Donnerstag, 20. September 2012

... armselige deutsche Nationalkirche

Wer in Deutschland keine Kirchensteuer zahlen will, wird de facto exkummuniziert. Nichts Neues.
Was mich wurmt ist, wie Rom sowas durchgehen lassen kann... 

Wer also z.B. keinen Bock hat, BDKJ und anderes belang- und sinnlose Gestrüpp mit Geld zu beschemeißen und lieber gezielt seine Kirche (oder Pfarrei) unterstützen möchte, der gehört zwar formal noch zur Kirche, hat aber keinerlei Rechte oder Möglichkeiten der Mitwirkung und ist sogar von den Sakramenten ausgeschlossen. Letzteres ist etwas, was z.B. der freiburger Erzbischof sogar in Todsünde Lebenden Menschen nicht antun möchte!
Todsünde ("Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn" 1Kor 11,27) ist kein Problem, aber das Geld ist es?

Mit welcher Angst und Panik sich diese armselige deutsche Nationalkirche an ihr liebes Geld klammert... das ist besser als jede Satire! Und zum heulen. Und der Rest der katholischen Weltkirche lacht uns aus.
Sehr interessante Aussage (siehe Link):  "Es ist nicht möglich, eine „geistliche Gemeinschaft Kirche“ von der „Institution Kirche [auf deutschem Staatsgebiet]“ zu trennen." Bravo!

-

Meine kirchenrechtliches Fachwissen hat zwar bisher ihren Schwerpunkt im Sakramentenrecht, aber ich will dennoch meinen (spontanen) Senf dazugeben (wofür hab ich dieses Blog sonst), denn die Begründung ist toll! 
»Wer vor der zuständigen zivilen Behörde aus welchen Gründen auch immer seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt damit gegen die Pflicht, die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren (c. 209 §1 CIC)«
Wohl kaum! Zum einen sind die beiden Wörtchen "zivile Behörde" sehr aufschlussreich, da eine zivile Behörde eigentlich nichts bezüglioch der Kirchenzugehörigkeit zu melden hat. Wäre dem so, gäbe es in China nur eine und dann patriotische "katholische" Kirche.
Außerdem steht im genannten Paragraphen nichts über Steuern. Dort heißt es: "Die Gläubigen sind verpflichtet, auch in ihrem eigenen Verhalten  (ipsorum agendi ratione), immer die Gemeinschaft mit der Kirche zu wahren." Von einem bürokratischen Akt ist hier nicht die Rede, sondern vom eigenen Verhalten!

»Wer vor der zuständigen zivilen Behörde aus welchen Gründen auch immer seinen Kirchenaustritt erklärt, verstößt damit [...] gegen die Pflicht, seinen finanziellen Beitrag dazu zu leisten, dass die Kirche ihre Aufgaben erfüllen kann (c. 222 §1 CIC i.V.m. c. 1263 CIC)«
Auch das ist ziemlich haarsträubend, denn c. 222 spezifiziert nicht, wie diese Beiträge von den Gläubigen erbracht werden sollen und c. 1263 spricht von "öffentlichen juristischen Personen" (das sind z.B. Pfarreien, vgl. c. 515 § 3) die der Bischof bei Bedarf besteuern kann. Die Kirchensteuer in Deutschland ist aber keine solche vom einzelnen Bischof erlassene Besteuerung, sondern eine staatliche Einrichtung.

1 Kommentar:

  1. Au contraire, die Begründung ist überzeugend. Sie entspricht der katholischen Ekklesiologie.

    Es gibt keinen Unterschied zwischen der geglaubten Kirche und ihrer weltlichen Ordnung (LG 8 u.ö.). Wenn die weltliche Ordnung der Kirche in Deutschland die einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (sui generis) ist, kann nan nicht aus dieser austreten und gleichzeitig in der im Glaubensbekenntnis bekannten Kirche bleiben wollen. Das ist schizophren.

