Freitag, 31. Oktober 2014

Zum Refomationstag


Kan. 1. Wer sagt, der Mensch könne durch seine Werke, die durch die Kräfte der menschlichen Natur oder vermittels der Lehre des Gesetzes getan werden, ohne die göttliche Gnade durch Christus Jesus vor Gott gerechtfertigt werden: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 2. Wer sagt, die göttliche Gnade werde durch Christus Jesus allein dazu geschenkt, daß der Mensch leichter gerecht leben und das ewige Leben verdienen könne, so als ob er durch den freien Willen ohne Gnade beides - wenn auch nur mühsam und schwer - könnte: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 3. Wer sagt, der Mensch könne ohne die zuvorkommende Einhauchung des Heiligen Geistes und seine Hilfe glauben, hoffen und lieben, oder Buße tun, wie es nötig ist, daß ihm die Gnade der Rechtfertigung verliehen wird: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 4. Wer sagt, der von Gott bewegte und erweckte freie Wille des Menschen wirke durch seine Zustimmung zu der Erweckung und dem Ruf Gottes nichts dazu mit, sich auf den Empfang der Rechtfertigungsgnade zuzurüsten und vorzubereiten, und er könne nicht widersprechen, wenn er wollte, sondern tue wie etwas Lebloses überhaupt nichts und verhalte sich rein passiv: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 5. Wer sagt, der freie Wille des Menschen sei nach der Sünde Adams verloren und ausgelöscht worden, oder es gehe nur um eine Bezeichnung, ja, eine Bezeichnung ohne Inhalt, schließlich um eine vom Satan in die Kirche eingeführte Erdichtung: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 6. Wer sagt, es stehe nicht in der Macht des Menschen, seine Wege schlecht zu machen, sondern Gott wirke die schlechten Werke so wie die guten, nicht nur, indem er sie zuläßt, sondern auch im eigentlichen Sinne und durch sich, so daß der Verrat des Judas nicht weniger sein eigenes Werk ist als die Berufung des Paulus: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 7. Wer sagt, alle Werke, die vor der Rechtfertigung geschehen, gleichgültig, auf welche Weise sie geschehen sind, seien in Wahrheit Sünden bzw. verdienten den Haß Gottes; oder je angestrengter sich einer bemühe, sich auf die Gnade vorzubereiten, desto schwerer sündige er: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 8. Wer sagt, die Furcht vor der Hölle, durch die wir unsere Zuflucht zur Barmherzigkeit Gottes nehmen, indem wir über die Sünden Schmerz empfinden, oder uns vom Sündigen enthalten, sei Sünde oder mache die Sünder noch schlechter: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 9. Wer sagt, der Gottlose werde allein durch den Glauben gerechtfertigt, so daß er (darunter) versteht, es werde nichts anderes erfordert, wodurch er zur Erlangung der Rechtfertigungsgnade mitwirke, und es sei keineswegs notwendig, daß er sich durch seine eigene Willensregung vorbereite und zurüste: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 10. Wer sagt, die Menschen würden ohne die Gerechtigkeit Christi, durch die er für uns Verdienste erwarb, gerechtfertigt oder seien formal durch eben diese gerecht: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 11. Wer sagt, die Menschen würden entweder allein durch die Anrechnung der Gerechtigkeit Christi oder allein durch die Vergebung der Sünden ohne die Gnade und Liebe gerechtfertigt, die in ihren Herzen durch den Heiligen Geist ausgegossen wird und ihnen einwohnt; oder auch, die Gnade, durch die wir gerechtfertigt werden, sei nur die Gunst Gottes: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 12. Wer sagt, der rechtfertigende Glaube sei nichts anderes als das Vertrauen in die göttliche Barmherzigkeit, die um Christi willen die Sünden vergibt; oder es sei allein dieses Vertrauen, durch das wir gerechtfertigt werden: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 13. Wer sagt, um die Vergebung der Sünden zu erlangen, sei es für jeden Menschen notwendig, fest und ohne jeden Zweifel wegen der eigenen Schwachheit und Unzulänglichkeit zu glauben, daß ihm die Sünden vergeben sind: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 14. Wer sagt, der Mensch werde deshalb von seinen Sünden losgesprochen und gerechtfertigt, weil er fest glaube, er werde losgesprochen und gerechtfertigt; oder in Wahrheit sei nur der gerechtfertigt, der glaubt, er sei gerechtfertigt, und allein durch diesen Glauben werde die Lossprechung und Rechtfertigung vollendet: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 15. Wer sagt, der wiedergeborene und gerechtfertigte Mensch sei aufgrund des Glaubens gehalten, zu glauben, er gehöre sicher zur Zahl der Voherbestimmten: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 16. Wer mit absoluter und unfehlbarer Sicherheit sagt, er werde jene große Gabe der Beharrlichkeit bis zum Ende sicher haben, ohne daß er dies aus einer besonderen Offenbarung erfahren hätte: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 17. Wer sagt, die Gnade der Rechtfertigung werde nur den zum Leben Vorherbestimmten zuteil, alle übrigen aber, die gerufen werden, würden zwar gerufen, aber nicht die Gnade empfangen, da sie ja durch die göttliche Macht zum Bösen vorherbestimmt seien: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 18. Wer sagt, die Gebote Gottes seien auch für einen gerechtfertigten und unter der Gnade stehenden Menschen unmöglich zu beobachten: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 19. Wer sagt, im Evangelium sei nichts vorgeschrieben außer dem Glauben, das übrige sei gleichgültig, weder vorgeschrieben noch verboten, sondern frei; oder die zehn Gebote hätten keine Bedeutung für die Christen: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 20. Wer von einem gerechtfertigten und noch so vollkommenen Menschen sagt, er sei nicht gehalten zur Beobachtung der Gebote Gottes und der Kirche, sondern nur zum Glauben, so als ob das Evangelium die bloße und unbedingte Verheißung des ewigen Lebens sei, ohne die Bedingung, die Gebote zu beobachten: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 21. Wer sagt, Christus Jesus sei von Gott den Menschen geschenkt worden als Erlöser, dem sie vertrauen sollen, nicht auch als Gesetzgeber, dem sie gehorchen sollen: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 22. Wer sagt, der Gerechtfertigte könne ohne die besondere Hilfe Gottes in der empfangenen Gerechtigkeit verharren, oder er könne (es) mit ihr nicht: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 23. Wer sagt, ein einmal gerechtfertigter Mensch könne nicht mehr sündigen oder die Gnade verlieren, und deshalb sei der, der fällt und sündigt, niemals wahrhaft gerechtfertigt gewesen; oder umgekehrt, er könne im ganzen Leben alle Sünden, auch die verzeihlichen, meiden, wenn nicht aufgrund eines besonderen Vorrechtes von Gott, wie es die Kirche in bezug auf die selige Jungfrau festhält: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 24. Wer sagt, die empfangene Gerechtigkeit werde durch gute Werke vor Gott nicht bewahrt und auch nicht vermehrt, sondern diese Werke seien lediglich die Früchte und Zeichen der erlangten Rechtfertigung, nicht auch die Ursache ihrer Vermehrung: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 25. Wer sagt, der Gerechte sündige in jedem guten Werke wenigstens verzeihlich oder (was noch unerträglicher ist) tödlich, und verdiene deswegen ewige Strafen; und er werde nur deshalb nicht verurteilt, weil Gott diese Werke nicht zur Verurteilung anrechnet; der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 26. Wer sagt, die Gerechten dürften für ihre guten Werke, die in Gott getan wurden, keine ewige Entgeltung von Gott durch seine Barmherzigkeit und das Verdienst Jesu Christi erwarten und erhoffen, wenn sie im guten Tun und in der Bewahrung der göttlichen Gebote bis ans Ende ausgeharrt haben: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 27. Wer sagt, es gebe keine Todsünde außer dem Unglauben, oder man verliere die einmal empfangene Gnade durch keine andere noch so schwere und große Sünde außer dem Unglauben: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 28. Wer sagt, wenn die Gnade durch die Sünde verloren ist, werde immer zugleich auch der Glaube verloren; oder der Glaube, der zurückbleibt, sei kein wahrer Glaube, wenn er auch nicht lebendig ist; oder wer den Glauben ohne Liebe hat, der sei kein Christ: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 29. Wer sagt, der nach der Taufe Gefallene könne nicht durch Gottes Gnade wiederaufstehen; oder er könne zwar die verlorene Gerechtigkeit wiedererlangen, aber allein durch den Glauben, ohne das Sakrament der Buße, wie es die heilige Römische und allgemeine Kirche, von Christus, dem Herrn, und seinen Aposteln belehrt, bis zu diesem Zeitpunkt verkündet, bewahrt und gelehrt hat: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 30. Wer sagt, jedem reuigen Sünder werde nach Empfang der Rechtfertigungsgnade so die Schuld vergeben und die Strafwürdigkeit für die ewige Strafe getilgt, daß keine Strafwürdigkeit für eine zeitliche Strafe übrig bleibt, die entweder in dieser Zeit oder künftig im Reinigungsort zu bezahlen ist, bevor der Zutritt zum Himmelreich offenstehen kann: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 31. Wer sagt, der Gerechtfertigte sündige, wenn er im Blick auf den ewigen Lohn gut handelt: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 32. Wer sagt, die guten Werke des gerechtfertigten Menschen seien so Gaben Gottes, daß sie nicht auch die guten Verdienste des Gerechtfertigten selbst sind; oder der Gerechtfertigte erlange mit den guten Werken, die von ihm durch Gottes Gnade und das Verdienst Jesu Christi (dessen lebendiges Glied er ist) getan werden, in Wahrheit nicht die Vermehrung der Gnade, das ewige Leben und (sofern er nur in der Gnade gestorben ist) den Eintritt in dieses ewige Leben, wie auch die Vermehrung der Herrlichkeit: der sei mit dem Anathema belegt.

