Samstag, 20. Oktober 2012

Vom Inhalt des Katechismus

Das letzte Mal ging es um den Sinn des Katechismus (Lektüre wird hierfür vorausgesetzt). Der Predigtgärtner hat dankenswerterweise die ganze Diskussion etwas überblickt und entsprechend verlinkt. Ich will noch ein paar Worte zum Inhalt sagen.

Ich habe ja schon lang und breit zu erklären versucht, dass z.B. der KKK unmöglich die Lebenswirklichkeit seiner Adressaten berücksichtigen kann, da er sich an alle 1,2 Milliarden Katholiken richtet und es sowieso kein einziges Buch gibt, das einem Kreis von Adressaten voll entsprechen kann. Auch alle erdenklichen Jugendbücher können nie die Akzeptanz finden, die sich Autor und Herausgeber vielleicht wünschen würden, denn selbst innerhalb eine Milieus oder einer Altersgruppe gibt es große Unterschiede zwischen den Individuen.
Bücher können notwendig nicht so eine Akzeptanz finden... und selbst wenn sie es könnten, wären sie nach spätestens fünf Jahren aus dem Rennen, weil sich die Lebenswelten völlig verändert haben. Das Leben ist zu "lebendig", als dass irgendetwas Festgeschriebenes dem gerecht werden könnte.

Der Katechismus versucht aber auch nicht, im Unterschied zu manch gut gemeintem Jugendbuch, ein bestimmtes Milieu anzusprechen, sondern er wendet sich eben an alle und bietet in einem Band alles, was für die Zugehörigkeit zur weltweiten(!) Kirche im Bekenntnis wichtig ist. Weshalb die Annahme des KKK ja auch eine der Bedingungen ist, die übertrittswillige Anglikaner zu erfüllen haben, um als Gemeinde in den Schoß der Kirche zurückkehren zu können: Wenn ihr das akzeptiert, seid ihr katholisch.

Dass sich der KKK sehr "neutral" verhält und sozusagen im Wesentlichen eine Auflistung von Inhalten ist, ist übrigens auch der einzige Weg, wie dieses Buch zumindest einige Jahrzehnte überleben und "aktuell" bleiben kann; alles was sich auf das Hier und Jetzt und diesen oder jenen Umstand bezieht, ist schnell aus dem Rennen, weil es eben nur da und zu dieser Zeit gilt... weswegen etwa der Erwachsenenkatechismus den die deutschen Bischöfe vor 30 bzw. 20 Jahren herausgegeben haben in mancher Hinsicht jetzt schon wieder ziemlich antiquiert ist.
Das gleiche Problem ist übrigens die "theologische Aktualität": Der KKK hält sich wohlweißlich zurück irgendeiner theologischen Richtung nach dem Mund zu reden, die aus welchen Gründen auch immer gerade en vogue ist. Vor allem nach den babylonischen Erfahrungen der 60er und 70er ist das auch richtig so. 
Das ergibt auch Sinn, denn ein Katechismus ist ja nicht dazu da, theologische Methodik und Meinung zu unterrichten, sondern das vom Glauben zu vermitteln, was unabhängig von der Theologie gilt, denn, und das ist sehr wichtig und wird gerne vergessen, die Theologie kann und darf nicht über den Glauben bestimmen! (Das stört mich z.B. am Katechismus der DBK: Da ist so viel vom "verantwortlichen Gewissen" die Rede, dass es mir zum Halse raushängt. Was aus dieser "theologischen Idee", die mit dem "unüberwindbar irrenden Gewissen", wie es das letzte Konzil gefasst hat, recht wenig zutun hat und sich auch nicht wirklich auf Newman berufen kann, werden wird, bleibt abzuwarten.)

