Dienstag, 30. Juli 2013

fragwürdiges Papstdreschen

Es erschreckt mich, wie die "sprungbereite Feindseligkeit" der
möchtegern Papsttreuen sich allethalben zeigt, sobald auch nur der Verdacht aufkommt, der Papst könnte etwas tun, was der eigenen Agenda zuwiderläuft.
Dass sich ZdK-Hampelmänner derart gebärden ist wenig überraschend. Dümmliches Papstbashing gehört da zum guten Ton. Aber gerade diejenigen, die sich selbst allzugern als Hüter des wahren Glaubens verstehen, sollten eigentlich besonnener vorgehen.

Wie es sich nun in Wirklichkeit um die Fraziskaner der Immakulata verhält, warum, wieso und weshalb, bleibt abzuwarten. Aber die Art und Weise, wie nun aus diesem Anlass heraus frühere Aussagen des Papstes geradezu zwanghaft als Angriff auf den eigenen Taschengott hin umgedeutet werden, die Art wie hier Seilschaften konstruiert und gar die Legitimität des Paptes (wiedermal) in Zweifel gezogen wird, ist einfach nur erbärmlich.
Allein schon die Aussage, dieser und jener Kardinal sei ein "Gegner der Tradition" und er sei zudem ein Vertrauter des Papstes, was ja nur den einzigen Sinn haben kann, zu insinuieren, der Papst würde sich allenthalben "gegen die Tradition" wenden, ist völlig inakzeptabel. Der Papst ist in besonderer Weise Inhaber des kirchlichen Lehramtes. Der Papst ist der Garant für das Lehramt aller Bischöfe in Gemeinschaft mit ihm und für die sichtbare Einheit der Kirche. Anzudeuten, ein Papst würde mit der kirchlichen Tradition brechen oder sich in seinem Magisterium in einen Widerspruch zum Willen Christi begeben, ist bereits eine ganz gewaltige Anmaßung. Soetwas, wenn es denn vorgebracht wird, muss verdammt gut begründet und untermauert werden! Anhand wilder Spekulationen, Gerüchte und aus der Luft gegriffener Behauptungen, kann man zwar am Stammtisch ganz nett gemeinschaftlich meckern, aber für mehr taugt es nicht.
Was gibt denen das Recht, über den Papst derart Gericht zu sitzen? Und worin unterscheiden sie sich in ihrem Tun von den Häretikern und Schismatikern aller Jahrhunderte? Die dachten auch alle, sie wüssten es besser...

Ich wiederhole mich:
Papsttreue ist nicht die Treue zu einem bestimmten Papst, der genau das vertritt, was man selbst auch vertritt. Das ist bloß die Treue zu sich selbst! Papsttreue ist das Vertrauen darauf, dass Gott seiner Kirche genau den Oberhirten schenkt, den sie braucht.

Paul VI. an die Bischöfe

»Der Auftrag der Bischöfe ist es, den Gläubigen die sittliche Lehre über die Sexualität darzulegen, wie groß auch die Schwierigkeiten sein mögen, die sich aus den heute gängigen Denk- und Lebensgewohnheiten der Erfüllung dieser Aufgabe entgegenstellen. Die überlieferte Lehre muß vertieft und so dargelegt werden, daß die Gläubigen auf Grund einer entsprechenden Gewissensbildung mit den neu entstandenen Situationen fertig zu werden verstehen. Ferner soll sie behutsam auch das mitbeachten, was an Wahrem und Nützlichem über Sinn, Bedeutung und Macht der menschlichen Sexualität gesagt werden kann. Indes müssen die Prinzipien und Normen des sittlichen Lebens, die durch diese Erklärung neu bekräftigt wurden, treu beachtet und auch dargelegt werden. Vor allem wird man die Gläubigen davon überzeugen, daß die Kirche bei der Wahrung dieser Grundsätze nicht veralteten »Tabus« nachhängt oder, wie oft behauptet wird, dem Vorurteil des Manichäismus erliegt; sie weiß vielmehr mit Sicherheit, daß diese Grundsätze der göttlichen Schöpfungsordnung und dem Geist Christi und darum auch der Würde des Menschen entsprechen.«
(Humanae Vitae 13)

Montag, 29. Juli 2013

Jetzt geht's aber ab! (Update!)

Es brodelt und blubbert an allen Enden, der Papst habe so mir nichts, dir nichts den Franziskanern der Immakulata die überlieferte Messe verboten. Von einem "Attentat auf die Alte Messe" ist die Rede. Seilschaften und Vetternwirtschaft, Verschwörung und Kirchenkampf werden beschworen. Jüngste Äußerungen des Papstes werden sehr kunstvoll gedeutet. Und wie so oft: Nichts genaues weiß man nicht.

Bekannt ist, dass der Orden einen Apostolischen Kommissar mit Leitungsvollmacht bekommen hat (P. Fidenzio Volpi O.F.M. Cap.), und das offenbar vom Papst verfügt wurde, dass die Priester des Ordens, die ansonsten intern die überlieferte Messe pflegen, diese nur noch mit Erlaubnis feiern dürfen. (Was in Teilen Deutschlands übrigens, leider, üblich ist...)

Interessant an den hochkochenden Emotionen allüberall finde ich, dass eine für die Beurteilung dieser Maßnahme notwendige Frage noch nicht beantwortet wurde: Warum?
katholisches.info redet von 6 Ordensmitgliedern (von 800), die sich in Rom beschwert hätten. Aber weder ist klar, worüber sie sich beschwert haben sollen (sicher nicht, dass ihr Orden sich besonders die überlieferte Messe zu Eigen gemacht hat, denn jeder ist frei, seinen Orden zu verlassen, wenn ihm sowas nicht passt), noch wird überhaupt irgend eine Quelle für die Behauptung angegeben.
Ich konnte bisher nichts Griffiges ausfindig machen. Eines ist mir aber klar: In dem Dekret (hier) wird als Ziel der Einsetzung des Kommissars benannt, "die interne Einheit des Ordens, die brüderliche Gemeinschaft, die angemessene Bildung des konsekrierten Lebens, die Organisation des Apostolats, und die rechte Verwaltung der zeitlichen Güter zu schützen und zu fördern". Dies zu gewährleisten, habe es erforderlich gemacht, nach einer bereits erfolgten Apostolischen Visitation einen Kommissar einzusetzen.
Für mich klingt das nicht gerade so, als ob "liturgische" Beschwerden einer Handvoll Ordensangehöriger hierfür der Auslöser sind!

Abwarten und Tee trinken. Solange nicht klar ist, was in dem Orden los ist und warum es zur Visitation kam und nun als Folge davon ein Kommissar eingesetzt werden musste, sollte man sich mit Polarisierungen (hier der supertolle mega doppelplusgute Kirchenrettungsorden, dort die Seilschaften im Vatikan, wohmöglich noch mit Freimarerunterfütterung) zurückhalten. Besonnenheit ist angesagt.


Appropos Besonnenheit: Die Äußerungen von Franziskus. Martina liefert dazu (hier) ein paar Beispiele.
Da wird z.B. das Folgende aus der Ansprache (hier zu lesen) von vor ein paar Tagen vor dem Koordinierungskommitee (was immer das ist) der südamerikanischen Bischofskonferenz angeführt (einer von vier vom Papst exemplarisch benannten Ideologisierungen des Evangeliums):
»d) Der pelagianische Entwurf. Er erscheint grundsätzlich unter der Form der Restauration. Angesichts der Übel der Kirche sucht man eine nur disziplinäre Lösung in der Wiederherstellung von überholten Verhaltensweisen und Formen, die nicht einmal kulturell bedeutend zu sein vermögen. In Lateinamerika gibt es ihn in kleinen Gruppen, in einigen neuen Ordenskongregationen, und er zeigt sich in Neigungen zu doktrineller und disziplinärer „Sicherheit".«
Man fühlt sich offenbar angesprochen. Ich bin ein Freund der überlieferten Messe, ich fühle mich nicht gemeint. Ich kenne aber einige Leute, die hier gemeint sind!
- Restauration bedeutet die Wiederherstellung überholter Zustände. Die Kirche an einem bestimmten (willkürlich) festgelegten Zeitpunkt einzufrieren, ist jedenfalls die Taktik der Piusbrüder. Insofern kann kein Katholik eine solche Restauration gutheißen. 
- Weil der Papst hier von "überholten Verhaltensweisen und Formen" spricht, meint man, er würde hier besonders die "überlieferte Form (AAAHHH!!! es ist das gleiche Wort: 'FOOORRRMMMM'!!)" des römischen Ritus meinen. Das steht da aber nicht!
- Die an anderer Stelle erwähnte "Umkehr in der Pastoral" wird schnurstracks als Gegensatz zur Hermeneutik der Kontinuität gedeutet. Wieso? Warum ist eine "Umkehr" (im Original: Conversion) etwas Schlimmes? Kann (darf?) es nicht sein, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden?
- Die Ablehung einer "Neigungen zu doktrineller und disziplinärer 'Sicherheit'" wird als Relativismus interpretiert. Mal abgesehen davon, dass dies im Widerspruch zu allem steht, was dieser Papst sonst so sagt: Es ist doch tatsächlich so, dass sich manche in so eine "Sicherheit" (man beachte die Gänsefüßchen!) flüchten und dann, mit sich selbst und der Disziplin im reinen, so manche Christenpflicht vernachlässigen.
- Wichtig scheint mir, und dem widmet Martina keine Silbe, dass der Papst hier von einem "pelagianischen Entwurf" redet. Was meint das? Pelagianismus bedeutet, grob gesagt, Erlösung aufgrund eigenen Tuns. Und genau das behandelt der Papst hier: Versuche, sich durch äußere Formen (!) und Verhaltensweisen heilig zu machen, ohne den Geist der Wahrheit. Diese Tendenz gibt es überall, auch (und nicht zu knapp!) in den Kreisen der Liebhaber der überlieferten Messe.

