vollkommenste Handlung pastoraler Liebe. Es gibt keine bedeutenderes Handeln in Nächstenliebe, das der Priester zu Gunsten der Gläubigen ausführen könnte, das größer wäre oder mehr Bedeutung hätte als die heilige Messe. Das Zweite Vatikanische Konzil erinnert mit folgenden Worten daran: «Mit der Eucharistie stehen die übrigen Sakramente im Zusammenhang; auf die Eucharistie sind sie hingeordnet; das gilt auch für die anderen kirchlichen Dienste und für die Apostolatswerke. Die Heiligste Eucharistie enthält ja das Heilsgut der Kirche in seiner ganzen Fülle, Christus selbst, [...]. Darum zeigt sich die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt aller Evangelisation» (Presbyterorum Ordinis, Nr. 5).

d) Seelenamt für Verstorbene. Die pastorale Liebe, die im allgemeinen nur die gläubigen viatores zu erreichen vermag, geht in der heiligen Messe über die Grenzen von Zeit und Raum hinaus. In persona Christi zelebrierend, erfüllt der Priester eine Aufgabe, die über die Wirkungsdimension der menschlichen Geste hinausgeht, die ja auf ihre Zeit, ihren Raum und auf die Geschichte ihrer Auswirkung beschränkt ist. Er geht über die Grenzen des menschlich Erreichbaren hinaus. Dies gilt insbesondere für den Wert des Verdienstes Christi, der sich in der heiligen Messe erneut dem Vater hingibt, sich für uns und für Viele opfernd. Zu den „Vielen“ für die sich Christus einmalig auf dem Kreuz geopfert hat und für die er sich auf dem Golgatha der Altäre unserer Kirchen opfert, gehören auch die verstorbenen Gläubigen, die danach streben in die göttliche Ewigkeit einzugehen. Seit jeher betet die Kirche während der Liturgie auch für sie, wie das Erwähnen der Verstorbenen in den eucharistischen Gebeten beweist. «Schon seit frühester Zeit hat die Kirche das Andenken an die Verstorbenen in Ehre gehalten und für sie Fürbitten und insbesondere das eucharistische Opfer dargebracht, damit sie geläutert werden und zur beseligenden Gottesschau gelangen können.» (Katechismus der Katholischen Kirche, n. 1032).
 
Der letzte, zusammenfassende Satz (im italienischen Original, hier) fehlt in der oben verlinkten deutschen Übersetzung, er sei noch nachgereicht:
Welcher Akt der pastoralen Liebe ist daher die tägliche Feier der Heiligen Messe auch in Fällen, in denen die Gläubigen nicht dabei sind!

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