Montag, 25. November 2013

Jubel-, Pöbel-, und Binnenkatholizismus

Petrus mit Petrus
Achtung: lang... und evtl. nicht ganz so stringent und kohärent wie sonst...

Was mir in diesen Wochen gewaltig gegen den Strich geht, ist das synchronisierte Pöbeln und/oder Jubeln der Katholiken an den "Rändern" des kirchenpolitischen Spektrums. Diesmal geht es nicht um den neuen Heiligen Vater (vgl. hier und hier), sondern um eine imaginäre Größe deren Ausmessungen variabel sind... zuweilen "die Kirche in Deutschland" genannt, oft auch einfach "die Kirche". Und diesmal findet sich Jubel und Pöbel auf beiden Seiten, je nach Thema.

Bastian fragte vor einigen Tagen (hier): "ticken wir noch richtig?" Und Pro Spe Salutis bedauert "katholische Blogs, die sich - wenngleich eine Minderheit - aktuell vornehmlich bis ausschließlich darauf verlegt zu haben scheinen, unsere Tage zu bekeifen" (hier).

Da ist zum einen das Rumgehacke bzw. Hochgejuble im Bezug auf den Limburger Bischof... die einen WISSSEN, dass er allein unschuldig ist, die andern WISSEN, dass er allein schuldig ist (ich habe kein Urteil über TvE; was ich aber von Anfang an verurteilt habe, ist das zersetzende Handeln des Limburger Klerus, vgl. hier). Paul Baddes Artikel im aktuellen Vatican-Magazin (auch hier zu lesen) ist beinahe ein Grund, es abzubestellen, so sehr mieft es nach Hofberichterstattung, völlig unabhängig davon, was nun stimmt und was nicht.

Dann ist da jener Jubel vom rechten Rand über das Müllerche "Machtwort" aus Rom (s. hier). Die ungehorsamen Priester in Freiburg umjubeln derweil (hier) ihren großen Held Zollitsch, der sich von diesem Machtwort völlig unbeeindruckt gibt (keine Heldentat, denn abgesetzt ist er ja schon - er hat absolut gar nichts zu befürchten), und sie verkünden vollmundig, dass kein Grund bestehe, hinter die Handreichung zurück zu gehen... Auf Teufel komm raus schlägt man also die Pflöcke in den Boden, auf dass es "kein Zurück" mehr gibt... "gekommen um zu bleiben". Sehr schmunzeln musste ich, als ich laß, dass die Freiburger Memorandisten EB Müllers Intervention als nicht dialogisch und nicht communial bedauern... ja, denn der "Mir-ist-die-Weltkirche-scheissegal"-Alleingang in Freiburg ist ja soo viel communialer... Gemach...

Auf beiden Seiten wird gepöbelt und gejubelt was das zeug hält. Schlag auf Schlag.
Als ob das ganze Gekeife und Gejohle irgendwas ändert... Die Handreichung bleibt illegal und häretisch und sie ist ein offener Affront gegen die Weltkirche (vgl. hier). Aber auch wenn die Freiburger Handreichung nun brav zurückgenommen worden wäre, änderte das nichts am eigentlichen Problem. (Im Gegenteil: Es würde den von langer Hand vorsorglich befeuerten Frust zum explodieren bringen.)
Alles nur Symptom.

Der Glaube verreckt, die Morallehre der Kirche, über deren Kenntnis sich Rom nun informieren will, ist in Deutschland jahrzehntelang systematisch und höchst amtlich desavouiert worden und die Rede vom "Glaubensgehorsam" oder von der Bedeutung der kirchlichen Gemeinschaft (Communio!) entlockt den allermeisten Theologiestudenten und kirchlichen Angestellten heute bestenfalls noch ein müdes Lächeln, wenn nicht gar offen artikulierte Abscheu. Erst kürzlich vernahm ich in einer Kirchenrechtsvorlesung hinter mir im Flüsterton den faschistischen Grundsatz "Du bist nichts, Dein Volk ist alles!" als Erwiderung auf entsprechende Vorgaben des Kirchenrechts angewendet, die gewisse Rechte des einzelnen Gläubigen im Bezug auf das Wohl der gesamten Kirche einschränken (man will nicht, dass die Kirche ist, was sie ist, nämlich eine hirarchische Heilsanstalt, die immer mehr ist als ihre sichtbaren Glieder, weshalb auch das einzelne sichtbare Glied vor dem Gesamt zurückstehen muss).
Zugleich erlebe ich auf manchen "konservativen" katholischen Blogs und/oder Kommentaren auf selbigen, wie ein Schisma geradezu gefordert wird "um die Spreu vom Weizen zu trennen".