Mit der richtigen Intention, kann man alles irgendwie so deuten, dass es zum Meckern Anlass gibt...


Update (22:50): Es gibt (hier) eine interessante Gegendarstellung aus dem Innern des Ordens selbst. Das geht es u.a. in eine ähnliche Richung, wie das was ich oben erwähnte. Da heißt es z.B.:
»The restrictions on our community are specific to us and have been put in place for reasons specific to us. Pope Francis has not contradicted Pope Benedict. The visitation of our community began under Pope Benedict and the Commission was recommended by Cardinal João Braz de Aviz who was appointed to the Congregation by Pope Benedict.«

Die Flitterwochen sind vorbei!

Frauenprietsertum: nein.
Kommunion "wiederverheiratet Geschiedener": nein.
Dieser Papst weiß haargenau, wo des Pudels Kern ist, wenn er seinen Vorgänger in Buenos Aires zitiert: "Für mich ist die Hälfte aller Ehen ungültig, weil sie heiraten, ohne zu wissen, dass es für immer ist..."
Die ewiggestrigen, ehemals "heißen" Eisen sind angepackt und erledigt. Schön, diese Prägnanz. Ich höre schon den Aufschrei der Empörer! :)

Mensch, genetisch

Die Chromosomen des Menschen (w)
Eugenie schreibt (hier), auf die Frage, ab wann der Mensch Mensch ist:
»Wenn nicht ab der Empfängnis: Warum hat noch keine Frau eine Qualle, einen Delphin, ein Eichhörnchen, eine Katze, einen Apfelbaum, ein Kälbchen, einen Grasbüschel oder eine Schwalbe auf die Welt gebracht?
Denn aus einem Zellklumpen kann schließlich alles werden. Oder?«

Sorry, aber das is mir viel zu billig. Aus einem Zellklumpen kann eben nicht alles werden, denn auch ein Zellklumpen, sogar jede einzelne Zelle, hat nämlich ein vollständiges Genom!
Genetisch ist es ab der Verschmelzung der beiden Kerne ein Mensch (Homo sapiens)... im Moment der Verschmelzung wird ein Programm gestartet, an dessen Ende, sofern der Prozess ungestört und ohne grobe Fehler abläuft, nach etlichen Jahren ein voll ausgewachsener Homo Sapiens steht (das ist das Thema der Entwicklungsbiologie). Das bezweifelt ja niemand. Wenn es so einfach wäre... Da aber nicht nur wir Christen sondern auch der handelsübliche Säkularmensch heute zumeist (wenn auch nur instinktiv und nicht immer vernünftig) das Menschsein an mehr als an seinem Genom festmacht, ergibt sich ein Problem. 

Die Ironie an diesem Hickhack ist doch dies: Die Vorstellung, der Mensch würde erst zum Menschen werden, nämlich aus einem unspezifischen Zellklumpen heraus, ist aristotelisch. Es ist die moderne Naturwissenschaft, die uns gezeigt hat, dass es nicht so ist. Die Bestreitung des Menschseins "von Anfang an" ist eine der großen Inkonsequenzen in unserer wissenschaftsgläubigen Welt. Und genau darum ist diese endlose Debatte auch so vertrackt.

Sonntag, 28. Juli 2013

falsches Beten

Raffael, betender Heiliger
»Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.« (Lk 18,10-14; Leseordnung im Messbuch von 1962)

Beide, der Zöllner und der Pharisäer haben eine Sehnsucht nach Gott, beide zieht es in den Tempel.
Aber der Pharisäer begegnet uns als ein exaltiertes Beispiel, was man dabei alles falsch machen kann. Und er macht wirklich alles falsch. Er stellt sich, wohl mit großer Selbstsicherheit, vorne hin und blickt unverwunden auf. Sein "Dank", den er Gott bringt, ist nichts weiter als Selbstlob. Er tritt nicht für den anderen ein oder betet gar für dessen Bekehrung, sondern verurteilt ihn, als sei er an Gottes statt (oder vielmehr an der des Teufels: Offb 12,10). Er bittet um nichts, sondern prahlt. Er schachert mit Gott, will ihn regelrecht bestechen. Im Gebet des Pharisäers kommt Gott nur als Hülse vor, als Wand auf die zu er sein Eigenlob spricht, als Spiegel, vor dem er sich in Pose bringt. Dieser Pharisäer ist richtiggehend krank im Kopf, krankhaft egoistisch und selbstherrlich; von sich selbst und Gott entfremdet, verblendet und eingeschlossen in einen selbstgebauten Kerker. Auf alles und jeden trampelt er für den kleinsten Vorteil, für das kleinste bisschen Prestige, für jede Prise  Bestätigung und Abgrenzung.
Dieser Pharisäer wird uns natürlich grell überzeichnet dargestellt. Das soll uns warnen: Ein jeder dieser Fehler ist schon fatal.

Der Zöllner hingegen ist gesund. Er weiß um seine Sünde, um seine Nichtigkeit, er weiß um die Notwendigkeit des göttlichen Erbarmens. Immer.
Ich hatte anlässlich der aktuellen superpeinlichen Priesterentblödung in Freiburg das Folgende (hier) erwähnt:
Einer der maßgeblichen Köpfe hinter dem Aufruf, der Freiburger Pfarrer Konrad Irslinger, hat in seiner Pfarrei das "Herr ich bin nicht würdig..." abgeschafft und durch "Herr, ich danke dir, dass du mich würdig gemacht hast" ersetzt. In der Erklärung "Kirche 2013" spiegelt sich das deutlich wieder, wenn es dort heißt: Christus habe "uns wür­dig gemacht [...] am Kreuz durch seine Lebenshingabe".

In Zeiten, da man um die Abschaffung des Zölibats, die Einführung des Frauen"priestertums" und ein "Recht auf Abtreibung" betet, ist die Aktualität von Jesu Gleichnis unübertroffen.
Mir scheint, die Zusage Jesu "bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten" ist leicht misszuverstehen, wenn man ignoriert, dass sie in einem Konditionalsatz verpackt ist: "Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten." (Joh 15,7)

Was Ehe auch nicht bindet

Chagall - drei Kerzen
Fortsetzung.

Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind also für das Bestehenbleiben einer Ehe heute eher ungünstiger geworden.
Aber die Frage, was nun eine Ehe bindet, bzw. was nicht, erstreck sich auf mehr. Die Umwelt, macht uns ja nicht zu Opfern. Zumindest nicht ganz. Die Umwelt macht es uns schwerer, aber die eigentlichen Akteure sind doch wir, oder?

Wenn man Liebe Definiert als ein Gefühl, dann kann auch sie eine Ehe nicht binden. Was wir Menschen fühlen kann schon darum keine "unauflösliche Ehe" konstituieren, weil Gefühle ihrem Wesen nach wandelbar, ja regelrecht labil sind. Wer auf sein Gefühl baut und ewige Treue verspricht, versagt.

Liebe ist etwas anderes. Liebe ist vor allem eine Entscheidung. Gefühle sind natürlich nicht negativ, sie sind, zumal heute, besonders wichtig für das "sich finden", aber das Finden ist ja nur der Auftakt, und der macht noch kein fertiges Stück.
So eine Entscheidung muss sich auch bewähren, sie muss quasi täglich erneuert werden. Sehr ähnlich, der Entscheidung zum Glauben: Wenn der Glaube sich auf ein Spiel von Gefühlen beschränkt, ist er zum Scheitern verurteilt. Die Event-Kultur auch in manchen kirchlichen Kreisen, gibt davon Zeugnis.
Der Glaube bewährt sich, wie auch die Liebe zu einem Menschen, in der täglichen Entscheidung für den anderen, wider alle Unbequemlichkeiten, Unschönheiten, Schmerzen und Enttäuschungen. Und wie beim Glaube, so wächst auch die Liebe gerade in der Annahme und im Dulden der Widrigkeiten.

