Vor
ein paar Jahren habe ich mich hier sehr kurz mit der zuweilen
missbräuchlich in der Liturgie gebrauchten Bezeichnung Jesu als
„unser Bruder“ beschäftigt. Das will ich im Folgenden etwas
ausführlicher tun.
Wir
können schon gleich zu Anfang festhalten: Jesus wird nirgends im
Neuen Testament von seinen Jüngern als „(unser) Bruder“
angeredet, so bezeichnet oder gar als solcher verkündet. Auch die
Autoren der Evangelien bezeichnen ihn nie so. Die Apostel und die
Evangelisten verkündeten Jesus stets als Herr (gr. Kyrios)
(Apg 4,33), Christus (Apg
3.20) oder Sohn Gottes (Apg
9,20), nie als Bruder (gr. Adelphos). Eine nur
scheinbare Ausnahme davon ist Röm 8,29:
»Röm 8,28 Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht, denen, die gemäß seinem Ratschluss berufen sind; 29 denn diejenigen, die er im Voraus erkannt hat, hat er auch im Voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene unter vielen Brüdern sei. 30 Die er aber vorausbestimmt hat, die hat er auch berufen, und die er berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.«
Zunächst:
Was hat es mit den „vielen Brüdern“ auf sich, denen Paulus hier
Jesus als der „Erstgeborene“ beigesellt? Diese scheinbar
familiäre Aussage über die, die hier als „Brüder“ bezeichnet
werden, ist ganz klar an eine Bedingung geknüpft, die wir im
vorhergehenden Vers erfahren: „Wir wissen aber, dass denen, die
Gott lieben, alles zum Guten gereicht“ (Röm 8,28), sie sind
es, die „im Voraus dazu bestimmt“ sind, an „Wesen und Gestalt“
Jesu teilzuhaben. Wenn hier also von „Brüdern“ die Rede ist,
dann sind damit diejenigen gemeint, „die Gott lieben“, was
natürlich nur ein Leben nach dem Willen und Gebot Gottes meinen kann
(vgl. Joh 14,21: „Wer
meine Gebote hat und sie hält,
der ist es, der mich liebt“).
Beachtenswert
ist an dieser Stelle des Römerbriefes die Richtung, in die die
Aussage geht: Wir sollen an Jesu Wesen und Gestalt teilhaben, damit
IHM, Jesus, etwas zukommt, nämlich der „Erstgeborene“ zu sein.
Nun ist es natürlich völlig unproblematisch, dass die, die Jesus
nachfolgen, unter sich „Brüder“ (und Schwestern) sind (in Apg
werden sie ständig so genannt). Schwieriger zu verstehen ist aber
eben diese Rede von Jesus als dem „Erstgeborenen“ (gr.
prototokos). Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich dabei nicht um
irgendeine willkürliche Vokabel handelt. Sondern es handelt sich um
einen besonderen Hoheitstitel, der Jesus gerade nicht
gewissermaßen „horizontal“ in die Reihe der „Brüder“
hineinordnet, sondern der stattdessen die Vertikale (hierarchische)
Ordnung zwischen Jesus und der Kirche bzw. der ganzen Schöpfung
betont. Die Aussageabsicht zielt auf die Majestät Jesu als dem
„Erstgeborenen“ ab. Pointiert könnte man sagen: Dem
Erstgeborenen ist niemand ebenbürtig. Ausführlich stellt uns diesen
Sachverhalt derselbe Paulus im so genannten Kolosserhymnus gleich
doppelt vor Augen:
»Kol 1,15 Er ist Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung. 16 Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn hin erschaffen. 17 Er ist vor aller Schöpfung und in ihm hat alles Bestand. 18 Er ist das Haupt, der Leib aber ist die Kirche. Er ist der Ursprung, der Erstgeborene der Toten; so hat er in allem den Vorrang. 19 Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, 20 um durch ihn alles auf ihn hin zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Frieden gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut.« (siehe dazu auch die ähnlichen Aussagen in Hebr 1,5-8 und Offb 1,5-6)
