Montag, 23. Juli 2012

Kyrie eleison

Nur so'n Gedanke: Was mich immer schon gejuckt hat ist die Tatsache, dass im deutschen Sprachraum das Kyrie meistens verstümmelt wird auf je zwei Anrufungen, wenn es doch im "Original" ganz klar 3x3 ist.

Sehr schade ist es auch, wenn in den zuweilen äußerst kreativen "Begleitworten" die trinitarische Dimension dieser Anrufung eingedampft wird auf zwei (meistens) oder gar nur eine göttliche Person (manchmal). Dass wirklich alle drei angesprochen werden, erlebe ich so gut wie nie! Liegt das an mir? (Natürlich wird sowas von modernen Kreationen, wie etwa GL 485, 495 oder 506 nur unterstützt.)
Und das hat Folgen: Mir sind schon Leute begegnet (Theologiestudenten!) die behaupteten, wir würden erst den Vater, dann den Sohn und dann wieder den Vater anrufen oder gar immer nur den Sohn. Mir ist schon klar, dass letzteres die ursprüngliche Bedeutung war (vgl. Joh 20,28), zumal der Ruf ursprünglich Teil einer Fürbittlitanei war und dann immer nur "Kyrie eleison" hieß (ähnlich wie es ursprünglich beim Agnus dei immer nur "... miserere nobis" lautete), aber da sich dieser Ruf nunmal vor über 1000 Jahren verselbstständigt und damit einhergehend eine trinitarische Bedeutung angenommen hat, wäre es sinnfrei das wieder zu ändern oder auch nur zu unterschlagen, denn seine Eigenständigkeit hat die Akklamation nach wie vor. 
Und die Zahl 9 ist übrigens auch nicht zufällig, man denke an die neun Chöre der Engel...

Man sollte diesen Schatz direkt vor unseren Augen wieder mehr zu schätzen wissen als das, was er ist... es ist ein Bekenntnis zum dreieinigen Gott und Ausdruck des Lobes (Kyrios ist ein Titel!) und der Demut zugleich.


Gott, der Du alles ganz bist - Gott, der du alles zugleich bist - ein einziger Name in dreifachem Klang,
Kyrie eleison!

Ursprung, in dem alles beginnt - Ziel, in das alles mündet - Gegenwart, in der alles zusammenklingt,
Kyrie eleison!

Vater, der Du ganz Vater bist - Quell, der Du mein Urquell bist - Ursache, durch die wir sind,
Kyrie eleison!

Sohn, der Du die Kraft bist, das Wort und die zweite Person,
Christe eleison!

Gottmensch, in dem sich vereint, was da sühnt und was vergibt,
Christe eleison!

Jesus, der Du am Kreuz gestorben bist für das Heil der Menschen,
Christe eleison!

Geist, der Du der unaussprechliche Atem bist zwischen den beiden Personen,
Kyrie eleison!

Geist, der alles versteht und umfängt - Geist, in dem alles verstanden und umfangen wird, Geist, in dem alles sich hingibt,
Kyrie eleison!

Blitzender, der du berührst die Berge - und sie rauchen! Erhabenheit in den Himmeln, die erbeben und dröhnen,
Kyrie eleison!

(Paul Claudel, Die Messe)

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