Dieses ganze Durcheinander, das manche Theologen sehr zutreffend als "Selbstzerfleischung der Kirche (in Deutschland)" bezeichnen, wird immer schlimmer, je dreister und emotionaler die Äußerungen auf beiden Seiten (!) werden. Wenn die Freiburger Ungehorsamspriester jetzt offen Bischöfe zum Ungehorsam aufrufen, dann deckt sich das passgenau mit jenem Wunsch nach einem Schisma, der von rechtsaußen kommt. Les extrêmes se touchent.

Es scheint, als ob nur noch ein Denken in Extremen möglich ist.
Alle sind sich offenbar einig darüber, dass ein Schisma die Lösung ist... Geht's noch? Ein Schisma ist das Schlimmste, was der Kirche passieren kann und es ist eine zentrale Aufgabe eines jeden Katholiken, soetwas in Wort, Tat und Gebet zu verhindern!

Andererseits: Paulus.
»Ich ermahne euch, meine Brüder, auf die Acht zu geben, die im Widerspruch zu der Lehre, die ihr gelernt habt, Spaltung und Verwirrung verursachen: Haltet euch von ihnen fern! Denn diese Leute dienen nicht Christus, unserem Herrn, sondern ihrem Bauch und sie verführen durch ihre schönen und gewandten Reden das Herz der Arglosen. Doch euer Gehorsam ist allen bekannt; daher freue ich mich über euch und wünsche nur, dass ihr verständig bleibt, offen für das Gute, unzugänglich für das Böse.« (Röm 16,17-19)

Es ist viel zu einfach, das den "Liberalen" vorzusetzen... denn auch die achso "Konservativen" müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, ihrem Bauch zu folgen.
Auch wenn ich sonst kein großer Fan von Pater Deneke bin, fand ich doch einen Text, der neulich beim Firschen Wind erschien (hier), überaus passend zu dem, was mich in diesen Wochen umtreibt. Ich würde zu dem dort Geschriebenen aber noch etwas ergänzen, nämlich den Moralismus der achso Konservativen.

Beispiel "Ehe": Am der Schöpfung gemäßen und im Schöpferwillen verankerten Ideal der unauflöslichen Ehe zwischen Mann und Frau ist natürlich festzuhalten. Ich nenne es aber bewusst ein "Ideal", denn de facto, ob uns das passt oder nicht, haben es auch wir Katholiken mit einer Unzahl "anderer Lebensentwürfe" zu tun. Wir können und dürfen es nicht dabei bewenden lassen zu sagen, das sei alles "ungeordnet" und daher "schlecht" und "schlimm" und "böse" und potentiell "von den Sakramenten ausschließend". So ein pauschales Urteil ist Moralismus. Damit macht man sich vor diesen Menschen zum Affen und zeigt alles andere als christliche Nächstenliebe.
Gleichzeitig ist auch ein Egalitarismus der falsche Weg, weil er weder die Menschen noch Gott ernst nimmt. Kurioserweise verfallen hier auch die "Liberalen" in ihren eigenen Moralismus, weil sie ihre Vorstellungen allen anderen aufzwingen wollen. (Ein theologischer Treppenwitz ist's, dass die "Liberalen" in so manchen Dingen wiederum päpstlicher sind als der Papst... im äußerst liberalen Freiburger Priesterseminar z.B. darf es keine weiblichen Ministranten geben, nie, koste es was es wolle!)

Die Kirche muss lernen mit der sich heute darbietenden und in der Geschichte tatsächlich "neuen" Situation (z.B. wegen längerer Lebenserwartung, Heirat "aus Liebe" statt aus politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Gründen, gewaltiger und extrem schneller gesellschaftliche und moralischer Umwelzungen, Betonung der Priorität des Individuums und seiner lebensgestalterichen Freiheit) zurecht zu kommen, sie kann nicht stupide auf ein Ideal pochen, alles andere diffamieren und weitermachen wie bisher. So dummdreist und häretisch auch die Freiburger Handreichung in ihren zentralen Punkten ist (vgl. dazu hier), so zeigt sie doch, dass hier eine Wunde klafft, die nicht länger vernachlässigt werden darf, sondern die versorgt werden muss. Weswegen ich sehr dankbar bin, dass der Papst der Kirche eben diese Behandlung für die nächsten Jahre ins Stammbuch geschrieben hat. Was dabei herauskommt, wissen wir nicht, aber wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott seine Kirche führt!