Kan. 33. Wer sagt, durch diese katholische Lehre über die Rechtfertigung, die vom heiligen Konzil in diesem vorliegenden Dekret formuliert wurde, werde in irgendeiner Hinsicht der Ehre Gottes oder den Verdiensten unseres Herrn Jesus Christus Abbruch getan, und es werde nicht vielmehr die Wahrheit unseres Glaubens und schließlich die Ehre Gottes und Christi Jesu ins Licht gesetzt: der sei mit dem Anathema belegt.

Konzil von Trien, 6. Sitzung, 13. Januar 1547: Dekret über die Rechtfertigung - Kanones (DH 1551-1583)

Mittwoch, 29. Oktober 2014

Evolution und Urknall...

*
Ich kann es einfach nicht unerwähnt lassen. (Vor einiger Zeit habe ich hier eine kleine Serie über das Thema Evolution und Kreationismus gemacht... die ich eigentlich noch fortsetzen will... siehe "Wichtige Themen".)
Der Papst hat sich über gewisse naturwissenschaftliche Themen geäußert, und die Medien greifen es zuweilen übermäßig begeistert auf. Endlich ein aufgeklärter Papst!

Die Wahrheit ist natürlich weit weniger aufregend, denn das Lehramt der Kirche hat seit 1950, nämlich seit der Enzyklika Humani Generis von Pius XII., die Kompatibilität des Gedankens der biologischen Evolution mit dem Schöpfungsglauben durchaus anerkennt. Auch Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben sich in dieser Richtung sehr unzweideutig geäußert.
Was die Urknalltheorie betrifft: Diese stammt von einem katholischen Priester (und Astrophysiker) und wurde anfangs von einigen Wissenschaftlern aus genau dem Grund abgelehnt, weil sie zu sehr an jüdisch-christliche Schöpfungsvorstellungen erinnerte...
Es gibt also keinen Grund für eine Schlagzeile. *gähn*


* kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung die kurz nach dem Big Bang entstand (klick).

Dienstag, 28. Oktober 2014

Exorzisten und wir


»Exorzisten, in ihrem besonderen Dienst, den sie in Gemeinschaft mit ihren Bischöfen ausüben, manifestieren die Liebe und die Wärme der Kirche für diejenigen, die wegen der Werke des Bösen leiden

So Papst Franziskus neulich (hier) in einem Brief an die "Associazione internazionale esorcisti" (Internationale Exorzistenvereinigung).

Ich erinnere mich noch gut, wie überrascht ich war, als der Papst gleich in seiner allerersten Predigt im Amt vom Teufel sprach. Hätte Benedikt das getan, wären sofort alle über ihn hergefallen, aber bei Franziskus konnte man das schonmal freundlich "übersehen". Doof nur, dass dieser Papst immer wieder damit kommt... kaum eine Woche geht vorbei, in der mal nicht vom Bösen, von Teufel und Satan die Rede ist. Freilich nie prominent, denn dieser ist und bleibt eine zum Scheitern veruerteilte Nebenrolle.
Ich begrüße diese Direktheit des Papstes. Es ist dem Bösen tatsächlich bereits großartig gelungen v.a. die "Gelehrten" (Theologen) von sener Nichtexistenz zu überzeugen. Dieser Papst weigert sich, mit dem Strom zu schwimmen.

Für den Papst, wie für jeden, der den christlichen Glauben und das Zeugnis der Bibel ernst nimmt, ist der Kampf gegen das Böse nichts Fernes oder Mythisches. Es ist etwas sehr Reales. Es ist Teil unseres Glaubens, dass wir in unserem irdischen Leben nicht nur von heiligem Geist inspiriert, sondern auch vom Ungeist versucht werden. Es ist zwar kein Kampf den wir zu gewinnen, kein Feind den wir zu besiegen haben - der Kampf ist gekämpft, der Feind ist besiegt - aber das "Schon und Nochnicht" des Gottesreiches bringt es mit sich, dass nicht alles schon Friede, Freude, Eierkuchen ist. Ambrosius sagt, dass, wer sich Gott anvertraut, den Teufel nicht fürchtet. Fürchten sollen wir ihn also nicht. Aber wachsam sollen wir trotzdem sein (1Petr 5,8)!

Ich habe stets die Gewissenserforschung am Beginn der Komplet als sehr hilfreich empfunden. Komplementär dazu ist eine Vorausschau, wie sie Franz von Sales in seiner Philothea preist, am Morgen eines jeden Tages sehr zu empfehlen.
Auch das ist für den Papst klar (von hier):

»Jesus sagt deutlich, dass die Teufel zurückkehren, immer. Auch am Ende des Lebens, davon gibt er, Jesus, uns ein Beispiel. Und um zu behüten, um wachsam zu sein, dass die Dämonen nicht eintreten, muss man sich zu sammeln wissen, das heißt: in Stille vor sich selbst und vor Gott stehen, und am Ende des Tages sich fragen: ‚Was ist heute in meinem Herzen geschehen? Ist da jemand eingetreten, den ich nicht kenne? Ist der Schlüssel an seinem Platz?’. Und das wird uns helfen, uns vor den vielen Bosheiten zu verteidigen, auch vor jenen, die wir selbst tun können, wenn diese Dämonen eintreten, die so hinterlistig sind und uns am Ende alle betrügen«

Das Christsein garantiert kein Heil. "Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt." (Mt 7,21; 22,14) Ebensowenig ist dem Christen irdisches Glück oder Sorglosigkeit zugesagt, denn "unter Verfolgung" werden die irdischen Güter denen gewährt, die Gott suchen (vgl. Mk 10,30). Die Freude des Christen ist die Freude Christi, die in uns vollkommen werden soll. Sie ist aber keine selbstgenügsame, bequeme Freude, sondern die Freude an Gott, die selbst in der tiefsten Not nicht erlischt. Nichts hasst der Ungeist mehr, als diese Freude an Gott. Wir wissen: "In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden." (Joh 16,33)

Die Exosziosten der Kirche machen es vielleicht professioneller, aber jeder Einzelne ist dazu aufgerufen, sich dem Ungeist entgegen zu stellen. Die Sakramente (besonders die Beichte) und Sakramentalien, die Übungen der Frömmigkeit (noch ist Rosenkranzmonat!) sind die besten Instrumente, hier wirksam zu werden - für einen selbst und für andere.

Samstag, 25. Oktober 2014

Der obsolete Heilige?

CNS/Paul Haring
Theodor hat es auf den Punkt gebracht (hier):

»Das alles ist umso prekärer als das Lehramt in den vergangenen Jahrzehnten sehr ausführlich zu den Themen gesprochen hat und sich vor allem Johannes Paul II. mit seiner „Theologie des Leibes“ auch intensiv um die philosophische und theologische Grundlegung der kirchlichen Lehre und Disziplin bemüht hat. Was sagt es dem Katholiken, wenn ein Papst heiliggesprochen wird, das nach eigenem Bekunden zentrale Stück seiner Lehrverkündigung wenige Jahre nach seinem Tod auf einer Bischofssynode aber keinerlei normative Kraft mehr hat? Die Heiligsprechung als Entsorgung auf den Müllhaufen der Geschichte?«

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Evangelium von der Familie

Es scheint paradox: Viele, die sich katholisch schimpfen, meinen, die Morallehre der Kirche habe mit dem Glauben nicht übermäßig viel zutun. Schließlich komme es doch darauf an, sich zu Christus zu bekennen, und nicht zu natürlicher Empfängnisregelung.
Ich erinnere mich zugleich sehr wohl daran, als ich den Katholizismus ausschließlich von außen betrachtete, dass für mich dies klar war: Das Katholischsein geht notwendig einher mit der Akzeptanz einer entsprechenden (von der Kirche gelehrten) Moral.

Wie bezüglich des Glaubens (Theologie im engeren Sinne) die Schriften Joseph Ratzingers den wohl größten Einfluss auf mein Katholischwerden hatten, so hatte der nunmehr heilige Johannes Paul II. solecherlei Einfluss im Hinblick auf die Moral, ergo auf die konkrete Lebensgestaltung. Ich habe stets die Moral als nicht nur den Glauben ergänzend, sondern als notwendig aus ihm folgend angesehen, und ich tue es nach wie vor. (Fällt eine Auswahl nur einzelner Aspekte der Moral eigentlich unter "Häresie"?)
Glücklicherweise habe ich inzwischen einen ganzen Blumenstrauß an Familien in meinem Freundeskreis, in denen danach gelebt wird, und ich bin also aus gutem Grund jeden Tag mehr überzeugt davon.

