Samstag, 24. Mai 2014

Dürftige Theologie - 11 - Lebensänderung


Bitte die Einführung (hier) beachten!

»Meine persönliche Erfahrung ist, die Begegnung mit Christus, die wirklich möglich ist, verändert ein Leben und verändert die Perspektiven und damit auch die Grundüberzeugungen. Bei den Debatten, die wir zum Beispiel über Sexualmoral haben, bleibt dieser Aspekt realer Lebensveränderungen aber meist außen vor. Und ohne diesen Aspekt geht es eigentlich immer nur um den Vergleich von Normen, und darum, ob irgendetwas zeitgemäß ist oder nicht. Aber es geht nicht mehr um die eigentliche Frage, ob nicht so etwas wie echte Bekehrung auch den Blick verändern kann und wird - auf alle Bereiche menschlichen Zusammenlebens, einschließlich der Sexualität.« (Quelle)
So der neue Passauer Bischof Stefan Oster in einem Interview im Vorfeld seiner Weihe.

Was in all den Debatten heute fehlt, ist das Bewusstsein um das Wesentliche: Die immer wieder notwendige Umkehr zu Gott.

Hat ein Priester Probleme mit dem Zölibat, muss dieser abgeschafft werden.
Begeht jemand Ehebruch, soll die Kirche es gutheißenn.
Hat man vorehelischen Sex, soll die Kirche ihr placet gebenn.
Bastelt man sich ein eigenes Hochgebet, muss das doch "ok" sein.
Zelebriert man eine "hl. Messe" ohne Priester, soll die Kirche dieses "Laienengagement" anerkennen.
usw. usf.
...
Nicht mehr das Gebot ist Maßstab des Handelns, sondern das eigene Handeln wird zum Maßstab des Gebotes 2.0 erhoben. 

Egal worum es geht, in all den Debatten die heutzutage schwelen ist der Tenor klar: Man tut etwas, das gegen die Regeln Gottes und seiner Kirche verstößt und verlangt entsprechende Änderungen dieser Regeln, damit man sich wohl bei dem fühlen kann, was man tut. Nie, wirklich niemals, wird dabei auch nur in Erwägung gezogen, dass man sich im Unrecht befinden könnte, auf dem Holzweg, im Abseits. Folgerichtig kommt denn der Gedanke an eine Umkehr auch nicht auf... also jene für einen Christern eigentlich wesensmäßige Bewegung, ohne die er alles mögliche sein kann, bloß kein Christ.
Dass Gottes Gebot normatiov gilt und man sein Leben danach auszurichten hat, dementsprechend also an seinem eigenen Tun und Lassen hin und wieder eine Kurskorrektur vornehmen muss, das geriet völlig aus dem Blick.

Als Johannes Hartl heute den Link zu jenem Interview auf facebook teilte, schrieb er dazu: "So mutig ist, was er schon vorab sagt:"... und Johannes hat recht! Die Möglichkeit oder gar Notwendigkeit einer Änderung des eigenen Tuns anzusprechen, bedarf heutzutage Mut! Leider mehr als man denkt...

Zwar bemüht man in Theologenkreisen für die Forderung nach der "Kirche" als Erfüllungsgehilfin der eigenen Wünsche gerne auch biblische Bilder, aber dabei kann man dann immer wieder jenes interessante Phänomen beobachten, das ich vorzugsweise als eine "Blindheit auf dem rechten Auge" bezeichne, weil komischerweise immer wieder einschlägige Halbverse aus der Bibel zitiert werden, aber nicht der Rest vom Vers (wir lesen ja von Links nach Rechts...) bzw. was darauf folgt. Etwa wenn Jesus aus Joh 8,11 zitiert wird mit "Auch ich verurteile dich nicht.", aber der Schluss des Verses "Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!" unterschlagen wird. Oder wenn die Rede davon ist, den "verlorenen Schafen" nachzugehen, und man es tunlichst vermeidet zu erwähnen, dass der Sinn dieses Nachgehens einzig darin besteht, das verlorene Schaf wieder heim zu holen und eben gerade nicht darin, es auf seinem (Irr)Weg zu begleiten oder gar dazu zu ermutigen (vgl. hier)!

Kardinal Kasper scheint der Meinung zu sein, ein Ehebrecher könne zur Beichte gehen und danach einfach genau so weitermachen wie vorher. Und er nennt dies "Versöhnung" (vgl. hier). Finde den Fehler.
Versöhnung setzt immer auch Umkehr voraus!
Barmherzeighkeit bedeutet nicht, jemanden wie gehabt gewähren zu lassen! Hier ist vielmehr eine Hilfe zur Änderung intendiert.

Das liebste Brechmittel vieler Moraltheologen in diesen Tagen ist die Phrase von der "Versöhnung mit der eigenen Lebensgeschichte". Das hat nichts mit Versöhnung zutun, weil das Bezeichnete ein bloß intrinsischer Prozess ist, er dringt überhaupt nicht nach außen, erst recht nicht in Richtung Gottes oder seiner Kirche. Diese Phrase bedeutet im grunde nicht viel mehr als "sich mit dem abfinden/anfreunden, wie es ist", und ist somit das genaue Gegenteil von dem, was eigentlich die Pflicht jedes Christen ist.
Das Ziel des Christen ist die ewige Gemeinschaft mit Gott im Himmel. Dieses Ziel erreicht man nicht durch nichtstun, durch Zufriedenheit mit dem, was man tut oder wie man ist. Der Weg zu Gott verlangt Anstregung, Verzicht, Demut, Metanoia.