Wie mit dieser Situation umzugehen ist, weiß ich nicht. Niemand hat das Patentrezept, aber viele haben da so ihr Hausmittelchen von dem sie meinen, es heile alles und jeden... manche davon sind Placebos, andere machen es nur schlimmer. Allheilmittel gibt es nicht (meine Gedanken dazu finden sich z.B. hier und hier). Darum braucht es die Bischofssynode, damit die weltweite Kirche (!) sich damit befassen kann. 
Provinzialismus und Partikularismus, rechts wie links, hilft nicht: Während die "Liberalen" der Ansicht sind, provintialistische Lösungen seien möglich, legal, hilfreich oder gar notwendig, neigen die "Konservativen" dahingehend zum Provintialismus, dass sie der Meinung sind, dieses oder jenes Problem bestünde nur in Deutschland (etwa die grassierenden Konkubinate bei den Priestern). Wiederum treffen sich die Extreme, diesmal in der gleichen Blindheit und Stupidität.

Es nützt aber wenig, wenn nun von Links gejubelt und von Rechts geheult wird ob der je eigenen Erwartungen und Befürchtungen, die damit verbunden sind. Sowohl die, die jetzt feuchte Träume haben, wie auch die, die nun unter Alpträumen leiden (beide aus dem selben Grund: eine möglicher bevorstehender Bruch mit der Tradition), werden sich hinterher die Augen reiben: Die Katholische Kirche wird auch nach der Synode im kommenden Jahr noch katholisch sein. Und der ubiquitäre "Fragebogen" (der, trotz gegenteiliger Äußerungen einiger dummer Menschen, keine "Meinungsumfrage" ist, sondern eine Bestandsaufnahme!) ist eher noch etwas, wovor z.B. der deutsche Verbandskatholizismus Angst haben sollte (s. hier).
Jetzt bringt das ganze Gezeter jedenfalls wenig bis garnichts. Es ist nicht konstruktiv, nicht fruchtbar und ganz sicher nicht fromm.

Auch die Inanspruchnahme/Instrumentalisierung des Heiligen Vaters durch bzw. für die jeweiligen Lager, ist ziemlich bodenlos... In Freiburg betrachtet man eine falsche Übersetzung einer Passage aus einem Gedächtnisprotokoll einer inoffiziellen Nebenbemerkung des Papstes (s. hier) als Höherrangig, als einen offiziellen Brief des Präfekten der Glaubenskongregation der in Absprache mit dem Heiligen Vater an die deutschen Bischöfe erging. Auf der anderen Seite brodelt es auf den Blogs, der Papst habe dies oder jenes gesagt und darum sei er nun doch in Wahrheit "konservativ"... das brodeln ausgerechnet manche Blogs, die sich bisher mit der Abkanzelung eines potentiell häretischen Papstes nicht mit Ruhm bekleckert haben... Radio Vatikan rückt das mal eben richtig (hier).

...

Eine Darstellung aus der Passionsgeschichte hat mich vor einigen Jahren, noch vor meiner Taufe, sehr bewegt: Die Hände sind gefesselt, Folterwerkzeuge, Geißel und Stock, wie königliche Insignien in den Händen. Christus weint, und seine Tränen vermischen sich mit dem Blut, das die Dornenkrone aus seiner Stirn presst.

Wie stellen wir uns bei dem was gerade geschieht, was zukünftige Wohl der Kirche und also die fruchtbare Verkündigung des Evangeliums vor? Wir haben unsere Wünsche und Vorlieben, unsere vielen boden- und grundlosen Ängste die uns lähmen...  Tränen.