Es ist mein Wille, mit dem ich den anderen annehme. Ich muss mich für jemanden entscheiden und dann in der Ehe zu dieser Entscheidung stehen, komme was wolle. Verliebtsein ist ein Gefühl. Liebe ist v.a. ein Willensakt: Die Frage, die der Priester bei der Trauung stellt, und deren Antwort das Eheband knüpft, lautet ja nicht "Wirst du ihn/sie lieben, ehren etc.", sondern sie lautet: "Willst du ihn/sie lieben, ehren etc."!
Letztlich gehört beides zusammen. Gefühl und Wille können schwerrlich völlig getrennt werden, auch wenn manchmal eines fehlt, und das andere tragen muss.

Aber selbst diese Liebe, diese Entscheidung für den anderen, ist nicht das, was eine Ehe bindet, was sie unauflöslich macht. Denn auch eine Entscheidung kann sich bekanntlich ändern. Gläubige können Atheisten, Eheleute untreu werden.
Es ist ein moderner Mythos (der seit mindestens 40 Jahren auch von Moraltheologen gerne produziert wird), dass "die Liebe" (sei das nun ein Gefühl oder eine Entscheidung) eine Ehe konstituiere. Das lässt dann den bequemen Schluss zu, dass, wenn die Liebe stirbt, die Ehe nicht mehr besteht.
Liebe, sei es das Gefühl oder die Entscheidung, bindet keine Ehe, denn beides kann enden. So unabdingbar sie für die Beteilgten auch ist, sie macht eine Ehe nicht unauflöslich.
 
to be continued...

Samstag, 27. Juli 2013

Franziskus und seine Deutung


Mit gemischten Gefühlen verfolge ich den WJT.
Ich bin sehr froh über die Worte des Papstes, die seine Kompromisslosigkeit weiter bestätigen. Aber große Sorge bereitet es mir, dass die freien Äußerungen, v.a. gegenüber den argentinischen Jugendlichen in Aparecida, leicht missbraucht werden können. Nur ein paar Beispiele:
Wenn Franziskus etwa einen Kampf gegen den Klerikalismus fordert, könnten sich "liberale" Priester ermutigt fühlen, noch viel mehr von ihrer priesterlichen Identität preiszugeben und ein "wir sind doch alle Priester" noch weiter zu befeuern. Dass man als Alternative zu Klerikalismus gern den Egalitarismus setzt, ist ja nicht neu. So unvereinbar dies auch mit der Sakramentalität der Kirche und speziell des Amtes ist. 
So eine Deutung geht sehr leicht, denn auch schon aus seinem einfachen Liturgiestil haben manche geschlossen, sie müssten fortan auf liturgische Gewänder, Lesungen und weiteres "Brimborium" verzichten...
Auch die Aufforderung zur "Unordnung" ist dafür sehr anfällig. Wie leicht es doch scheint, nun die Kirchendisziplin über Bord schmeißen zu können. Dass er das nicht meint, sondern vom Gehen auf die Straße und zu den Menschen redet, ist mir klar, aber es ist leicht zu "vergessen"... gerade von den BDKJ und ZdK'lern dieser Welt.

Der Papst kommt viel energiegeladener, viel "mitreißender" rüber als sein Vorgänger. Er feilt weniger an Formulierungen, sondern sagt, was ihm auf dem Herzen liegt. Und leider ist diese Spontaneität überaus anfällig für Missbrauch. Ungut, für einen Oberhirten.
Dass seine letzte Bitte in Aparecida lautete, den Glauben nicht zu verwässern, kann da leicht unter den Tisch fallen oder doch zumindest "gedeutet" werden, als ginge es ihm nur um den absoluten Kern... denn je nachdem, wen man fragt, ist so manches eine "Verwässerung", was der Katechismus als zu glauben vorstellt.

Wer hat die Deutungshoheit?
Bin gespannt, was passiert...

Donnerstag, 25. Juli 2013

Bibel, Lebensschutz, Wahrheit, Bekenntnis


Vier Dinge, die der EKD am Gesäß vorbeizugehen scheinen.
Aus dem offenen Brief (hier) des emeritierten Landesbischofs Gerhard Müller.
»Biblische Zentralstelle für das EKD-Papier ist der Satz: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (1. Mose 2, 18, was man dem Sinne nach auch bei Aristoteles hätte finden können). Bei der mehrfachen Zitation dieser Worte wird nie die Fortsetzung kundgetan: „ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei“. Das würde homosexuelle Lebensformen mindestens in Frage stellen, wenn nicht gar ausschließen, um deren Durchsetzung und Anerkennung es den Verfassern geht. Es wird vom „Schöpfungsbericht“ geschrieben. Aber es gibt deren zwei. Leider fehlt folgende Aussage des anderen Berichts: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, … und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch“ (1. Mose 1, 27f.). Das also ist Familie: Mann, Frau, Kinder.
Manche haben eine Phobie vor dem Begriff Schöpfungsordnung. Sprechen wir also von Theonomie: Gott der Schöpfer hat mit seiner Schöpfung Gesetze verbunden. Dazu gehört das Miteinander von zwei Geschlechtern, denen auch die Fortpflanzung zugesprochen wird. Aber von Theonomie ist in dem Papier nicht die Rede, nicht einmal von den Problemen der Autonomie – ganz so einfach ist die nicht zu verwirklichen, wie in der „Hilfe“ unterstellt wird. „Wie Kirche und Diakonie Familien stark machen können.“ Das wird ausführlich von der Kommission dargestellt. Aber das größte Problem wird übergangen: Wie kann es bei uns geschehen, dass Jahr für Jahr etwa 100.000 Kinder abgetrieben werden? Verboten ist zwar das Töten von Menschen, aber in diesem Fall bleibt es ungestraft. Sind wir da wirklich fein raus oder schreit es nicht vielmehr zum Himmel?
Die Phänomene unserer Zeit zur Norm zu machen, ist nicht neu. Immer haben wir Menschen den Stempel unserer Zeit. Von „Alterskohorten“ wird gesprochen, die unter denselben Voraussetzungen ausgebildet wurden und die davon Zeit ihres Lebens gezeichnet sind. Aber wenn uns gesagt wird, es gebe Ehepaare, die keine Kinder wollten, dann könne man auch Homosexuelle wie Ehepaare behandeln – obwohl diese häufig Kinder in ihre neue Beziehung einbrächten oder durch künstliche Befruchtung welche bekämen, also in dieser Beziehung häufig besser dastehen! –, dann wird eine (nach christlichem Maßstab ‚falsche’) individuelle Entscheidung zum Maßstab, zur Norm gemacht. Mit den Gütern, die Gott uns anvertraut, haben wir anders umzugehen: verantwortlich, in Liebe, Glaube und Hoffnung.
[...] Vielmehr geht es darum, dass wir die Folgen unserer Neunormierung bedenken. Sie liegen auf der Hand: Wir kehren zurück in die hellenistische, vorchristliche Zeit. Auch damals lebten die Menschen vielfältig. Es war die jüdisch-christliche Lehre, die den Hedonismus zurückdrängte, den Wunsch, sich das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Wenn die Christen damals sich auf das Leben ihrer Zeit eingestellt hätten, wären sie so wenig aufgefallen wie wir. Sie taten das aber nicht – jedenfalls einige von ihnen. Sie versuchten, anders zu leben und verantwortlich mit den Mitmenschen und Gottes Schöpfung umzugehen. Dadurch fielen sie auf. Etliche ließen ihr Leben für ihren Glauben.«

Und ein sehr schönes Schlusswort:
»Es gäbe die Möglichkeit, mit der Luther-Dekade ernst zu machen. Wir könnten fragen: Was erbrachte die Reformation, was nicht? Dazu wäre es erforderlich, die damals geäußerte Theologie neu zu erarbeiten. Dafür könnten wir bei Luther anfangen: „Wenn unser Herr und Meister Jesus Christus sagt: ‚Tut Buße’, dann will er, dass das ganze Leben seiner Gläubigen auf Erden eine stete Buße sein soll.“ So die erste der 95 Thesen Luthers über den Ablass vom Oktober 1517. Also Umkehr wird von Jesus Christus gefordert, denn nichts anderes ist Buße. Sätze der Reformatoren wie diese sind der Anlass für das Luther-Gedenken 2017 – eigentlich.«

Dienstag, 23. Juli 2013

Was Ehe nicht bindet

Chagall - arabische Nächte
Hier schreibt ein Laie (weil unverheiratet).

Das Sakrament der Ehe hat mich immer schon mit besonderer Verwunderung erfüllt. Kein bisschen weniger als der Zölibat hat es mich fasziniert und geschockt. Man muss sich das mal vorstellen: Im grunde versprechen da zwei Menschen nicht nur einander die Treue, sondern sie versprechen auch, dass zwei ihnen völlig unbekannte Menschen einander die Treue halten werden. Denn keiner der beiden, die im Moment der Eheschließung vor dem Altar stehen, weiß, wie er/sie selbst sich und wie sich sein/ihr Gegenüber entwickeln wird. Denn diese Treue muss ja selbst dann noch gelten, wenn sie sich beide in unvorhersehbarer Weise verändern sollten. Unvorstellbar.