Wollte
man die Aussage des Paulus im Römerbrief über Jesus als den
„Erstgeborenen unter vielen Brüdern“ so verstehen, dass Jesus
einer der Brüder ist, dann müsste man mit der selben Logik auch
sagen, dass Jesus als „der Erstgeborene der ganzen Schöpfung“
Teil dieser Schöpfung, d.h. ein Geschöpf ist. Dem ist
offensichtlich nicht so, denn, so klärt uns Paulus auf, alles was
ist (gr. panta) ist durch ihn überhaupt erst geschaffen worden, er
ist „vor aller Schöpfung“ (vgl. auch den Johannesprolog). Das
gleiche gilt für die Bezeichnung als „Erstgeborener der Toten“:
Jesus kann offensichtlich nicht einer unter vielen anderen Toten
sein, denn die hiermit gemeinte Auferstehung betrifft ihn anders als
uns. Er ist, wie der Hymnus sagt, „der Ursprung“: Durch ihn,
wegen ihm, in ihm gibt es überhaupt eine Auferstehung - er ist
das Leben (vgl. Joh 11,25). Wie Christus zur Schöpfung steht, so
steht er auch zu unserer Auferstehung und so steht er auch zu den
„Brüdern“, d.h. zur Kirche: Er ist „der Ursprung“, der
Schöpfer, das „Haupt“. Jesus ist so wenig Bruder unter Brüdern,
wie er Toter unter Toten oder Geschöpf unter Geschöpfen ist.
Die
Aussage von Röm 8,28-30 ist eschatologisch, d.h. sie zielt auf eine
Klärung des Verhältnisses zwischen Jesus und den „Erwählten“
im Zustand der Vollendung, nicht auf eine Qualifizierung Jesu als
„unser Bruder“, zumal er auch nie so genannt wird. Wenn
entsprechend dieser eschatologischen Perspektive die
Einheitsübersetzung hier sagt, die Jünger Jesu seien von Gott dazu
erwählt, „an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben“ (Röm
8,29), dann ist das zwar nicht falsch, aber doch eine unzureichende
Übersetzung. Eigentlich steht hier etwas viel Großartigeres: Wir
sollen dem Bild des Sohnes gleichgestaltet werden.
[Anmerkung für die theologischen Nerds: Paulus
gebraucht mit eikon den selben Terminus, den die Septuaginta im
Schöpfungsbericht verwendet. Er meint ein Ebenbild oder Abbild (wie
etwa die Büste einer berühmten Persönlichkeit). Der Völkerapostel
redet zudem nicht von „Teilhabe“, wie die EÜ meint. Das Wort
„Teilhabe“ klingt nach einer Geschäftsbeziehung und impliziert
wohl kaum eine Veränderung dessen, der an etwas teilhat. Paulus
gebracht das Verb symmorphus, dem das Verb morphoo zugrundeliegt, was
soviel wie formen,
gestalten,
modellieren
meint. Dem liegt wiederum das Substantiv morphe zugrunde: Form,
Gestalt.
Es geht also wirklich um eine Umformung des Menschen nach dem
(Vor)Bild des Sohnes, geradezu eine Gleich-Gestaltung mit ihm, nicht
um die bloße Teilhabe an etwas.] Diese Redeweise des Paulus
erinnert nicht zufällig an den ersten Schöpfungsbericht am Beginn
der Bibel, wo der Mensch nach dem „Bild“ Gottes geschaffen wird
(vgl. 1Mose 1,26). Paulus geht es freilich um eine neue
Schöpfung, nicht um eine Wiederholung der ersten, wie er an anderer
Stelle sehr schön sagt: „… wenn also jemand in Christus ist,
dann ist er eine neue Schöpfung“
(2Kor 5,17; vgl. 1Petr 1,23;
Offb 21,5).
