Freitag, 2. August 2013

Der Gott der Muslime

Immer wieder kommt es mir vor die Augen, wie Katholiken den Anhängern des Islam absprechen wollen, dass diese an Gott (Allah, s. Bild) glauben.
Und jedesmal ist es die gleiche ignorante und arrogante Art, die da zu spüren ist.

Aus aktuellem Anlass mal ein paar Gedanken dazu.

katholisches.info dupliziert mal wieder (im Rahmen des derzeit wohl angesagten Papstbashings) Messa in Latino (hier und hier). Diesmal mit diesem haarsträubenden Schmankerl; ein, wie sie es nennen, "Promemoria" für den Heiligen Vater; Anlaß ist die Grußbotschaft des Papstes an die Moslems zum Ende des Ramadan. Es geht um Begriffe und es geht um Logik, was auch den systematischen Aufbau erklärt. Der Autor jener Zeilen will dem Leser etwas logisch zwingend "beweisen". Der Einfachheit halber nummeriere ich mal die einzelnen Sätze.

»1) Wer nur an Gott glaubt, ist Jude.
2) Wer nicht an Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch glaubt, ist nicht Christ.
3) Wer nicht an Gott Heiliger Geist glaubt, ist nicht Katholik.
4) Die Allerheiligste Dreifaltigkeit ist der wahre und einzige Gott.


5)Der Islam glaubt nicht an Jesus Christus als Gott, deshalb ist Allah nicht Gott.
6)Deshalb ist Allah nicht unser Gott-Vater, weil er nicht derselbe christliche Gott ist.
7)Es ist daher nicht wahr, daß der Gott der Juden und der Christen, derselbe Gott der Moslems ist.
8) „Wer mich sieht, sieht den Vater“, sagt Jesus.
9) Jesus ist der Weg, um zum Vater zu gelangen: ohne Jesus ist der Vater nicht derselbe.
10) Der Heilige Geist qui ex Patre Filioque procedit.


11) Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind die Allerheiligste Dreifaltigkeit, wahrer und einziger Gott.«

Zu 1): Nonsens. Hier herrscht eine ziemliche Begriffsverwirrung, da nicht nur Juden "nur an Gott" glauben. Wir Christen tun das auch. Und Muslime auch. Mir scheint, der Autor ziert sich hier etwas, weil er eigentlich auch den Juden absprechen möchte, dass sie an Gott glauben... wohl weil es unschick ist, tut ers nicht. Siehe Punkt 5).
Zu 2): Es gab v.a in der frühen Kirche einige "christliche Sekten", die die wahre Gottheit Jesu ablehnten. Inwiefern man diesen das "Christ"-sein absprechen kann, halte ich rein begrifflich für zweifelhaft, da sie sich ja durchaus auf Christus beriefen, ihn aber eben nicht als Gott anerkannten.
Zu 3): Das ist eine merkwürdige Aussage. Heißt das, man kann getrost orthodoxer oder protestantischer Christ sein, ohne an den Heiligen Geist zu glauben?
Zu 4): "Die Dreifaltigkeit ist Gott" halte ich für eine zumindest fragwürdige Formulierung. Gott ist dreieinig, ja. Vater, Sohn und Geist sind gleichermaßen der eine Gott. Aber "die Dreifaltigkeit" als Gott zu bezeichnen? Wir beten ja auch nicht "die Dreifaltigkeit" an, sondern Gott (in drei Personen).
Zu 5): Non sequitur. Nur weil Muslime nicht an die Göttlichkeit Jesu Christi glauben, heißt das noch gar nichts für ihren Gottglauben. Siehe Punkt 1): Auch die Juden glauben nicht an die Göttlichkeit Jesu Christi... wieso kann man denen dann aber zubilligen immerhin "nur an Gott" zu glauben?
Zu 6): Hier scheint der Autor selbst nicht mehr zu wissen, was er eigentlkich sagen will... im grunde ist es ein Zirkelschluss: Der islamische Gott ist nicht der christliche Gott, weil der christliche Gott nicht der islamische Gott ist. Klingt logisch, sagt aber nichts.
Zu 7): In der Scheinwelt des Autors ist genau genommen auch der jüdische Gott nicht der selbe wie der christliche.
Zu 8): Zitate Hinklatschen ist leicht. Aber was bedeutet es? Heißt das, dass Jesu Zuhörer, als sie ihn anschauten, den Vater sahen? Hat der Vater etwa die gleiche Frisur? Die gleichen Flecken und Narben? Was sahen denn Jesu Zuhörer (und Zuschauer)?
Zu 9): Richtig: Jesus ist der Weg. Und was bedeutet das? Der Rest ist falsch. Ohne Jesus gäbe es gar keinen "Vater", denn der Vater ist Vater in seiner Relation zum Sohn, wie der Sohn Sohn ist in Relation zum Vater. Ohne den Sohn kein Vater, ohne den Vater kein Sohn. Die Personen unterscheiden sich nämlich in ihrer Relation zu einander.
Zu 10): Abgesehen von der mangelhaften Übersetzung, gibt es an dieser Feststellung nichts zu mäkeln.
Zu 11): Siehe 4).