Ganz selbstverständlich habe ich auf meinem Weg zum Katholizismus nicht nur den Glauben, sondern auch die Moral dieser Kirche so gut als möglich kennengelernt. Wie sollte es jemandem, der am Glauben Interesse zeigt, anders gehen? Gehört zum Glauben nicht immer auch das Handeln? Ich kenne niemanden, der sich irgendwann in seinem Leben bewusst dem Katholizismus zugewendet hat, der sich nicht nach Kräften bemüht, nicht nur das zu glauben, was die Kirche glaubt, sondern auch das in seinem Handeln zu halten, was die Kirche lehrt.
Kleiner Geheimtip: Unter (Spät)Bekehrten und Konvertiten ist das eine Selbstverständlichkeit! Warum also, haben die "Geburtskatholiken" so ein Problem damit? Da stimmt doch was nicht...

Unbegreiflich ist es mir, wie Katholiken, gar geweihte Amtsträger (und ungeweihte Verantwortungsträger), einen Gutteil eben dieser Moral nicht nur aus ihrer Gesinnung ausklammern, sondern regelrecht bis zum Hass bekämpfen können. Ehrlich: Ich bekomme das nicht in meinen Kopf.

Ich verdanke Johannes Paul dem Großen, dessen Gedenktag die Kirche heute feiert, unschätzbar viel. Seine Vision vom Menschen ist nicht nur prophetisch, sie ist großartig. Seine Vision von Ehe und Sexualität im Besoderen sind das wahre "Evangelium von der Familie", das wir heute so nötig haben!


Heiliger Johannes Paul, bitte für uns.

Samstag, 18. Oktober 2014

Erste Gedanken zur Synode

laut twitter: der coolste Bart der Synode
Nachdem die Synode heute bereits eine Botschaft an die Familien gesandt hat, die ganz und gar eine Botschaft der Ermutigung ist (hier - und im krassen Kontrast zu der Relatio vom Montag steht!), scheint mir, den Abschlussberichts für diese Etappe mal außen vor lassend (hier zu finden), die Zeit gekommen zu sein, auch mal ein paar Gedanken über die vergangenen zwei Wochen zusammenzufassen. Ich hatte mich in dieser Zeit mit Kommentaren über die Synode selbst zurückgehalten, weil vorauszusehen war, dass es eine nicht nur mediale Schlacht wird. Wie es ein Kommentator im Vorfeld aus den Punkt brachte: "It's going to be ugly". So sind Synoden nunmal. Früher wurde man handgreiflich, von antiken Konzilien ist uns auch überliefert, dass man sich zuweilen gegenseitig an den Bärten zog - heute wird medial gestritten.

Ich finde es zugleich großartig, dass sich der Papst völlig zurückgehalten hat, das hat sicher die Freiheit der Debatte sehr befördert. Wie bei der heutigen Pressekonferenz zu vernehmen war, hat der Papst zum Abschluss eine wunderbare Ansprache gehalten (bei der, wiedermal, jeder sein Fett ab gekommt), die hoffentlich bald im Netz zu finden ist.

... Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, dass es so eklig wird. Sicher mitverantwortlich ist die grässliche Öffentlichkeitsarbeit und die Geheimhaltung der Interventionen. Die täglichen Pressekonferenzen waren nicht wirklich hilfreich, um sich irgendetwas fundiertes denken zu können... was helfen mir die "Eindrücke" von einer Handvoll Leute, die alle ihre eigene Brille aufhaben? Um so erfreulicher, dass nun doch alles veröffentlicht werden soll.

Die Relatio vom Montag war ein ziemlicher Schuss ins Knie und die dafür Verantwortlichen haben sich selbst, der Synode und der Kirche als ganzer keinen Gefallen getan. Sich selbst: Weil sie entweder dumm, oder hinterhältig, oder beides sind. Wäre ich ihr Boss, würde ich die Kerle rausschmeißen. Der Synode: Weil so enorm viel Zeit und Energie dafür draufging, diesen Fehler zu korrigieren... schade. Der Kirche: Weil nun alle Welt Erwartungen an die Kirche hat, die enttäuscht werden müssen.
Wie tief der Graben zwischen der Relatio (zu Deutsch: Bericht! was für eine Farce) und der tatsächlichen "Stimmung" der versammelten Bischöfe war, dokumentieren die über 400 Änderungen, die für das Schlussdokument vorgebracht wurden.

Dass nach dem Erscheinen der Relatio am Montag für einige bereits das Ende der Welt hereinbrach und zuweilen irgendwelche Visionen der A.-K. Emmerick herangezogen wurden, empfand ich einfach nur als lächerlich. Vor einem "Schisma" wurde da sogar von manchem Fachmann gewarnt. So wenig vertrauen in den Heiligen Geist, der seine Kirche führt? Diese Leute tun der Kirche auch keinen Gefallen.

Und weiter gehts!

Die Botschaft der Synode

Ein echt schöner Text (italienisch: klick; englisch: klick). Ohne Ideologie und auf das Wesentliche weisend. Ein Dank an die Synodenväter!

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Noi Padri Sinodali riuniti a Roma intorno a Papa Francesco nell’Assemblea Generale Straordinaria del Sinodo dei Vescovi, ci rivolgiamo a tutte le famiglie dei diversi continenti e in particolare a quelle che seguono Cristo Via, Verità e Vita. Manifestiamo la nostra ammirazione e gratitudine per la testimonianza quotidiana che offrite a noi e al mondo con la vostra fedeltà, la vostra fede, speranza, e amore.

Anche noi, pastori della Chiesa, siamo nati e cresciuti in una famiglia con le più diverse storie e vicende. Da sacerdoti e vescovi abbiamo incontrato e siamo vissuti accanto a famiglie che ci hanno narrato a parole e ci hanno mostrato in atti una lunga serie di splendori ma anche di fatiche.

La stessa preparazione di questa assemblea sinodale, a partire dalle risposte al questionario inviato alle Chiese di tutto il mondo, ci ha consentito di ascoltare la voce di tante esperienze familiari. Il nostro dialogo nei giorni del Sinodo ci ha poi reciprocamente arricchito, aiutandoci a guardare tutta la realtà viva e complessa in cui le famiglie vivono.

A voi presentiamo le parole di Cristo: «Ecco, sto alla porta e busso. Se qualcuno ascolta la mia voce e mi apre la porta, io verrò da lui e cenerò con lui ed egli con me» (Ap 3, 20). Come usava fare durante i suoi percorsi lungo le strade della Terra Santa, entrando nelle case dei villaggi, Gesù continua a passare anche oggi per le vie delle nostre città. Nelle vostre case si sperimentano luci ed ombre, sfide esaltanti, ma talora anche prove drammatiche. L’oscurità si fa ancora più fitta fino a diventare tenebra, quando si insinua nel cuore stesso della famiglia il male e il peccato.

C’è, innanzitutto, la grande sfida della fedeltà nell’amore coniugale. Indebolimento della fede e dei valori, individualismo, impoverimento delle relazioni, stress di una frenesia che ignora la riflessione segnano anche la vita familiare. Si assiste, così, a non poche crisi matrimoniali, affrontate spesso in modo sbrigativo e senza il coraggio della pazienza, della verifica, del perdono reciproco, della riconciliazione e anche del sacrificio. I fallimenti danno, così, origine a nuove relazioni, nuove coppie, nuove unioni e nuovi matrimoni, creando situazioni famigliari complesse e problematiche per la scelta cristiana.

Tra queste sfide vogliamo evocare anche la fatica della stessa esistenza. Pensiamo alla sofferenza che può apparire in un figlio diversamente abile, in una malattia grave, nel degrado neurologico della vecchiaia, nella morte di una persona cara. È ammirevole la fedeltà generosa di molte famiglie che vivono queste prove con coraggio, fede e amore, considerandole non come qualcosa che viene strappato o inflitto, ma come qualcosa che è a loro donato e che esse donano, vedendo Cristo sofferente in quelle carni malate.
Pensiamo alle difficoltà economiche causate da sistemi perversi, dal «feticismo del denaro e dalla dittatura di un’economia senza volto e senza scopo veramente umano» (Evangelii gaudium, 55), che umilia la dignità delle persone. Pensiamo al padre o alla madre disoccupati, impotenti di fronte alle necessità anche primarie della loro famiglia, e ai giovani che si trovano davanti a giornate vuote e senza attesa, e che possono diventare preda delle deviazioni nella droga o nella criminalità.

Pensiamo, pure, alla folla delle famiglie povere, a quelle che s’aggrappano a una barca per raggiungere una meta di sopravvivenza, alle famiglie profughe che senza speranza migrano nei deserti, a quelle perseguitate semplicemente per la loro fede e per i loro valori spirituali e umani, a quelle colpite dalla brutalità delle guerre e delle oppressioni. Pensiamo anche alle donne che subiscono violenza e vengono sottoposte allo sfruttamento, alla tratta delle persone, ai bambini e ragazzi vittime di abusi persino da parte di coloro che dovevano custodirli e farli crescere nella fiducia e ai membri di tante famiglie umiliate e in difficoltà. «La cultura del benessere ci anestetizza e […] tutte queste vite stroncate per mancanza di possibilità ci sembrano un mero spettacolo che non ci turba in alcun modo» (Evangelii gaudium, 54). Facciamo appello ai governi e alle organizzazioni internazionali di promuovere i diritti della famiglia per il bene comune.
Cristo ha voluto che la sua Chiesa fosse una casa con la porta sempre aperta nell’accoglienza, senza escludere nessuno. Siamo perciò grati ai pastori, fedeli e comunità pronti ad accompagnare e a farsi carico delle lacerazioni interiori e sociali delle coppie e delle famiglie.