Der
zuvor zitierte Kolosserhymnus zeigt eindrücklich die Verschränkung
der Verheißung von der
neuen Schöpfung mit der Hoheitswürde des
„Erstgeborenen“ im
Denken des Paulus: Jesus ist in jeder Hinsicht der
Erstgeborene, weil
er Abbild
Gottes ist und weil er
vor aller Schöpfung
war. Paulus betrachtet Jesus also
keineswegs als
einen „Bruder unter Brüdern“. Als
„Erstegborener“ ist er vor und über aller Schöpfung und auch
vor und über den „Brüdern“. Die Aussage des Paulus in
Röm 8,29 geht aber auch was Jesu Jünger angeht weit über jede
„Brüderlichkeit“ hinaus: Es geht um die Gleichgestaltung derer,
die „berufen“, die „im Voraus erkannt und erwählt“ wurden,
mit dem ewigen Sohn des Vaters. Die Gläubigen, die den Willen Gottes
erfüllen, – so lehrt das ganze Neue Testament – sollen in der
Vollendung an der Hoheit und Würde des Erstgeborenen teilhaben, an
der „Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet
sind“ (Hebr 12,23).
Aber
hat nicht Jesus seine Jünger als „meine Brüder“ bezeichnet?
Gewissermaßen:
»Mt 12,48 Dem, der ihm das gesagt hatte, erwiderte er: Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder? 49 Und er streckte die Hand über seine Jünger aus und sagte: Siehe, meine Mutter und meine Brüder. 50 Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.«
Offenkundig
spricht Jesus hier metaphorisch, wenn er hier familiäre Vokabeln
benutzt. Die „Jesus unser Bruder“-Advokaten meinen das aber
durchaus nicht metaphorisch, sondern sehr realistisch, nicht selten
sogar politisch.
Würde
man jedoch aus dieser Stelle ableiten, dass wir uns zu Recht als
„Brüder und Schwestern“ Jesu bezeichnen können, dann müssten
wir uns konsequenter Weise auch als „Mutter und Vater“ Jesu
bezeichnen... Dem ist natürlich nicht so, denn es geht Jesus bei
dieser Aussage offensichtlich nicht um eine Art von Brüderlichkeit
oder gar Ebenbürtigkeit (s.o.), sondern um die Vertrautheit und
Verlässlichkeit der Beziehung zu ihm, die in einem übertragenen
Sinn geradezu familiären Charakter haben soll. Dies ergibt sich
auch daraus, dass die hier von Jesus ausgedrückte familiäre
Vertrautheit an eine klare und keineswegs selbstverständliche
Bedingung geknüpft ist: Diese Vertrautheit gilt für diejenigen, die
entsprechend dem Willen (also auch: den Geboten) Gottes handeln:
„Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, der ist für
mich Bruder und Schwester und Mutter.“ Erfüllen wir diese
Bedingung?
Jesus
konnte seinen Jüngern zumindest einmalig die Ehrenbezeichnung „meine
Brüder“ zubilligen:
»Joh 20,16 Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister. 17 Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. 18 Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.«
Zunächst
ist hier eine wichtige Unterscheidung zu treffen, die auch für Mt
12,48-50 gilt: Jesus kann seine Jünger „(meine) Brüder“ nennen,
wie er sie auch „meine Freunde“ nennen kann (vgl. Joh 15,14).
Umgekehrt finden wir das aber interessanter Weise nie! Nie wurde er
von denen, die ihm nachfolgen, als „Bruder“ angesprochen oder als
„Freund“ verkündet. Schon im nächsten Vers verkündet auch
Maria aus Magdala den Auferstandenen klar als „Herr“.
