Donnerstag, 31. Oktober 2013

In Zeiten des Kirchenschmerzes:


Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? 
Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? 
Wer kann die Auserwählten Gottes anklagen?
Gott ist es, der gerecht macht.
Wer kann sie verurteilen?
Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein.
Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?
Bedrängnis oder Not oder Verfolgung,
Hunger oder Kälte,
Gefahr oder Schwert?
In der Schrift steht: Um deinetwillen sind wir den ganzen Tag dem Tod ausgesetzt; wir werden behandelt wie Schafe, die man zum Schlachten bestimmt hat. 
Doch all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat.
Denn ich bin gewiss:
Weder Tod noch Leben,
weder Engel noch Mächte,
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,
weder Gewalten der Höhe oder Tiefe
noch irgendeine andere Kreatur
können uns scheiden von der Liebe Gottes,
die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

(Röm 8,31-39)

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Das Seelsorgeamt lügt und betrügt!

Wie Frisher Wind (hier) sehr schön berichtet, gibt es von der schismatischen/häretischen Handreichung in Freiburg inzwischen eine "verbesserte" Auflage. Ob es tatsächlich eine Verbesserung ist, darüber mag man streiten. Auf alle Fälle bestätigen die Verantwortlichen damit noch einmal, wie ernst es ihnen damit ist, den Alleingang zu machen und Rom den Mittelfinger zu zeigen: Man arbeitet auch weiterhin fleißig daran.

Auch die himmelschreiende Verlogenheit wird noch gesteigert. Hatte man in der ersten Auflage (s. dazu hier) noch Familiaris consortio derart zitiert, dass man einen unauffälligen binsen-weisheitlichen Textabschnitt zitierte, nur um dann direkt und umfassend dem unmittelbar auf das Zitierte folgenden (und lehramtlich relevanten!) Passus fast wortgetreu zu widersprechen, so tut man nun das gleiche mit Äußerungen von Papst Franziskus: Man zitiert aus dem Interview das der Papst auf dem Rückflug vom WJT gab (übrigens hat ein "Interview" keinerlei kehramrtlichen Gehalt, daraus zu zitieren ist also schonmal Mumpitz). Und auch hier zitiert man wieder nur einen Allgemeinplatz, den man ebensogut auch anderswoher (z.B. aus lehramtlich relevanten Dokumenten) hätte beziehen zu können und verschweigt geschickt, dass sich der Papst, wieder in den sich direkt an das (übrigens zerstückelt, umgestellt und neu zusammengefriemelt!) Zitierte anschließenden Sätzen, genau gegen das ausgesprochen hat, was die Handreichung propagiert. In der Hanreichung lesen wir:
»Die Treue und Barmherzigkeit Gottes gilt auch für diejenigen, deren Lebensentwurf gescheitert ist. Darauf wies Papst Franziskus in seinem Interview auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Brasilien hin, wenn er auf die Frage nach dem Zugang wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten antwortete: „Ich glaube, dass das die Zeit der Barmherzigkeit ist! [...] Die Kirche ist Mutter: Sie muss herausgehen und die Verletzten mit Barmherzigkeit heilen.“«

Im Papstinterview lesen wir (ohne irgendwelche Auslassungen und Umstellungen):
»{...] Der Klerikalismus hat viele Wunden hinterlassen, und man muss dazu übergehen, diese Wunden mit der Barmherzigkeit zu heilen.
Die Kirche ist Mutter, und in der Kirche muss es Barmherzigkeit für alle geben. Und auf die Verwundeten muss man nicht nur warten, sondern man muss sie suchen. Ich glaube, dass dies die Zeit der Barmherzigkeit ist, wie dies Johannes Paul II. erahnte, der das Fest der Göttlichen Barmherzigkeit eingerichtet hat.
Die Geschiedenen können die Kommunion empfangen, die wiederverheirateten Geschiedenen können dies nicht. [...]«

Die Verlogenheit und Schamlosigkeit dieser Leute kennt offenbar keine Grenzen. Mit den neu eingeführten Zitaten von Benedikt XVI. ist es ähnlich.
Abscheulich ist das. Wenn ich bedenke, wie oft ich deren Laden in den letzten Jahren besucht habe (und durchaus auch positive Erfahrungen gemacht habe)... Ekelerregend.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Kirchenschmerz

Analog zum Weltschmerz.

Auf die Ehrfurcht und den Gehorsam, den jeder Priester dem Bischof (und seinen Nachfolgern) bei der Weihe verspricht, kann man ja im allgemeinen nichts mehr setzen. Das beweisen nun auch die Herren Domkapitulare in Limburg, die in ihrer Pressekonferenz (hier anzuschauen) keinen Hehl daraus machen, dass sie ihren Bischof schlicht und ergreifend nicht mehr haben wollen. Christliche Tugenden werden zur Gänze ausgeklammert, man will den einfachen, den bequemn Weg gehen.
Kein Schelm ist, wer dabei daran denkt, dass dies ja seit der Bestellung von TvE das Anliegen nicht weniger hoher Herren in diesem Bistum war. Sie tun also fleißig alles dafür, um nun doch noch erfolgreich zu sein, da ihnen der Papst den Gefallen nicht tat.


In Anbetracht dieser schändlichen und für mich zutiefst schmerzlichen Untreue, die da frank und frei vor laufender Kamera ins Mikro diktiert wird, wäre es vielleicht wirklich besser, ein neuer Mann käme nach Limburg... der müsste dann allerdings den ganzen Saustall radikal ausmisten. Als ich mir das Interview anschaute kamen mir verschiedene Bilder in den Kopf...: Eine unschön anzusehende Bauruine, ein stinkender Misthaufen, eine mafiöse Skatrunde, ein Verbrecher der alles tut um seine eigene Haut zu retten, jemand der über Leichen geht, ein Nachtreter, ein Inquisitionsgericht wie es das Klischee darstellt.

Schrecklich. Was ich in meinem ersten (und einzigen) Kommentar zu dieser ganzen Geschichte (hier) schrieb ist nun ungeschminkt öffentlich geworden. Einfach nur traurig.

Limburg behält seinen Bischof

Nun weiß es die ganze Welt: der Limburger Bischof bleibt Bischof von Limburg. Ein paar Monate Auszeit, derweil verwaltet ein enger Vertrauter sein Bistum.
All die Möchtegernrichter, die Dreckwerfer und Zumselbstmordaufrufer - allen diesen mit Pathos voran geschritten: der frühere Erzbischof von Freiburg - dürfen sich jetzt was schämen und ausgiebig in der Ecke heulen. Bitte für ausreichend Taschentücher Sorge tragen!

Ich habe mich was dieses ganze Theater angeht hier sehr zurückgehalten (abgesehen von dieser notwendigen Bemerkung), aus dem einfachen Grund, dass alles Gerede darüber bisher nur Schall und Rauch war. Auch katholisch.de hat sich ja fleißig an der Kampange beteiligt, obwohl es massenweise Gelegenheiten gegeben hätte, zumindest die hanebüschensten Anschuldigungen richtig zu stellen... aber da herrschte betretenes (oder kalkuliertes?) Schweigen. Shame on you!

Die Entscheidung des Papstes halte ich für sehr klug und notwendig, denn wäre nun auch dieser Bischof erfolgreich weggeekelt (aka geteert und gefedert) worden, würden die Rufmörder und Egomanen in dieser Kirche sich wohl noch daran gewöhnen, wie einfach es ist, einen unliebsamen Bischof zu lynchen. So einfach ist es eben doch nicht! Aber das ganze Schauspiel ist ein erstklassiges Lehrstück über den moralischen Bankrott in dieser Gesellschaft und in der Kirche. Ein besonderer Dank geht an Herrn Zollitsch, dafür, dass er uns so drastisch vor Augen geführt hat, wie verlogen selbst Bischöfe sein können!


