Donnerstag, 19. Juni 2014

Das Pallium

Warnung: Das Folgende interessiert außer ein paar theologischen  Spezis wohl kaum jemanden...

Der Apostolische Administrator der Erzdiözese Freiburg, Erzbischof Robert Zollitsch, hat heute bei der Festmesse zu Fronleichnam das Pallium getragen.

Das Pallium ist seit über 1600 Jahren eine Amtsinsignie der römischen Kirche die v.a. vom römischen Bischof getragen und seit etwa 1500 Jahren auch nur von ihm verliehen wird (zuvor, und in Einzelfällen noch bis ins 8. Jahrhundert, wurde es vom Kaiser verliehen!). Wie jede Insignie, ist sie eng an ein Amt gekoppelt: Mit der Übergabe des Palliums verleiht der Papst zugleich die Rechte und den Titel eines Metropoliten an den neu Geweihten. Das Pallium ist so sehr Orts- und Personengebunden, dass bei der Versetzung eines Inhabers in eine andere Diözese, er ein neues Pallium vom Papst erbitten muss. Ein aus dem Amt scheidender Metropolit gibt das Pallium am Ende seiner Amtszeit ab (wenn ich mich recht erinnere, an den Domprobst) und erst nach seinem Hinscheiden erhält er es wieder, nämlich wenn es zusammen mit seinen sterblichen Überresten beigesetzt wird (früher war das recht klar, da man i.d.R. auf Lebenszeit Bischof war).

Das Pallium drückt ganz entschieden die Abhängigkeit der Metropoliten (und aller Bischöfe) vom römischen Bischof aus. Aus diesem Grund werden die Pallien vor der Verleihung in der Confessio (Petrusgrab im Petersdom) aufbewahrt und ein neuer Metropolit muss innerhalb von drei Monaten nach der Konsekration bzw. Konfirmation sein Pallium beim Papst erbitten. Es darf nur zu bestimmten Anlässen innerhalb eines Pontifikalamtes und nur innerhalb der Kirchenprovinz des Inhabers getragen werden. Der Papst kann seins überall tragen.
In der östlichen Tradition entspricht dem Pallium das sog. Omophorion, das jedoch nicht aus Wolle besteht, sondern aus aufwändigem Brokat, zudem kann es dort jeder Bischof tragen. Das ist es, was bei Darstellungen östlicher Bischöfe (auch so mancher Kirchenlehrer) zu sehen ist, was aber oft fälschlich als "Pallium" bezeichnet wird.

Geistlich wurden das Omophorion der Ostkirche schon seit dem 5. Jahrhundert als das verlorene Schaf gedeutet, das der Bischof, als guter Hirte, auf seinen Schultern Heim trägt. Ab dem 11. Jahrundert wurde auch das Pallium der Westkirche so gedeutet. Das Pallium gilt aufgrund seiner Form als Zeichen der strengen Zucht (des Trägers gegen sich selbst und gegenüber seinen Untergebenen!), aufgrund seiner weißen Farbe aber auch als Mahnung zur Milde.
Dem aufmerksamen Beobachter wird nicht entgangen sein, dass das heute gebräuchliche Pallium des Papstes nicht nur von fünf Kreuzen geziert ist (bis ins Mittelalter variierte diese Zahl), sondern auch von drei Nadeln auf dreien dieser Kreuze, wobei auf der linken Schulter die Nadel (i.d.R.) "fehlt". Das ist kein Versehen! Die Nadeln dienten bis ins hohe Mittelalter der Befestigung des Palliums an der Kasel (es wurde nicht auf den Schultern, sondern auf den Oberarmen getragen), und vermutlich hatte es auch mit der damaligen Form des Palliums zutun (links liefen zwei Bänder, rechts nur eines, weswegen dort vermutlich die Nadel zur Befestigung nötiger war), sodass es durch die Nadeln am vorgesehenen Ort und "in Form" gehalten werden musste. Geistlich gedeutet wurde das in etwa so: Das irdische Leben mit seinen Mühen und Plagen wurde mit der linken Körperseite assoziierte... die Rechte symbolisiert entsprechend das zukünftige Leben, das frei ist von Mühen, Plagen... und "Stacheln".

Warum mir das heute besonders aufgefallen ist: Robert Zollitsch ist nicht (mehr) der Erzbischof von Freiburg! Ergo ist er nicht Metropolit der oberrheinischen Kirchenprovinz. Ergo nicht berechtigt, das Pallium zu tragen.
Ist das nun nur ein zu vernachlässigender Schnitzer des Zeremoniars, oder fällt es dem geschiedenen Erzbischof schwer, sich abzunabeln?


Bild: Papst Symmachus († 514) mit Pallium, auf einem Mosaik aus dem 7. Jahrhundert.

3 Kommentare:

  1. Mögliche Erklärungen a) Es macht ihm - auch als Emeritus- einfach wieder viel mehr Freude, katholisch zu sein ;-). b) Identitätsstörung c) klerikaler 'Fetischismus'. d) a-c ;-)

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  2. Ist mir auch schon aufgefallen:
    https://twitter.com/RKai67/status/470976782305615872
    Burger bekommt sein Pallium ja höchstwahrscheinlich erst am 29. Juni 2015 verliehen; nicht auszudenken, wenn Zollitsch in der Zwischenzeit als Emeritus ...

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  3. Als auf diesem Gebiet absolut Ahnungslose dachte ich mir beim Lesen folgendes: Ich lese das total gerne, weil es mir die Augen öffnet. Ich werde wohl ein Pallium immer noch nicht erkennen, selbst wenn es mich anspringt, aber ich schaue viel bewusster auf die Bekleidung des Priesters während der Messe und lasse mich davon erbauen (oder belehren, ja!)

    Und dann dachte ich auch noch, dass "die Menschheit", sprich unsere hiesige Gesellschaft ein Pallium ja sowas von überflüssig, veraltet und nervig findet: "Wer soll sich sowas merken!" aber überhaupt keine Probleme hat sämtliche Haute Coutures aus Frankreich, USA und Japan mit ihrem eigenen Vokabular detailreich wahrzunehmen und zu diskutieren. (obwohl selbst niemals tragbar)
    Mir werden die Goldfäden und aufwendigen Stickereien mancher Gewänder jedenfalls nicht mehr peinlich sein.

    Gehobene Sprache (neulich mal ein post bei dir) und gehobene Kleidung - zum Lobpreis des Höchsten - ist doch alles nur folgerichtig.

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