Mittwoch, 13. November 2013

Lehramt und Gewissen

Das Erzbistum Freiburg lässt (s. hier) auf die Forderung der Kongregation für die Glaubenslehre nach der Rücknahme der berüchtigen Handreichung verlauten (sinngemäß): "Das interessiert uns einen Scheiss!"

Aus diesem Anlass sei ein Abschnitt aus der Ansprache Papst Johannes Pauls II. vom 12. November 1988 vor den Teilnehmern des Zweiten Internationalen Kongresses für Moraltheologie wiedergegeben (s. hier, italiensich):



»Während dieser Jahre [seit HV] wurde im Anschluß an die Bekämpfung von Humanae Vitae auch die christliche Lehre vom moralischen Gewissen in Frage gestellt und der Gedanke eines Gewissens angenommen, das sich selbst die sittliche Norm schafft. Auf diese Weise wurde das Band des Gehorsams gegen den heiligen Willen des Schöpfers radikal zerschnitten, in dem gerade die Würde des Menschen besteht. Das Gewissen ist nämlich der "Ort", an dem der Mensch von einem Licht erleuchtet wird, das nicht von seiner geschaffenen und immer fehlbaren Vernunft herkommt, sondern von der Weisheit des Wortes, in dem alles erschaffen wurde. Wunderbar schreibt das II. Vatikanum ferner: "Das Gewissen ist die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist" (Gaudium et Spes, 16).
Daraus ergeben sich einige Folgerungen, die ich betonen möchte.

Da das Lehramt der Kirche von Christus, dem Herrn, eingesetzt worden ist, um das Gewissen zu erleuchten, bedeutet die Berufung auf dieses Gewissen, gerade um die vom Lehramt verkündete Lehre zu bestreiten, eine Ablehnung der katholischen Auffassung sowohl vom Lehramt als auch vom sittlichen Gewissen. Wer von der unverletzlichen Würde des Gewissens ohne weitere Verdeutlichungen redet, setzt sich der Gefahr schwerer Irrtümer aus.

Sehr verschieden ist nämlich die Situation einer Person, die zunächst all ihre verfügbaren Mittel zur Suche nach der Wahrheit eingesetzt hat und dann doch irrt, und die einer anderen Person, die sich entweder einfach mit der Meinung der Mehrheit abfindet, die oft bewußt von den Mächten dieser Welt geschaffen wurde, oder aus Nachlässigkeit sich wenig um das Finden der Wahrheit kümmert. Die klare Lehre des II. Vatikanischen Konzils erinnert uns daran: "Nicht selten geschieht es, daß das Gewissen aus unüberwindlicher Unkenntnis irrt, ohne daß es dadurch seine Würde verliert. Das kann man aber nicht sagen, wenn der Mensch sich zu wenig darum bemüht, nach dem Wahren und Guten zu suchen, und das Gewissen durch Gewöhnung an die Sünde allmählich fast blind wird" (Gaudium et Spes, 16).

Unter den Mitteln, die die Erlöserliebe Christi zur Vermeidung dieser Gefahr des Irrtums vorgesehen hat, befindet sich auch das Lehramt der Kirche; in seinem Namen besitzt es eine echte und eigene Lehrautorität. Man kann daher nicht sagen, ein Gläubiger habe sich sorgfältig um die Wahrheit bemüht, wenn er das nicht berücksichtigt, was das Lehramt sagt; wenn er es mit irgendeiner anderen Erkenntnisquelle auf eine Stufe stellt und sich zum Richter über es macht; wenn er im Zweifelsfall lieber der eigenen Meinung oder der von Theologen folgt und diese der sicheren Lehre des Lehramtes vorzieht.
In einer solchen Situation noch von der Würde des Gewissens reden, ohne etwas hinzuzufügen, entspricht nicht der Lehre des II. Vatikanischen Konzils und dem, was die ganze Überlieferung der Kirche bezeugt.«

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