Die Polarisierung in der Kirche ist grauenhaft. Es scheint keine Diskussionskultur mehr zu existieren. Ich erlebe das an meiner Fakultät tagtäglich... Theologiestudenten (und -professoren *hust*) sind wohl die am wenigsten diskussionsfähigen Menschen. Alles ist politisch und jede Meinungsverschiedenheit führt zur wechselseitigen Exkommunikation. Es ist ein Politikum, wenn ich bei einer Hl. Messe im Rahmen einer Veranstaltung der Fakultät die Kommunion auf Knien und auf die Zunge empfange. Für manche auf der anderen Seite des Spektrums ist es wiederum ein Sakrileg, wenn jemand sie im Stehen auf die Hand empfängt.
Alles, jede Äußerung, jede Geste, jede Handlung ist zu allen Seiten bis zur unerkennbarkeit idiologisch verbrämt. Man schlägt grimmig um sich und aufeinander ein... Geißel und Bambusrohr.
Warum ist das so? Dient das Christus? Oder dem Wohl der Kirche?

Das fundamentale Problem ist, dass eine tragfähige Diskussionsgrundlage fehlt. Der Katechismus oder das Kirchenrecht, die Kirchenväter oder sogar die Bibel, alles nur sekundär oder tertiär. Die eigene "Überzeugung" (ließ: Meinung) ist der einzig verbliebene Maßstab nach dem alles beurteilt und bei Nichtgefallen ohne weiteres verworfen wird (s. dazu hier). "Persönlich verantwortete Gewissensentscheidung" ist das allheilende Mantra... damit geht alles... nur leider leider, steckt darin i.d.R. ein Gewissensbegriff, der mit dem der kirchlichen Lehre überhaupt nichts zu tun hat ("Gewissen" ist meist identisch mit "Meinung" oder "Ichwillaber!")!
Man täusche sich aber nicht: Auch die "Konservativen" beherrschen dieses Spielchen, obgleich sie es besser kaschieren... Die Piusbrüder zeigen formvollendet, wie man auch rechter Hand aus Schrift und Tradition wunschgemäße "Realitäten" schafft... aber so weit muss man gar nicht gehn... 
Das Wort Gottes muss zur Verfügungsmasse werden, wenn nicht das Lehramt, als authentische Auslegerin, gehört wird (vgl. UR 21). Dornen.

Ich sehne mich nach der Scholastik. Nie zuvor oder danach gab es eine so fundierte und belastbare DiskussionsKULTUR. Da wurde nicht gejubelt oder gepöbelt, sondern Verständnis (Verstehen!) gesucht. 

Vielleicht wäre ein allgemeines Schweigen die beste Lösung.  So für einige Monate... oder Jahre... Vielleicht kann das dazu beitragen, dass wir endlich aus diesen vertrackten Grabenkämpfen herausfinden... Wir fahren immer mächtigere Geschütze und Schlachtschiffe auf und merken nicht, dass wir uns auf einem klitzekleinen Binnenmeer tummeln, während die eigendliche Schlacht (die eigendlichen Krisenherde!) ganz woanders liegen (Stichworte Glaubens- und Gotteskrise, sowie die Krise der Moral). Die Welt um uns herum lacht uns aus. Fesseln.
Wir zerfleischen uns.

Es lohnt sich doch, vor dem Posten von Beiträgen nochmnal in die Blogozese zu schauen: Peter gemahnt (hier; sehr lesenswert!) ganz richtig zu Ruhe und Geduld: 
»Es ist in unserer hektischen Zeit auch von glaubenstreuen Katholiken oft gar nicht zu verstehen, mit welcher Ruhe und Gelassenheit die Universalkirche Fragen der Lehre und der Praxis klärt. Es geht nämlich nicht darum, auch da ist die Kirche der Welt fremd, daß ein Chef zu einer Entscheidung kommt und hierarchisch durchdrückt bis ins letzte Gleid. Es geht darum in der Welt den Willen Gottes zu verkünden und so weit möglich umzusetzen.«


Die prekäre und durchaus drängende Lage, wie sie sich gerade hier in Freiburg darstellt (aber ebenso auch in Limburg), kann nur Petrus richten (tata). Gott sei Dank, dass wir nicht einzelnen Bischöfen ausgeliefert sind!
Ein evangelischer Freund, der viele Erfahrungen in unterschiedlichsten protestantischen Denominationen gemacht hat, drückte mir einmal seinen Neid darüber aus, dass es in der Katholischen Kirche nur einen gäbe, der "unfehlbar" ist.

Gelassenheit! Ist das einzige, was hilft.



