Das hebräische אָמֵן wie auch die griechische Umschrift ἀμὴν bedeutet soviel wie "es steht fest und es gilt" (hebr. 'amin: "fest sein"). Wer Amen sagt, bestätigt was er hört, nimmt es an, macht es sich zu eigen, bekennt! (Leider wissen das offenbar viele nicht...)
Das Amen am Ende eines Gebetes (auch des Hochgebetes in der Messe) bedeutet nichts weniger, als dass ich alles das was gesagt/gesungen wurde als mein Bekenntnis, als mein Lob, als meine Bitte und meinen Dank annehme.
Es ist kein Klerikalismus, dass z.B. nur der Priester das Hochgebet laut spricht und die Gemeinde "nur" Amen sagt. Wer soetwas behauptet, weiß nicht, was sein Amen bedeutet. (Wer zur Kommunion gehen will, muss zum Hochgebet Amen sagen. Wer das z.B. als Protestant oder "Wiederverheirateter" tut, muss sich also u.a. auch zum Papst und seinem Lehramt bekennen, das ja im Hochgebet vorkommt!) Schon im Synagogengottesdienst Israels hatte es genau diese Funktion: sich das vorgebetete anzueignen und es zu bestätigen. Das ist nicht zu unterschätzen: Das Amen zu sagen ist ein Recht und eine Pflicht des Gottesvolkes! Damit fordert es aber auch etwas: nämlich, dass dieses Berkenntnis nicht im luftleeren Raum geschieht, nicht folgenlos bleibt für das eigene Leben.
Was bedeutet es aber, wenn Jesus so oft (auch im heutigen Evangelium) das Amen seiner Rede voran stellt, obwohl man es doch am Ende erwarten würde? (Bei Lukas zuweilen mit "wahrlich" [gr. ἀληθῶς] wiedergegeben, meint es doch das gleiche; bei Johannes oft in liturgischer Verdoppelung.)
Der von mir hoch verehrter (später zum Katholizismus konvertierte) Neutestamentler Heinrich Schlier erklärt das sehr schön:
»Vielmehr ist durch die Voranstellung des Amen vor das eigene Wort Jesu dieses als ein solches gekennzeichnet, das sicher und zuverlässig ist. Und zwar sicher und gültig, weil und indem er, Jesus, sich in dem Amen zu seinem eigenen Wort bekennt und es für sich selbst gültig macht. [...] Damit ist aber mit dem ἀμήν (Amen) vor dem λέγω ὑμῖν (ich sage euch) Jesu die ganze Christologie in nuce enthalten: der, der sein Wort als ein wahres = festes aufstellt, ist zugleich der, der sich dazu bekennt und es in seinem Leben festmacht, und so wiederum als das erfüllte zur Forderung an den Andern werden läßt.« (ThWNT I, 341f.)
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