Sonntag, 25. November 2012

Sex, Sex, Sex...

Weils mir grad wieder unter den Nägeln brennt: Es ist kein Geheimnis, dass sich als "progressiv" verstehende Gruppierungen und Initiativen (die mit dem "Gespenst des Konzils") immerzu eine "Modernisierung" oder "Reform" der kirchlischen Sexualmoral ersinnen, den Zölibat abschaffen und überhaupt und sowieso eine "tolerante" Kirche fordern, die "auch andere Lebensentwürfe annehmen" soll. Verlinkungen erübrigen sich hier.

Im April dieses Jahres habe ich zu einem ähnlichen Thema bereits eine kurze Anmerkung geschrieben (hier).

Witzig finde ich das Ganze ja schon allein deshalb, weil die Autoren solcher Initiativen in ca. 100% der Fälle nicht einmal wissen, was die Sexualmoral der Kirche eigentlich ist.
Dass sich bei solchen Forderungen auch zuweilen Theologen beteiligen, überrascht nicht, ist doch gerade die Theologie des Leibes ein Gebiet, das leider auch unter Moraltheologen erstaunlich gut totgeschwiegen wird. Man beschäftigt sich viel lieber mit den Symptomen des Verfalls. Dieses Vorgehen mag zwar augenscheinlich "näher an der Realität der Menschen von heute" dran sein, aber es übersieht eben diese simple Tatsache, dass es sich dabei um Symptome handelt und man vielleicht doch auch mal die zugrundeliegende Pathologie ins Auge fassen sollte. Es ist jedenfalls immer wieder bemerkenswert, wie man die "Wurzelbehandlung" umgeht... hat man Angst die Menschen zu vergraulen?

Gerade die Theologie des Leibes birgt eine großartige Sicht auf den Menschen und aus ihr ergeben sich essentielle Konsequenzen für das Leben sowohl der Verheirateten, wie der Zölibatären.
Ich habe in der Zeit meiner Bekehrung ein Buch empfohlen bekommen: "Liebe und Verantwortung" von einem gewissen Karol Wojtyla (zu dem Zeitpunkt wusste ich nichtmal, dass das der Papst war, der wenige Tage später verstarb). Ich war gefesselt von diesem Buch. Heute weiß ich freilich, dass es die Grundlage bildet zu seiner Theologie des Leibes und bin Fan von allem, was er dazu geschrieben hat (auch wenn es zeitweise etwas langatmit daherkommt).


Was ist denn die kirchliche Lehre von der Sexualität?
Geht man nach dem, was im medialen Mainstream propagiert wird, lautet die Antwort "Wenn du Kondome verwendest, kommst du in die Hölle!!"
Und wenn man Verbandskatholiken und Ungehorsamsaufrufern zuhört, bemerkt man oft nur wenig davon Divergierendes. Auch für viele Katholiken ist z.B. so ein Wort wie "Keuschheit" ein absolutes Unwort. Das klingt in den Ohren vieler wie ein Tinitus: "Sexualität ist Sünde", "Zölibat", "Selbstkasteiung" und "Mittelalter". Und so dachte und hörte ich vor meinem Katholischwerden auch. Bis, ja bis...: Der (Halb)Satz aus dem KKK, den ich mir beim Thema Moral beim ersten Lesen sofort gemerkt habe, lautet: »Keuschheit bedeutet die geglückte Integration der Geschlechtlichkeit in die Person« (Nr. 2337).
Boooom!
Die Vorurteile waren weg. Der Tinitus auch.
Hier ist eine Aussage, die eigentlich jedem sofort einleuchten müsste.
Und es ist nichts isoliertes, wie ich herausfand, sondern dem liegt ein Prinzip zugrunde, das zueletzt in der Bundestagsrede des Heiligen Vaters ganz wunderbar aufstrahlte: die Ökologie des Menschen.
Weiter heißt es im KKK: »... und folglich die innere Einheit des Menschen in seinem leiblichen und geistigen Sein. Die Geschlechtlichkeit, in der sich zeigt, daß der Mensch auch der körperlichen und biologischen Welt angehört, wird persönlich und wahrhaft menschlich, wenn sie in die Beziehung von Person zu Person, in die vollständige und zeitlich unbegrenzte wechselseitige Hingabe von Mann und Frau eingegliedert ist.«

