Neben Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Gertrud von le Fort, Adrienne von Speyr u.a. hat es mir unter den zeitgenössischen katholischen Autorinnen besonders eine Dame schon seit Langem angetan, nämlich Ida Friederike Görres.
Die vordergründig geforderten Änderungen, die auch vom "Aufbruch 2012" freibruger Kleriker und ihrer Gesinnungsgenossen im Hinblick auf den pastoralen Umgang mit zivilrechtlich geschiedenen und wiederverheirateten Gläubigen gefordert werden, weiß diese überaus kluge Frau bereits vor über 40 Jahren in ihrem kleinen Büchlein "Was Ehe auf immer bindet" (1971) messerscharf zu filieren, um so die wirkliche Agenda zu decouvrieren. (Das Manuskript zu dieser hochaktuellen Schrift hat sie acht Tage vor ihrem Tod abgeschlossen.)
»Schwerpunkt solcher Änderungen sind, punkthaft angedeutet, zum Beispiel:
1. Vom heiligen Gott, dem Schöpfer, Richter, dessen Verfügungsrecht über uns Menschen, dessen Anspruch auf unsern Gehorsam absolut und indiskutabel sind und ohne den kein Haar von unserem Haupte fällt, der Seinen Willen deutlich gebietet -- zu einem "zahmen" Gott, unbestimmt, geheimnislos, der nichts gebietet und nichts verbietet, was unserm "Glück" im Wege stehen könnte; dessen einzige bekannte Eigenschaft die alles vergebende Barmherzigkeit ist, ohne Bedingungen. [...]
2. Von Christus, dem Sohn Gottes, dem Kyrios, dem Herrn der Kirche, der ihre ganze Geschichte hindurch unter Seinen Gläubigen war und es heute noch ist; der Nachfolge verlangt und Kreuztragen und auch das fruchtbare Wort vom Augausreißen und Fußabhacken um des Heils willen gesprochen hat, so gut wie vom Ewigen Leben und vom Bleiben in Seiner Liebe durch Halten Seiner Gebote, und der Jünger mit stellvertretender Vollmacht entsandt hat bis an das Ende der Zeiten, bis Er wiederkommt; -- zu einem vagen "historischen Jesus", einem jüdischen Weltverbesserer, von dem man kaum etwas weiß, als daß er das Establishment seiner Zeit bekämpfte und für Menschenrechte stritt, und der nichts hinterlassen hat als ein schwer deutbares Beispiel und ein noch schwerer deutbares Schrifttum Seiner Jünger.
3. Von der Kirche, Seiner Platzhalterin, der Präsenz des lebendigen Christus in Schrift, Sakrament, Gnade, aber auch in der Verkündigung Seiner Gebote -- zur bloßen Organisation, dem irdischen Leviathan, der die "Sache Jesu" stört und in Seinem Namen ausgeräumt und umgebaut werden muß; mehr noch freilich im Namen von angeblichen Majoritäten, denen "Demokratie in der Kirche" bedeutet: Die Leitung ist zur Ausführung des Volkswillens da.
4. Von Menschen, die geschaffen sind, um Gott zu erkennen, zu lieben, Ihm zu dienen durch treues Werk an Seiner Schöpfung und endlich ewig selig zu werden -- zu Menschen ohne eschatologische Zukunft, diesem einen Leben verpflichtet und der einen Welt, die sich im möglichst großen Glück der möglichst großen Zahl erfüllt.
In dieses Konzept paßt die nach menschlichem Gutdünken lösbare, wiederholbare Ehe nicht bloß fugenlos hinein, sondern sie wächst aus ihm heraus.«
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