Gestern und heute habe ich ein ganz erstaunliches Kontrastprogramm erlebt:
Gestern Abend gab es im hiesigen Priesterseminar (dazu gleich noch ein Wort) eine Chrysostomosliturgie (am Fest der Synaxis) mit Pater Prof. Dr. Michael Schneider SJ (Philosophisch-Theologische Hochschule St. Georgen) samt einer sehr guten liturgietheologischen Einführung. Heute feierte ich eine normale Gemeindemesse mit, während der der Zelebrant in seiner Predigt ebenfalls das Thema Liturgie behandelte, allerdings mit einem dezent anderen Tenor.
P. Schneider hatte in einer Einführung vor der Messe sehr schön dargelegt, wie eng die Verzahnung von Liturgie und Dogmatik ist, wie großartig die Liturgie als Ausdruck des Glaubens erlebbar ist und wie gerade die Göttliche Liturgie das Christusmysterium (v.a. die Auferstehung) erfahrbar macht.
Der Zelebrant in der Gemeindemesse fand hingegen in seiner Predigt seine Kernaussage darin, zu sagen, dass äußere Formen unwichtig seien, mit Gott nichts zutun hätten, und ausschließlich(!) der Befindlichkeit des je Einzelnen dienen.
Einen schärferen Kontrast kann ich mir nicht vorstellen. Während der Predigt, die mich innerlich weinen ließ, erinnerte ich mich daran, wie ich regelrecht an den Lippen von P. Schneider hing: mit welcher Freude und mit welcher Kraft er die Schönheit der Liturgie in ihren verschiedenen Riten beschrieb und auf den Glauben bezog.
Nun ist es zwar richtig, dass alle unsere Rituale nicht von Gott so angeordnet sind, aber das macht sie ja noch nicht zu bloßen menschlichen Erfindungen, geschweigedenn unwichtig! Es sind vielmehr Entfaltungen des lebendigen Glaubens und über unzählige Generationen gewachsen, sodass wir annehmen können und müssen, dass sie, wie die Kirche als Ganze, vom Geist Gottes getragen, durchdrungen, geführt und gutgeheißen werden.
Ich glaube, die Liturgie hat durchaus auch eine Bedeutung für Gott: Die Liturgie hilft uns die Treue zu ihm zu bewahren. Sie hebt uns zu ihm empor und belehrt uns. Letzterer Punkt ist wichtiger als man denkt: Zu glauben, jeder bräuchte nur nach der eigenen Befindlichkeit handeln und würde dadurch schon den "rechten Weg" finden, ist eine sehr gefährliche Überlegung. "Was mir gut tut" ist noch lange nicht richtig oder gar "wahr"! So wie der Glaube vom Hören kommt und wie niemand glauben kann, wenn ihm niemand verkündet (Röm 10,14), so muss auch die Liturgie Teil der Verkündigung sein, muss sie uns hineinholen in das Mysterium das alles Gemachte, alles Ersonnene transzendiert. Und das kann eine würdige Liturgie.
Der Ausgangspunkt der erwähnten Predigt war sehr gut: Es ging um den Tempel in der Vision des Ezechiel und um den Tempel des Leibes Christi (die Eucharistie!). Das Eigentliche, das Wichtige, kann nicht von uns "gemacht" werden. Leider wandte sich der Prediger mit übermäßigem Pathos (man hatte das Gefühl, er müsse nun endlich mal mit aller Macht etwas herausschreien, was ihn schon lange bedrückt hatte) gegen sich selbst, denn er gab dem "guten Gefühl" des Einzelnen den Vorzug vor dem Heiligen das Gott uns schenkt, wozu auch und gerade die Liturgie in ihrer Veilfalt aber auch in ihrer Würde gehört.
Achja,
zum Priesterseminar: Es ist das in Freiburg gemeint... in den
vergangenen Jahren war es nicht selten, dass dort, meist verdeckt, manchmal
auch offen, gegen die "alte" Messe polemisiert wurde. Ein Seminarist der
die Mundkommunion bevorzugte, musste, zumindest noch vor kurzem, damit rechnen,
Probleme zu bekommen. Liegt es an mir, oder ist es dezent heuchlerisch, wenn an
diesem Ort regelmäßig (mindestens einmal alle zwei Jahre) eine Messe in
byzantinischem Ritus gefeiert wird (mit "Rücken zum Volk", mit extra Vergebungsbitte des Priesters, mit vielen "Doppelungen" und, Schreck lass nach!, mit Mundkommunion!!)? Der
Anblick eines Manipels lässt dort die Haare zu Berge stehen, aber ein Epigonatium ist no big deal... Man erfreut sich an dieser ehrwürdigen Liturgie (exotisch, kurios?), man schätzt das Ehrwürdige, das Alter, man bildet sich und dankt recht herzlich. Aber bringt man die "alte" Messe ins Gespräch, bricht Winter ein.
Es muss an mir liegen...
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