PS. Die FAZ will ihre Niederlage nicht wahrhaben und wartet mit reißerischen/widersprüchlichen Inhalten auf. Sie titelte gestern (hier): "Vatikan suspendieert Limburger Bischof", schreibt aber direkt darunter "Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst kann seinen Posten vorerst behalten..." Was nun? Suspendiert oder im Amt bleiben?

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Das Rütteln


»Darum bist du unentschuldbar - wer du auch bist, Mensch -, wenn du richtest. Denn worin du den andern richtest, darin verurteilst du dich selber, da du, der Richtende, dasselbe tust. Wir wissen aber, dass Gottes Gericht über alle, die solche Dinge tun, der Wahrheit entspricht. Meinst du etwa, du könntest dem Gericht Gottes entrinnen, wenn du die richtest, die solche Dinge tun, und dasselbe tust wie sie?« (Röm 2,1-3)

Dem Papst wird von Seiten mancher Theologen hinter vorgehaltener Hand vorgeworfen, er sei ein theologisch unterbelichteter Dorfpfarrer und mancher hofft, das Pontifikat währte nur kurz. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass natürlich auch im Vatikan getuschelt und gelästert wird was das Zeug hält (so sehr, dass es sogar an der hiesigen theologischen Fakultät deutlich zu hören ist...).

Dem Bischof von Limburg wird in aller Öffentlichkeit von seinen eigenen Mitarbeitern vorgeworfen, er sei (psychisch) krank. Inzwischen knöpfen sich die Medien immerhin noch weitere Kreise vor, die sich sicherlich auch schuldig gemacht haben. Way to go!

Im Erzbistum Freiburg geht man hinter den Kulissen und teilweise öffentlich munter auf einander los... jeder widerspricht jedem und es gibt viele kleine Päpste die das Sagen haben wollen (wenn z.B. der Pressesprecher Exzellenz Zollitsch mit stoischer Gelassenheit widerspricht ob der Tragweite der "Handreichung").

Die zum Ungehorsam aufrufenden Priester reiben sich die Hände und frohlocken, weil ihr Chef brav getan hat, was sie verlangt haben, auch wenn es gegen jedes in der Kirche geltende Recht verstößt. Die Fakten sind geschaffen, der Damm ist gebrochen, das wird man sich nicht mehr wegnehmen lassen. Der Nachfolger von Herrn Zollitsch tut mir jetzt schon Leid!

Das Positive ist, dass sich die Funktionäre des Erzbistums Freiburg mit ihrer bekloppten/illegalen/häretischen "Handreichung" möglicherweise einen Bärendienst erwiesen haben, weil nun der Vatikan noch sehr viel genauer hinschauen wird, wer hier als neuer Erzbischof eingesetzt werden wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es jemand von außerhalb sein wird, ist durch das offenkundige völlige Versagen im Innern deutlich gestiegen. In Anbetracht der eklatanten Widersprüche in der Darstellung des Geschehenen durch verschiedene Organe, scheint es nur zwei mögliche Erklärungen zu geben: Entweder lügt die Hälfte der Belegschaft (zu welcher Hälfte gehört wohl Zollitsch?), oder der Apparat ist völlig außer Kontrolle (in dem Fall weiß Zollitsch nicht, wovon er redet). Das eine wie das andere erfordert m.E. einen Bischof von außerhalb.

Ich kann nicht umhin mich zu wundern über all die Anschuldigungen, Beleidigungen, Verleumdungen und kaum kaschierte LMAA-Aussagen, die ich dieser Tage zu hören bekomme oder im Netz lese. Kirchenfürsten und Theologen, Kirchenfunktionäre und Pfarrer, Kirchnämter und Vatikan, Medien und Blogger. Was ist da los? Und: Ist das gut oder schlecht?
Sicher ist es gut, wenn man ordentlich ventiliert wird. Ist die heiße Luft erst mal draußen, kommt des Gebilde dann auch wieder zur Ruhe. Auch der eine oder andere überkommene Zopf muss abgeschnitten werden und auch ein Kopf muss von Zeit zu Zeit halt mal rollen, das sagt uns die Geschichte. Dass die Kirche von Geschwüren gepeinigt wird, in Rom wie in Deutschland, ist ja keine Neuigkeit.

Allen voran der Papst sorgt für viel Unruhe. Er rüttelt auf, er weckt Schlafende, er reißt Masken herunter und zerrt uns alle aus unseren jeweiligen bequemen Ecken, seien sie dogmatisch oder liberal. Ich empfinde das als notwendig. Break 'em, than build 'em up again. Es ist ein Drill.
Der Papst muss dann freilich auch seinem Namenspatron fleißig nacheifern und die Kirche stützen, nachdem er sie durchgeschüttelt hat. Und das wird er, mit Gottes Hilfe.
Lehrmäßig wird es keine Neuerungen geben, der Stil wird aber wohl nie mehr so, wie er einst war. Das mag man betrauern, ich tu es auch an manchen Stellen, aber ich kann damit leben. 

Ich schätze, wir werden uns alle noch die Augen reiben. Die "Liberalen", wenn sie merken, dass dieser Papst nicht im Traum daran denkt, nach ihrer Pfeiffe zu tanzen und die "Konservativen", wenn ihnen endlich auffällt, dass der Katholizismus auch solche scheinbaren Antipoden wie Joseph Ratzinger und Jorge Mario Bergoglio unter einem Dach und an einem Tisch des Herrn beherbergen und "aushalten" kann. Die Tumulte, die auch zuweilen auf Kommunikationsversuche und Kommunikationpannen zurückzuführen sind, müssen wir aushalten. Es sind die Geburtswehen jenes genannten neuen Stils.
Ich hoffe bloß, dass dieses ganze missgünstige Gezeter bald ein Ende hat... man hat zunehmend den Eindruck, wir Katholiken seien nurmehr ein Haufen raufsüchtiger Egomanen! Was Paulus dazu sagen würde, steht in der heutigen Lesung (s.o.).

Und auch Douglas Adams hat durchaus recht: Don't Panic! Denn: portae inferi non praevalebunt eam.

Montag, 14. Oktober 2013

Christus, König und Prophet

»Diese Generation ist böse. Sie fordert ein Zeichen; aber es wird ihr kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Jona.Denn wie Jona für die Einwohner von Ninive ein Zeichen war, so wird es auch der Menschensohn für diese Generation sein.« (Lk 11,29-30)
Was heißt das egentlich? Was meint der Evangelist? Die Antwort ist scheinbar schnell gefunden, hat doch die matthäische Version noch folgenden Satz angehängt: »Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein.« (Mt 12,40)
Aber so einfach ist es nicht. Jona kann auch noch auf andere Weise ein Zeichen sein, das für Jesus bürgt. Wir wissen, dass Galiläa den Juden als "heidnisch angehaucht" galt, auf alle Fälle weniger Gesetzestreu (weil näher am Heidenland). Darum wurde Jesus sicher häufiger der Vorwurf gemacht, dass er von dort kam: "Bist du vielleicht auch aus Galiläa? Lies doch nach: Der Prophet kommt nicht aus Galiläa." (Joh 7,52)

Doch genau für diesen (durchaus sehr schwerwiegenden) Vorwurf kann Jona als "Zeichen" für Jesus gelten, denn er stammt aus einer Stadt in Galiläa: »Er stellte die Grenzen Israels wieder her von Lebo-Hamat bis zum Meer der Araba, wie es der Herr, der Gott Israels, durch seinen Knecht, den Propheten Jona, den Sohn Amittais aus Gat-Hefer, vorhergesagt hatte.« (2Kön 14,25)

Jona war Prophet, auf sein Wort hin, haben sich die Einwohner von Ninive bekehrt, wir haben das letzte Woche in den Lesungen gehört. Wenn Jesus aber mehr ist als Jona, dann heißt das auch, dass die Folgen einer Bekehrung auf seine Predigt hin, aber auch das Ausbleiben einer Bekehrung, größere Folgen hat, als die zu Zeiten Jonas. Hier haben wir also gewiss keinen Kuscheljesus vor uns.