Ameleo wirft dem Youcat vor, er würde doch nur wieder binnenkirchliche Chiffren verwenden und wenig erklären. Dem muss ich widersprechen: Gerade in dieser Hinsicht leistet der kleine Gelbe mit Worterklärungen, Aphorismen und Zitaten in der Seitenspalte eine gute Arbeit, indem er schwierige Begriffe eben nicht einfach unkommentiert benutzt. 
Es sei angemerkt, dass der Youcat ja offenkundig auf dem KKK aufbaut. Die fett gedruckten Zahlen in eckigen Klammern verweisen ja immer auf die entsprechenden Abschnitte im KKK. Der fett gedruckte Text an sich ist jeweils auch nichts anderes als eine geraffte Variante dieser Abschnitte. Im Grunde trifft also das, was ich bereits über den KKK geschrieben habe, auch auf den Youcat zu. Mit dem Unterschied, dass der Youcat die Möglichkeiten des Mediums besser nutzt (Bilder, Cartoons, Layout) und dass er (in den nicht fett gedruckten Passagen) zumindest einen sehr löblichen und nicht selten auch durchaus sinnvollen Versuch wagt, genau das zu tun, was Ameleo vermisst: Die "trockenen" Aussagen des Katechismus werden in verständlicher Sprache (die gottlob keine Alltagssprache ist!) und anhand von Beispielen aus der Lebenswelt junger Menschen erklärt. Immer aber den Spagat machend, das Bleibende aufzuzeigen. Das birgt natürlich die Gefahr, dass er in reklativ kurzer Zeit schon wieder altertümlich wirkt... wer weiß schon, ob nicht in 10 Jahren "Handys" so antiquiert sein werden wie es heute Walkmans sind (ich fand meinen ersten Walkman übrigens toll!).

Dass Lehr- und Lernmaterialien im konkreten Unterricht oft hilfreicher sind ist nicht überraschend und ich kann mich überhaupt nur wundern, wie man hier ein Konkurrenzverhältnis oder eine Unzulänglichkeit auf Seiten des Katechismus sehen kann, denn: 1. befassen solche Materialien sich meist viel viel ausführlicher mit einem Thema (oder kann man etwa die Ehe auf zwei Seiten erschöpfend erklären?); 2. werden sie in sehr kurzen Abständen erneuert und aktualisiert; 3. haben sie eine bei weitem engere Zielgruppe (Schulart, Jahrgang, etc.) und 4. haben sie auf der Grundlage dieser enormen Spezifizierung auch noch dem entsprechende didaktische Beigaben, Anregungen uvm. zu bieten. Dass das ein Katechismus, zumal einer, der auf der Ebene der Weltkirche angesiedelt ist, nicht leisten kann, liegt in der Natur der Sache. Darum ist das ja auch kein Unterrichtsbuch! (Oder habe ich nur überlesen, dass der Papst in seinem Vorwort den Youcat als Pflichtbuch für den katholischen Religionsunterricht verordnet hat?)
Ein Katechismus ist eine Hilfe zur Orientierung und zur Weitung der Perspektive, ein Gebrauchsgegenstand für den Alltag, eine Referenz für die Fülle der "Themen", eine Platte mit Appetithäppchen die alle Geschmäcker abdeckt und Lust macht auf bisher nicht oder wenig Gekostetes.

