Dienstag, 31. Dezember 2013

Zum Jahreswechsel

Ich will die Gelegenheit des Jahreswechsel nutzen, meinen Lesern zu danken: Danke.

Ok... ehm... war sonst noch was?

Etwas aus dem Nähkästchen: Als ich vor zwei Jahren anfing, regelmäßig Gedanken hier einzustellen, diente das primär der Ablenkung und als eine Art öffentlicher Zettelkasten in dem Sinn, dass ich einfach gerne schreibe und ich in den vergangenen Jahren gemerkt habe, dass meine Gedanken zuweilen auch anderen nützlich sein können (es hat Gott gefallen, ein paar Menschen unter Einbeziehung meiner bescheidenen geistigen und geistlichen Begleitung zur Kirche [zurück] zu führen).
Ich nutze den Zettelkasten selber manchmal ("... dazu hab ich mal was geschrieben!") und ich wurde beim Klick auf den Button "Zufälliger Eintrag" auch schon manches Mal überrascht ("... dazu hab ich mal was geschrieben?").
Es freut mich ausgesprochen, wenn das, wie mir zuweilen und jüngst besonders mitgeteilt wird, fruchtbar wirken kann.

Übrigens habe ich inzwischen auch, nachdem mir das eigentlich schon vor über einem Jahr geraten wurde, die Freigabeschaltfläche für Google, facebook etc. aktiviert (habe das bisher nicht als nötig empfunden, weil ich solche Buttons selbst nie nutze)... feel free to share!

Ich kann mich zum Schluss nur wiederholen: Ich freue mich über Meinungen, (sinnvolles) Feedback und Hinweise aller Art. Fragen sind auch immer willkommen, eine Garantie ihrer Beantwortung kann ich freilich nicht geben.

Allen die dies lesen wünsche ich ein gesegnetes neues Jahr des und im Herrn: 2014!

Papst Silvester I.

Nicht zu verwechseln mit Sylvester, dieser ist nämlich
eine schwarz-weiße Katze die kleine gelbe Vögel jagt.

Es ist schon eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet der Papst, dessen Name einmal jährlich in aller Munde ist, Silvester I. († 335 am 31. Dezember), eine zwar von Legenden lange Zeit bunt angestrichene, de facto aber außerordentlich unbedeutende Persönlichkeit in der Kirchengeschichte war.

Sowohl die Konstantinische Schenkung, als auch die Reinigung Konstantins vom Aussatz, als auch dessen Taufe durch diesen römischen Bischof sind historisch nicht belegt (bzw. glatt widerlegt). Nimmt man die Legenden fort, bleibt nicht viel zu erzählen über diesen römischen Bischof.
Was wichtig war während Silvesters Amtszeit, wurde von Kaiser Konstantin veranlasst (z.B. der Bau von Lateran und Petersbasilika und v.a. das Konzil von Nicäa), so sehr, dass Konstantin sich selbst einmal als "Bischof der äußeren Angelegenheiten" bezeichnete. Wobei die Frage bleibt, was denn dann "innere Angelegenheiten" sein sollen.

Ein Verdienst, das man Silvester zusprechen kann ist, dass er, zumindest während seiner Amtszeit, Rom vor den Tumulten des arianischen Streits bewahrt hat. Er war wohl mehr ein Seelsorger als ein Politiker, und das ist wohl auch gut so.

Die Verehrung Silvesters ist insofern erwähnenswert, weil er, zusammen mit Martin von Tours, einer der ersten war, die in Rom verehrt wurden, obwohl sie keine Märtyrer waren. Die Kirche Santi Silvestro e Martino ai Monti in Rom wurde im frühen 6. Jahrhundert zu Ehren dieser beiden Heiligen von Papst Symmachus errichtet, anstelle einer älteren Kirche, die wiederum selbiger Papst Silveser über einer bereits dort bestehenden römischen Hauskirche errichten ließ.


PS. Wir feiern noch immer Weihnachten! 
In diesem Sinne:

Christus, Erlöser aller Welt,
Vom Vater Vaters Einziger,
Allein vorm Ursprungsanbeginn
Geboren unkündbarer Art.

Du Abglanz aus des Vaters Glanz,
Du, aller Hoffnung endelos,
Vernimm, was durch den Erdenkreis
Dein Volk an Bitten heiß ergießt.

Gedenke, Wurzel alles Heils,
Wie unsern Leib du ehemals,
Aus unberührter Jungfrau Schoß
Geboren, angenommen hast.