Zudem macht es uns die heutige Gesellschaft und Lebenssituation auch nicht eben einfacher. Menschen die heute heiraten, stehen vor sehr viel größeren Herausforderungen, als frühere Generationen. Zum einen natürlich in dem allbekannten Sinne jenes Klageliedes, demzufolge die menschgemachte Umwelt unwahrscheinlich übersexualisiert ist und sowohl Mann als auch Frau ständig mit (v.a. sexuellen) Reizen regelrecht bombardiert werden, die in ihrer Quantität wie in ihrer Qualität für frühere Generationen nicht einmal vorstellbar waren. Gerade Männer, die biologisch bedingt nunmal auf bestimmte (v.a. optische) Reize anspringen, hatten in früheren Zeiten ziemlich milde Bedingungen. Was uns Männern heutzutage an "Objekten des Begehrens" tagtäglich in Bild und Fleisch vor die Augen kommt, wäre für eine mittelalterlichen Mann schlicht eine Überforderung gewesen. Das Positive ist, dass nicht zuletzt dank "Schönheits"chirurgie und Photoshop diese spezifischen Reize inzwischen oft so sehr potenziert werden, dass sie immer häufiger nur noch groteskt und abstoßend wirken, keineswegs mehr erotisch und anziehend.

Neben diesem alten Klagelied, sind die Bedingungen für ehelische Treue aber noch durch eigentlich positive Entwicklungen krass verschärft. Etwas so alltägliches wie die dramatische gestiegene Lebenserwartung darf man hier nicht unterschätzen: War man in früheren Generationen in den meisten Fällen wenn es hochkam 20 Jahre lang verheiratet, weil dann der Tod eines Beteiligten Einzug hielt, lebt man heute nach der Eheschließung oft sehr viel länger. Die Treue muss sich also sehr viel länger "halten"... denn auch nach 30 Jahren können Ehen durchaus noch scheitern.
Außerdem ist heute ein früher durchaus zentraler Aspekt weggefallen, der sehr häufig überhaupt als der Grund für eine Eheschließung galt: der finanzielle und der Sicherheitsaspekt. Diese Abhängigkeit (v.a. der Frau vom Mann) fehlt heute. Das "Zusammenbleiben" muss anders begründet werden.

Eine romantische "Heirat aus Liebe" ist ja bekanntlich nun ein recht modernes Phänomen. Und selbst das wird heute meist falsch verstanden. Man verwechselt Liebe mit Verliebtsein und guckt dann in die Röhre...

to be continued...

Montag, 22. Juli 2013

Über das Leben in der Diaspora

am Dom in Speyer
»Gott hat uns in eine Zeit gestellt, in der es (im Gegensatz zu früheren Zeiten) überall Christen gibt und die überall in der Diaspora leben. Das ist unser Schicksal und unser Auftrag. Es "kann" nicht anders sein, wenn Christus der Eckstein und das zeichen des Widerspruchs bis zum Ende sein soll. Dann "kann" es in einer Periode, in der sein Name schon überall historisch greifbare Gegenwart in der Geschichte jedes Volkes geworden ist, nicht anders sein, als daß der Widerspruch überall ist, da er nun nicht mehr durch einen christlichen "Erbfeind" von außen an christlich homogene Völker herangetragen werden kann. Weil Christus Leiden und Widerspruch finden "muß", darum leben wir heute in einer Diaspora mitten unter unseren Liebsten und Nächsten. Wir haben es zu tragen in Geduld und Glauben, in Verantwortung und echter Sorge um das Heil dieser anderen.«

(Karl Rahner SJ, Der Christ und seine ungläubige Verwandtschaft, in: Schriften zur Theologie III, Einsiedeln 1959)

Freitag, 19. Juli 2013

Franziskus räumt auf

Beim Papstgeflüster ist zu lesen (hier):
»Papst Franziskus hat heute eine weitere Kommission eingesetzt, die sich mit der Reform der Vatikanverwaltung beschäftigen soll. Konkret geht es um Fragen der Finanzen und der Güterverwaltung des Heiligen Stuhls.«
Die Liste der Aufgaben ist lang und die Kommission, die fast nur aus Laien besteht, fängt umgehend mit der Arbeit an.
Sehr erfreut hat mich denn auch dies:
»Die Kommission untersteht direkt dem Papst und gibt ihm Bericht. Alle vatikanischen Behörden sind ihr gegenüber Auskunftspflichtig und können sich ausdrücklich nicht auf Dienstgeheimnisse berufen.«
Die besten Voraussetzungen also, um wirklich was zu bewegen.
Was ist der Unterschied zwischen einem Politiker und einem Papst? Ein Politiker vergisst seine Wahlversprechen nach der Wahl. Ein Papst tut, wofür er bestellt ist.

Donnerstag, 18. Juli 2013

Paul VI. an die Priester

»Eure Pflicht ist es ja - Unser Wort gilt besonders den Lehrern der Moraltheologie -, die kirchliche Ehelehre unverfälscht und offen vorzulegen. Gebt an erster Stelle ihr bei der Ausübung eures Amtes das Beispiel aufrichtigen Gehorsams, der innerlich und nach außen dem kirchlichen Lehramt zu leisten ist. Wie ihr wohl wißt, verpflichtet euch dieser Gehorsam nicht so sehr wegen der beigebrachten Beweisgründe, als wegen des Lichtes des Heiligen Geistes, mit dem besonders die Hirten der Kirche bei der Darlegung der Wahrheit ausgestattet sind. Ihr wißt auch, daß es zur Wahrung des inneren Friedens der einzelnen und der Einheit des christlichen Volkes von größter Bedeutung ist, daß in Sitten- wie in Glaubensfragen alle dem kirchlichen Lehramt gehorchen und die gleiche Sprache sprechen. Deshalb machen Wir Uns die eindringlichen Worte des großen Apostels Paulus zu eigen und appellieren erneut an euch aus ganzem Herzen: "Ich ermahne euch, Brüder, ... daß Ihr alle in Eintracht redet; keine Parteiungen soll es unter euch geben, vielmehr sollt ihr im gleichen Sinn und in gleicher Überzeugung zusammenstehen". « 
(Humanae Vitae 28)

Mittwoch, 17. Juli 2013

Der Dornbusch

Beate Heinen, Mose vor dem brennenden Dornbusch
»Eines Tages trieb er das Vieh über die Steppe hinaus und kam zum Gottesberg Horeb. Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbusch emporschlug. Er schaute hin: Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht. Mose sagte: Ich will dorthin gehen und mir die außergewöhnliche Erscheinung ansehen. Warum verbrennt denn der Dornbusch nicht? Als der Herr sah, dass Mose näher kam, um sich das anzusehen, rief Gott ihm aus dem Dornbusch zu: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Der Herr sagte: Komm nicht näher heran! Leg deine Schuhe ab; denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden.« (Ex 3,1b-5)

Warum eigentlich ausgerechnet ein Dornbusch? Warum nicht etwas "Edleres"... vielleicht ein Feigenbaum... oder eine Zeder? Musste es ausgerechnet ein Gewächs sein, mit dem man nicht wirklich viel anfangen kann, dass eher nur als störend, hinderlich oder gefährlich gelten kann?

Dass es sich ausgerechnet um einen Dornbusch handelt, ist überaus angemessen. Denn worum es geht (und was die Leseordnung, heute Ex 3,1-6.9-12, aus unerfindlichen Gründen rausgekürzt hat: die Verse 7 und 8 fehlen im Lektionar), ist dies: »Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid.« (V. 7)
Das Volk ist unterdrückt, im Elend, es schreit zu Gott aus seiner Pein.
Der Dornbusch ist daher sinnbildlich überaus angemessen: Gott kennt ihr Leid. Dass der Busch brennt, mag noch mehr das Leid des Volkes symbolisieren. Dass der Busch nicht verbrennt, findet seinen Widerhall unmittelbar anschließend (im zweiten Vers, den das Lektionar ausgespart hat): »Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter.« (V. 8)
Es ist also ein Ende des Leids und schließlich Heil verheißen. Und nicht nur das: Die Verheißung gilt dem gesamten Volk. Diese Vollständigkeit ist in der Siebenzahl der aufgezählten Stämme ausgedrückt (wovon allerdings in dieser Aufzählung einer, nämlich der Stamm der Girgaschiter, fehlt; vgl. Dtn 7,1). Das Volk, obzwar es leidet, obzwar es "brennt", wird doch nicht sterben, es wird nicht verbrennen, sondern hat die Verheißung, zu überdauern, zu leben.
Es ist eine tröstliche Botschaft, auch wenn wir heute das Glück haben, nicht in der Sklaverei zu leben, bleiben wir angefochten und bedrängt. Gott hält uns.