»Die Königin des Südens wird beim Gericht gegen die Männer dieser Generation auftreten und sie verurteilen; denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören. Hier aber ist einer, der mehr ist als Salomo.«
 Die Königin von Saba kommt den weiten Weg von Südarabien, um Salomo anzuhören. Die Menschen in Jesu nächster Umgebung aber, gehen ihm allzuoft aus dem Weg. Jesu Weisheit ist die vollendete Weisheit, vor der auch Salomo verstummen würde.

Jesus ist mehr als Salomo, mehr als einer der größten Könige. Er ist der König der Könige.
In Zeiten, da die kirchlichen Obrigkeiten in unserem Land Unsummen in bischöfliche Residenzen, Priesterseminare und sonstige "diözesane Einrichtungen" investieren (s. z.B. Stuttgart mit dem neuen, 39 Millionen Euro schweren Ordinariat), und zugleich die Kirchen spartanisch, dumm, bunkermäßig und "funktional" gestaltet werden, wäre es gut, sich daran zu erinnern, warum unsere Vorfahren im Glauben, gerade auch die Armen, immer gern das Beste und Schönste für ihre Gotteshäuser herangeschafft haben. Andreas von Pro Spe Salutis illustriert uns das gerade stündlich (hier).

Ich bin sehr froh, katholisch zu sein und so auch überaus menschlich, nämlich mit allen Sinnen erfassbar, Jesus als den König der Könige anbeten zu können. Das bewahrt mich auch davor, irgendetwas Irdisches, und sei es noch so protzig und prunkvoll, für mehr zu halten, als es ist: Staub und Asche. Es war schon sehr früh ein Anliegen der Christen, die Herrlichkeit Gottes irgendwie, und sei es noch so schattenhaft, anschaulich und greifbar zu machen. Der "Protz und Prunk" kann so auch positiv wirken, er flößt Ehrfurcht ein, fasziniert, gibt uns ein Gefühl für das, was "Schönheit" ist. Wir dürfen aber bloß nicht da stehenbleiben! Schönheit, Herrlichkeit gar, verweist uns auf Gott.
Salomo galt und gilt uns als Inbegriff der Herrlichkeit (vgl. Lk 12,27), doch hier ist mehr als Salomo.

Zollitschs Weisheit

»Wir haben ein gewaltiges Glaubwürdigkeitsproblem« (hier)

Das ist richtig.
Aber Herr Zollitsch sieht den Grund natürlich nicht darin, dass wir, der Vorreiter ist das Erzbistum Freiburg!, unseren Glauben aufgeben, sondern: weil wir Geld ausgeben.
Alles klar?

Donnerstag, 10. Oktober 2013

einen Schritt gehen

»Wenn etwas theologisch wohl begründet ist und sich in der seelsorglichen Erfahrung vielfach bewährt hat, dann ist die Zeit einfach reif, einen Schritt zu gehen.«


Der Moraltheologe Eberhard Schockenhoff über die Freiburger Handreichung (hier).

Drei Anmerkungen:

1) Jede Häresie, jeder Scheissdreck, lässt sich "theologisch begründen"!
2) Seelsorgliche Erfahrung in einer Ortskirche die geistlich bankrott ist?
3) EIN Schritt, der aber eine 100%ige Umkehrung bedeutet! Der Nachfolger von Zollitsch ist jetzt schon so gut wie erledigt: Führt er den Kurs weiter, verscherzt er es sich mit Rom, lenkt er ein, ist er der Erzfeind aller.

Mir ist, was dieses ganz spezielle Medienspiel mit der Handreichung angeht, inzwischen auch die Lust an Satire vergangen... Ich kann bei dem ganzen verlogenen, illoyalen, heuchlerischen und arroganten Gelaber, das dieser Tage das bischöflichem und theologischem Munde quillt, gar nicht so viel essen, wie ich kotzen will!
Die simple Wahrheit ist, dass im Auftrag des Erzbischofs von Freiburg ein offizielles Papier verfasst und, mit oder ohne dessen Zustimmung, veröffentlicht wurde, das völlig unverblümt katholishe Glaubenslehre und katholisches Recht verneint und für nichtig erklärt. Welche Nummer im KKK, welchen Canon, welchen Artikel im Glaubensbekenntnis, wird man sich als nächstes vornehmen? Hemmschwellen scheint es offenbar keine mehr zu geben.
Bisher war man wenigstns so freundlich, deratige Absichten hinter frommen Formulierungen zu verstecken und sie pseudo-theologisch zu unterfüttern, heute hat man nicht mal mehr genug Anstand so zu tun, als sei man Gott und seiner Kirche treu. Glaubwürdigkeit, anyone? ===> So siehts aus...

Numismatik

Franziskus ist Papst.
Er ist ein Papst für die Armen. 
Päpste werden auf vatikanische Münzen geprägt.
Was denkt wohl dieser Papst der Armen darüber, dass sein Gesicht auf Geldstücken abgebildet ist?

just sayin'...

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Nachrichten aus der Zukunft

07.01.2014, Freiburg i. Br.

Die Katholische Kirche in Deutschland ruft seit gestern alle Exemplare des "Katechismus der katholischen Kirche" zurück. Die einzustampfende Menge wird auf etwa zehn Millionen Bücher geschätzt, inklusive des sog. "Kompendiums" und des bei der Jugend sehr beliebten "Youcat". 

Erinnerungen werden wach, an das fürchterliche Debakel um das neue Gesangbuch "Gotteslob 2.0a", dass im vergangenen Jahr alle Katholiken in Deutschland beinahe zeitgleich pleite gehen ließ. 


Grund für die historisch einmalige Rückrufaktion des "Katechismus" und seiner Derivate ist jedoch nicht, wie man aus der jüngsten Vergangenheit erwarten würde, auf Probleme mit der Papierqualität zurückzuführen, sondern auf schwerwiegende Mängel bei der inhaltlichen Ausstattung, wie der anerkannte Experte Eberling Sockenhoff heute auf Anfrage mitteilte. 
Wie das Zentralkommitee (ZK) der Deutschen Integrierten Nationalen Gemeinschaftskirche (DING) gestern in einer siegeltragenden Verlautbarung verkündete, bestehe die Gefahr, dass einzelne Leser des "Katechismus" bemerken könnten, dass der Kommunionempfang durch zivilrechtlich geschiedene und ebenso erneut "verheiratete" Paare die nicht "wie Bruder und Schwester zusammenleben" ausdrücklich, einhellig, wohl begründeter Weise und im Interesse des Seelenheils der Betroffenen nicht erlaubt ist. Eine an diesem und anderen dauerbrennenden Punkten bereinigte Version des "Katechismus" soll zeitnah unter dem Titel "Echter Authentischer Wahrer Endgültiger Katechismus" (EAWEK) erscheinen.

Der Wiener Kardinal Schönborn, Ratzinger Schüler und Schirmherr des "Youcat"-Projektes, zeigte sich irrtiert über die Rückrufaktion: "Das hätten uns die Mitbrüder in Deutschland ruhig früher sagen können", so der Kardinal.

