Montag, 24. März 2014

Dürftige Theologie - 3 - Kasper: Vaticanum II

Bitte die Einführung (hier) beachten!

Kardinal Kasper hält ein Umdenken bei der Frage der zivil wiederverheirateten Geschiedenen für möglich, weil, so der Kardinal, das Zweite Vatikanische Konzil ja auch in der Frage des Ökumenismus und der Religionsfreiheit ganz "neue Wege" gegangen sei in der Art und Weise, wie die Kirche sich dem gegenüber verhält. 


Der Ökumenismus ist zu 100% ein historisch bedingtes Phänomen, das es überhaupt nicht gäbe, wäre nicht die Egomanie einiger Kirchen- und Staatsmänner gewesen, aus denen Spaltungen der Christenheit resultierten. Der Ökumenismus bzw. das was man jeweils darunter versteht, ist ganz wesentlich von den historischen Gegebenheiten abhängig, etwa wenn man die Plausibilität solcher Bestrebungen allein auf der Zeitachse betrachtet: Im Jahre 1965 liegt ganz einfach eine andere Situation vor als z.B. 1565.

Man muss auch beachten, dass es ökumenische Bestrebungen (also das Unterhalten von Beziehungen zu den getrennten Christen und Bemühungen um eine Wiedervereinigung), auch wenn das nicht immer so hieß, immer schon gab, seit es Spaltungen gibt - man erinnere sich z.B. an die Einigungsbemühungen mit einzelnen Orthodoxen Kirchen bereits im achso dunklen Mittelalter. Was das Vaticanum II "Neues" gebracht hat ist v.a. eine andere Form der Kommunikation und eine positivere Perspektive: Nicht mehr die Defizite anderer Denominationen in den Vordergrund zu stellen, sondern das was "immerhin" schon da ist. Aber auch dieses Konzil hat die Wahrheit und Einzigkeit der einen Kirche (nämlich jener unter der Leitung des Papstes) ausdrücklich gelehrt und bezüglich der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften die realen Defizite nicht verschwiegen.
Der Ökumenismus den die Päpste des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts verurteilten, ist etwa durchaus sehr Verschiedenes von dem, was wir heute unter diesem Begriff verstehen und was das letzte Konzil gutgeheißen hat. Nur ein Beispiel: Das Prädikat "ökumenisch" wurde z.B. noch bis ins 20. Jarhundert hinein von vielen protestantischen Gemeinschaften oft in dezidierter Abgrenzung zu und als Ablehnung von allem was "römisch-katholisch" war gebraucht (Ökumene = Christentum minus Katholizismus). Wie könnte die Kirche dies nicht veruretilen?

Auch muss man beachten, dass das Vaticanum II durchaus das weiter- und ausgeführt hat, was bereits vorher, v.a. bei Pius XII., grundgelegt war. Es gehen einem ganz schön die Augen auf, wenn man mal nachschaut, was gerade dieser große Papst so alles gesagt und geschrieben hat, wovon man heute zu gerne behauptet, es seien "Errungenschaften des Konzils" gewesen! Was "das Konzil" bzgl. des Ökumenismus tat war nicht wirklich neu, es war v.a. konsequent auf der Linie dessen, was bereits vorher geschah und es war mithin auch geboten im Blick auf die historischen Gegebenheiten. Genannt sei hier nur die unter Pius XII. vom Heiligen Offizium herausgebrachte "Instruktion über die Ökumenische Bewegung" von 1949, die im Grunde schon alles Wesentliche enthielt (natürlich mit einer verständlichen Reserviertheit und der scharfen Warnungen vor religiösem Indifferentismus).

Die Frage nach der lehramtlichen Beurteilung ökumenischer Bemühungen ist also stark historisch bedingt, sie unterliegt, wie der Begriff des Ökumenismus selbst auch, einer deutlichen und notwendigen Veränderung und gehörte überdies noch nie zur eigentlichen Glaubenslehre der Kirche (obzwar das, was man im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert unter "Ökumenismus" verstand natürlich abzulehnen war und auch heute noch abzulehnen ist!). 