Zwei Anmerkungen zur überkritischen Bibelexegese: 
a. Dass es nicht angehen kann, diese Begebenheit "entmythologisierend" zu dekonstruieren und (wie in dem Film "Kingdom of Heaven" angedeutet) als ein banales Naturphänomen (dass in der Wüste mal was brennt) zu sehen, das religiös überhöht gedeutet wurde, ist aus dem Bericht ziemlich deutlich: Dass da etwas brennt, verwundert Mose offensichlich nicht. Erst als er merkt, dass da etwas brennt, aber nicht verbrennt, wird er neugierig: "Warum verbrennt denn der Dornbusch nicht?" So einfach ist es also nicht.
b. Es wurde auch von ernsthaften Exegeten behauptet, es habe sich lediglich um einen blühenden Busch gehandelt, der bei Dämmerung so aussehen konnte, als würde er brennen. Ja ne, is klar: Weil ein Mann, der seit Jahren in der Wüste lebt (inzwischen auch ein Kind bekommen hat: Ex 2,22) und sein Vieh weidet, nicht zwischen einem blühenden und einen brennenden Busch unterscheiden kann... war Mose vielleicht stark kurzsichtig?

Gott ist Person

gefärbter Querschnitt einer Schwarzkiefernadel
»Da der Glaube ein Licht ist, lädt er uns ein, in ihn einzudringen, den Horizont, den er erleuchtet, immer mehr zu erforschen, um das, was wir lieben, besser kennen zu lernen. Aus diesem Wunsch geht die christliche Theologie hervor. Es ist also klar, dass Theologie ohne Glauben unmöglich ist und dass sie zur Bewegung des Glaubens selbst gehört, der die Selbstoffenbarung Gottes, die im Geheimnis Christi gipfelte, tiefer zu verstehen sucht. Die erste Konsequenz besteht darin, dass in der Theologie nicht nur die Vernunft bemüht wird, um zu erforschen und zu erkennen wie in den experimentellen Wissenschaften. Gott kann nicht auf einen Gegenstand reduziert werden. Er ist der Handelnde, der sich zu erkennen gibt und sich zeigt in der Beziehung von Person zu Person. Der rechte Glaube richtet die Vernunft daraufhin aus, dass sie sich dem Licht öffnet, das von Gott kommt, damit sie, von der Liebe zur Wahrheit geleitet, Gott in tieferer Weise erkennen kann.« (Lumen Fidei 36)

Der Naturwissenschaftler kommt zu seinen Erkenntnissen, indem er beobachtet, analysiert, zerlegt, auflöst, reduziert.
Weil aber Gott Person ist, können wir ihm nur begegnen, wie wir Personen begegnen, die wir kennenlernen wollen: Wir sind auf das angewiesen, das die Person von sich aus preisgibt und wir dürfen sie nicht zum Objekt von Untersuchungen machen und können ihr nicht gewaltsam ihre Geheimnisse entreißen.

Dienstag, 16. Juli 2013

Würdig

»Würdig bist du, unser Herr und Gott, Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht.« (Offb 4,11a)

Wann immer mir dieser Vers begegnet (so heute in der Vesper), fühle ich mich in die Frühzeit meines katholischen Abenteuers zurückversetzt. Ich weiß nicht genau wieso, aber dass Gott "würdig" ist, würdig allem Guten, Schönen und Wahren, das hat mich damals schon sehr ins Staunen versetzt und tut es umso mehr, je mehr ich auch in die Theologie eindringe, v.a. in dogmatischer oder liturgischer Hinsicht.

Gott gebührt dies alles nicht aufgrund eines Anspruchs, den er erhebt, oder weil er es sonst irgendwie verlangt. Es gebührt ihm schlicht aufgrund der Tatsache, dass er Gott ist.
So gebührt ihm auch unsere Anbetung, unsere Liebe und unser Gehorsam nicht aufgrund eines despotischen Beschlusses, aufgrund von Eifersucht, Neid oder Habgier, sondern das Wesen Gottes selbst, seine Natur, sein Sein bestimmt, dass ihm all dies zukommt, so notwendig wie ein Körper Schwerkraft ausübt und andere Körper an sich zieht (selbst Newtons Apfel übt auf die Erde eine Anziehungskraft aus, sie ist nur bedeutend geringer, als die der Erde auf den Apfel...). Es ist schlicht so. Als mir das einmal klar wurde, ging vieles einfacher. :)

Vere dignum et iustum est, aequum et salutare...

Desorientierung

Aus dem "Offenen Brief" von Peter Beyerhaus (Universitätsprofessor em. und Ehrenpräsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften) an den Präses der EKD, Dr. Nikolaus Schneider, vom 12. Juli:
»Wollen Sie es in Kauf nehmen, dass Sie sich durch Ihre Bejahung und Apologie dieser Desorientierung weiter schuldig an der ethischen Verwirrung in den evangelischen Gemeinden machen? Mehr noch: Wollen Sie das Ihnen anvertraute exponierte Amt, das vor Ihnen u.a. so herausragende Persönlichkeiten wie Theophil Wurm, Otto Dibelius und Hermann Dietzfelbinger vorbildlich ausgeübt haben, vollends durch ein bewusstes Mitwirken an der Zersetzung der von Gott gegebenen Schöpfungsordnung von Ehe und Familie in unserem Volk beflecken?
Oder sind Sie unter dem Eindruck des durch das EKD-Papier und Sie selber entfesselten Sturms bereit, eigene Fehlorientierung einzugestehen und sich angesichts der Heiligkeit Gottes – möglichst gemeinsam mit dem gesamten Rat der EKD – von ihm zu distanzieren?
[...]
Legen Sie bitte Ihr Hirtenamt als Ratsvorsitzender der EKD, das Sie – und ob aus dem Willen zur Güte heraus – zu einem Kompromiss mit höchst einschneidenden Folgen missbraucht  haben, nieder!
Tun Sie dies ebenso bereitwillig, wie das einsichtiger Weise Ihre Vorgängerin im Amt, Frau Dr. Margot Käßmann, nach ihrer im Trunk vollzogenen Rotlicht-Überquerung getan hat. Dabei war ihr Vergehen verhältnismäßig harmlos; denn sie hat gegen die von Menschen aufgestellte Verkehrsordnung verstoßen; Sie, Herr Präses Schneider, aber haben sich öffentlich den Ordnungen Gottes widersetzt!«

Sonntag, 14. Juli 2013

schwierige Exegese...?

In der außerordentlichen Form war heute die Perikope mit dem untreuen Verwalter bei Lukas dran (Lk 16,1-9). Mich interessiert hier v.a. Vers 8.
»8 Und der Herr lobte die Klugheit des unehrlichen Verwalters und sagte: Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes.
9 Ich sage euch: Macht euch Freunde mit Hilfe des ungerechten Mammons, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es (mit euch) zu Ende geht.«

Der Vers 8 dieser Perikope hat allem Anschein nach schon sehr lange die Exegeten verwirrt. In einem alten Schott steht hinter "Herr" eine Anmerkung, wonach der Grundbesitzer im Gleichnis gemeint sei.
Aus der exegetischen Literatur erfährt man, dass es mal so, mal anders gedeutet wurde. Mal war der Grundbesitzer innerhalb des Gleichnisses dieser "Herr", mal wurde es auf Jesus hin ausgelegt. Auch in der aktuellen Literatur scheint das sehr schwankend zu sein.
Ich wundere mich über derlei Verwirrung, denn dieses "Der herr lobte..." passt in die handlung des Gleichnisses überhaupt nicht rein! Also: GAR NICHT! Mir ist schleierhaft, wie man überhaupt auf diese Idee kommen kann. Es kann nur Jesus gemeint sein (den Lukas häufig einfach "der Herr" nennt: 7,13; 10,1; 12,42 u.ö.).
Lukas tritt hier aus der Wiedergabe des Gleichnisses heraus und berichtet uns, was Jesus tat, ohne ihn sofort wörtlich zu Wort kommen zu lassen. Das zeigt die Vielseitigkeit der lukanischen Erzähltechnik.

Der Grund, warum mit diesem "Der Herr lobte..." unmöglich der Grundbesitzer im Gleichnis gemeint sein kann, ist eigentlich offensichtlich: Wenn man sich einmal in das Gleichnis hineinversetzt wird klar, dass, wenn der Chef erfahren würde, dass sein Verwalter so handelt, er ihn wohl kaum loben würde. Er würde ihn bestrafen und seinen Betrug, dessen Leidtragender er ist, rückgängig machen. Und warum um alles in der Welt sollte der Grundbesitzer hier anfangen von "Kindern des Lichts" zu reden?
Das Gleichnis zielt offensichtlich nicht auf eine moralische Begutachtung des Tuns des Verwalters, denn in Vers 9f wird eine derartige Deutung nicht einmal ansatzweise angesprochen. Die Intention Jesu ist offensichtlich eine andere. Das Gleichnis zielt auf die Klugheit und "Umsichtigkeit" des Verwalters ab, sich mit der unausweichlich und postwendend eintretenden Situation (er verliert seinen Job und sein Ansehen!) auseinander zu setzen und vorzusorgen. Er tut also das best mögliche: Er macht sich Freunde, er schafft sich Leute, die bei ihm "was gut haben".
Es hat sich mir nie erschlossen, wie man ob dieses Zeugnisses des Evangelisten verwirrt sein kann oder sie auch nur als "irgendwie unklar" betrachten kann... aber vllt. bin ich damals, als mir diese Stelle zum ersten Mal begegnete, in meiner völlig naiven Unbedarftheit einfach in einer besseren weil unverblendeten Lage gewesen... 