* * *

C’è, però, anche la luce che a sera splende dietro le finestre nelle case delle città, nelle modeste residenze di periferia o nei villaggi e persino nelle capanne: essa brilla e riscalda corpi e anime. Questa luce, nella vicenda nuziale dei coniugi, si accende con l’incontro: è un dono, una grazia che si esprime – come dice la Genesi (2,18) – quando i due volti sono l’uno "di fronte" all’altro, in un "aiuto corrispondente", cioè pari e reciproco. L’amore dell’uomo e della donna ci insegna che ognuno dei due ha bisogno dell’altro per essere se stesso, pur rimanendo diverso dall’altro nella sua identità, che si apre e si rivela nel dono vicendevole. È ciò che esprime in modo suggestivo la donna del Cantico dei Cantici: «Il mio amato è mio e io sono sua… io sono del mio amato e mio amato e mio», (Ct 2,16; 6,3).

L’itinerario, perché questo incontro sia autentico, inizia col fidanzamento, tempo dell’attesa e della preparazione. Si attua in pienezza nel sacramento ove Dio pone il suo suggello, la sua presenza e la sua grazia. Questo cammino conosce anche la sessualità, la tenerezza, la bellezza, che perdurano anche oltre la vigoria e la freschezza giovanile. L’amore tende per sua natura ad essere per sempre, fino a dare la vita per la persona che si ama (cf. Gv 15,13). In questa luce l’amore coniugale, unico e indissolubile, persiste nonostante le tante difficoltà del limite umano; è uno dei miracoli più belli, benché sia anche il più comune.
Questo amore si diffonde attraverso la fecondità e la generatività, che non è solo procreazione, ma anche dono della vita divina nel battesimo, educazione e catechesi dei figli. È pure capacità di offrire vita, affetto, valori, un’esperienza possibile anche a chi non ha potuto generare. Le famiglie che vivono questa avventura luminosa diventano una testimonianza per tutti, in particolare per i giovani.

Durante questo cammino, che è talora un sentiero d’altura, con fatiche e cadute, si ha sempre la presenza e l’accompagnamento di Dio. La famiglia lo sperimenta nell’affetto e nel dialogo tra marito e moglie, tra genitori e figli, tra fratelli e sorelle. Poi lo vive nell’ascoltare insieme la Parola di Dio e nella preghiera comune, una piccola oasi dello spirito da creare per qualche momento ogni giorno. C’è quindi l’impegno quotidiano dell’educazione alla fede e alla vita buona e bella del Vangelo, alla santità. Questo compito è spesso condiviso ed esercitato con grande affetto e dedizione anche dai nonni e dalle nonne. Così la famiglia si presenta quale autentica Chiesa domestica, che si allarga alla famiglia delle famiglie che è la comunità ecclesiale. I coniugi cristiani sono poi chiamati a diventare maestri nella fede e nell’amore anche per le giovani coppie.

C’è, poi, un’altra espressione della comunione fraterna ed è quella della carità, del dono, della vicinanza agli ultimi, agli emarginati, ai poveri, alle persone sole, malate, straniere, alle altre famiglie in crisi, consapevoli della parola del Signore: «C’è più gioia nel dare che nel ricevere» (At 20,35). È un dono di beni, di compagnia, di amore e di misericordia, e anche una testimonianza di verità, di luce, di senso della vita.

Il vertice che raccoglie e riassume tutti i fili della comunione con Dio e col prossimo è l’Eucaristia domenicale, quando con tutta la Chiesa la famiglia si siede alla mensa col Signore. Egli si dona a tutti noi, pellegrini nella storia verso la meta dell’incontro ultimo quando «Cristo sarà tutto in tutti» (Col 3,11). Per questo, nella prima tappa del nostro cammino sinodale, abbiamo riflettuto sull’accompagnamento pastorale e sull’accesso ai sacramenti dei divorziati risposati.

Noi Padri Sinodali vi chiediamo di camminare con noi verso il prossimo sinodo. Su di voi aleggia la presenza della famiglia di Gesù, Maria e Giuseppe nella loro modesta casa. Anche noi, unendoci alla Famiglia di Nazaret, eleviamo al Padre di tutti la nostra invocazione per le famiglie della terra:
Padre, dona a tutte le famiglie la presenza di sposi forti e saggi, che siano sorgente di una famiglia libera e unita.

Padre, dona ai genitori di avere una casa dove vivere in pace con la loro famiglia.
Padre, dona ai figli di essere segno di fiducia e di speranza e ai giovani il coraggio dell’impegno stabile e fedele.
Padre, dona a tutti di poter guadagnare il pane con le loro mani, di gustare la serenità dello spirito e di tener viva la fiaccola della fede anche nel tempo dell’oscurità.

Padre, dona a noi tutti di veder fiorire una Chiesa sempre più fedele e credibile, una città giusta e umana, un mondo che ami la verità, la giustizia e la misericordia.

Freitag, 17. Oktober 2014

Reue ohne Umkehr


»Wie schwer eine Sünde auch immer sein mag, wenn der Sünder mit dem festen Vorsatz sich zu bessern umkehrt, wird er barmherzig aufgenommen und losgesprochen. Aber Lossprechung ohne Umkehr – was ist das anderes als Barmherzigkeit „light“, also Laxismus? Genau das aber, „Lossprechung ohne Umkehr“, ist die innere Logik des Lösungsvorschlags von Kardinal Kasper.[*] Denn sein Weg zur Wiederzulassung der Betroffenen zu den Sakramenten durch die Zulassung zur und Absolution in der Beichte spricht nur von der Reue, aber nicht von der Wandlung, der Umkehr. Letzteres würde das – wie auch immer geartete - Ablassen vom eingeschlagenen Weg einer ungültigen „Zweitehe“ bedeuten. Wenn aber zwar Reue, aber keine Umkehr, dann auch keine Lossprechung, alles andere kann wohl nur verstanden werden als Missbrauch oder Umdeutung des Sakramentes der Buße.  
Es ist ja wohl auch unsinnig zu sagen: „Ich bereue den Bruch meiner sakramentalen unauflöslichen Ehe und das Eingehen meiner zweiten ‚Ehe‘“, zugleich aber einen bewussten Willensakt zu setzen: „Ich will den damit eingeschlagenen Weg der Abkehr vom legitimen Ehepartner in der neuen „Ehe“ fortsetzen.“ Was man „will“, kann man nicht zugleich glaubwürdig bereuen. Was würde auch ein „neuer Lebenspartner“ zu dem Bekenntnis sagen: „Ich bereue, Dich geheiratet zu haben“? Die solches tun, suchen im Grunde nicht Barmherzigkeit, sondern sie wollen die Rechtfertigung ihres Tuns durch die Änderung der dem entgegenstehenden Norm. Die Kirche sagt: „Der Vergebung muss die Änderung des Lebens, die Umkehr vorausgehen“, während im anderen Fall „Vergebung ohne Änderung des Lebens“ angezielt wird. Das aber dreht die Struktur der Beichte um 180 Grad. Die zivile Zweitehe wäre keine Sünde mehr - logischerweise würde damit die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe aufgegeben. Denn Reue und Umkehr kann in diesem Fall nur bedeuten, zur ersten Ehe zurückzukehren; niemand kann ernsthaft sagen „Ich bereue, aber ich will in dem Zustand bleiben, den die Tat hervorgerufen hat, die ich bereue“.
Wenn Barmherzigkeit etwas anderes bedeuten würde als die liebevolle Zuwendung und Antwort auf die Umkehr, dann wäre Ehebruch (denn so nennt Christus selbst die neue Verbindung) die einzige Sünde, die ohne Reue und Umkehr vergeben werden könnte. Barmherzigkeit kann in keiner Weise eine angeblich „barmherzige“ Rechtfertigung einer offenkundigen Ungerechtigkeit bedeuten. Denn dann wäre sie eine Täuschung des Menschen, die es ihm erlauben würde, in der Sünde zu verharren. Eine Kommunionzulassung auf dieser Basis wäre das Symbol für eine solche „Rechtfertigung“. Bekanntlich gehört gemäß einer langen Tradition der Kirche die Belehrung von Unwissenden und Irrenden zu den Werken der Barmherzigkeit.
[*] Vgl. S. 65 f. Die Argumentation des Autors erscheint zuweilen in sich widersprüchlich. So sagt er z. B. an anderer Stelle auch, dass „die Barmherzigkeit Gottes…nicht von der Umkehr dispensiert“ (S. 65). Oder: „Deshalb kann unsere Position nicht die einer liberalen Anpassung an den Status quo sein“ (S. 11). Aber wenn er z. B. die Tür der „wilden Lösungen“ (i.e. der willkürlichen Zulassung zur Kommunion) „in vielen Gemeinden längst sperrangelweit offenstehen“ sieht und er dem begegnen will, indem „man eine verantwortliche offizielle Tür öffnet“ (so in der „Tagespost“ vom 15. 4. 2014 in seiner Entgegnung auf unsere Besprechung seines Buches ebd. vom 11. 3.), dann ist das doch genau die Anpassung an den Status quo. - Oder wenn er auf der einen Seite für die Lösung der behandelten Fragen „eine Kasuistik nicht möglich und nicht wünschenswert“ hält (S. 92), auf der anderen Seite aber dann ein Vorgehen vorschlägt, das einen klassischen Fall von Kasuistik darstellt (S. 65f). Vgl. auch seine dies bestätigende Aussage, dass er „Einzelfallentscheidungen … zu bedenken gegeben habe“ (in seinem Interview „Nicht mit dem Papst selbst gesprochen“, in: „Die Tagespost“ vom 1. 3. 2014, S. 5).«

