Sonntag, 19. Januar 2014

Das Zeugnis vom Sohn

»Am Tag darauf sah er Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekanntzumachen.« (Joh 1,29-31)

Was Jesus von allen Antichristen und Pseudo-Propheten offensichtlich unterscheidet ist, dass er sich nicht selbst präsentiert, sondern stets von anderen beglaubigt wird. Es ist, laut Jesu Worten, "der Vater selbst, der mich gesandt hat, hat über mich Zeugnis abgelegt" (Joh 5,37). Uns kommt solch eine Aussage merkwürdig vor, denn wir fragen unwillkürlich: Wem gegenüber hat denn der Vater Zeugnis abgelegt? Mir gegenüber jedenfalls nicht. Ich habe keine übernatürliche Stimme sagen hören, Jesus sei der Herr. 
Als Nachgeborener muss ich mich auf das Zeugnis anderer verlassen, die wiederum Kunde bringen von dem Zeugnis des ewigen Vaters für seinen Sohn.

Jesus stellt sich da hinein, er geht dieses Risiko ein: Er vertraut darauf, dass für ihn Zeugnis abgelegt wird und zwar von fehlbaren Menschen. Gutzwiller spricht vom "demütigen Geoffenbartwerden".
Heute hören wir das im Evangelium aus dem Mund des Täufers Johannes, der, das vierte Gottesknechtslied des Jesaja (52,13-53,12) paraphrasierend, Zeugnis gibt vom Lamm Gottes.
Dass wir heute nicht diesen Gesang, sondern das zweite Gottesknechtslied (Jes 49) als alttestamentliche Lesung haben, überrascht zunächst, passt aber. Das Zeugnis, das Johannes gibt, ist ja nur eine Initialzündung, sie betrifft zunächst die Umstehenden, jene, zu denen Jesus vorrangig gesandt ist, nämlich das Volk Israel (vgl. Mt 15,24). Aber das Evangelium von Jesus dem Christus darf nicht darauf beschränkt sein, es muss hinaus gehen, es ist "nicht genug", denn es soll "Licht für die Völker... bis an das Ende der Erde" sein (Jes 49,6).

So ist denn das wahre Zeugnis vom Sohn über eine ganze Tradition zu uns gekommen.
»Und Johannes bezeugte: Ich sah, daß der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.« (Joh 1,32-34)

Der Vater bezeugt den Sohn, Johannes bezeugt des Vaters Zeugnis und das Evangelium kündet uns von dem doppelten Zeugnis des Täufers. Und Jesus lässt es zu.  Es hat Gott gefallen, das Zeugnis seines Sohnes uns Menschen zu übergeben; sein Wort, Gotteswort, in Menschenwort uns zu schenken. Nicht in dem Sinne, wie es manche Evangelikale meinen, dass der Logos gewissermaßen Schrift geworden ist (statt der Inkarnation des Wortes, die Inscripturation des Logos), sondern als lebendiges, auch mit allzumenschlichem Gepräge behaftetes Schriftzeugnis, das, unterrichtet vom Heiligen Geist und beglaubigt von der Säule der Wahrheit (1 Tim 3,15), die die Kirche ist, auf uns gekommen ist.

Unsereins hört in der Regel keine divine Stimme, die uns sagt was Sache ist. Aber wir haben das Zeugnis der Schrift, in diesem fall das Evangelium des Johannes, "der all das bezeugt und der es aufgeschrieben hat; und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist" (Joh 21,24).
Bibellektüre ist immer zu empfehlen! 

1 Kommentar:

  1. " ...sondern als lebendiges, auch mit allzumenschlichem Gepräge behaftetes Schriftzeugnis, das, unterrichtet vom Heiligen Geist und beglaubigt von der Säule der Wahrheit (1 Tim 3,15), die die Kirche ist, auf uns gekommen ist".

    Laut AMEN möchte man drauf sagen! Danke für diese schöne Betrachtung!

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