Der Vorsitzende des ZK der DING, Aloisius Glücklicher, ließ heute Vormittag durch den obersten Hofbeamten Dirkius Sitzler freudig verkünden, man sei überaus zufrieden mit dem Entschluss des Kommitees. Der Schritt sei notwendig geworden, um den ständigen Anfragen von nicht der Kirche angehörenden Bürgern Deutschlands etwas neues bieten zu können. "Die Medien haben immer Recht", habe Glücklicher, seinen Wahlspruch zitierend, freudig ausgerufen. Zudem sei, so der Hofbeamte Sitzler, mit dem EAWEK dem allgemein stimmigen Meinungsbild innerhalb der DING und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Freiburger Moraltheologie Rechnung getragen.

Die Bischofskonferenzen der Schweiz und Österreichs zeigten sich für die Erarbeitung einer gemeinsamen Lösung des Problems für den gesamten deutschen Sprachraum offen. Die Bischöfe der Vereinigten Staaten reiben sich aktuell noch verwundert die Augen. Der Vatikan zeigte sich indes verstimmt.

Das ZK der DING ist zuversichtig, die für alle Katholiken verbindliche Rückrufaktion bis Ende der Woche bewältigen zu können. Ob auch vorkonziliare (in Fachkreisen "mittelalterliche") Katechismen, wie etwa der "Katholische Katechismus der Bistümer Deutschlands" (meist kurz "Grüner Katechismus" genannt), die nach Erkenntnissen des ZK die gleichen Mängel aufweisen, von der neuen Regelung betroffen sind, ist noch nicht hinreichend geklärt. Ihre Zahl sei zu gering, als dass sich das ZK damit bisher habe befassen können, heißt es aus internen Quellen. Das Zurückhalten eines zurückgerufenen "Katechismus" oder seiner Derivate wird mit Haftstrafen und Umerziehungsmaßnahmen in ZK eigenen Einrichtungen geahndet unter dem Motto: "Barmherzigkeit ist Gönnerhaftigkeit, Wahrheit ist Meinung, Gnade ist Wohlfühlen."



Sorry, aber das musste mal sein... ;)

Aus aktuellem Anlass: Barmherzigkeit

Ich wiederhole mich (s. hier, vor 16 Monaten): 

Es kann kein "Recht auf Barmherzigkeit" geben (etwa ein Recht auf den Kommunionempfang trotz fortgesetzter schwerer Sünde); Barmherzigkeit steht jenseits von "Recht und Gesetz".

Ich habe (als spät Bekehrter) sehr schnell begriffen, dass es eine gute katholische Haltung ist, in den Prinzipien hart und beständig zu sein, im Einzelfall aber barmherzig und "allzumenschlich" zu handeln. Das ist keine Heuchelei, sondern entspricht zugleich der ewigen Wahrheit des Evangeliums und der conditio humana. Das wird dann auch nicht an die große Glocke gehängt, sondern ereignet sich vis a vis. Irgendwie ist diese katholische Gelassenheit (ganz wichtig!) auch typisch südländisch. 
Der "Freiburger Vorstoß" (hier) ist dagegen typisch Deutsch: Für alles braucht es Regeln, Tabellen, Paragraphen und ein zuständiges "Gremium" plus Arbeitskreise plus Ausschüsse. Folglich ist das ganze Geschehen dann auch extrem verkrampft und mehr von Angst und Zweifel beherrscht, als man sich vorstellen kann (übrigens nicht nur bei den Katholiken, ich habe das hie wie da zur Genüge erfahren). Dabei wird nun leider gänzlich vergessen, dass Barmherzigkeit eine Tugend ist; sie kann nicht in rechtliche Normen gefasst werden und sie kann erst recht nicht generalisiert werden! 
Die Handreichung, auch wenn sie das Gegenteil behauptet, generalisiert nämlich allein schon durch ihr dasein. Vom herausgebenden Seelsorgeamt (und den Lobhudlern in der Presse) wird so getan, als wäre die Riege derer, dis es betrifft legion, in Wirklichkeit handelt es sich aber nur um eine handvoll Leute: jene Wenigen, die tatsächlich mit ihrer Situation hadern und darunter leiden, weil sie bemüht sind, nach den Geboten Gottes und der Kirche zu leben, und die sich nicht eh schon längst, innerlich und/oder äußerlich, von der Kirche abgewendet haben. (Es wäre wohl die Ausnahme, wenn von den regelmäßigen Kirchgängern mehr als ein Paar pro Pfarrei betroffen wäre; ich selbst bin in einer sehr großen Pfarrei breit engagiert und überall vernetzt und ich kenne kein einziges betroffenes Paar in der Pfarrei; mein Pfarrer übrigens auch nicht!). Rechtfertigen solche Ausnahmefälle (gemessen an den regelmäßigen Kirchgängern, nicht an der Gesamtbevölkerung!) eine so gravierende Scheidung/Abirrung vom kirchlichen Lehramt (zumal eine so krass-dreiste Volksverblödung) an einem so neuralgischen Punkt wie dem Sakramentsverständnis (Ehe und Euchasristie)? (Natürlich rechtfertigt nichts solch ein Tun, aber die Betrachtung des Maßstabes erweist erst die ganze Idiotie der Aktion.)

Es ist ein Irrtum, eine abgründige Dummheit sondergleichen, zu glauben, man könne Barmherzigkeit per Verordnung regeln oder sie gar als "Recht" einfordern. Vergesst den völlig entarteten und sinnentleerten Begriff "Gewissen" (heute meist gleichbedeutend mit "Meinung"), der allenthalben gebraucht wird: Nun hat man auch den biblischen Begriff der Barmherzeigkeit amtlich beurkundet an den niedrigsten Bieter verscherbelt. 
Das alles hat nichts mit Erbarmen zu tun, es ist schlicht erbärmlich!

Man darf gespannt sein, ob sich daraus ein relativistischer Flächenbrand entwickelt, oder ob Rom es schafft, das Übel einzudämmen und zu ersticken.


PS. Wie ich heute erfuhr, war der Text der Handreichung offenbar schon länger "fertig", als bisher angemnommen: Er kam an der Theologischen Fakultät der Uni Freiburg bereits in der Diplomprüfung Kirchenrecht vergangenen Juli vor, mit dem Hinweis, dass er nicht veröffentlicht werden dürfe.

Dienstag, 8. Oktober 2013

Nochmal zu den "Wiederverheirateten"

Natürlich bringt die berüchtigte Handreichung (s. hier) nichts "Neues". Mir ist keine Pfarrei in Freiburg bekannt, in der geschiedene Wiederverheiratete irgendwie am Kommunionempfang gehindert werden.

Das Problem mit der Handreichung ist, dass sie diese inoffizielle Praxis quasi-offiziell sanktioniert. Quasi-offiziell deshalb, weil diese Handreichung keinen Lehramtlichen Anspruch hat und auch nicht haben kann, denn sie vermeidet tunlichst jeden Bezug auf die Lehre der Kirche in dieser Sache. Sie stammt auch nicht vom Bischof, sondern vom Seelsorgeamt. Das ist an sich sehr geschickt, denn auf diese Weise gibt es niemanden, der deswegen so richtig belangt werden könnte. Was soll schon passieren, soll die Kongregation für die Glaubenslehre das "Erzbischöfliche Seelsorgeamt Freiburg" abmahnen? Das Timing der Veröffentlichung ist auch klug gewählt, denn den Bischof gibt es ja schon nicht mehr - obzwar sein Gespenst, mit dem Etikett "Apostolischer Administrator" versehen, noch durch die Räumlichkeiten des Ordinariats streift - der kann nicht mehr belangt werden.
Approps "veröffentlicht": Interessant dürfte sein, dass diese Handreichung eigentlich nicht öffentlich sein sollte, zumindest wurde das so den Pfarrern mitgeteilt... die haben vielleicht Augen gemacht, als sie nach Hause kamen und feststellten, dass man sie bequem (und öffentlich) von der Bistumsseite runterladen kann.