(Norbert und Renate Martin, "Dulden, was an sich unmöglich ist" - Kritische Anfragen an Walter Kaspers Buch "Das Evangelium von der Familie", Forum Katholische Theologie 2014,3, 186-201, 193-4. Hier als PDF verfügbar: KLICK)

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Im kleinen Kreis... den Aufstand proben

In jedem der Berichte der Sprachgruppen (hier zu finden) sind einige schallende Ohrfeigen für die Autoren der Relatio post disceptationem zu finden. Zur Orientierung: Es gab je zwei französische und spanische Gruppen und je drei englische und italienische.
Keine einzige Sprachgruppe ist zufrieden mit der am Montag veröffentlichten Relatio. Und zwar fast immer mit den gleichen Punkten. Vor allem die umstrittensten Elemente (auch die, die ich hier bearbeitet habe) werden ganz schön beharkt und eine Mehrheit für diese Thesen ist m.E. nicht einmal mit großer Mühe zu finden. Zugleich werden - Gott seis gedankt - andere Dinge eingebracht, die bisher fehlten, etwa die Themen Umkehr und Bekehrung aber auch Keuchheit und die Theologie des Leibes des heiligen Johannes Paul II. (da sind besonders die Spanier sehr fit). 

Wie John Zuhlsdorf berichtet (hier), ging es in der Synodenaula ziemlich heiß her, weil diese Texte eigentlich nicht veröffentlich werden sollten. Ein Aufstand der Bischöfe gegen die Manipulation durch die Synodenleitung (die mit der Relatio offekundig wurde; weitere Details, siehe Link). Father Z. schreibt:
»Apparently, Card. Pell was the first one to rise up against Card. Baldisseri.

When Baldisseri made the announcement [dass die Berichte nicht veröffentlicht werden würden], Card. Pell took the floor and said that the reports had to be published and that they were tired of the manipulation.

From that point, the bishops also rose up. When Baldisseri repeated his position, he was effectively shouted down.

At that point, Card. Baldisseri turned to the Pope and got the nod to publish.«

Wie krass ist das denn?
Ich ziteire mal einige der für mein Empfinden "heftigsten" Stellen aus jeder Gruppe (für Übersetzungen habe ich heute keine Zeit):

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Gallicus A:

Constater les échecs de l’amour et les unions imparfaites qui se multiplient appelle une attention pastorale qui sache respecter ces personnes, encourager les efforts de repentance et offrir l’appui fraternel de la communauté chrétienne à laquelle elles appartiennent. Un tel constat ne doit pas faire oublier les familles qui vivent avec cohérence et fidélité le mariage chrétien et rendent ce témoignage au travers de leurs joies mais aussi en dépit d’épreuves comme la pauvreté, le chômage, la maladie, le deuil, la stérilité et les difficultés dans l’éducation des enfants.

Sur le rapport entre les divorcés remariés et les sacrements de la Réconciliation et de l’Eucharistie, notre texte dit qu’il importe de "ne pas changer la doctrine de l’Eglise sur l’indissolubilité du mariage et la non-admission des divorcés remariés aux sacrements de la Réconciliation et de l’Eucharistie mais d’appliquer cette doctrine constante de l’Eglise aux situations diverses et douloureuses de notre époque avec un regard renouvelé de compassion et de miséricorde sur les personnes".


Gallicus B:

Faute de majorité absolue (9 pour, 5 contre, 4 abstentions), a été écarté le recours au concept de « gradualité », à l’analogie œcuménique développée par Lumen gentium (§ 8 : « subsistit in ») et à l’expression patristique « semences du Verbe », chaque fois que ces expressions risquaient, à tort, d’être comprises comme la légitimation a priori de situations de vie irrégulières, voire peccamineuses, même si nous reconnaissons que, a posteriori, plusieurs de ces situations peuvent être un chemin ou une étape vers une situation meilleure.

Nous avons demandé que la pratique de la « communion spirituelle », recommandée traditionnellement à ceux qui, pour diverses raisons, ne peuvent pas communier « sacramentellement », soit étudiée et évaluée en ses fondements théologiques et, si elle est accréditée par cet examen, soit promue et mieux diffusée parmi les fidèles.

Nous avons redit notre respect et notre accueil aux personnes homosexuelles et avons dénoncé les discriminations injustes et parfois violentes qu’elles ont subies et subissent encore parfois, y compris dans l’Église, hélas ! Mais cela ne signifie pas que l’Église doive légitimer les pratiques homosexuelles et encore moins reconnaître, comme le font certains États, un soi-disant « mariage » homosexuel. Au contraire, nous dénonçons toutes les manœuvres de certaines organisations internationales visant à imposer, par voie de chantage financier, aux pays pauvres des législations instituant un soi-disant « mariage » homosexuel.


Anglicus A:

For example, where the Relatio appeared to be suggesting that sex outside of marriage may be permissible, or that cohabitation may be permissible, we have attempted to show why such lifestyles do not lead to human fulfillment. At the same time, we want to acknowledge that there are seeds of truth and goodness found in the persons involved, and through dedicated pastoral care these can be appreciated and developed. We believe that if we imply that certain life-styles are acceptable, then concerned and worried parents could very easily say "Why are we trying so hard to encourage our sons and daughters to live the Gospel and embrace Church teaching?"

We had serious questions about the presentation of the principle of GRADUALITY. We wished to show in our amendments that we are not speaking of the GRADUALITY of DOCTRINE of faith and morals, but rather the gradual moral growth of the individual in his or her actions.


Anglicus B:

Many in the group felt that a young person reading the Relatio would if anything become even less enthusiastic about undertaking the challenging vocation of Christian matrimony. The Synod Report - and the Message - should direct itself towards young people, to help them understand and be attracted by the Christian vision of marriage and the family, in a world in which they are exposed to many contradictory visions.

It was felt that in the current situation of widespread cultural confusion about marriage and the family and the human suffering that this can bring, there is an urgent need for leadership in today's world and that such clear leadership can only come from the Church. Such leadership is an urgent part of the Church's service to contemporary society and a failure to give such witness would be to fail humanity.

Some members of the group stressed the need of pastors to recognize their own failures and their inadequacies in fostering support for families. The Church needs a radical renewal of its style of ministry to families. Marriage accompaniment is a lifelong task not limited to preparation for the wedding. It is a task which belongs within a broad faith itinerary and must encourage and foster family prayer.

On the subject of the admission of the divorced and remarried to the Eucharist the group stressed two principles flowing directly from God's Word:
  • the clear affirmation of the indissolubility of a valid sacramental union, while humbly admitting that we need a more credible way of presenting and witnessing to that teaching;
  • the strong desire to invite and embrace sincere Catholics who feel alienated from the family of the Church because of irregular situations.
The group recalled the necessity of finding a new vocabulary to preserve the timeless teaching of the Church in a fresh and appealing manner. It recommended the examination of possible paths of repentance and discernment by which, in particular circumstances, a divorced and remarried person might participate in the sacraments; and about providing alternatives, such as a deeper appreciation of the classical wisdom and value of spiritual communion.


Anglicus C:

Thus, it is important that the document does not, in any way, weaken the hope that such marriages express, or weaken the commitment that the members have for each other. We rightly wish to welcome, without judgement or condemnation, those who, for some reason, are not yet able to express life-long commitment in a marriage between a man and a woman. We wish also to give them encouragement, to help them recognize their own goodness, and to care for them as Christ cares for his sheep. We wish them to know that they are loved by God and rejected neither by him nor the Church. In expressing such sentiments we may inadvertently convey the impression that marriage is not important, or that it is an ideal that only a few select people can achieve. It is possible that some may even have the impression that all unions are equal. For this reason, we felt it necessary to carefully define the meaning of the law of gradualness, which should not be understood as gradualness of the law. Gradualness should not make insipid the challenge of the Gospel to conversion, to "go and sin no more", as Jesus said to the woman caught in adultery. The aim of recognizing gradualness should be to draw people closer to Christ. Truth and mercy are not mutually exclusive terms, and in proclaiming truth we also proclaim the most profound mercy – that of reconciliation and unity with God; on the other hand, it is in mercy that we find truth.


Italicus A:

I Padri sinodali hanno sottolineato con particolare attenzione la questione della inapplicabilità dell’analogia espressa nel testo con quanto detto nella Lumen Gentium, 8.