Was die Religionsfreiheit betrifft, liegt die Sache ähnlich. In aller holzschnittigen Kürze: Das Prinzip "Kein Zwang in Sachen des Glaubens" ist ein altbekanntes Prinzip, das den Kirchenvätern wohl vertraut war. Es geriet nur dadurch lange Zeit in Vergessenheit, weil das Christentum irgendwann mit der Gesellschaft so ziemlich verschmolzen war und die Kirche über lange Zeit hinweg eine machtpolitische Größe darstellte. Im europäischen Mittelalter war man per se katholisch. Die bloße Wahrnehmung von etwas anderem als der katholischen Religion (Islam oder später reformatorische Gemeinschaften), mussten natürlich in Europa Reaktionen hervorrufen, die dem Willen zur Verteidigung des eigenen Landes nicht unähnlich sind. In "Grenzbereichen" der Kirche, also v.a. in der Diaspora etwa in Afrika und Asien, war das nie so ein großes Thema, dort tolerierte man durchaus die Angehörigen anderer Relgionen und auch den Religionswechsel (man hatte ja i.d.R. auch keine andere Wahl).

Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert war es ein Prinzip der katholischen Soziallehre, dass ein (natürlich katholischer!) Staat die katholische Religion zu fördern, zu verteidigen und gegenüber anderen Religionen zu bevorzugen hatte, der Abfall vom Katholizismus sollte geahndet werden. Auch begrifflich muss man von der "Religionsfreiheit" sagen: Was man im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert unter dem Begriff "Religionsfreiheit" verstanden hatte, war die Beliebigkeit und regelrechte Gleich-Gültigkeit der Religionen (um Pius XI. zu zitieren: die Ansicht, "alle Religionen seien gleich gut und lobenswert"). Natürlich musste und muss das von der Kirche abgelehnt werden!

Da es nun aber zur Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils den "katholsichen Staat" de facto nicht mehr gab und wir uns überdies zunehmend in einer Situation finden, die der der frühen Kirche ähnelt (Christen als Minderheit in einer heidnischen Welt), ist eine Wiederentdeckung jenes alten Prinzips ("Kein Zwang...") und damit die Anerkennung der Freiheit der Wahl der Religion (also das, was wir heute unter "Religionsfreiheit" verstehen!), gleichfalls ein den geschichtlichen Tatsachen geschuldetes Phänomen, das nicht den Glauben der Kirche berührt, denn auch jenes Konzil hat ausdrücklich die Heilsnotwendigkeit der Kirche für alle Menschen gelehrt.


Zum Thema: Bei der Frage nach der wie auch immer gearteten Anerkennung zweiter ziviler Ehen geht es, im Unterschied zur Frage, wie sich die Kirche zum Thema Ökumene oder der Religionsfreiheit verhält, jedoch durchaus um das Glaubensgut der Kirche, nämlich um ihre Sakramente und die eindeutigen Worte des Herrn; und es besteht tatsächlich die Gefahr einer Abkehr von 2000 Jahren Lehrtradition. Es geht hier um das Mark der Kirche!

Die Sakramente, in diesem Fall v.a. die Ehe und die Eucharistie, haben ihre Begründung nicht in gesellschaftlichen oder politischen Ereignissen und sie sind auch nicht abhängig von politischen Entwicklungen. Sie sind auch keine abstrakten Konzepte oder geistige Strömungen, denen gegenüber sich das Lehramt (oder auch der einzelne Katholik) mal so, mal anders verhalten kann. Sakramente verändern ihren "Inhalt" nicht mit den Läufen geistesgeschichtlicher Strömungen. Sie sind vielmehr etwas objektiv Gegebenes: Vom Herrn eingesetzte heilswirksame und an etwas Überweltlichem Anteil gebende Zeichen! (Was nicht bedeutet, dass etwa die rechtlichen Aspekte geschichtlkich geworden sind.) Die Kirche verwaltet sie und vor allem lebt sie aus ihnen, sie "verhält sich" aber nicht "ihnen gegenüber", denn sie gehören ja zu ihrem Wesen!
Ähnlich ist das mit der Sünde: Was ein Verstoß gegen Gottes Gebot ist, bleibt dies auch, unabhängig davon, ob das vom Großteil der "Gesellschaft" oder der "Politik" anders gesehen wird... die "Gesellschaft" und die "Politik" in Sodom und Gomorra haben ja auch nicht Gottes Gebote ändern können, sondern wurden nach ihnen gerichtet!
Das Wort des Herrn bleibt.

Wie kann nun das eine als Legitimation für das andere herhalten?
Das ist m.E. ein Kategorienfehler... non sequitur.

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