PS. Ein Dank an alle, die in Freibug so emsig arbeiten: Sie haben dafür gesorgt, dass man im Vatikan sehr genau darauf schauen wird, wer der nächste Metropolit der Oberrheinischen Kirchenprovinz werden wird!

8 Kommentare:

  1. Zum Glück hatte ich heute Abend ohnehin nur vor, noch einen dieser ganzen Scharmützel unverdächtigen Odo-Casel-Text auf die Seite zu bringen ... ;-)

    Eindrückliches Plädoyer, wenngleich eine Gratwanderung ...

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  2. Wieder hast Du einen hervorragenden Artikel gepostet! Ergaenzend zu Deiner Aussage, die Kirche sei eine hierarische Heilsanstalt: sie ist auch eine Heil- und Pflegeanstalt fuer geschundene, verletzte und irrende Seelen.

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  3. Wer ist denn da momentan so radikal/spalterisch? Meinem Empfinden nach ist die Luft beim radikalen Tradi-Lager weitgehend raus, gerade weil der Papst eben nicht die absolute Katastrophe ist,- jenseits von pius.info gibt es doch kaum Kritik,- oder fehlen mir entsprechende Seiten auf dem Blog-Radar? Bei aller Liebe zur Einheit: ist eine Klärung der Fronten/Begriffe nicht notwendig? Wenn Radikale sich innerlich bereits jenseits des Katholizismus bewegen, dann ist es doch kein Gewinn eine formelle Einheit aufrecht zu erhalten (insbesondere wenn man a la Bellarmin davon ausgeht, Kirche bestehe aus der Einheit in Hierarchie, Glauben und Glaubensvollzog...)?! Egal ob es nun um Drewermann oder Feeney ging, der Ausschluss wurde doch stets als ein Gewinn für das Katholische betrachtet,- oder nicht? Konzile und Enzykliken hatten in der Regel nicht die Intention Leute in die Kirche aufzunehmen, sondern klarzustellen wo Kirche endet bzw. eine Umkehr notwendig ist. Vielleicht kann ich dich zu einem Beitrag bewegen, der mir zeigt, warum es ein Vorteil ist, widerstreitende Elemente, die dann widerwillig füreinander Verantwortung übernehmen müssen (Gremienkatholiken für reaktionäre Petrusbrüder/ reaktionäre Tridentiner für den "Kirchensteuermodernismus") und nicht eine offene Abgrenzung (die ja inhaltlich schon lange besteht) viel sinnvoller und missionarischer sein könnte? (ernst gemeint!)

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    1. 1) Viel Kritik kam in den letzten Monaten v.a. über katholisches.info, den papsttreuen Blog und Messa in Latino (hier rechts in der Liste zu finden).
      Du hast insofern Recht, als es sich in der Wahrnehmung zu verlaufen scheint, aber es brodelt dafür im Untergrund umso heftiger!

