»Danach
wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden
alle Völker der Erde jammern und klagen und sie werden den Menschensohn
mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen
sehen. Er
wird seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden und sie werden
die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen,
von einem Ende des Himmels bis zum andern.« (Mt 24,30-31)
Vor allem in der orthodoxen Tradition, seltener im Westen, gibt es eine Darstellung des Königtums Christi, die für uns recht ungewohnt ist: Wir sehen einen Thron, auf dem niemand sitzt. (Bild: Basilika Santa Maria Assunta, Venedig)
In der Antike war es ein weit verbreiteter Brauch, bei Versammlungen für den Abwesenden König oder Kaiser den Thron leer zu lassen oder bei religiösen Kulthandlungen einen Stuhl für die Gottheit zu reservieren, damit diese, unsichtbar, etwa an einem Mahl teilnehmen konnte. Die Christen haben diesen Brauch ikonographisch übernommen, jedoch ließen sie den Thron nicht leer. Vielmehr thront das Evengelienbuch auf ihm.
Hinter bzw. über dem Thron, bildkompositorisch also dort, wo eigentlich das glorreich bekrönte Antlitz des Thronenden sein müsste, befindet sich das Kreuz sowie die übrigen Folterwerkzeuge der Passion, flankiert von Engeln. Es ist die Thronbereitung. Manchmal noch, wie auch hier, mit Adam und Eva in anbetender Prostratio (analog zur Befreiung der Stammeltern aus der Unterwelt in der orthodoxen Osterikone).
Natürlich sind nicht die Folterwerkzeuge, allen voran das Kreuz, das "Thronende", sondern andersherum: Das Kreuz ist der eigentliche Thron dessen, für den in dieser Darstellung der Thron bereitet wird (die Darstellung ist daher auch eng verknüpft mit der Himmelfahrt). Christus ist auch König am Kreuz und durch das Kreuz. So hat der Schächer völlig recht, wenn er sagt:
»Jesus, denk an mich, wenn du in deine Königsherrschaft kommst.« (Lk 23,42)
Und Jesus kann ihm in Vollmacht antworten:
Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.« (Lk 23,42-43)
Die Folterwerkzeuge sind zu Siegeszeichen geworden; statt des geschmähten Verurteilten, ziert ein Lorbeerkranz das Kreuz.
Ich habe absichtlich in der obigen Auflistung dem Fest Christkönig den Text über die Wiederkunft Christi zugeordnet (obwohl es nach der Leseordnung die Kreuzigung nach Lukas ist), denn Christkönig ist ein eschatologisches Fest. Christi Wiederkunft in Vollmacht ist es letztlich, worauf uns dieses Fest, gerade aufgrund der Tatsache, dass es das Ende des liturgischen Jahres markiert, verweist: Nachdem wir im Verlauf des Kirchenjahres immer wieder mit der Königswürde des Christus konfrontiert wurden, mal subtil, mal herrlich, bleibt nun "am Ende", der Ausblick ins Ewige, das Herinbrechen wird mit seiner Wiederkunft auf den Wolken des Himmels.
מרנא תא
Komm, Herr Jesus!
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