Sonntag, 18. November 2012

Gedicht am Abend

 »Denn durch ein einziges Opfer hat er die, die geheiligt werden, für immer zur Vollendung geführt.« (Hebr 10,14)
 

Hör, liebe Seel! wer rufet dir?
Dein Jesus aus der Höhe:
«Komm, meine Taube, komm zu mir!»
Den Ruf ich wohl verstehe.

Wenn ich soll deine Taube sein,
Mußt du mir Flügel geben,
Die wasch in deinem Blut ich rein,
Und werde glaubend schweben.

Du rufest mir! Wie arm ich bin,
Darf ich zu dir doch kommen,
Die Mängel hat dein treuer Sinn
Ja all von mir genommen.

Sag, Herr, wird auch ein Nestlein fein
Für mich bei dir gefunden?
«Ja, meine Taube, komm herein,
Wohn hier in meinen Wunden!»

Mein Jesu, ach, was willst du mir,
In deinen Wunden geben?
«Durch meine Wunden, sag ich dir,
Fliegst sterbend du zum Leben.»

Wohlan, es zielt des Todes Pfeil,
Er wird mich nicht verderben,
Zu deinen Wunden, Herr, ich eil,
Da werd ichs Leben erben.

(Brentano; Bild: Albrecht Altdorfer, c. 1520)

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