Die
Bezeichnung der Jünger als „meine Brüder“ passt in diesem
Zusammenhang, weil der Austausch zwischen dem Auferstandenen und
Maria überhaupt von enormer Nähe und Zärtlichkeit geprägt ist. In
diesem besonderen Augenblick, dem Höhepunkt der ganzen Offenbarung,
wird die ganze Tragweite der Sendung Jesu deutlich: Er ist von der
göttlichen Herrlichkeit herabgestiegen und hat sich erniedrigt; und
er ist erhöht über alles und jeden (vgl. im Philipperhymnus, Phil
2,8-9). Jesus erweist sich als Hirte seiner Herde, er kennt die
Seinen, die die ihn annehmen sind sein Eigentum geworden. Zugleich
mit dieser nahen Zärtlichkeit des Erniedrigten tritt daher auch
schon die Distanz des Erhöhten in den Blick, den wir nicht
„festhalten“ können. In diesem Moment, ausgespannt zwischen Nähe
und Ferne, im Moment seiner größten Majestät als „Erstgeborener
aus den Toten“ spricht ihn Maria geradezu zärtlich an als
„Rabbuni“, wörtlich: „mein Meister“ oder auch „mein Herr“.
[Dass der Evangelist Marias Anrede mit
„(Lehr)Meister“ (gr. didaskale) übersetzt, braucht nicht zu
verunsichern: Mit Abwandlungen von „Rabbi“ können im Grunde alle
möglichen hochgestellten Persönlichkeit gemeint sein, die
hebräische Silbe rab heißt einfach „groß“.] Diese
Anrede Marias erinnert nicht zufällig an das Bekenntnis des Thomas
vor dem Auferstandenen kurze Zeit später (Vers 28): „Mein Herr und
mein Gott!“ (vgl. Offb 7,14) Und Jesus versichert Maria seiner
Liebe, indem er auf ihre zärtliche Anrede hin auch die Jünger in
ähnlicher Weise als die „Seinen“ in die größtmögliche Nähe
einfasst: „meine Brüder“.
Allgemein
lässt sich zum biblischen Befund noch dies feststellen:
Im
Blick auf den Vater wird besonders deutlich, dass Jesus sich nie als
„Bruder unter Brüdern“ gesehen hat: Er unterscheidet in allen
Evangelien stets genau zwischen seinem Vater (z.B. Mt 11,27;
Mk 8,38; Lk 2,49; Joh 5,36.43) und unserem Vater (z.B. Mt
5,48; Mk 11,25; Lk 6,36; Joh 8,42). An keiner Stelle spricht Jesus
von „unserem (gemeinsamen) Vater“. Besonders krass wird
die penible Vermeidung solcher Rede im Munde Jesu in Joh 20,17
spürbar: „Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu
meinem Gott und eurem Gott.“ Sein Verhältnis zum Vater bleibt
immer einzigartig, was auch irgendwie logisch ist, denn: „Ich und
der Vater sind eins.“ (Joh 10,30) Jesus ist nämlich
bezeichnenderweise nicht nur der Erstgeborene (gr. prototokos)
vor aller Schöpfung, sondern auch der Einziggeborene (gr.
monogenes) vom Vater (vgl. Joh 1,18).
Noch
einmal sei es gesagt: Zwar kann Jesus die Seinen in einzigartigen
Momenten (jeweils genau ein einziges Mal) als „meine Brüder“ und
„meine Freunde“ bezeichnen, aber nirgends in der Bibel kommen die
so Benannten auf die Idee, Jesus gleichfalls so anzureden oder zu
benennen, oder ihn gar mit solchen Worten anderen zu verkünden. Sie
kommen auch nicht auf die Idee, sich selbst als seine Brüder zu
bezeichnen. Es besteht eben ein ganz gewaltiger Unterschied, ob nun
Jesus seine Jünger in dieser Weise (einmalig) anspricht, oder ob wir
uns selbst so bezeichnen oder ihn so ansprechen. Wenn die Bibel die
höchste Norm für unser Beten ist, dann sollten wir die Anrede Jesu
als „Bruder“ tunlichst unterlassen.