    In Deutschland greift auch nicht der auf die Schweiz zutreffende Einwand, daß die weltliche Organisationsstruktur der inneren Ordnung der Kirche widerspricht.

    Dein Einwand, die zivile Behörde habe grundsätzlich nichts zu melden bzgl. der Kirchenzugehörigkeit, ist ebenso falsch. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen von der Kirche selbst akzeptierten staatlichen Rechtsformen und solchen, die die Kirche unterdrücken. Wenn die deutschen Bischöfe sagen, wir sind in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfaßt, und diese Verfassung beinhaltet, daß es die Möglichkeit gibt, vor einer staatlichen Stelle zu erklären, man wolle dieser Kirche nicht mehr angehören, dann ist das sehr wohl eine Aussage, die vor einer von der Kirche dafür akzeptierten Autorität getroffen wird. Die Frage, ob der vor einer zivilen Stelle erklärte Kirchenaustritt für eine Exkommunikation ausreicht, drehte siche ja auch nicht um die Frage, ob eine zivile Stelle überhaupt dafür zuständig sein kann, sondern ob eine Erklärung, die im wesentlichen der Umgehung der Kirchensteuer dient, der kirchenrechtlichen Voraussetzung des "formalen Abfalls von der Kirche" entspricht. Diese Frage war zunächst von Rom verneint worden, weil der "formale Abfall von der Kirche" ein Glaubensabfall sein müssen, mithin Apostasie, vielleicht noch Häresie. Diese Einschränkung habe ich nie nachvollziehen können, da 1. auch auf Schisma die Exkommunikation steht und 2. das Kirchenrecht von einem Abfall von der Kirche, nicht vom Glauben spricht.

    Weiterhin stimmt es auch nicht, daß die Kirchensteuer eine staatliche Einrichtung ist. Sie ist ein Privileg, das der Staat der Kirche gewährt, aber erhoben wird sie tatsächlich von der Kirche, der Bischof kann eigenständig ihre Höhe festsetzen, und er könnte auch auf die Ausübung dieses Privilegs verzichten.

    Natürlich spezifiziert nicht can 222, wie diese Beiträge erbracht werden sollen, wohl aber das partikulare Recht, das eben die Kirchensteuerpflicht begründet. Auch sehe ich nicht, daß ein "bürokratischer Akt" nichts mit dem eigenen Verhalten zu tun hätte. Vielmehr ist ein Akt, selbst wenn er "bürokratisch" ist, eine Handlung, noch dazu in diesem Fall ein öffentlicher und beurkundeter. Was ist das anderes als Verhalten gegenüber der Kirche?

    Schließlich noch ein Wort zu dem häufigen Einwand, man wolle den "BDKJ und anderes belang- und sinnlose Gestrüpp" nicht mitfinanzieren, sondern selbst entscheiden, was mit dem eigenen Geld unterstützt wird. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die Kirchenfinanzierung läuft. In den USA ist es üblich, daß das alles über freiwillige Spenden läuft. Bei uns nicht. Da gibt es eben zunächst die Kirchensteuer, die an das Bistum und damit an den Bischof geht. Der entscheidet, wohin das Geld geht. Man kann diese Entscheidungen kritisieren. Man kann auf den Bischof einzuwirken versuchen, daß er andere Entscheidungen trifft. Aber man kann nicht sagen, der Bischof trifft falsche Entscheidungen, deshalb und vor allem weil ich es besser weiß, entziehe ich ihm die Unterstützung, aber natürlich möchte ich in Gemeinschaft mit ihm bleiben, geht ja um mein Seelenheil. Ne, das geht nicht, das ist eine slippey slope zum Schisma.

    AntwortenLöschen

Ich freue mich über Meinungen, (sinnvolles) Feedback und Hinweise aller Art. Fragen sind auch immer willkommen, eine Garantie ihrer Beantwortung kann ich freilich nicht geben. Nonsens (z.B. Verschwörungstheorien, atheistisches Geblubber und Esoterik) wird gelöscht. Trolle finden hier keine Nahrung.