Die Exegeten machen es sich schon manchmal schwer... ich mache an der Uni des öfteren die Erfahrung, dass Stellen als "schwierig" oder "unklar" deklariert werden, die es eigentlich nicht sind... und ich stelle nicht selten fest, dass gerade die hochqualifizierten Fachidioten oft so abgehoben auf den Text schauen, dass sie schier nicht in der Lage sind, sich wirklich einmal in das berichtete Geschehen hinein zu versetzen.
Da lasse ich mich gerne vom Judentum belehren: Jüdische Mystik ist ganz wesentlich Schriftmystik, das kann dann z.B. heißen, sich ganz in die Schrift hinein zu begeben, so als wäre man bei den Geschehnissen wirklich dabei. Das (erhoffte) Ergebnis ist Verständnis, ist Einsicht. Das bedarf einiger Übung und ich merke an mir selbst, wie schwer mir das oft fällt. Aber es fruchtet.

Anyway. So wie der Verwalter, so sollen auch wir handeln: Das Gericht kommt für uns alle und wir wissen nicht wann... Wir sollen also klug sein, wie der Verwalter, und uns dort "Freunde" machen, wo es, im Angesicht des kommenden Gerichts, einzig von Wert ist: "sammelt euch Schätze im Himmel" (Mt 6,20).

Samstag, 13. Juli 2013

historisch-kritische Modularisierung

Kommende Woche stehen an meiner Fakultät wieder die Modulprüfungen an. Ich beobachte das fasziniert von außen. 
Einige Zeit lang musste ich auch modularisiert studieren, konnte mich aber da noch herausretten. Es ist tatsächlich beachtlich, wie destruktiv die Modularisierung wirkt.

Klar gab es auch vorher schon viel Ungutes und einen merklichen Verfall. Mit der Einführung einer völlig ad absurdum geführten historisch-kritischen Methode für die Beackerung v.a. des Neuen Testaments in die katholische Theologie geschah nach dem letzten Konzil eine Art Dammbruch. Alle Fakultäten ließen sich von der so genannten "kritischen Exegese" bezirzen und heute bildet fast überall eine Exegese, die den Evangelien grundsätzlich ihre Authentizität abspricht, das Fundament der akademischen Theologie. Wer das nicht mitmacht, sieht sich dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre, mit welcher Mühe und welcher Energie dabei wüst-dreiste (und meist schlicht unchristliche) Unterstellungen zur Grundlage von Vermutungen gemacht werden, die dann als Grundlage fadenscheiniger Konstruktionen dienen, die wiederum die Grundlage von unbewiesenen Hypothesen bilden, die dann aber wie automatisch als angeblich evidenten und "zweifelsfreien" Dogmen gelten. 
Realsatire pur: Die Dogman über die Rom wacht, hält man für ein störendes Korsett, aber die eigenen Dogman werden mit allen Mitteln verteidigt und Abweichler und Andersdenkende im Hauruck-Verfahren mit Exkummunikation bestraft (sprich ihre Bücher werden nicht rezipiert, oft gar nicht erst angeschafft).

Die Modularisierung auch des Theologiestudiums hat nun diesem Trend seine endgültige Weihe gegeben, denn jetzt haben die Studenten gar nicht mehr die Möglichkeit, anders zu denken oder gar im Eigenstudium zu forschen. Sie sind völlig damit beschäftigt, das ganze Semester über zu Büffeln um das Gefressene dann am Semesterende aufs Papier zu speien (Fachterminus: Bulimie). 
Klar findet sich, wie gesagt, auch in den nichtmodularisierten Studiengängen (die gerade auslaufen) viel Ignoranz und Verblendung. Die Modularisierung des Studiums - die ich im Grundstudium bei den Naturwissenschaften als druchaus sinnvoll erlebt habe, die für die Geisteswissenschaften m.E. aber 1. unsinnig und 2. völlig kontraproduktiv ist -, sie zementiert dieses Ungemacht und lässt ein Ausbrechen eigentlich nicht mehr zu.
Der Modularisierte Student, zumal der angehende Theologe, beschäftigt sich in seinem universitären Alltag nicht mit dem Gegenstand seines Fachs, sondern mit der anstehenden Prüfung. Was muss ich wissen? Reichen die Punkte? Die Frage "Was muss ich lesen?" hat keine Zielrichtung auf den Inhalt, sondern bezieht sich auf den Workload, auf das, was der Student eben zu lesen hat. Die Seitenzahl ist das vorrangige Kriterium. Der Inhalt entspricht dem, was der Prof eben für die Prüfung haben will. Und um diesen Workload zu bewältigen, ist es kaum möglich, sich ein eigenes Bild zu machen, in die Materie einzutauchen oder gar andere Wege als die für die Prüfung geforderten zu beschreiten.

Das fürt dann dazu, dass Studenten, die durchaus schon einige Jahre an der Fakultät zubringen, einen angucken wie ein Auto, wenn man ihnen darlegt, wieso, nur mal als Beispiel, die synoptischen Evangelien vielleicht doch nicht nach 70 entstanden sind. Es ist gar kein Diskurs darüber möglich, weil es sofort als völlig absurd deklariert wird, weil es im Widerspruch zu allem steht, was ihnen in ihrem Studium begegnet ist. Die Diskursfähigkeit ist bist zur Nichtexistenz verkümmert, weil andere Ansichten als schier unvorstellbar, auf alle Fälle aber pauschal als "un-" oder "vorwissenschaftlich" erscheinen, einfach weil sie die oben genannten Dogmen nicht teilen.

Marius Reiser hat diese und andere Folgen bereits 2009 in einem Interview zielsicher und nicht eben wenig prophetisch dargelegt. Hier anzusehen.

Wer sich für eine Kritik der historisch-kritischen Exegese interessiert (und wer die Zeit zum Lesen hat), dem seien folgende Bücher empfohlen (denn Klaus Berger ist mit seiner Polemik leider wenig hilfreich): 

- Karl Jaroš, Das Neue Testamrnt und seine Autoren (UTB 3087), Wien 2008.
- Hans-Joachim Schulz, Die apostolische Herkunft der Evangelien (QD 145), Freiburg 1993.
- Marius Reiser, Bibelkritik und Auslegung der Heiligen Schrift (WUNT 217), Tübingen 2011. 

Freitag, 12. Juli 2013

Lesetipp: moderne Kirchenarchitektur

Im kommenden Vatican-Magazin (hier lesbar), das in den nächsten Tagen erscheinen müsste, wird ein (etwas gekürzter) Text von Dr. Guido Rodheudt (Gründer des Priesternetzwerkes) über Irrwege moderner Kirchenarchitektur erscheinen. Sehr lesenswert.
Wie in Andersens Märchen "Des Kaisers neue Kleider" werden heute oft Kirchen gebaut oder umgebaut, bei denen man sich fragt, ob/wann die Leute sich eingestehen, dass dabei nichts herauskommt... nur ist in diesem Fall nicht der verblendete Kaiser das Opfer (denn die Kirchen sind ja gewissermaßen Gottes Kleid: Raum für Liturgie, für das Gegenwärtigwerden Gottes), sondern das verblendete Volk.