      2) "widerstreitende Elemente" in der Kirche... hmm... ich habe schon mehrmals angesetzt, sowas zu schreiben, mir fehlte aber immer die Zeit. Die Frage der Kirchenzugehörigkeit ist von Paulus an, über Augustinus und Bellarmin, bis heute ein überaus diffiziles Thema. Auch die Sprache spielt uns dabei so manchen Streich. Bellarmins Bestimmung von den drei vincula gilt nach wie vor, das Problem ist freilich immer die Feststellung... inwiefern reicht ein inklusiver Glaube; was kann der jeweils gegebenen Dummheit zugeschrieben werden (Dummheit ist, außer in einem speziellen Sinn bei Thomas, nämlich keine Sünde) und was ist eigentlich eine Leugnung? Man kann erstens niemandem ins Herz schauen und zweitens ist es immer ein guter Rat, keine Böswilligkeit (oder eben Häresie etc.) zu unterstellen, wenn Dummheit als Erklärung ausreicht.
      Und dann gibt es noch die "Opfer": es gibt z.B. verdammt viele unfreiwillige (auch freiwillige) Trittbrettfahrer auf jeder Seite, die es tatsächlich nicht besser wissen! Ich habe schon Theologiestudentinnen erlebt, die gerne Priester werden möchten, und die völlig überrascht waren, als ich ihnen erzählte, dass es dazu eine endgültige negative Entscheidung gibt. Die wussten das schlichtweg nicht, weil es ihnen vorenthalten wurde... und inzwischen waren sie so sehr darauf konditioniert und davon überzeugt, dass sie jene endgültige Entscheidung nurnoch beiseite schieben konnten, um nicht aus allen Wolken zu fallen... jeder braucht eben so seine Ziele... will sagen: Manchmal werden auch einfach Leute belogen, die dann quasi als "Stimmvieh" dienen, um der eigenen Forderung mehr "Gewicht" zu verleihen (im ZdK finden sich z.B. erstaunlich wenig Thelogen... mich wundert das nicht, dass da so viel Scheiss gelabert wird!)... oder anderes Beispiel: Ein Pfarrer der gegen den Zölibat aufbegehrt... wenn dem im Seminar 7 Jahre lang mit aller Gewalt eingetrichtert wurde, der Zölibat sei nur ein Machtmittel, eine Ausgeburt verkrampfter Sexualität und sowieso und überhaupt sei er in 5 Jahren vom Tisch, da bräuchte er suich also keine Sorgen zu machen... ist dieser Pfarrer dann schuld an seinem Aufbegehren, wenn er nach 6 Jahren feststellt, dass sich nichts ändert?... Auf der anderen Seite des Spektrums gibt es Leute denen eingetrichtert wurde, eine Messe im Novus Ordo sei ungültig, oder es geht um banalere Sachen wie "dies oder jenes darf der Bischof/Pfarrer/Gemeindereferent nicht", was dann für einmütiges Empören sorgt... mir begegnete etwa schon die Ansicht, eine Taufe die nicht von einem Kleriker gespendet wird, sei ungültig, oder weibliche Ministranten seien eine Vorstufe zum Frauenpriestertum... gar nicht erst anfangen will ich von gewissen Marienhysterikern oder "Warnung"-Anhängern... versuch das alles mal auszusortieren, wo hier Schuld gelagert ist und ein Kirchenausschluss angebracht wäre...
      Und das ist nur eine der praktischen Ebenen des Problems, systematisch is da noch nix angedeutet!

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    2. Ups, ich meinte oben nicht den papsttreuen Blog, sondern das Beiboot Petri.

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  4. Sicher ist es begrüßenswert, die Einheit in Gelassenheit herbeizurufen. Ich denke aber, dass dies angesichts der aktuellen Lage in der Kirche nicht ausreicht. Man betrachte nur diesen Text aus dem Freiburger "Aufbruch":
    Für uns Priester und Diakone wird es besonders schwierig, wenn wir Textformulierungen benutzen sollen, hinter denen wir nur schwer stehen können, weil sie aufgrund ihrer theologischen Formulierungen missverstanden und damit falsch interpretiert werden können (z. B. „Opfersprache“). Wir können nur das glaubwürdig weitergeben, was wir selbst glauben...
    Wir brau­chen ein Mess­buch, das theo­lo­gisch und sprach­lich von hoher Qua­li­tät ist, damit es den Glau­ben und das Leben der fei­ern­den Gemein­schaft stärkt und för­dert. Ähnli­ches gilt auch für andere lit­ur­gi­sche Texte. Wir befürch­ten ansons­ten eine Spal­tung inner­halb der Pries­ter­schaft zwi­schen denen, die auf­grund ihrer Gewis­sens­ent­schei­dung zu ande­ren Tex­ten grei­fen und denen, die die vor­ge­schrie­be­nen Texte ver­wen­den — sei es gegen ihre Über­zeu­gung oder auch nicht.
    Da stellen also Priester und Diakone fest, dass sie nur das verkündigen können, was sie selbst glauben. So weit sind wir also in der Kirche gekommen: Jeder verkündet nur das, was er selbst glaubt. Und dann wird noch mit Spaltung gedroht. Hat das Versprechen bei der Priesterweihe dies alles gemeint?

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    1. Habe mich dazu hier und v.a. hier geäußert.
      Dass Gelübde nicht mehr gelten ist auch wieder nur Symptom.

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Ich freue mich über Meinungen, (sinnvolles) Feedback und Hinweise aller Art. Fragen sind auch immer willkommen, eine Garantie ihrer Beantwortung kann ich freilich nicht geben. Nonsens (z.B. Verschwörungstheorien, atheistisches Geblubber und Esoterik) wird gelöscht. Trolle finden hier keine Nahrung.