Rispetto alla ammissione ai sacramenti della Penitenza e dell’Eucaristia i Padri del Circolo pur sensibili alla problematica propongono che l’argomento sia ristudiato alla luce del n. 84 della Familiaris Consortio al fine di precisare eventuali condizioni diverse dalla disciplina attuale.


Italicus B:

Sembra che si abbia timore di esprimere un giudizio su diverse questioni che sono divenute ormai espressioni culturali dominanti. Questo non appare coerente con la missione profetica che la Chiesa possiede. E’ importante che il testo esprima al meglio il ruolo profetico che i Pastori e la comunità cristiana possiedono ben sapendo che non andiamo alla ricerca di un facile populismo che tutto assopisce e ovatta, ma che abbiamo la responsabilità di esprimere anche un giudizio che proviene dalla Parola di Dio. Ritornano significative in questo contesto le parole rivolte al profeta Ezechiele: "Quando sentirai dalla mia bocca una parola, tu dovrai avvertirli da parte mia. Se io dico al malvagio: Tu morirai! e tu non lo avverti e non parli perché il malvagio desista dalla sua condotta perversa e viva, egli, il malvagio, morirà per la sua iniquità, ma della sua morte io domanderò conto a te. Ma se tu ammonisci il malvagio ed egli non si allontana dalla sua malvagità e dalla sua perversa condotta, egli morirà per il suo peccato, ma tu ti sarai salvato" (Ez 3,17-19). Ciò diventa evidente soprattutto dinanzi a situazioni che sono assunte come una forma di de-istituzionalizzazione del matrimonio e della famiglia in forza di pretesi diritti individuali. Una semplice fenomenologia del dato non appare consona alla funzione profetica della Chiesa.


Italicus C:

Una prima sensibilità parte dalla preoccupazione che il rinnovato annuncio del Vangelo della famiglia, per il linguaggio da utilizzare, gli accenti e la selezione delle tematiche, contribuisca involontariamente ad accentuare la mancata accoglienza integrale dei suoi contenuti. Questi padri, pur accettando che il profilo specifico del tema che investe questa assemblea straordinaria è quello delle sfide pastorali, ritengono imprescindibile che la Relatio ribadisca in maniera esplicita la dottrina su matrimonio, famiglia e sessualità, senza tentennamenti nell’avvalersi delle categorie di "peccato" e "adulterio" e "conversione" rispetto alle situazioni oggettivamente contrastanti con il Vangelo della famiglia. Gli stessi padri insistono sul fatto che usare eufemismi possa provocare malintesi tra i fedeli, soprattutto per distorte interpretazioni fatte da una parte della stampa non specializzata.


Hibericus A:

Nos pareció que el número siguiente ofrecía la visión de S. Juan Pablo II y valía la pena citar esta fuente que es su catequesis sobre el amor humano.

La aceptación de las anteriores consideraciones nos animan a exhortar a los matrimonios civiles y a los divorciados vueltos a casar, a secundar la llamada de Dios hasta alcanzar la plenitud de la comunión y de la gracia divina.

Hemos querido concluir esta segunda parte diciendo que "sabiendo que la mayor misericordia es decir la verdad con amor (San Agustín), vamos más allá de la compasión. El amor misericordioso así como atrae y une, también transforma y enaltece e invita a la conversión. Ver (Jn 8,1-11).


Volviendo a los novios (34) es necesario recordar la importancia educativa de las virtudes y particularmente de la castidad y de la pureza, condición absolutamente imprescindible para el crecimiento genuino del amor interpersonal. A los novios hay que plantearles el ideal matrimonial con claridad para que puedan discernir y decidir con libertad.

Sobre las personas divorciadas pero no vueltas a casar, además de lo dicho en el número 45, hay que añadir que muchas veces "ellos son testigos heroicos de la indisolubilidad y de la fidelidad".


Hibericus B:

Hay una enorme riqueza en el magisterio reciente de Pablo VI, San Juan Pablo II, Benedicto XVI y Papa Francisco sobre la familia, que requiere una renovada atención

Nuestros principales aportes al documento van en la línea de:
    - subrayar las luces de la familia y la importancia del matrimonio
    - Afirmar la doctrina sobre el matrimonio y la familia y
    - Animar la pastoral familiar en las circunstancias actuales.
    - Esperar del sínodo luz y orientaciones sobre las nuevas situaciones matrimoniales.
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Kein Wunder, dass diese Berichte geheimgehalten werden sollten... sie passen so garnicht zu dem Bild, das die Relatio vom Montag vermittelte. Sehr spannend!

Dürftige Theologie - 16 - Moralische Gradualität

 Bitte die Einführung (hier) beachten!


Der Vorschlag einiger Synodenteilnehmer, das Prinzip der "Elemente der Wahrheit" aus dem Kontext der Ökumene (Vaticanum II) auf die moralischen Normen des göttlichen Gesetzes zu übertragen, ist zumindest fragwürdig. Zunächst die Texte.

Gaudium et Spes 8 (hier):
»Das schließt nicht aus, daß außerhalb ihres Gefüges vielfältige
Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi
eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen.«

Relatio post disceptationem, 18 und 20 (hier):
»[...] Einige [Synodenteilnehmer] fragen, ob die sakramentale Fülle der Ehe die Möglichkeit eröffnet, positive Elemente auch in den unvollkommenen Formen [forme imperfette] außerhalb der ehelischen Realität anzuerkennen, die in jedem Fall auf diese hingeordnet [ordinate] sind.
[...]
Im Bewusstsein der Notwendigkeit einer geistlichen Unterscheidung im Blick auf vorehelisches Zusammenleben, auf Zivielehe und Ehescheidung sowie auf wiederverheiratete Personen, ist es die Aufgabe der Kirche, jene Samenkörner des Wortes anzuerkennen, die jenseits der sichtbaren sakramemntalen Grenzen gelangt sind. Den Blick Christi nachahmend, der alle Menschen erleuchtet, wendet sich die Kirche respektvoll jenen zu, die an ihrem Leben in unvollständiger und unvollkommener Weise [in modo incompiuto e imperfetto] teilnehmen, die positiven Werte schätzend [apprezzare], die sie enthalten, statt ihrer Begrenzungen und Defizite.«

[Jetzt ist mir der Churer Generalvikar Martin Grichting mit seinem lesenswerten Kommentar zuvorgekommen (hier). Lesen! Die entscheidenden Texte aus Veritatis Splendor über die absolute - und eben nicht "graduelle" - Gültigkeit der Gebote sind am Ende dieses Beitrags noch in größerer Ausführlichkeit widergegeben, als dies in jenem Kommentar geschehen ist.]
 

Überraschend ist das Auftauchen dieser Überlegung zur Gradualität vor allem darum, weil in dem für die Vorbereitung dieser Synode maßgeblichen Dokument, Familiaris Consortio (das hoffentlich jeder Teilnehmer zuvor eingehend studiert hat; hier nachzulesen), genau dieser Punkt bereits behandelt wird und genau das was nun von manch einem Synodenteilnehmer vorgeschlagen zu werden scheint, verworfen wurde. Das Thema ist also nicht neu. Ich habe selbst lange damit gehadert, bevor ich die Lehre der Kirche dazu akzeptieren konnte.
In Familiaris Consortio heißt es (der Kontext ist die Debatte um Humanae Vitae, es trifft aber ebenso auf die Frage "eheähnlicher Lebensformen" zu): 
»Es ist stets von großer Bedeutung, einen richtigen Begriff von der sittlichen Ordnung, von ihren Werten und Normen zu haben. Diese Bedeutung wächst, je zahlreicher und größer die Schwierigkeiten werden, sie zu beachten. 
[...]
Doch ist der Mensch, der berufen ist, dem weisen und liebenden Plan Gottes in freier Verantwortung mit seinem Leben zu entsprechen, ein geschichtliches Wesen, das sich Tag für Tag durch seine zahlreichen freien Entscheidungen selbst formt; deswegen kennt, liebt und vollbringt er das sittlich Gute auch in einem stufenweisen Wachsen.
Auch die Eheleute sind im Bereich ihres sittlichen Lebens auf einen solchen Weg gerufen, getragen vom aufrichtig suchenden Verlangen, die Werte, die das göttliche Gesetz schützt und fördert, immer besser zu erkennen, sowie vom ehrlichen und bereiten Willen, diese in ihren konkreten Entscheidungen zu verwirklichen.«

Es ist eine Binsenweisheit, dass niemand als moralisch einwandfrei geboren wird oder überhaupt jemals fehlerlos zu werden vermag. Die Frage ist nicht, ob die Kirche sich den Niederungen und dem Dreck des Daseins zuwenden sollte um zu helfen - das tut sie von je her! -, sondern die Frage ist, wie das "Dreckigsein" zu bewerten ist. Natürlich weiß die Kirche um die Notwendigkeit eines Wachstums im sittlichen Leben, aber sie kann nicht vom Gesetz Abstriche machen! So fährt denn Johannes Paul II. unmittelbar fort:
»Jedoch können sie das Gesetz nicht als ein reines Ideal auffassen, das es in Zukunft einmal zu erreichen gelte, sondern sie müssen es betrachten als ein Gebot Christi, die Schwierigkeiten mit aller Kraft zu überwinden. "Daher kann das sogenannte 'Gesetz der Gradualität' oder des stufenweisen Weges nicht mit einer 'Gradualität des Gesetzes' selbst gleichgesetzt werden, als ob es verschiedene Grade und Arten von Gebot im göttlichen Gesetz gäbe, je nach Menschen und Situationen verschieden. Alle Eheleute sind nach dem göttlichen Plan in der Ehe zur Heiligkeit berufen, und diese hehre Berufung verwirklicht sich in dem Maße, wie die menschliche Person fähig ist, auf das göttliche Gebot ruhigen Sinnes im Vertrauen auf die Gnade Gottes und auf den eigenen Willen zu antworten" (Johannes Paul II., Homilie zum Abschluß der VI. Bischofssynode am 25.10.1980).«

Das Problem mit der aktuellen Debatte ist, dass, zumindest so wie es in der Relatio steht (s.o.), die sittliche Forderung des Gebotes Christi unberücksichtigt bleibt. Es entsteht der Eindruck, die "niedrigen Stufen" jenes Weges würden als Gegebenheiten verstanden, die in ihrem Sosein belassen und als "legitime Form" anerkannt und sogar "wertgeschätzt" (ital. apprezzare!) werden können, weil sie ja dem Gesetz "zu einem gewissen Grade" entsprechen. Johannes Paul II. weist dies wehement zurück.