Bereits Eusebius von Cäsarea  († um 340) schildert in seiner Kirchengeschichte in der "Festrede über die Erbauung der Kirchen", den Wert der Schönheit des Kirchengebäudes, nämlich nachdem er zunächst die Verfolgung schildert, aus der sich die Kirche dann (auch) im Gewand irdischer Schönheit erhebt: 
»Nach Art eines wütenden Hundes, der mit den Zähnen die gegen ihn geschleuderten Steine angreift und seine Wut gegen die sich wehrenden Menschen an den leblosen Geschossen ausläßt, richtete er [der neidische Dämon] seinen tierischen Wahnsinn zuerst gegen die Steine unserer Bethäuser und das tote Material von Gebäuden und machte die Kirchen, wie er wenigstens selbst glaubte, zu öden Stätten. [...] 
Indessen ist die Kirche, die einst verwitwet und vereinsamt war, schon jetzt durch die Gnade Gottes mit diesen Blumen geschmückt und gemäß der Prophezeiung in Wahrheit gleich einer Lilie geworden. Sie hat wiederum das Brautkleid angezogen und den Kranz der Schönheit aufgesetzt. Hören wir ihre eigenen Worte, womit sie Isaias in feierlichem Reigen und preisender Rede Gott, dem Könige, Dank sagen lehrt. Sie spricht: "Meine Seele jauchze im Herrn! Denn er hat mir das Gewand des Heiles und das Kleid der Freude angelegt. Wie einem Bräutigam hat er mir einen Kranz aufgesetzt und wie eine Braut mit Geschmeide mich geschmückt. Und wie die Erde ihre Blumen hervorbringt und der Garten den Samen, der ihm anvertraut, aufgehen läßt, so ließ Gott, der Herr, Gerechtigkeit und Freude vor allen Völkern ersprossen." (Jes 61,10f)« (Historia Ecclesiastica X,4)

Kirche paradox

Donnerstag, 11. Juli 2013

Bedingung zur Berufung

Wer sich zur Ehe berufen fühlt, sollte das beherzigen:
»Man achte genau darauf, ob der Partner wahrhaft Gott sucht, ob er Eifer hat für den Gottesdienst, ob er bereit ist sich unterzuordnen und ob er fähig ist, alles Rauhe und Harte zu ertragen, wodurch man zu Gott gelangt.«
Dieser Satz stammt aus der Benediktsregel, aus dem Abschnitt über die Aufnahme neuer Brüder. Ich habe nur das Wort "Novize" durch "Partner" und "gehorchen" durch "unterzuordnen" (vgl. Eph 5,21) ersetzt. Habe den größeren Kontext bereits vor einem Jahr (hier) anlässlich des Gedenktags des hl. Benedikt zitert. Mir ist aber inzwischen dieser Satz als Kern des ganzen aufgefallen: Sucht er/sie wahrhaft Gott? Mir scheint, diese Vorsicht generell geboten und eine Mahnung an jeden: Warum tun wir das? Warum sind wir in der hl. Messe? Warum lassen wir uns auf diesen einen Menschen ein im Sakrament(!) der Ehe? Suchen wir wirklich Gott? Oder suchen doch nur Ablenkung, Genuss, Image, einen Vorteil, ein wohliges Gefühl?

Dienstag, 9. Juli 2013

"Papst Franziskus schafft Zölibat ab!"

So oder so ähnlich könnte in den nächsten Tagen die Schlagzeile lauten, sobald ein kreativer Zeitungs- oder Kirchenmensch mitkriegt, dass Papst Franziskus Ende letzter Woche so einiges Wichtiges zu Seminaristen und Novizen gesagt hat. Da fiel doch tatsächlich bei der Frage danach, woher das Unglücklichsein bei Priestern und Ordensleuten kommt, die Folgende Aussage: "Es ist ein Problem des Zölibats." Die deutschen Verbandkatholiken jauchzen und Prof. Schockenhoff klopft sich auf die Schulter.
Klar hat der Papst das nicht so stehenlassen, sondern noch weiter erklärt. Und klar wird er nicht den Zölibat abschaffen. Eher das Gegenteil wird passieren. Aber wen kümmern schon solche Details, wenn man eine Schlagzeile landen kann... dann darf der Vatikan wieder ein Dementi raushauen in dem empfohlen wird, die Rede des Papstes auch wirklich mal anzuhören, und schon kann man weiter fabulieren, der Reformpapst werde im Vatikan gefangen gehalten.

Hier die ganze Stelle, um die es ging. Wie ich finde, sehr treffend und sehr wertvoll! (eigene Übersetzung)
»Wo ist das Zentrum dieses Fehlens von Freude? Es ist ein Problem des Zölibats. Ich erklär' euch das: Ihr Seminaristen und Ordensfrauen weiht eure Liebe Jesus, eine große Liebe. Das Herz für Jesus. Und das bringt uns dazu, das Gelübde der Keuschheit oder des Zölibats abzulegen. Aber das Gelübde der Keuschheit oder des Zölibats hört nicht auf im Moment des Gelübdes, sondern es geht weiter... einen Weg des Reifens hin zur pastoralen Vaterschaft und zur pastoralen Mutterschaft. Wenn aber ein Priester nicht ein Vater seiner Gemeinde ist, und eine Schwester nicht die Mutter der Menschen ist, mit denen sie arbeitet, dann werden sie traurig. Das ist das Problem. Deswegen sage ich euch: Die wirkliche Wurzel der Traurigkeit im pastoralen Leben liegt in diesem Mangel an geistlicher Vaterschaft und Mutterschaft die davon kommt, wenn man seine geistliche Berufung schlecht lebt, die eigentlich zur Fruchtbarkeit gebracht werden soll. Wir dürfen uns nicht einen Priester oder eine Schwetser denken die nicht fruchtbar ist: Das ist nicht katholisch! Das ist nicht katholisch! Das ist die Schönheit unsere Berufung: die Freude, die Freude.«

Die ganze Rede kann hier (ab Minute 85) gehört und gesehen werden. Es lohnt sich auch für nicht zum geweihten Leben berufene! *schwelg*

Sonntag, 7. Juli 2013

Lieber spät als nie: Stöckchen


Vor einem Monat flogen Stöckchen rum. Habe den Post damals nich veröffentlich. Nundenn...

Blogger-Typ:
Alles mögliche... Fundstücke, Abhandlungen, ad hoc-Gekrakel, Serien, regelmäßig, unregelmäßig, lang, kurz, informativ, langweilig, niveauvoll, doof, fromm, naja...

Gerät­schaf­ten digi­tal:
Laptop.

Gerät­schaf­ten ana­log:
Kopf, Bücher, Zettelwirtschaft.

Arbeits­weise:
Mit den Fingern. Manchmal auch mit der Stirn, als direkte Reaktion auf Gelesenes.

Wel­che Tools nutzt du zum Blog­gen, Recher­chie­ren und Bookmark-Verwaltung?
Ehm... Mozilla?

Wo sam­melst du deine Blogideen?
In meinem Großhirn.

Was ist dein bes­ter Zeitspar-Trick/Shortcut fürs Bloggen/im Internet?
Wollte ich Zeit sparen, würde ich nicht bloggen!

Benutzt du eine To-Do-List-App?
What?

Gibt es neben Tele­fon und Com­pu­ter ein Gerät, ohne das du nicht leben kannst? 
Nein. Ich kann auch ohne Telefon und Computer ganz gut leben...

Gibt es etwas, das du bes­ser kannst als andere?
Mich über liturgische Missbräuche und Unschönheiten aufregen.

Was beglei­tet dich musi­ka­lisch beim Bloggen?
Anfangs klassische Musik oder Choral, aber da ich es oft nicht merke, wenn die Playlist oder der Youtube-Clip alle is, begleitet mich dann oft Stille. So wie jetz gerade.

Wie ist dein Schlafrhyth­mus – Eule oder Nach­ti­gall Lerche?
Normal.

Eher intro­ver­tiert oder extrovertiert?
Wechselhaft.

Wer sollte diese Fra­gen auch beantworten?
Jeder mit dem dafür nötigen Mitteilungsbedürfnis.

Der beste Rat, den du je bekom­men hast?
Halt dich fest!

Noch irgend­was wichtiges?

...

Freut euch!

»... freut euch darüber, daß eure Namen im Himmel verzeichnet sind« (Lk 10,20)

manchmal kommt mir jemand entgegen und lächelt mir zu.
da weiß ich, daß ich voll freude bin.
auf meinem gesicht hat jemand ein leuchten gesehen
und hat selbst zu leuchten begonnen, auf mich hin.

(Ernst Jandl)

Samstag, 6. Juli 2013

Von Erzengeln und Teufeln

In der Ansprache des Heiligen Vaters zur gestrigen Einweihung einer Skulptur des Erzengels Michael in den Vatikanischen Gärten (hier, italienisch) hat mich ziemlich aufgerüttelt... ob positiv oder negativ, weiß ich noch nicht:
Eigene Übersetzung: »Michael kämpft um die Gerechtigkeit wieder aufzurichten; er verteidigt das Volk Gottes gegen seine Feinde und v.a. gegen seinen größten Feind, den Teufel. Und Sankt Michael siegt, weil in ihm Gott handelt. Diese Skulptur erinnert uns daran, dass das Böse besiegt, der Ankläger entlarvt, sein Kopf zertreten ist, denn die Erlösung ist ein für alle Mal vollbracht im Blute Christi. Auch wenn der Teufel immer versucht, das Antlitz des Erzengels und des Menschen zu zerkratzen - Gott ist stärker; sein ist der Sieg und sein Heil ist jedem Menschen angeboten.«

Es ist eine sehr krasse Sprache, und was sie zum Ausdruck bringt ist ziemlich unzeitgemäß. Schließlich heißt es: "ihn bitten wir, dass er uns vor dem Übel beschütze und es hinauswerfe." Das ist natürlich biblische Sprache (Offb 12,9). Schaden kann eine solche "Weihe" dem Vatikan sicherlich nicht. Aber ich bin mir noch nicht sicher, ob der verkündigenden Wirkung solcher Worte.
Ich frage mich, wie lange die Flitterwochen mit den Medien wohl noch gehen... und wann ihnen auffällt, dass dieser Papst so schockierend unmodern ist...
Man darf gespannt sein.