Des soll der Tag heut Zeuge sein,
Neukehrend in der Jahre Ring,
Wo Einziger du vom Vatersitz
Als Welterretter niederstiegst.

Und Himmel, Erdenflur und Meer,
Und alles, was drin Leben hat,
Als Stifter deiner Weltankunft
Tönt ihm entgegen jauchzend Lob.

Und wir auch, die dein heiliges
Vergossenes Blut hat freigekauft,
Dem Tage deiner Weltgeburt
Bringen wir neuen Hymnus dar.

Lob, Ehre, Vollkraft, Ruhmeszier

Sei Gott, dem Vater und dem Sohn
Mitsamt dem heiligen Tröstergeist
Durch die zeitungebundne Zeit.

(Christe, Redemptor omnium; Deutsch von R. Zoozmann)

Sonntag, 29. Dezember 2013

Fluchtpunkt


Nicht Ägypten ist der Fluchtpunkt der Flucht.
Das Kind wird gerettet für härtere Tage.
Fluchtpunkt der Flucht ist das Kreuz.

(Kurt Marti)

Samstag, 28. Dezember 2013

Gesellschaft ohne Moral und Vernunft



Der Tag "Unschuldige Kinder" ist für mich immer ein besonderer Tag, um mir über Ungerechtigkeit und Menschlichkeit Gedanken zu machen.

Weihnachts- und Neujahrsansprachen sind immer schrecklich nichtssagend... Dabei hat es doch schon Charles Chaplin vor über 70 Jahren in seiner abschließenden Rede in "The Great Dictator" vorgemacht, welche Botschaft Not tut.


Der jüdische (später evangelisch getaufte) Soziologe Eugen Rosenstock-Huessy († 1973) hat einen wensentlichen Askepte von Chaplins Rede in seiner zweibändigen "Soziologie" (1956) in einem kleinen Exkurs über "Das Gesetz der Technik" auf die bekannte Formel gebracht: "Der technische Fortschritt vergrößert den Raum, verkürzt die Zeit und zerschlägt menschliche Gruppen."

Wir leben in einer immer unbegrenzter und immer schneller werdenden Welt und werden zugleich einander immer mehr entfremdet. Uns selbst auch.
Was wir erleben, wenn es etwa um ein "Menschenrecht auf Abtreibung" geht, ist nicht so sehr eine Krise der Moral, sondern viel eher das völlige wegfallen von Vernunft.
Johannes hat hier (klick; lesen!) sehr schön gezeigt, dass wir Christen, wenn wir öffentlich "Werte" vertreten, nicht unsere ureigene Moral darbieten, sondern letztlich nur das Banner der Vernunft wehen lassen. Das Proprium der christlichen Moral findet eben primär Anwendung im Innenraum des Christlichen. Der evangelische Theologe Helmut Burkhardt hat dieses Jahr seine dreibändige Ethik abgeschlossen mit einem Band über "Die bessere Gerechtigkeit: spezifisch christliche Materialethik" in dem er sich genau mit diesem Proprium beschäftigt.
Ich rede hier von Moral, die nicht dem Christentum eigen ist, sondern die allgemein für alle Menschen Geltung beansprucht.

Was Chaplin seiner Zeit ins Stammbuch schreiben wollte, gilt immer. Aber es wird von Jahr zu Jahr drängender... die Technik schreitet in wahnwitzigem Tempo voran, die Menschlichkeit scheint nicht nur nicht damit Schritt halten zu können, sondern regelrecht einem entgegengsetzten Trend zu folgen.