Was in Nr. 20 der Relatio steht, klingt verführerisch: Sich denen zuzuwenden, die "in unvollkommener Weise teilnehmen" am Leben der Kirche, klingt zunächstmal gut. Es klingt aber gleich ganz anders, wenn man bedenkt, dass es, abgesehen von der Jungfrau Maria, nie einen Menschen innerhalb der Kirche gab, der "in vollkommener Weise" an ihrem Leben teilhatte. Wir alle sind Sünder! Wo immer wir nur unvollkommen an deisem Leben der Kirche teilhaben, reicht eine Wertschätzung (ital. apprezzamento!) aber sicherlich nicht aus, sondern wir brauchen v.a. den Ruf zu Bekehrung und einen Ansporn zur "Vollkommenheit" zu streben: "Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist." (Mt 5,48)

Die allgegenwärtigen "unvollkommenen Formen" menschlichen Zusammenlebens sind eine Realität - auch unter Getauften. Niemand bestreitet das. Aber die Konstatierung einer "Hinordnung" dieser "unvollkommenen Formen" auf die "Fülle der Ehe" - analog zu der Weise, wie die unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften in ihrer je eigenen Weise auf die eine Kirche Christi hingeordnet sind (und zwar unabhängig davon, ob die Angehörigen dieser Gemeinschaften dies bewusst wollen!) -, reicht nicht aus zur Verkündigung des göttlichen Gebots! Es muss vielmehr deutlich werden, dass der Mensch in seinem konkreten Handeln stets zu jener "Fülle" aktiv streben muss:
»Das handelnde Subjekt eignet sich persönlich die im Gesetz enthaltene Wahrheit an: Durch die Handlungen und die entsprechenden Tugenden macht es sich diese Wahrheit seines Seins zu eigen.« (VS 52)

Bei der Lektüre dieser Abschnitte der Relatio hat man das Gefühl, hier ginge es gar nicht um Menschen (moralische Wesen!), denen etwas verkündet wird, sondern nur um soziale Konstrukte, deren "Status" evaluiert werden soll... Es fehlt etwas.
Das "Positive" zu würdigen, und mit keinem Wort auf die Gefahren hinzuweisen, klingt frappierend nach dem Versuch, das Wort "Sünde" aus dem christlichen Vokabular zu streichen (Kardinal Kasper freut sich nen Wolf). Ich werd mich bedanken, wenn mein Fahrradhändler mir unentwegt die tolle Gangschaltung des Gebrauchtrades anpreist, und dabei unerwähnt lässt, dass die Bremsen nicht funktionieren!
Ist "Unvollkommenheit" ein Substitut für "Sünde"? ... "O mein Jesus, verzeih' uns unsere Unvollkommenheiten..."?

Es mutet schon ziemlich kurios an, wenn man diese Rede von der Hinordnung des "Unvollkommenen" (gemeint ist das, was klassischerweise - und gut biblisch - unter "Unzucht" und "Ehebruch" fällt!) betrachtet. Bei Johannes Paul II. taucht solch eine Hinordnung ebenfalls auf:
»Nun bezeugt die Vernunft, daß es Objekte menschlicher Handlungen gibt, die sich "nicht auf Gott hinordnen" lassen, weil sie in radikalem Widerspruch zum Gut der nach seinem Bild geschaffenen Person stehen.« (VS 80)
Man kann hier durchaus den Eindruck gewinnen, dass von Papst Johannes Paul II. eine Handlungsweise als "nicht auf Gott hingeordnet" bewertet wird, während die gleiche Handlungsweise von manchem Synodenvater als "auf die Fülle der Ehe hingeordnet" betrachtet wird. Ist nun diese Handlungsweise zugleich gut und böse, zugleich wahr und falsch? (Vgl. dazu Nr. 14 dieser Serie hier.) Oder ist sie zum Teil gut und zum Teil böse?
Das ist das Mantra der Moraltheologen: es gibt keine "bösen" oder "guten" Handlungen... es ist alles relativ und je nach den ersichtlichen Folgen zu bewerten. Das ist genau der Konsequentialismus/Proportionalismus, zu dessen Abwehr durch das kirchliche Lehramt Veritatis Splendor geschrieben wurde!

Johannes Paul II. hat die Frage jedenfalls apodiktisch beantwortet:
»Es handelt sich in der Tat um Verbote, die eine bestimmte Handlung semper et pro semper verbieten, ohne Ausnahme, weil die Wahl der entsprechenden Verhaltensweise in keinem Fall mit dem Gutsein des Willens der handelnden Person, mit ihrer Berufung zum Leben mit Gott und zur Gemeinschaft mit dem Nächsten vereinbar ist. Es ist jedem und allezeit verboten, Gebote zu übertreten, die es allen und um jeden Preis zur Pflicht machen, in niemandem und vor allem nicht in sich selbst die persönliche und allen gemeinsame Würde zu verletzen.« (VS 52)
»Die Handlungen aber, die sich aufgrund ihres Objektes nicht auf Gott "hinordnen" lassen und "der menschlichen Person unwürdig" sind, stehen diesem Gut immer und in jedem Fall entgegen.« (VS 82)


Zusammenfassend

1) Das Gesetz der Gradualität besagt, dass jeder sich nach seinen Kräften und Fähigkeiten bemühen muss, so weit zur "Fülle" vorzudringen, wie er kann und sich nicht mit dem Faktischen abzufinden. Das ist gut katholisch und unterscheidet uns von den Katherern, Gnostikern, Novatianern und sonstigen Häretikern. Leider wurde dieses Gesetz der Gradualität, zusammen mit dem Rest der katholischen Morallehre, seit Jahrzehnten verschwiegen... weswegen nicht wenige der Kirche bis heute einen Katharismus zu Unrecht vorwerfen.

2) Die Gradualität des Gesetzes schafft hingegen Abstufungen in dem, was anzustreben ist, gibt sich sozusagen bei dem, was verkündet wird, mit einem "Weniger" zufrieden. Das ist der Relativismus des gesellschaftlichen Mainstreams.
Was die Relatio anbietet, erweckt stark den Verdacht, solch eine Gradualität des Gesetzes zu befürworten. Es ist natürlich sehr vorsichtig formuliert, aber in der Tendenz würde sich die Kirche (zumindest in der Wahrnehmung) unweigerlich mit der Welt gemein machen.

3) Was immer bei unvollkommenen sündhaften Lebensformen an Gutem zu finden ist (niemand bestreitet, dass es das gibt!), besteht dort nicht wegen der Unvollkommenheit Sündhaftigkeit dieser Lebensformen, sondern trotz ihrer. Das Gute ist nicht Teil oder "Element" der sündhaften Lebensformen. Ein Gut, das trotz der Sünde besteht, legitimiert nicht die Sünde und macht sie nicht "besser", sondern ist vielmehr wegen dieser Sünde ständig in Gefahr.