Und was ist mit den Fragen? Alle Nase lang, von Verweyen bis Küng, werden dem KKK wie dem Youcat die Fragestellungen vorgeworfen. Die Fragen, wie sie im Youcat stehen, wären nicht wirklich die Fragen junger Menschen. Ährm... Schonmal einen Dialog von Platon gelesen? Oder Galileo Galilei? Was ich sagen will: Der Dialog als Literaturgattung oder auch bloß das katechetische Frage/Antwort Prinzip ist natürlich notwendig ein Konstrukt! Immer. Natürlich stellt der normale Jugebdlche nicht die Frage "Was ist eine Tugend?"... aber sollte man ihm deshalb eine Antwort auf diese Frage vorenthalten?
Die katholische Glaubenswelt umfasst die ganze Welt und den Menschen in ihr. Wer sich darauf enlässt, findet Antworten auf wirklich alles und Hilfe in jeder Not. Ein Katechismus will nun auf diese Fülle hinweisen. Ein einzelner Ottonormalmensch hat aber in der Regel nur sein Ottonormalleben als Referenz und da mögen manche Dinge nicht vorkommen, die bei anderen Menschen aber durchaus vorkommen. Würde man sich nur an Einzelnen orientieren, würde man andere ausgrenzen... also muss der Katechismus, um eine möglichst breite Basis zu haben, halt auch Dinge ansprechen die für den einen oder anderen gerade nicht so gravierend sind. Und schließlich gibt es Vieles, was zwar im Blickfeld des Einzelnen bisher nicht vorkommt, das aber dennoch eine große Bedeutung hat oder haben wird. Ihm das vorzuenthalten mit dem Argument, er würde ja selbst nicht danach fragen, wäre nicht nur engstirnig sondern auch ziemlich beleidigend: Trauen wir es den Menschen denn nicht zu, mit Fragen konfrontiert zu werden, die zwar vielleicht (noch) nicht von allzu großer Relevanz sind, die es aber dennoch, objektiv gesehen, in sich haben?

Außerdem: Der Pädagoge weiß, dass auch das Fragen (als Akt) gelernt sein will. Und leider leider erleben wir es heute, dass das kaum mehr geübt wird, weil man, gerade in zeiten von Wikipedia, immer alles zur Verfügung zu haben glaubt. Man wird bequem und denkt, per Mausklick alles Erfahrbare erfahren zu können... das Sichwundern geriet damit in eine Krise und das Fragen gleich mit.
War es früher schon sinnvoll und oftmals sicherlich hilfreich, Fragen vorzugeben, so ist es das heute umso mehr.
Das Problem ist nicht, dass gezielt Fragen formuliert werden, um eine Antwort geben zu können. Das Problem ist, wenn man dabei stehen bleibt! Aber genau das soll ja, im Falle des Youcat, durch die Aufmachung, den freieren Text und die Anregung zum Austausch vermieden werden.

Dass das trotztdem nicht immer super funktioniert liegt wieder in der Natur der Sache: Jeder hat andere Fragen, jeder hat andere Erfahrungen gemacht, eine andere Bildung genossen, andere Interessen und Vorlieben, und jeder hat auch eine eigene Herangehensweise und Perspektive für Probleme und ihre Lösungen.
Das ist wiederum der Grund, warum der Papst auch das Studium des Katechismus in Gemeinschaft besonders betont: Weil die unterschiedlichen Lebenswelten unterschiedlicher Personen einenader ergänzen können und weil jeder von den Texten anders angesprochen wird... dem einen mag dies oder jenes unverständlich und fremd sein, sein Nachbar kann das aber schon wieder völlig anders empfinden.
Ich glaube, in dieser Hinsicht hat der Youcat inhaltlich alles rausgeholt, was aus dem statischen medium "Buch" rauszuholen ist...


so long...


PS. Was "strittige" Themen angeht, die etwa im KKK "unstrittig" behandelt werden: Diese Katechismen sind nichts anderes als die ordentliche Ausübung des Lehramtes. Synoden und Konzilien sind tatsächlich die außerordentliche Variante, wie die Kirche etwas lehrt. Weil also z.B. der KKK Ausdruck des Lehramtes ist, ist er eigentlich unstrittig, denn das Lehramt streitet nicht mit sich selbst. Das "Strittige" an manchen Theman ist der Teil der Kirchenglieder, die das Lehramt bekritteln und es anders oder besser wissen (wollen). Würde der Katechismus das berücksichtigen, wäre er nicht mehr Ausdruck des Lehramtes, sondern ein Situationsbericht innertheologischer Querelen... solches ist aber nicht Thema eines Katechismus, der ja schlicht darlegen will/soll, "wie es (dem authentischen Lehramt zufolge) ist".

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