Was die Handreichung v.a. tut, und weswegen gerade BDKJ, Z(d)K und andere vor Freude die Decke eindellen, ist dies: Verwirrung stiften. Denn die Handreichung widerspricht in ihrem quasi-offiziellen Daherkommen der geltenden Lehre der Kirche. Nicht mehr, nicht weniger. Die relevanten Aussagen aus Rom verbieten genau das, was in der Handreichung en detail vorgelegt wird. Nämlich vor allem: das Gewissen und die Befindlichkeit des Einzelnen als letztgültige Instanz bei der Beurteilung der Situation (Kongregation für die Glaubenslehre, über den Kommunionempfang von wiederveriehrateten Geschiedenen, hier, Nr. 7), die "Anerkennung" einer "Zweitehe" durch (quiasi-)liturgische Akte (Familiaris Consortio 84) und natürlich überhaupt die bloße Möglichkeit, "wiederverheiratete Geschiedene" zur Eucharistie zuzulassen (ebd.).

Wer sich müht der Lehre der Kirche zu folgen, muss im Erzbistum Freiburg nun damit fertig werden, dass ihm von quasi-offizieller Seite, zwar nicht vom Bischof, aber immerhin von einem "kirchlichen Amt" und mit der Unterschrift von Domdekan(!) Möhrle, das genaue Gegenteil vorgelegt wird. Jedem unvoreingenommenen Leser fällt auf, dass es keinen Bezug zu authentischen Lehräußerungend er Kirche gibt, das Dokument würde haargenau so ausssehen, würde das Universum an den Bistumsgrenzen aufhören. Zwar wird das Schreiben Johannes Pauls II. "Familiaris Consortio" von 1981 kurz zitiert hinsichtlich der Notwendigkeit einer Unterscheidung der Einzelfälle (eine Unterscheidung, die das Dokument selbst dann aber völlig unbeachtet lässt, siehe Link oben), aber dass genau dieses päpstliche Dokument all das untersagt, was nun vorgeschlagen wird, scheint die Autoren wenig zu kümmern.

Was steckt da für eine Geisteshaltung dahinter? Ich stelle mir gerade vor, wie der Autor der "Handreichung" Familiaris Consortio, Abschnitt 84, ließt. Darin steht u.a. geschrieben: 
- Die Hirten mögen beherzigen, daß sie um der Liebe willen zur Wahrheit verpflichtet sind, die verschiedenen Situationen gut zu unterscheiden.
- Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden [...].
- Die erforderliche Achtung vor dem Sakrament der Ehe [...] verbietet es jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche liturgischen Handlungen vorzunehmen. 

Der Autor der Handreichung geht nun her, zitiert jenen ersten Teil (weil es sich gut macht, das Lehramt zu Wort kommen zu lassen...), und schreibt dann im restlichen (Groß)Teil seines Opus unbekümmert (und ohne weitere Bezüge zur Lehre der Kirche) darüber, wie man genau das zu tun habe, was der restliche Text von Abschnitt 84 explizit untersagt.
Was geht wohl im Kopf von einem Menschen vor, der soetwas erarbeitet? Und was geht im Kopf des Domdekans vor, dass er das Machwerk unterschreibt?


Wieso macht man es den Gläubigen, die einfach nur katholisch sein wollen, so schwer? Warum stiftet man derart Verwirrung, indem man ohne Rot zu werden unter dem Logo des Erzbistums das Gegenteil dessen propagiert, was gültige und verbindliche Lehre der weltweiten Kirche ist? Das ist einfach nur dumm und dreist...
... aber es bringt gute Schlagzeilen. Wohl bekomms!


PS. Und, ja, es ist auch bemerkenswert und vielsagend, dass mit dieser Handreichung im Grunde genommen dem letztjährigen Ungehorsamsaufruf freiburger Prägung, "Aufbruch 2012" (siehe dazu ausführlich hier), die kirchliche Billigung und amtliche Förderung zugesprochen wurde. Heißt das, in Zukunft genügt eine Unterschriftenaktion, um die "Lehre der Kirche" wunschgemäß zu ändern? Gefährlicher Präzedenzfall!

Montag, 7. Oktober 2013

"Wiederverheiratete" im EB Freiburg...

Das Folgende soll ein erster Eindruck sein, für mehr als einen kursorischen Blick in das behandelte Dokument (und v.a. auf die Frage des Sakramentenempfangs) fehlt mir die Zeit.

»In der Folge einer verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung kann in der konkreten Situation aber auch die Möglichkeit gegeben sein, die Sakramente der Taufe, der Heiligen Kommunion, der Firmung, der Versöhnung und der Krankensalbung zu empfangen, insofern die erforderliche konkrete Glaubensdisposition vorhanden ist. Die Gemeinde und demzufolge auch die Kirche als Ganze werden so als Gemeinschaft erlebt, in der Versöhnung mit der Lebensgeschichte möglich ist und sich auch konkret vollzieht.«

So die "Handreichung für die Seelsorge zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung in der Erzdiözese Freiburg", die heute vom Erzbischöflichen Seelsorgeamt veröffentlicht wurde (s. hier).
Natürlich unterlässt man es geflissentlich, zu erklären, was eine "verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung" denn nun wohl sei (Kardinal Meisner erklärt dazu hier einige sehr wichtige Dinge), man erklärt aber, wie diese zustande kommen soll, nämlich, in nuce, durch "drüber reden": 
»Ein seelsorglicher und theologisch fundierter Gesprächsprozess der Partner bzw. eines der Partner mit dem Pfarrer zielt darauf hin, dass das Paar bzw. einer der Partner für sich eine verantwortete wirkliche Gewissensentscheidung treffen kann. Diese vor Gott, im Glauben an Ihn und im gemeinsamen Gespräch entwickelte geistliche Überzeugung gilt es, sowohl vom Pfarrer als auch von der Gemeinde zu respektieren.«

Recht geschickt, wird die bloße Nennung der rechtlichen Tatsachen unterlassen und stattdessen werden völlig unterschiedliche Situationen in der Textkomposition vermengt und verzahnt. Es geht von vornherein um »Paare, die sich aufgrund einer wohlüberlegten Entscheidung für eine verlässliche und personale Lebensgemeinschaft und damit für eine zweite standesamtliche Trauung entscheiden oder entschieden haben.« Die Möglichkeit einer Feststellung der Ungültigkeit der "ersten Ehe"  wird bloß als eine Möglichkeit nach dem Eingehen einer "zweiten standesamtlichen Trauung" erwogen, so als sei der Fall einer Nichtigkeit der "ersten" Ehe das Gleiche, wie ihr Fortbestehen und hätte demnach auch die gleichen Konsequenzen. Die Möglichkeit des dauerhaften Fortbestehens der "ersten Ehe" und die theologischen Konsequenzen daraus werden nicht erwähnt.
Natürlich hat man keine Texte des Lehramts, auf die man sich stützen könnte, man gefällt sich aber darin, den Freiburger Moraltheologen Schockenhoff zu zitieren, der, Überraschung!, schon seit langem kein Problem darin sieht, alles und jeden zur hl. Kommunion zuzulassen.
Irritierend wirkt denn auch dieser Passus, der dem oben zitierten vorausgeht:
»In besonderer Weise ist es angezeigt, die geistliche Entscheidung, am Leben der Kirche vielfältig teilzuhaben und bewusst auf den Empfang der Sakramente zu verzichten, zu respektieren und pastoral zu begleiten.«

Im Falle einer bestehenden (gültigen) Ehe bei gleichzeitiger Unterhaltung einer zweiten eheählichen Beziehung, ist diese Option wohl kaum v.a. eine geistliche Entscheidung, die es durch die Gemeinde zu respekltieren gilt, sondern eine Pflicht, die es durch die Betroffenen anzunehmen gilt! Natürlich ist es wichtig, dass eine Gemeinde niemanden verurteilt, der so entscheidet, aber hier wird es so dargestellt, als stünde so eine "Entscheidung" jedem frei, ungeachtet der kirchlichen Gesetze.

