»Ich stürzte zu Boden und hörte eine Stimme zu mir sagen: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?
Ich antwortete: Wer bist du, Herr? Er sagte zu mir: Ich bin Jesus, der Nazoräer, den du verfolgst.« (Apg 22,7-8)
Kaum eine Figur des Neuen Testaments ist in der heutigen Exegese unbeliebter. Dieser schreckliche Paulus mit seiner Frauen- und Leibfeindlichkeit, seiner doktrinären und arroganten Verschandelung dessen, was Jesus "wirklich" wollte.
Der Lügenhafte, der Machtgierige... Dieser Paulus zwingt natürlich sehr dazu, die Erzählung seiner Bekehrung zu verwerfen. Unhistorisch, aus Kalkül erfunden. Legitimation um jeden Preis!
Soweit die Geisteshaltung, wie man sie in der neutestamentlichen "Wissenschaft" nicht selten antrifft.
Dabei ist der Bericht, den Paulus (bzw. Lukas) uns überliefert bei unvoreingenommener Betrachtung das genaue Gegenteil! Paulus erscheint hier als der Schwache (Blinde!), Irrende. Und Paulus enthält sich völlig jeder Ausmalung oder Beschreibung der Erscheinung: "ein helles Licht" ist alles was er zu schreiben vermag. Hier tritt kein mythischer göttlicher Heroe auf und gebiert auch nicht einen solchen. Hier kommt der Unfassliche und beruft die "Missgeburt" (1Kor 15).
Auch was uns über das Gespräch berichtet wird ist so schlicht und menschlich, wie die ganze Rede Jesu, die uns aus den Evangelien bekannt ist. Eine Erfindung, Stilisierung gar des Paulus, ist nicht erkennbar.
Außerdem bekommt Paulus hier keinen Exklusivvertrag mit Jesus... er empfängt seine Weisung nicht "allein von Gott höchstselbst", er hat kein magisches Rotes Telefon zu Gott. Vielmehr wird er angewiesen, nach Damaskus zu gehen und dort mit der Gemeinde in Kontakt zu kommen... Paulus ist nicht der alleinige Sachwalter Jesu, sondern muss sich in die bestehende Gemeinde der Christen einfügen.
Dieser ganze Bericht ist schwerlich die Legitimation eines Despoten. Dass er schließlich besondere Verantwortung und Sendung bekommt und in charismatischem Überschwang auch Fehltritte passieren, ist Gottes Ratschluss.
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