Sancte Michael, ora pro nobis!

SETI und DNA

Vorweg: Astronomie ist nicht mein Fach, ich schöpfe im Wesentlichen aus meinem Allgemeinwissen.

Auf Facebook machte neulich dieses Bild die Runde. Natürlich geht es um die Frage, inwiefern man die Existenz eines Schöpfers naturwissenschaftlich "beweisen" kann und um die angebliche Ignoranz der Wissenschaftler.

Auf der linken Seite haben wir jemanden der wohl von SETI (wer nicht weiß, was das ist, schaue hier) sein soll und rechts soll wohl ein Biologe dargestellt sein.

Das Bild ist eine ziemlich plumpe Manipulation.

Zunächstmal: Der Versuch, Radiowellen möglicher (!) außerirdischer Zivilisationen aufzufangen, ist hier völlig falsch und irreführend beschrieben.
Worum es bei SETI geht ist, Signale aufzufangen, die nicht natürlchen Ursprungs sind. Was das ist, wissen wir, denn wir Menschen produzieren haufenweise solcher elektromagnetischer Wellen: Alles was wir an kabelloser Datenübertragung tätigen (Fernsehen, Radio, Radar uswf.). Seit Mitte des letzten Jahrhunderts strahlen wir Menschen unsere Daten ins All hinaus. Der Versuch, nun nach solcherlei Signalen zu horschen die von anderen Zivilisationen aufgesendet wurden, das ist SETI. Hier kann man durchaus von "codierten" Signalen sprechen. Signale, die künstlich erzeugt sind um eine Information zu transportieren. Es gibt auch unspezifische, "uncodierte" Radiowellen die künstlich produziert werden, etwa in einer Mikrowelle.
Nun können elektromagnetische Wellen die (durch ihre Wellenlänge und Frequenz) zum Radiobereich gehören auch ganz natürlich entstehen, etwa durch Pulsare (ein schnell rotierender Neutronenstern) und Quasare (ein Galaxienkern). Auch die oft zu lesende "kosmische Hintergrundstrahlung", die als Beleg für die Big Bang-Theorie gilt, ist eine solche Strahlung. Es gibt einen eigenen Wissenschaftszweig, der sich mit sowas befasst, die Radioastronomie.
Was nun SETI versucht (hat) ist nicht mehr und nicht weniger, als in den Radiosignalen, die ständig bei uns auf der Erde von überall her eintreffen, nach Mustern zu suchen die uns aus unserer eigenen Zivilisation bekannt vorkommen, nach Signalen also, die nicht nach den bekannten natürlich entstandenen Mustern gestrickt sind. Pulsare z.B. werden mit der Zeit langsamer, sind aber ansonsten sehr regelmäßig. Wonach gesucht wird, sind Signale, die schwerlich natürlichen ursprungs sind. Was soll das sein? Also doch ein "Code"? Ja, aber: Es geht schlicht um Daten, die von "jemandem" eingegeben wurden. Informationen, die nicht wie das gleichmäßige natürliche Rauschen irgendwelcher Sternennebel oder das regelmäßige Pulsieren wie von Pulsaren klingen... sondern man sucht nach Dingen, wie sie auch wir Menschen mittels Radiowellen ins All schicken. Also v.a. um komplexe mathematische Reihen, denn unsere Informationen, etwa die Daten auf einer CD, bestehen aus purer sehr komplexer Mathematik. Wobei auch "einfachere" Reihen schon ein guter Hinweis auf einen "intelligenten" Ursprung sein können, etwa, wie es in dem Film "Contact" dargestellt wurde, eine Reihe von Primzahlen. Pulsare pulsieren nunmal nicht in Primzahlen.
Es geht hier also, grob gesagt, um eine recht klare Unterscheidung zwischen natürlichen Phänomenen (die Gegenstand der Radioastronomie sind) einerseits, und um die elektromagnetischen "Ausdünstungen" einer möglichen anderen Zivilisation andererseits.


Kommen wir mal zur DNA. Handelt es sich hier um einen "Code"?
Hier liegt wieder eine dezent manipulierende Haltung vor: Natürlich sprechen Forscher auch immer wieder davon, eine Information sei "in der DNA codiert" und meinen damit, dass die DNA gewissermaßen einen Bauplan (den Genotyp) für ein Lebewesen (seinen Phänotyp) "enthält". Aber von dem was man gemeinhin unter "Code" versteht, kann hier kaum die Rede sein.
Ein Code ist ja nichts anderes als eine Sprache. Jede Sprache ist letztlich eine "Verschlüsselung" von Informationen, die nur Eingeweihte aus ihr herauslesen können... beherrsche ich die Sprache nicht, komme ich nicht an die Informationen ran. Die DNA ist aber keine Sprache.
Ich hatte mich dazu bereits hier (klick) geäußert:
»Eine Sprache (z.B. das Englisch Shakespeares) ist schwerlich mit DNA vergleichbar... das Wort "Sofa" z.B. beschreibt eine bestimmte Sorte von Gegenständen, wie auch bestimmte Einzelexemplare. Aber das Wort an sich hat nichts an sich was es mit dem Gegenstand "wirk-lich" verbindet. Das Wort kann beliebig mit anderen Bedeutungen belegt oder ersetzt werden, ohne dass sich irgendetwas ändert: Wenn ich plötzlich anfange die Blume, die Vicco (R.I.P.) in der Hand hält als "Sofa" zu bezeichnen (und umgekehrt) und ich andere dazu bringe, dies auch zu tun, dann würde sich nichts in der Welt ändern, die Verknüpfung zwischen Wort und Gegenstand ist dann auch nicht "mehr" oder "weniger" sinnvoll. Eine menschliche Sprache kann das.
Wenn ich aber an der DNA (und der dortigen Abfolge von "Buchstaben") und also am Genotyp eines Organismus etwas ändere, dann ändert sich die Wirklichkeit! Denn es ist eben jene spezifische Abfolge von Basen die bestimmt, welches Protein am Ende produziert wird... ändere ich die Basen, ändere ich das Protein und seine Funktion und so den Phänotyp des Organismus. Hier sind chemische Prozesse am Werk und also besteht eine reale, physische!, Verknüpfung zwischen dem angeblichen "Wort" (DNA) und dem Gegenstand, dem Protein.
Der vergleich der Wesenheit der DNA mit der von Literatur ist in etwa so Sinnvoll, wie der Vergleich der Wirkweise von Olivenöl beim Braten mit der einer Bärenfalle.«
Die DNA ist kein "Code" in dem Sinn, keine Sprache, wie es uns die Karikatur glaube machen will.
Wie schon häufiger in dieser kleinen Serie (die ich leider - mea culpa - in den letzten 2 Monaten vernachlässigt habe) erwähnt: Wir wissen, wie diese ganz bestimmten, "codierten" Abfolgen von Basen in der DNA auf natürlichem Weg entstehen... wir kennen die Prozesse die dahinter stehen... und wir können es ja selbst nachmachen (Genmanipulation, Klonen etc.) und ganz gezielt damit arbeiten. So ähnlich ist das auch mit elektromagnetischen Wellen: Wir wissen, wie sie in der Natur entstehen und wir produzieren selbst rechlich davon. Deshalb könnne wir auch zwischen natürlich entstandenen und künstlich (von einer "Intelligenz") produzierten unterscheiden.



Nachtrag: Dass ich es mir "einfach" gemacht habe mit der Frage nach der "Codierung" und diesen Punkt eigentlich umschifft habe, liegt daran, dass es in der Karikatur gar nicht um Codes geht, sondern nur um das Erzwingen einer angeblichen durch Idiologie ausgeblendeten Parallele in diesen beiden Wissenschaftsbereichen, die aber so nicht existiert. Das Wort "codierte Information" ist dort nur ein Mittel zum Zweck, hat aber keinen spezischen Inhalt, der über "da ist etwas, was man unter den Begriff 'Information' fassen könnte" hinausgeht. Wenn der Autor nur von "Information" statt von "codierter..." gesprochen hätte, wäre die Aussage die gleiche, die manipulative Absicht würde aber nicht so reinhaun, denn das Wort "codiert" soll implizieren, dass da JEMAND ist, DER diese Codierung vornimmt, und genau auf diesen kleinen Trick kommt in dieser Karikatur alles an! Bei der Deutung von Radiowellen als Zeichen außerirdischer Intelligenz stimmt das ja auch, bei Genen eben nicht.
Diesen Unterschied zwischen "Designtem" (in dieser Karikatur: "Codiertem") und "nicht Designtem" habe ich hier (klick) bereits ausführlich behandelt. Die Karikatur bietet von der Strategie her also nichts Neues.