4) Das Benennen der Sünde und der Ruf zur Bekehrung dürfen nicht ausbleiben:
»Zu dieser Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, sodass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte. Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt. Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.« (Lk 13,1-5)


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Veritatis Splendor:

»52. Es ist immer und für alle recht und gut, Gott zu dienen, ihm die gebührende Verehrung zu erweisen und die Eltern zu ehren, wie es sich ziemt. Solche positive Gebote, die anordnen, manche Handlungen zu vollbringen und bestimmte Verhaltensweisen zu üben, verpflichten allgemein; sie sind "unveränderlich"; (vgl. Vat. II. GS 10) sie vereinigen in demselben gemeinsamen Gut alle Menschen aller Zeitalter der Geschichte, die für "dieselbe Berufung und dieselbe göttliche Bestimmung" (Vat. II. GS 29) geschaffen sind. Diese universalen und bleibenden Gesetze entsprechen Erkenntnissen der praktischen Vernunft und werden durch das Gewissensurteil auf die einzelnen Handlungen angewandt.
Das handelnde Subjekt eignet sich persönlich die im Gesetz enthaltene Wahrheit an: Durch die Handlungen und die entsprechenden Tugenden macht es sich diese Wahrheit seines Seins zu eigen. Die negativen Gebote des Naturgesetzes sind allgemein gültig: sie verpflichten alle und jeden einzelnen allezeit und unter allen Umständen. Es handelt sich in der Tat um Verbote, die eine bestimmte Handlung semper et pro semper verbieten, ohne Ausnahme, weil die Wahl der entsprechenden Verhaltensweise in keinem Fall mit dem Gutsein des Willens der handelnden Person, mit ihrer Berufung zum Leben mit Gott und zur Gemeinschaft mit dem Nächsten vereinbar ist. Es ist jedem und allezeit verboten, Gebote zu übertreten, die es allen und um jeden Preis zur Pflicht machen, in niemandem und vor allem nicht in sich selbst die persönliche und allen gemeinsame Würde zu verletzen.
Auch wenn nur die negativen Gebote immer und unter allen Umständen verpflichten, heißt das andererseits nicht, daß im sittlichen Leben die Verbote wichtiger wären als das Bemühen, das von den positiven Geboten aufgezeigte Gute zu tun. Der Grund ist vielmehr folgender: Das Gebot der Gottes- und der Nächstenliebe hat in seiner Dynamik keine obere Grenze, wohl aber hat es eine untere Grenze: unterschreitet man diese, verletzt man das Gebot. Zudem hängt das, was man in einer bestimmten Situation tun soll, von den Umständen ab, die sich nicht alle von vornherein schon voraussehen lassen; umgekehrt aber gibt es Verhaltensweisen, die niemals, in keiner Situation, eine angemessene - das heißt, der Würde der Person entsprechende - Lösung sein können. Schließlich ist es immer möglich, daß der Mensch infolge von Zwang oder anderen Umständen daran gehindert wird, bestimmte gute Handlungen zu Ende zu führen; niemals jedoch kann er an der Unterlassung bestimmter Handlungen gehindert werden, vor allem wenn er bereit ist, lieber zu sterben als Böses zu tun.
Die Kirche hat immer gelehrt, daß Verhaltensweisen, die von den im Alten und im Neuen Testament in negativer Form formulierten sittlichen Geboten untersagt werden, nie gewählt werden dürfen. Wie wir gesehen haben, bestätigt Jesus selber die Unumgänglichkeit dieser Verbote: "Wenn du das Leben erlangen willst, halte die Gebote! ... Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen" (Mt 19, 17-18).«

»80. Nun bezeugt die Vernunft, daß es Objekte menschlicher Handlungen gibt, die sich "nicht auf Gott hinordnen" lassen, weil sie in radikalem Widerspruch zum Gut der nach seinem Bild geschaffenen Person stehen. Es sind dies die Handlungen, die in der moralischen Überlieferung der Kirche "in sich schlecht" (intrinsece malum), genannt wurden: Sie sind immer und an und für sich schon schlecht, d.h. allein schon aufgrund ihres Objektes, unabhängig von den weiteren Absichten des Handelnden und den Umständen. Darum lehrt die Kirche - ohne im geringsten den Einfluß zu leugnen, den die Umstände und vor allem die Absichten auf die Sittlichkeit haben -, daß "es Handlungen gibt, die durch sich selbst und in sich, unabhängig von den Umständen, wegen ihres Objekts immer schwerwiegend unerlaubt sind".(RP 17 [*]) Das Zweite Vatikanische Konzil bietet im Zusammenhang mit der Achtung, die der menschlichen Person gebührt, eine ausführliche Erläuterung solcher Handlungsweisen anhand von Beispielen: "Was zum Leben selbst in Gegensatz steht, wie jede Art von Mord, Völkermord, Abtreibung, Euthanasie und auch der freiwillige Selbstmord; was immer die Unantastbarkeit der menschlichen Person verletzt, wie Verstümmelung, körperliche oder seelische Folter und der Versuch, psychischen Zwang auszuüben; was immer die menschliche Würde angreift, wie unmenschliche Lebensbedingungen, willkürliche Verhaftung, Verschleppung, Sklaverei, Prostitution, Mädchenhandel und Handel mit Jugendlichen, sodann auch unwürdige Arbeitsbedingungen, bei denen der Arbeiter als bloßes Erwerbsmittel und nicht als freie und verantwortliche Person behandelt wird: all diese und andere ähnliche Taten sind an sich schon eine Schande; sie sind eine Zersetzung der menschlichen Kultur, entwürdigen weit mehr jene, die das Unrecht tun, als jene, die es erleiden. Zugleich sind sie in höchstem Maße ein Widerspruch gegen die Ehre des Schöpfers". (Vat. II. GS 24)

Über die in sich sittlich schlechten Handlungen und im Blick auf kontrazeptive Praktiken, mittels derer vorsätzlich unfruchtbar gemacht wird, lehrt Papst Paul VI.: "Wenn es auch in der Tat zuweilen erlaubt ist, ein sittliches Übel hinzunehmen, in der Absicht, damit ein größeres Übel zu verhindern oder ein höheres sittliches Gut zu fördern, ist es doch nicht erlaubt, nicht einmal aus sehr schwerwiegenden Gründen, das sittlich Schlechte zu tun, damit daraus das Gute hervorgehe (vgl. Röm 3, 8), d.h. etwas zum Gegenstand eines positiven Willensaktes zu machen, was an sich Unordnung besagt und daher der menschlichen Person unwürdig ist, auch wenn es in der Absicht geschieht, Güter der Person, der Familie oder der Gesellschaft zu schützen oder zu fördern". (HV 14)

81. Wenn die Kirche das Bestehen "in sich schlechter" Handlungen lehrt, greift sie die Lehre der Heiligen Schrift auf. Der Apostel stellt kategorisch fest: "Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben" (1 Kor 6, 9-10).

Wenn die Akte in sich schlecht sind, können eine gute Absicht oder besondere Umstände ihre Schlechtigkeit zwar abschwächen, aber nicht aufheben: Sie sind "irreparabel" schlechte Handlungen, die an und für sich und in sich nicht auf Gott und auf das Gut der menschlichen Person hinzuordnen sind: "Wer würde es im Hinblick auf die Handlungen, die durch sich selbst Sünden sind (cum iam opera ipsa peccata sunt) - schreibt der hl. Augustinus -, wie Diebstahl, Unzucht, Gotteslästerung, zu behaupten wagen, sie wären, wenn sie aus guten Motiven (causis bonis) vollbracht würden, nicht mehr Sünden oder, eine noch absurdere Schlußfolgerung, sie wären gerechtfertigte Sünden?". (Vat. II. DH 7)

Darum können die Umstände oder die Absichten niemals einen bereits in sich durch sein Objekt sittenlosen Akt in einen "subjektiv" sittlichen oder als Wahl vertretbaren Akt verwandeln.

82. Im übrigen ist die Absicht dann gut, wenn sie auf das wahre Gut der Person im Blick auf ihr letztes Ziel gerichtet ist. Die Handlungen aber, die sich aufgrund ihres Objektes nicht auf Gott "hinordnen" lassen und "der menschlichen Person unwürdig" sind, stehen diesem Gut immer und in jedem Fall entgegen. In diesem Sinne bedeutet die Beachtung der Normen, die solche Handlungen verbieten und semper et pro semper, das heißt ausnahmslos, verpflichten, nicht nur keine Beschränkung für die gute Absicht, sondern sie ist geradezu der fundamentale Ausdruck guter Absicht.
Die Lehre vom Objekt als Quelle der Sittlichkeit ist authentische Ausdrucksform der biblischen Moral des Bundes und der Gebote, der Liebe und der Tugenden. Die sittliche Qualität menschlichen Handelns hängt von dieser Treue zu den Geboten ab, die Ausdruck von Gehorsam und Liebe ist. Und deshalb - wir wiederholen es noch einmal - muß die Meinung als irrig zurückgewiesen werden, es sei unmöglich, die bewußte Wahl einiger Verhaltensweisen bzw. konkreter Handlungen ihrer Spezies nach als sittlich schlecht zu bewerten, ohne die Absicht, aufgrund welcher diese Wahl vollzogen wurde, oder ohne die Gesamtheit der vorhersehbaren Folgen jener Handlung für alle betroffenen Personen zu berücksichtigen. Ohne diese Vernunftbestimmtheit der sittlichen Qualität menschlichen Handelns wäre es unmöglich, eine "objektive sittliche Ordnung" (Vat. II. DH 7) anzunehmen und irgendeine von inhaltlichen Gesichtspunkten bestimmte Norm festzulegen, die ausnahmslos verpflichtet; und das zum Schaden der Brüderlichkeit unter den Menschen und der Wahrheit über das Gute und ebenso zum Nachteil der kirchlichen Gemeinschaft.«
[*] Dazu findet sich in den Endnoten von VS noch dieser Ausschnitt aus einer Ansprache von Paul VI. aus dem Jahre 1967: 
»Man muss vermeiden, die Gläubigen zu verleiten, anders darüber zu denken, so als wären nach dem Konzil heute einige Verhaltensweisen erlaubt, die die Kirche früher für in sich schlecht erklärt hatte. Wer sieht nicht, dass daraus ein bedauerlicher sittlicher Relativismus entstehenwürde, der leicht das ganze Erbe der Lehre der Kirche in Frage stellen könnte?«