Bemerkenswert ist auch das angestrebte "Ziel" des Sakramentenempfangs solcher, die dies eigentlich nicht dürfen:
»Die Gemeinde und demzufolge auch die Kirche als Ganze werden so als Gemeinschaft erlebt, in der Versöhnung mit der Lebensgeschichte möglich ist und sich auch konkret vollzieht. Dies wird nicht nur von den Betroffenen positiv und stärkend erlebt, sondern hilft der ganzen Gemeinde, das barmherzige Handeln Jesu Christi am eigenen Leib zu erfahren. Alle Vorläufigkeit und Brüchigkeit menschlichen Daseins und Handelns wird auf diese Weise schon erleuchtet vom Licht der Gnade Gottes.«

Es ist erschreckend, wie hier das Handeln Gottes, seine Barmherzigkeit und seine Gnade so exklusiv am Empfang von Sakramenten festgemacht wird, ohne dass die Voraussetzungen für dieses Empfangen bedacht oder auch nur erwähnt werden. Es geht nur noch um das "erleben" und "erfahren", letztlich also um ein "gutes Gefühl" bei allen Beteiligten, nicht um Gebote Gottes (die niergendwo Erwähnung finden) oder Ähnliches. Alles wird auf die menschlichen Bedürfnisse runtergekocht, die Sakramente dienen diesen Bedürfnissen. Die zweite zivilrechtliche Ehe wird entsprechend als ein "Wagnis" eines "neuen Lebensprojekts" bezeichnet, das Heil der Seele oder die Gottgefälligkeit des Lebens haben dabei keinen Platz.
Gleich zu Beginn der Handreichung wird denn auch klargestellt, dass "das sakramentale Verständnis der Ehe" dem "Wunsch" Vieler nach einer lebenslangen Bindung entspreche. Wohl gemerkt: Nicht die Tatsache, dass die Ehe ein Sakrament (i.e. wirkmächtiges Zeichen der Gnade und Gegenwart Gottes) ist, bildet hier die argumentative Grundlage, sondern der menschliche "Wunsch", dem - zufällig? - das in der katholischen Kirche bewahret "sakramentale Verständnis" entspricht. Genausogut könnte in einem Parteiprogramm stehen, dass jenem Wunsch die von der Partei vertretene Politik entspricht... Dazu passt sehr gut, dass die Unauflöslichkeit der Ehe nur ein einziges Mal - und dann überaus beiläufig ("z.B.") in Klammern mit anderen Wesensmerkmalen der Ehe - genannt wird, wobei im Kontext freilich die Sakramentalität verschwiegen wird.


Natürlich ist die Thematik unendlich komplex. Ich habe hier des öfteren auch durchaus eine Lanze für mehr "Barmherzigkeit" gebrochen, wobei ich darunter etwas gänzlich anderes verstehe, als etwaige Memorandisten und Ungehorsamsaufrufer (wobei ich den Vorteil habe, mich auf Bibel und Katechismus stützen zu können, wärend jene nur ihr eigenes Gutdünken vorweisen können).
Diese Handreichung zeigt aber v.a. Eines: Im Erzbistum Freiburg gibt man einen Scheiss auf das, was die Kirche will, lehrt und tut, man prescht einfach wie wild voran, schafft Fakten, probiert vielleicht auch einfach nur aus, wie weit man gehen kann, bevor wieder ein Brief aus Rom kommt. Dass der Papst nun höchstselbst sich mit diesem Thema auf der kommenden Synode befassen will, kümmert trotz aller Lippenbekenntnisse niemanden: Man macht einfach trotzdem was man will. Die Geduld (eine Tugend!) wird dabei eher beiläufig auch noch abgeschafft.


PS. Passt wie Ar*** auf Eimer: katholisch.de titelt (hier) "Mehr Rechte für Wiederverheiratete"... man zeige mir die Stelle im Katechismus wo es heißt, dass es ein (dann einklagbares) Recht auf Sakramentenempfang gibt.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Proselytismus... (Update!)

Der Papst sagt: "Proselytismus ist bäh"; katholisch.de vermeldet (hier), der Papst habe gesagt: »Andere bekehren zu wollen, sei eine "feierliche Dummheit"« und allüberall ist man besorgt und fürchtet, der Papst wäre gegen Evangelisierung und also endgültig dem Relativismus verfallen.
»Die Kirche betreibt keinen Proselytismus. Sie entwickelt sich vielmehr durch "Anziehung"«: Wie Christus mit der Kraft seiner Liebe, die im Opfer am Kreuz gipfelt, "alle an sich zieht", so erfüllt die Kirche ihre Sendung in dem Maß, in dem sie, mit Christus vereint, jedes Werk in geistlicher und konkreter Übereinstimmung mit der Liebe ihres Herrn erfüllt.«

Wie schon zuvor (hier), habe ich auch diesmal wieder Benedikt XVI. zitiert. Diesmal aus einer Ansprache die er 2007 vor der Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik hielt (hier). Es gibt sogar eine Überlappung, wenn Papst Franziskus, wie am vergangenen Dienstag getan, als er seine morgendliche Messe zusammen mit den C8 zelebrierte, seinen Vorgänger genau im Hinblick auf die Frage des "Proselytismus" als Referenz nennt (siehe hier):
»The Church, Benedict XVI told us, does not grow through proselytism, it grows through attraction, through witness. And when the people see this witness of humility, of meekness, of mildness, they feel the need that the Prophet Zachariah spoke of: ‘We want to come with you.’ The people feel that need in the face of the witness of charity, of this humble charity, without bullying, not sufficient, humble. Worship and serve!«

Natürlich denkt Franziskus dabei genau an das oben Zitierte, denn jener Passus aus der Ansprache von Benedikt XVI. an die CELAM, der Franziskus damals vorstand!, traf sicherlich einen Nerv: Eines der größten Probleme für die Stabilität der Katholischen Kirche in Südamerika sind nämlich evangelikale und pfingstelrische christliche Gemeinschaften für die das Proselytentum ihr täglich Brot ist! Dass Franziskus dem dann mit noch mehr Nachdruck als seinerzeit bereits Benedikt eine Absage erteilt, ist mehr als verständlich.

Zur Zeit scheint es wenig anderes zu geben, als die angeblichen Häresien des Papstes. Ich hoffe mal, dass die Meldungen über "Fehler" in den veröffentlichten Versionen der Gespräche da mehr Sorgfalt zeitigen. Dass es in den Medien gerade so ein Überangebot an Papstworten gibt, kann ich verschmerzen, es sind wohl immer noch Flitterwochen, man muss sich ja kennenlernen... bald ist es überstanden und es wird wieder ruhiger.

Ich sehe in all dem keinen Grund zur Sorge und finde es befremdlich, wie man zeitgleich von Rechts wie Links aufspringt: Dort, weil man offenbar unentwegt einen schrecklich schlimmen tradistionsbrüchigen Papst befürchtet, der die Kirche dem Untergang weiht; hier, weil man offenbar unentwegt einen total tollen tradistionsbrüchigen Papst ersehnt, der die Kirche "retten" wird. Ich finde das alles nur lächerlich. Papst ist Papst.