Ein
Wort zur Gebetssprache:
Die
Bibel bezeugt, dass Jesus im Gebet, auch
im Segensgebet,
verschieden betitelt wird,
etwa
als
„(heiliger)
Knecht“
(Apg
4,30) oder
„Sohn des Vaters“ (2Joh 1,3).
Vor
allem aber ist
er der
„Herr“ (Hebr
13,20-21).
Insbesondere
das
Gebet, das
an
Jesus gerichtet
ist, gilt
ihm stets als dem
Herrn: „Herr
Jesus, nimm meinen Geist auf!
[…] Herr,
rechne ihnen diese Sünde nicht an!“
(Apg
7,59-60) Ganz
am Ende der Bibel finden
wir schließlich beides zusammen: ein
Gebet zu Jesus dem
Herrn
unmittelbar
gefolgt von einem Segensgebet unter
Anrufung
Jesu des
Herrn:
„Komm
Herr Jesus! Die Gnade des Herrn Jesus
sei mit allen!“ (Offb 22,20)
Die
Liturgie der Kirche kennt in
ihrem Beten
die Anrede oder Bezeichnung Jesu als „(unser) Bruder“ nicht. [Das
offizielle, vom Deutschen Liturgischen Institut herausgegebene Buch
für Wort-Gottes-Feiern am Sonntag kennt leider die Bezeichnung Jesu
als „Herr und Bruder“, aber das zähle ich nicht als „Liturgie
der Kirche“, es ist eine lokale (deutschsprachige) Kuriosität mit
vielen Mängeln.]
Wenn
ein Priester, aus welchen Gründen auch immer, ein Gebet zum
Vater
mit „… durch Jesus, unseren Bruder und Herrn“ beschließt,
könnte man meinen,
dass er auch in der Lage sein müsste, ein Gebet
zu Jesus ganz selbstbewusst
mit „Jesus
unser
Bruder…“ oder
„Bruder Jesus...“
zu
beginnen. Das geschieht aber eher nicht, weil es schlicht eine
gewaltige Anmaßung
wäre.
Üblicherweise
beginnt ein Gebet zum Sohn mit „Herr Jesus Christus...“ Darin
drückt sich nicht bloß Gewohnheit oder Konvention aus, sondern ein
gläubiger Instinkt, der genährt ist aus der Bibel und aus der
liturgischen Tradition der Kirche.
Die
einleitende oder abschließende Betitelung Jesu im Gebet als „unser
Bruder“ ist gewiss eine große Anmaßung, die keinerlei biblische
Basis hat. Nun könnte man denken, dass die umgekehrte Variante,
dass wir nämlich uns selbst im Gebet als „Jesu Brüder“ bezeichnen,
eher noch vorkommen kann, denn dafür gäbe es immerhin fast so etwas wie einen
biblischen Anhalt, wenn dieser auch in einem besonderen Kontext steht
(s.o.). Das scheint zwar auf den ersten Blick weniger aus der Luft
gegriffen, ist aber dennoch nicht weniger anmaßend, denn auch dafür
gibt es in der Bibel kein echtes Vorbild. Jesus nennt die Seinen zwar
einmalig „meine Brüder“, diese bezeichnen sich aber niemals
selbst als „Brüder Jesu“! Die Liturgie der Kirche spiegelt auch
das wider: Des Öfteren werden andere Gläubige als „unser
Bruder/unsere Schwester“ benannt, die der Herr, beispielsweise in
der Begräbnisliturgie, in sein Reich aufnehmen möge. Aber nie wird
so etwas gebetet wie „Herr Jesus, nimm deinen Bruder XY
auf…“ Dagegen wehrt sich der christliche Instinkt, obwohl es
scheinbar eine biblische Fundierung gibt. Entsprechend müsste sich
dieser Instinkt erst recht gegen die Bezeichnung Jesu als „unser
Bruder“ wehren, die noch weniger ein biblisches Vorbild hat.