Grundaussagen der katholsichen Sexualmoral kreisen nicht um "Kondome sind böse!", sondern gehen eher in diese Richtung:
»Auf den Partner vertrauen können, an ihn als einen Freund denken dürfen, der nie enttäuscht, ist für den Liebenden Quell des Friedens und der Freude. Friede und Freude, dies sind die Früchte, die aus der Liebe hervorgehen und eng mit ihrem Wesen selbst zusammenhängen.
[...] Man kann in eine Person nicht Vertrauen haben, wenn man weiß oder ahnt, daß sie nur nach Lust und Vergnügen strebt. Man kann dies auch nicht, wenn man selbst so eingestellt ist. [...] Es braucht bloß einer der Partner eine eigennützige Haltung einzunehmen, und sofort [...] entstehen Verdächtigungen und Eifersüchteleien.« (aus: Liebe und Verantwortung)

Ein unerschöpfliches Thema. 

Es ist doch interessant, dass es Vorbereitungskurse und Katechesen für Firmlinge und Erstkommunikanten gibt (so schlecht die auch oft sind) und eine sogar jahrelange Vorbereitung auf den priesterlichen Dienst, aber nichts dergleichen für die Eheleute oder auch nur für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die mit dem Thema Sexualität konfrontiert werden. Man müht sich ab, beschreibt Transparente, unterschreibt Memoranden und klopft an bischöfliche Türen, um die Folgen eines Fehlens an Lehre und Führung zu beklagen und Änderungen einzuklagen. Nur fordert man die Änderungen am falschen Ende... und ich vermute, man tut das v.a. aus dem Bestreben einer Selbstrechtfertigung heraus: Anzuerkennen, dass der Fehler vielleicht im Handeln des Einzelnen liegen könnte, nicht bei der kirchlichen Lehre, ist unerträglich...

Nichts desto trotz ist es freilich ein Problem der Kirche, das auch angeprangert werden muss. Nur halt am richtigen Ende, nämlich am Anfang, bevor die Misere auch nur beginnt, deren Ratifizierung man dann hinterher zu fordern versucht.
Es ist zu schade, dass Leute wie David Berger, Uta Ranke-Heinemann, "Strickmoden aus Paderborn" (Drewermann) und dergleichen die Deutungshoheit viel zu oft beanspruchen können. Und die im Verfall befindliche Theologie etwa eines Eberhart Schockenhoff (der zumindest in seinen Vorlesungen und Interviews zunehmend alles so hinbiegt, wie er es braucht) tut ihr übriges zur Verarmung der katholischen Morallehre, obwohl sie doch eigentlich so reich und so schön ist! Mit Johannes Paul II. kam tatsächlich eine Revolution, deren Folgen unabsehbar sind... aber man wird das Gefühl nicht los, dass irgendeine Macht das zu unterdrücken und zu verschleiern scheint...

Umso erfreulicher ist es natürlich, dass es seit letztem Jahr an der Hochschule in Heiligenkreuz einen "Studienlehrgang Theologie des Leibes" gibt (hier). Na wenn das mal nicht ein Zeichen und ein Wink mit dem Zaunpfahl ist!


Vielleicht schreibe ich demnächst auch mal mehr zu dem Thema... wenn ich die Zeit finde.

2 Kommentare:

  1. Das ist ein ganz wunderbar klarer Artikel! Aber bedeutet er, dass Katholiken (oder ALLE Menschen?) Kondome verwenden dürfen OHNE dafür bestraft zu werden?

    PS: Wenn meine Frau mit mir nach Lust und Vergnügen strebt, darf .... Aber nein, ich stelle die Frage lieber meiner Frau, die versteht mehr davon als der gesamte katholische Klerus.

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