Update (09.10.13): Ich wurde kürzlich darauf hingewiesen, dass die Kongregation für die Glaubenslehre eine recht deutliche Klärung des Begriffs "Proselytismus" vorgenommen hat, und zwar genau da wo es nötig ist: "Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" vom 3. Dezember 2007 (hier zu lesen). Dort heißt es: 
»[Im Kontext des Ökumenismus] ist anzumerken, dass die Entscheidung eines nicht katholischen Christen, der von der katholischen Wahrheit überzeugt ist und aus Gewissensgründen darum bittet, in die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche einzutreten, als Werk des Heiligen Geistes und als Ausdruck der Gewissens- und Religionsfreiheit zu respektieren ist. In diesem Fall handelt es sich nicht um Proselytismus in dem negativen Sinn, den dieser Begriff erhalten hat.«

In einer Fußnote wird dazu bemerkt: 
»Ursprünglich kommt der Begriff „Proselytismus“ aus dem hebräischen Umfeld, wo derjenige als „Proselyt“ bezeichnet wurde, der aus den „Völkern“ kommend sich dem „auserwählten Volk“ angeschlossen hatte. So wurde der Begriff „Proselytismus“ auch im christlichen Bereich oft als Synonym für die missionarische Tätigkeit gebraucht. In jüngerer Zeit hat der Begriff einen negativen Beigeschmack erhalten als Werbung für die eigene Religion mit Mitteln und Beweggründen, die dem Geist des Evangeliums widersprechen und die Freiheit und Würde der Person nicht wahren. In diesem Sinn wird der Begriff „Proselytismus“ im Zusammenhang mit der ökumenischen Bewegung verstanden: vgl. The Joint Working Group between the Catholic Church and the World Council of Churches, The Challenge of Proselytism and the Calling to Common Witness (1995).«

Samstag, 5. Oktober 2013

Anna Schäffer

Es gibt keine Liebe ohne die Bereitschaft, sich selber zurückzunehmen, ohne die Notwendigkeit, immer neu die Andersheit des anderen zu ertragen. Es gibt keine Liebe ohne das Leid der Verwandlung. Nur darin können wir überhaupt reifen. Es gibt keine Treue ohne den Schmerz und die Geduld der Verwandlungen, die wir brauchen. Und wenn reich nur werden kann, wer viel verwandelt worden ist, dann kann reich nur werden, wer auch wirklich Leiden angenommen hat und Leiden anzunehmen gelernt hat. Wer nicht mehr leiden kann, kann auch nicht mitleiden. Und wer nicht mehr mitleiden kann, kann nicht mehr mitlieben. Eine Welt, in der man nicht mehr sinken kann im Leid, wird eine kalte und grausame Welt.

(aus einer Predigt von Joseph Ratzinger zur Vorbereitung auf die Seligsprechung von Anna Schäffer 1999)

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Der Papst und die Medien

Da die konservative Häme über den Papst angesichts seiner sich inzwischen reihenden Interviews gerade am tosen ist, will ich mich wiedermal (die Tage häufiger als sonst...) mit dem Papst befassen und kurz meinen Senf dazugeben.

Ich begrüße es außerordentlich, dass der Papst sich dieses Kanals zur Kommunikation bedient!
Es wird ja auf den Blogs fabuliert, zu Benedikts Zeiten hätte es noch Predigten und Katechesen gegeben, heute gäbe es nur noch Interviews. Wer die Augen aufmacht bemerkt freilich, dass auch Franziskus Woche für Woche Katechesen (z.Z. über das Glaubensbekenntnis) und fast täglich Predigten hält. Die mögen nicht das gleiche theologische Niveau haben wie die jenes größten Theologen unseres Säkulums, den als Papst zu haben wir gewürdigt waren, aber sie sind dennoch gehaltvoll und künden durchweg von Jesus Christus, der Mutter Kirche, von der christlichen Hoffnung und vom Einsatz für das Leben! Was wäre Wichtiger?

Bis ins 19. Jahrhundert bekam der Ottonormalkatholik vom Papst nicht viel mit. Mit dem Aufkommen der Zeitungen gab es vielleicht ein-zweimal im Jahr ein grau-staubiges Bild von ihm zu betrachten, das man sich dann ausschneiden und in die Sakristei oder in den Hergottswinkel hängen konnte. Die Päpste schrieben Enzykliken für die Bischöfe, mit denen sich dann die Theologen beschäftigen konnten. Wenn ein Papst alt wurde, merkte man das gegebenenfalls an jenem halbjährigen Bild in der Zeitung und einige Monate später vernahm man dann, dass der Papst verstorben sei. Seit es das Radio gibt, kam zu den semestrigen Bildchen noch die ein oder andere zweiversige Ansprache ans Ohr des Ottonormalkatholiken und er konnte sich freuen, dass ihm der Papst "frohe Weihnachten" wünschte.

Die Zeit ist heute eine andere. Wir leben in einer globalisierten Welt mit ebenso globaler Kommunikation. Alles ist durchdrungen und umgeben von Kommunikationswegen, alles was Ton und Bild zu leisten vermögen ist in sekundenschnelle und in HD um die ganze Welt verteilt.
Will die Kirche in dieser Welt eine Rolle spielen, muss sie sich ihrer Kommunikationswege bedienen, zumal eine Abschottung ganz einfach nicht möglich wäre. 

Wer ließt denn schon eine Enzyklika? Keine Sau.
Oder wer verfolgt die päpstlichen Gottesdienste und Gebetsveranstaltungen auf Youtube oder (seltener) im TV? Wohl nur ein Teil der Presse und eine fromme Elite.
Um zur breiten Masse der Menschen zu sprechen, sind Interviews das ideale Mittel und Franziskus ein Genie, dass er es zu nutzen weiß: In einem Interview kann gar nicht um den heißen Brei geredet werden, der Interviewer verlangt knackige Antworten und bald ist Redaktionsschluss. Man gibt auch nicht von sich, was man selbst gerade meint sagen zu müssen, sondern wird von einem "normalen Menschen", der idealerweise "am Puls der Zeit" fühlt, konkret gefragt. Das erreicht die Leute, das wollen und auch nur das können sie überhaupt aufnehmen und bedenken, in der Flut der täglich wallenden Informationen. Kurze knackige Antworten auf echte Fragen von echten Menschen. Große Texte, und seien sie auf Knien und nicht bloß am Schreibtisch entstanden, können das nicht leisten, von der sie unvermeidlich beherrschenden innerkirchlichen Sprache ganz zu schweigen.

Und ich finde es auch gut, dass sich die Medien nach wie vor in Euphorie üben und alles unbequeme ausblenden: Wenigstens werfen sie so nicht ständig mit Dreck und verunmöglichen jede Verkündigung. Dass man dem Papst so viele Vorschusslorbeeren schenkt und ihn hochjubelt, ermöglicht es ihm, Gehör zu finden! Oder wäre es uns etwa lieber, die Medien würden wie gehabt andauernd nur über Missbrauch, Untreue und Skandale berichten?

Der Papst (jeder Papst) hat der Welt einiges zu sagen. Benedikt nicht minder als Franziskus. Aber Benedikt ging mit den Medien nicht allzu klug um, wie mir scheint. Das ist keineswegs ein Vorwurf: Er stammte eben noch aus einer anderen Zeit, als die Medien noch nicht diese Omnipräsenz hatten. Jedenfalls schafften es die Medien ständig, alles Wichtige auszublenden und sich auf anstößige Marginalien und etwaige Skandälchen zu konzentrieren. Man dichtete Benedikt eine Besessenheit mit dem Thema Sexualität an, obwohl dieses ganze weite Feld realiter vielleicht in höchstens 2% seiner Äußerungen überhaupt nur irgendwie vorkam. Tatsächlich hat Benedikt das bereits ausgiebig getan, was Franziskus nun ausdrücklich von allen Katholiken fordert (s. hier): nicht ständig über diese ewig gleichen Aufregerthemen zu reden; was freilich die Relevanz und die Wahrheit der krichlichen Position diesbezüglich keineswegs relativiert.