Der Autor dieser Zeilen, der sich offenbar als Hüter der katholischen Wahrheit betrachtet, begeht hier eine ganze Reihe von Fehlern, für die man in einer Prüfung im theologischen Grunstudium grandios durchfallen würde. Vor allem den, dass er "Gott" und "Gottesbild" nicht zu unterscheiden vermag. Dass es einen Unterschied gibt, zwischen dem, wie wir Menschen uns Gott vorstellen und was wir über ihn wissen (können), und dem, wie Gott in Wirklichkeit ist, kommt ihm gar nicht in den Sinn. Für den Autor scheint das Dogma sein ein und alles zu sein, aber zugleich hat er bestechend wenig Ahnung davon.
Krass ist auch, wie er, vielleicht unbewusst, eine Hierarchie in Gott einbaut, indem er Gott Vater andeutungsweise zum "eigentlichen" Gott erklärt. Jesus erscheint zuweilen nurmehr als der "Weg" zu jenem. Den Muslimen spricht er den Glauben an den einzigen Gott ja mit dem Argument ab, sie würden nicht an Christus glauben, der der Weg zum Vater ist, und folglich wäre der "Vater" ("Gott"?) für sie "anders"... Muslime würden also nicht an den gleichen Gott glauben, weil sie nicht an Jesus glauben... ganz dezent wird hier die Gottheit Jesu untergraben und Gott-Vater mit Gott per se gleichgesetzt. Wie sonst ist es zu erklären, dass Juden angeblich "nur an Gott" glauben? Ist der Christengott etwa "mehr" als "nur Gott"? "Gott Plus"? "Gott plus Jesus"?
Dass sich die exakt gleiche Argumentation auch auf die Juden anwenden ließe, ist dem Autor wohl nicht bewusst gewesen.

Zu sagen bleibt, dass die Tatsache, dass Juden und Muslime ein anderes Gottesbild haben, kein Urteil zulässt, wonach sie aufgrund ihres (verglichen mit dem christlichen, trinitarischen) falschen oder defizitären Gottesbildes, nicht den wahren Gott verehren. Ein Mangel an Wissen oder falsches Wissen schließt nicht von der Verehrung Gottes aus! Wir sind hier ja schließlich nicht bei den Gnostikern!
Das Gegenteil ist der Fall: Auch durch ein falsches Gottesbild hindurch (weil man es z.B. nicht besser weiß) wird, bei rechter (d.h. gottsuchender) Gesinnung, der eine und einzige Gott verehrt. Das ist sogar biblisch bezeugt, nämlich bei Paulus in Athen: "Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch." (Apg 17,23)
Was tun denn die Juden und Muslime, die nicht an einen dreieinigen Gott glauben, anderes, als unwissend den einen wahren und dreieinigen Gott zu verehren, den sie zwar nicht als "den dreieinigen" kennen, den sie aber doch als den einen, den Schöpfer uvm. anerkennen?
Ihr Gottesbild mag fehlerhaft(er als das christliche) sein; aber das bedeutet nicht, dass sie nicht Gott verehren!

Schließlich gilt auch für katholisches.info, so sie ihr "katholisch" würdig tragen wollen, was das Zweite Vatikanischen Konzil darüber gesagt hat:
»Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft.« (NA 3)

1 Kommentar:

Ich freue mich über Meinungen, (sinnvolles) Feedback und Hinweise aller Art. Fragen sind auch immer willkommen, eine Garantie ihrer Beantwortung kann ich freilich nicht geben. Nonsens (z.B. Verschwörungstheorien, atheistisches Geblubber und Esoterik) wird gelöscht. Trolle finden hier keine Nahrung.