Schaut man sich die seit Jahrzehnten übliche Verkündigung an, oder tut man sich eine ganz normale Vorlesung der Moraltheologie an, ist man versucht zu glauben, es sei inzwischen fast unmöglich, überhaupt noch zu sündigen oder gar der Verdammnis anheim zu fallen. Kein Wunder, dass niemand mehr beichten geht. Alles lässt sich irgendwie rechtfertigen und umbiegen und am Ende verzeiht Gott sowieso alles, no questions asked.
Es herrscht offenbar nicht nur ein gewisser "Protestantismus" vor, bei dem "allein der Glaube" zur Seligkeit genügt, und die Werke egal sind. Es ist ein mutierter Protestantismus, dem man huldigt, denn es gilt: "sola opinio fidei", also "nur die Meinung des Glaubens": Ich bin der Meinung, dass ich glaube, also bin ich erlöst. Ob ich wirklich (den Glauben der Kirche) glaube, ist egal... und meine Werke sowieso.

Jesus sagt: "Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." (Mk 8,34)
In den letzten Monaten habe ich mehrmals aus bischöflichem Mund gehört, dieser "harte Weg" sei nur etwas für einige wenige "Heroen", nicht aber für "die Masse" der Christen. Daher könne man dies oder jenes (z.B. Enthaltsamkeit in einer zweiten zivilen Verbindung in Treue zum sakramental angetrauten Partner und dem Gebot des Herrn) nicht von allen verlangen. Nichts könnte falscher sein! Der Weg der Heiligkeit ist für jeden der einzige Weg! Ob es immer gelingt ist eine andere Frage, aber die Forderung ergeht an jeden und das Bemühen darum bleibt niemandem erspart.
Diesmal scheint die Blindheit auf dem linken Auge zu liegen, denn eingeleitet wird jenes Jesuswort so: "Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte:..." Offenbar richtet er sich nicht nur an die "Auserwählten", seine Jünger (vgl. Mt 16,24).

Walter Kasper betont in seinem "Evangelium von der Familie" sehr stark, dass es nicht sein könne, dass es eine Ausweglose Situation gebe, so unmöglich es auch ist, diese Situation zu "akzeptieren" (vgl. hier)... aber was der Kardinal zu legitimieren sucht, wenn er den Kommunionempfang (unter welchen Bedingungen auch immer, vgl. hier) erlauben will, ist letztlich ein bequemer Weg raus (der aber nicht wirklich raus führt)! Aber Kasper irrt (oder schweigt absichtlich), denn: Einen Ausweg gibt es auch in dem von ihm behandelten Extremfall bereits! Wenn nämlich die in ziviler Zweitehe Lebenden "wie Bruder und Schwester" zusammenleben, also nicht mit einander sexuell verkehren, begeghen sie nach geltendem Recht keinen Ehebruch und sind folglich auch nicht von den Sakramenten ausgeschlossen. (Gerade die Situation einer "Zweitehe" ist nunmal eine solche, in die man sich selbst begiebt, für die man selbst verantwortlich ist, niemand heiratet aus Versehen ein zweites Mal. Unser Problem ist, dass seit Jahrzehnten den Leuten, etwa in der Ehevorbereitung, nicht deutlich genug vermittelt wurde, was die Konsequenzen solcher Handlungen sind. Gerade deshalb muss an der Disziplin festgehalten werden, denn ein Defizit der Verkündiger darf nicht zur Auflösung der zu verkündigenden Inhalte führen, sondern diese müssen eben wieder neu eingeschärft werden! Auch das ist unbequem.)
Das ist nicht leicht, gewiss... eine Zumutung gar für heutige Ohren und Gemüter. Aber es ist ein Ausweg und er steht jedem offen! Und wenn man den nicht wählt, dann bleibt einem eben nur noch jener andere nicht minder schwere Weg des Verzichts auf die Kommunion...

Die unbequeme Wahrheit ist, dass es nicht immer möglich ist, einen bequemen Ausweg aus einer Situation zu finden. Manchmal manövrieren wir Menschen uns in eine Situation, aus der nur ein wahrhaftiger "Kreuzweg" herausführt. Das mag uns nicht gefallern, ist aber nun einmal so. Es ist nie leicht, etwas zu ändern, am schwersten ist es, sich selbst zu ändern. Aber ohne geht es nicht!

»Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt; das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst. Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.« (Röm 12,1-2)

Die christliche Hoffnung richtet sich letztlich auf das Jenseits. Auch diese Perspektive fehlt in den Debatten völlig.  Es ist uns nicht vergönnt, hier auf Erden alle Bequemlichkeit und Sorglosigkeit zu haben (wäre dem so, gäbe es keinerlei Notwendigkeit für irgendwelche "Opfer" im paulinischen Sinn). Letztlich gilt Jesu Verheißung aber auch genau jenen, die in einer solch schwerwiegenden und schwierigen Lage sind, aus der es keinen einfachen Ausweg gibt.
»Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden... Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein...« (Mt 5,4; Offb 21,4)

2 Kommentare:

  1. "Das ist nicht leicht, gewiss... eine Zumutung gar für heutige Ohren und Gemüter. Aber es ist ein Ausweg..." Aber diese Zumutung betrifft auch viele anderen Christen. Es gibt unzählige Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, keine Ehe eingehen konnten. Auch ihnen mutet unser Glaube zu, völlig enthaltsam zu leben. Man darf gespannt sein, welche Ratschläge Kardinal Kasper diesen Menschen anzubieten hat.

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    1. Natürlich. Die Situationen die keinen bequemen Ausweg für den Menschen bieten sind zahlreich... wie die Sünden...
      Die Implikationen von Kaspers Vorschlag lösen keine Probleme, sie bieten keine Auswege aus den vielfältigen "schwierigen Situationen" (diese Auswege gibt es bereits!)... sie tun bloß so, als seien sie nicht existent.

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