Franziskus nutzt indes jede Gelegenheit, das zu sagen was Not tut und manchmal auch Sachen, die uns Mitteleuropäern vielleicht weniger wichtig/aktuell erscheinen (heimatliches Erbe?). Dass Vieles nicht gehört wird (und zwar von Rechts wie von Links), ist klar. Das ist unvermeidlich: Jeder hört nur, was er hören will. Obwohl Franziskus substantiell de facto nichts anderes sagt als Benedikt, schafft er es, "gefühlsmäßig" viel zu verändern. Dieses "Gefühl" ist weitaus wichtiger, als uns oft klar ist: Es ist der Grund, warum wir so selektiv wahrnehmen, und der Ursprung von Ungehorsamsaufrufen und dergleichen... der "gefühlte" Reformstau verursacht so viel Unbehagen! Wenn der Papst nun also auch nur das Gefühl erzeugen kann, der ebenso gefühlte Reformstau würde nun angegangen oder bereits gebrochen, ist schon viel gewonnen, denn es "ent-spannt" im wahrsten Sinne des Wortes die Stimmung, und gibt so den Blick frei auf das Wesentliche. Das tut der Kirche gut und es ist ohnehin notwednig.

Überhaupt ist Wahrnehmung in einer Welt der Medien viel wirkmächtiger und "relevanter" als Tatsachen: Wenn heute in den Medien kursiert, diese oder jene Bank stünde vor der Pleite, dann rennen Morgen alle hin um ihr Ged zu retten und dann ist Übermorgen diese Bank tatsächlich pleite, völlig egal, ob es ihr vor zwei Tagen noch prächtig ging. Wahrnehmung ist, medial gesehen, alles.  Zugleich fehlt es bei Franziskus aber durchaus nicht am Inhalt, bloß wird der massenmedial meist ohne den nötigen Verstehenskontext und ungeachtet der "Hierarchie der Wahrheiten", wovon der Papst ja auch selbst spricht, verbreitet. Die Chance, dass er dennoch gehört wird und sich Leute auch mal mehr als nur reißerische Überschriften zumuten, ist jedenfalls schonmal gegeben...

Auch die vielen Gesten des Papstes, die großen und die kleinen, sind ungemein wichtig. Actions speak louder than words. Was manchem als Show aufstößt und andere als "revolutionär" feiern, ist in Wirklichkeit etwas viel Banaleres: Es ist Ehrlichkeit und Natürlichkeit (und oft einfach Brauch, siehe die Prostratio am Karfreitag). Die "Medialisierung" ist unvermeidlich (s.o.) und es sollte uns freuen, dass diese Gesten wahrgenommen werden. Bei Benedikt hat man sie nicht wahrgenommen oder wahrnehmen wollen, das ist nicht mehr zu ändern. Aber sollten wir es deswegen missbilligen, wenn die gleichen Gesten und viele weitere nun endlich doch mal (positiv) wahrgenommen werden? Wir sollten uns darüber freuen! Aufklärung ("das macht jeder Priester am Karfrteitag") kann man später immernoch betreiben.

Wir Katholiken sollten uns überhaupt darüber freuen, dass der Papst so große Aufmerksamkeit genießt und diese zudem weitestgehend frei ist von künstlich erzeugter Empörung und Missgunst und nicht verdeckt ist von Kot und Klischees (man ist über alles "erstaunt" und "überrascht" was geschieht!). Natürlich wird auch diese starke Präsenz in den Medien nicht ewig anhalten, aber solange es währt, ist das durchaus zu begrüßen! Franziskus findet Gehör mit dem, was er sagt... vielleicht fragmentarisch und zuweilen ideologieverbrämt willentlich falsch (wenn sich etwa "WisiKi bestätigt fühlt), aber immerhin - pardon - kotzen und keifen sie nicht, wie anno dazumal unter Benedikt! Die Chance besteht also, wie gesagt, dass der Papst wirklich angehört wird. Ansonsten: Lasst doch die Leute jubeln, die ernsthaft glauben, der Papst, der einen australischen Priester exkommuniziert hat, weil dieser für das Frauenpriestertum und die Homo-Ehe votiert, werde demnächst Frauen zu Priesterinnen weihen und homosexuelle Ehen anerkennen. Sollen sie das ruhig glauben, wenn es sie ruhig stellt! Das Erwachen kommt früh genug.

Auf der anderen Seite des Spektrums finden wir die, die meinen, der Papst wäre dem Relativismus verfallen und die Kirche stünde nun wirklich hart am Abgrund, bloß weil der Papst mit etwas anderen Worten die kirchlich gelehrte Pflicht jedes Menschen, auf sein Gewissen zu hören, formuliert hat (zu tun, was er/sie als Gut erkennt!). Diese Leute seien darauf hingewisen, dass sich in diesen Interviews nicht das Lehramt der Kirche ausspricht... es sind bloß Interviews! Die genaue magisteriale Relevanz dieser Kommunikationsform muss wohl noch dezidiert eruiert werden (ein sehr guter Ansatz findet sich hier), aber ich bezweifle, dass es als allzu dramatisch einzustufen ist, wenn der Papst hie und da mal nicht formvollendet unmissverständlich formuliert. Ich kann damit leben. Zumal selbst dann Missverständnisse und auch ideologische Instrumentalisierungen nie ausgeschlossen werden können und im Ernstfall man immernoch einen "Geist" hineininterpretieren wird, mit dessen Hilfe sich (siehe Vat. II) aus allem alles herauslesen lässt, so abstrus es auch sei.

Interviews hat übrigens auch Benedikt XVI. einige gegeben, sei es in Flugzeugen, in Buchform oder mit Reportern im gepflegten Rahmen in Castel Gandolfo, und bei denen waren dann auch des Öfteren, wegen der ganannten unvermeidlichen selektiven Wahrnehmung oder aufgrund willkürlicher Falschinterpretationen gewisser Interessengruppen, nachträgliche Klarstellungen und Zurechtrückungen vonnöten. Das ist halt so... eine Eigenschaft der medialen Welt. Und die Kirche, als das Kuriosum das sie heute faktisch in der säkularen Welt darstellt, ist davon besonders betroffen. Im Grunde galt das aber schon immer: Man nenne mir ein kirchliches Dokument oder einen Akt der Verkündigung in irgendeiner Zeit der Geschichte, bei dem die "Welt" die "Kirche" auf Anhieb richtig verstanden hat. Das sind nunmal allzuoft Gegensätze, Spannungen und Konflikte können da nicht ausbleiben. Und so weit wie dann auchnoch die Welt in die Kirche eindringt (siehe ZdK, das ja trotz gegenteiliger Beteuerungen eine rein politische Veranstaltung zu sein scheint), so weit dringt auch dieser Konflikt in die sichtbaren Grenzen der Kirche ein.


Franziskus ist so katholisch wie jeder Papst. Er kommuniziert aber gezielter und alltagstauglicher nach "draußen" (missionarisch!) als sein Vorgänger, und genau das ist es, was wir heute in dieser "Medienwelt" brauchen, denn da leben die Menschen: im Alltag. Die Menschen leben nicht in der Theologenstube, wie es manche "Konservative" anscheinend glauben, für die jedes pontifikale Räuspern nicht formalistisch und dogmatisch einwandfrei genug sein kann! Sie konzentrieren sich nur auf das Äußerliche, nur auf die Form. Aber genau die Form ist es, die Franziskus radikal geändert hat; nicht der Inhalt!