Schließlich
sei noch angemerkt, dass der Sonntag der „Tag des Herrn“ (vgl. Offb 1,10) ist, an
dem wir „Leib und Blut des Herrn“ empfangen und so den „Tod des Herrn“ verkünden (vgl. 1Kor 11,26-27) ; es ist nicht der „Tag des
Bruders“, an dem wir ein „Brudermahl“ feiern. Der Mahlcharakter
der Messe, neben dem Opfer, verdeutlicht an erster Stelle die
Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch.
Zum
Schluss. Jesus ist nicht Bruder, er ist Herr:
Die
von Bibel und Liturgie einhellig als vorrangig und ersatzlos bezeugte
Anrede Jesu als Kyrios – Herr ist weit mehr als nur eine bloß
zufällige oder austauschbare Betitelung. Sie ist auch mehr als eine
„Hierarchisierung“, die man zu bestimmten Zeiten durch etwas
Anderes ersetzen oder milieuspezifisch verflachen kann, damit Jesus
irgendwie (aber dann verfälscht) kommunikabel bleibt. Es zeigt sich
gerade darin die Vertrautheit, denn die den Herrn erkannt haben und
die er erkannt hat, die nennen ihn auch so in ihren Gebeten: „Herr,
der du aller Herzen kennst...“ (Apg 1,24) Die Anrede „Herr“ war
von Anfang an und ist bis heute vor allem anderen das
Bekenntnis der Christen schlechthin: „Darum hat ihn Gott über alle
erhöht [...] damit [...] jeder
Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes,
des Vaters.“ (Phil 2,9-11) Dass Jesus der „Christus“ und der
„Herr“ ist, ist ein wesentlicher Teil der Botschaft von Ostern:
„Gott hat ihn zum Herrn und Christus gemacht, diesen Jesus, den ihr
gekreuzigt habt.“ (Apg 2,36) Die Anrede Jesu als „Bruder“
offenbart dagegen eine geradezu vorösterliche Sichtweise – nach
Ostern wissen wir: „Dieser ist der Herr aller.“ (Apg 10,36)
Im
Apostolischen Glaubensbekenntnis bekennen wir Jesus als „unseren
Herrn“, im Nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis
bekennen wir ihn als den „einen Herrn“ (parallel zum „einen
Gott“). Das kürzeste und zugleich älteste Glaubenbekenntnis der
Christen findet sich im Brief des Apostels Paulus an die Römer:
„Herr ist Jesus“ (Röm 10,9; gr. Kyrion Iesun). So sollten wir
auch zu ihm beten.
Für mich stehen diese Ausführungen entgegen dem Zeugnis Jesu, dass wir auf ihn hören sollen.
AntwortenLöschenMit Nichten gibt es eine Stelle wo Jesus; vor aller Schöpfung bezeugt wird, auch wenn sie (ihr) 2 Stellen findet wo ihr dies reininterpretiert. Jesus nennt uns seine Brüder, sie sagen aber dies ist falsch. Ich sehe es entgegen ihnen als Nachösterliches Sinnen, wo die Herrlichkeit Jesu als dass erkannt wird was sie ist, als Salbung (Gnadengabe) Jesu dass ihn zwar unter uns auszeichnet, ihn aber dennoch uns gleich sein lässt, einen Bruder unter vielen. Leider hat die Konstantinische Philosophie viele dazu gebracht Jesu Worte nicht anzunehmen und gar einen sterbenden Gott zu verkünden (einem Mensch könnte dies Gott nicht auftragen). Viele Worte der Bibel würden euch bezeugen, wolltet ihr darauf hören, dass Philosophie schädlich ist und dass Zeugnisse die Jesus nicht als Menschen bekennen niemals von Gott in den Himmeln stammen können. Mögen viele Jesus als das annehmen zu was ihn Gott berufen hat, damit Jesu Namen unter uns Hoch gehalten wird und kein Trugbild von ihm unter uns (fort) bestehen, darm bitte ich meinen Gott.