Ein Beispiel: Das Internet ist eine tolle Sache. Wie Gewissens-, Rede- und Reisefreiheit, ist auch die Freiheit im Internet (das Teilhard de Chardin mit seinem Konzept der Noosphäre so prophetisch erahnte) für die freie und verantwortete Entfaltung des Individuums notwendig. Wenn der Zugang zum "gesamten Wissen der Menschheit" willkürlich eingeschränkt wird, ist das nichts anders als Freiheitsberaubung. Aber wie alle zivilisatorischen Errungnschaften, kann auch das Internet missbraucht werden. 
Da ließt man nun in einschlägigen Medien über eine Abmahnwelle von Usern pornographischer Inhalte im Internet, und nie taucht dabei überhaupt nur eine moralische Frage auf: Immer geht es nur um juristische Aspekte, um Recht und Gesetzt, das, wie wir wissen, mit Moral zunächstmal überhaupt nichts zutun hat. Dürfen die User sich die Inhalte angucken? Darf die Anwaltskanzlei sie dafür abmahnen? Wer hat die Rechte? Wer muss dafür zahlen? Rechtliche Fragen noch und nöcher. Und dann, nur marginal, wird erwähnt, dass die meisten Abgemahnten ohne viel Aufsehens einfach zahlen, weil sie nicht wollen, dass ihr Konsumverhalten öffentlich wird... irgendwo fiel sogar mal das Wort "Scham"... Ja! Also scheint es doch noch eine Spur von Moral (und also Vernunft) im je einzelnen Menschen zu geben, wenn sie sich für ihren Pornographiekonsum schämen. Solange wir uns für unser Tun schämen können, sind wir vernünftige und der Moral fähige Wesen. Aber mehr als eine Marginalie ist diese Tatsache den Medien nicht wert, schnell gehts wieder um Anwälte, Richter und Geld. Das ist besonders schade, weil natürlich die abmahnenden Kanzleien genau auf diese Scham und das daraus resultierende "lieber einfach zahlen, statt groß Aufsehen erregen" spekulieren, zumal die Beträge im jeweiligen Einzelfall ja meist recht klein (etwa 200€) sind. Der Rest, der an Moralfähigkeit noch übrig ist, wird regelrecht ausgeschlachtet.

Es geht nicht mehr um Moral... auch in der Debatte um Abtreibung geht es über weite Strecken nur um Legalität ("MenschenRECHT auf Abtreibung") und sodann noch um die "Gesundheit", die nach dem Bekunden von immer mehr Menschen ja im Leben "das Wichtigste" ist; die Frage nach der moralischen Vertretbarkeit, wird meist ausgeblendet oder in aller Scheinheiligkeit auf ein fremdes Terrain versetzt, wobei der Fokus dann sehr geschickt auf das Mitleid für die geknechtete Eigentümerin des befallenen Uterus (denn "Mutter" ist bekanntlich ein herabwürdigendender Begriff!) gelegt wird.

Wohin führt dieser Pfad?
Ich bin dem geschiedenen Freibuger Erzbischof, der sich sonst ja nicht gerade mit Ruhm bekleckert, dankbar, dass er gerade dieses Thema für seine Weihnachtsworte wählte. Es braucht aber noch viel mehr. Und vor allem braucht es aus der Politik endlich mal etwas anderes als immer nur Floskeln und billige Allgemeinplätze. Die Welt scheint in einem ekelerregenden Taumel in Richtung ihrer eigenen selbst gebauten und hoch technisierten Hölle gefangen...
Chaplin spricht am Ende seiner Rede von Demokratie und von "science and progress" und hier liegt genau sein Fehler bei aller Wahrheit seiner Rede: Der Fortschritt an sich bringt weder mehr Vernunft, noch Freiheit. Auch Demokratie nicht. Etwas anderes muss noch dazu kommen...

Miserere nobis, Domine!

Freitag, 27. Dezember 2013

Das Großereignis 2013

Kardinal Marc Ouellet, v. Balthasar Schüler, im März als papabile gehandelt und ein enger Vertrauter des aktuellen wie des vorherigen Papstes, gestern im Interview mit Radio Vatikan (hier; eigene ad hoc Übersetzung) über das größte Ereignis in der Kirche im Jahr 2013:
»Der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. eröffnet große Möglichkeiten. Darum meine ich, dass das wirkliche Großereignis dieses Jahres der Rücktritt des Papstes gewesen ist, eine tatsächlich neuartige Geste. Es war die größte Neuheit in der Geschichte der Kirche, die sowohl von großer Demut zeugt, wie auch von einem hohen Maß an Vertrauen in den Heiligen Geist für die Zukunft. Man muss Benedikt XVI. sehr dankbar sein für das Eröffnen dieses Horizontes und für die Ermöglichung jenes Neuen, das mit Papst Franziskus angebrochen ist. Ich glaube, dass es eine Kontinuität gibt zwischen jenem ersten Neuen und all denen, die Papst Franziskus dann gebracht hat. Wenn ich auf das Jahr 2013 blicke, glaube ich, dass wir in einer Zeit des großen pastoralen Wandels in der Geschichte der Kirche leben, besonders im Hinblick auf die Gestalt Papst Franziskus'.«

Dem kann ich mich nur anschließen. Es ist vieles "neu" mit diesem Papst, wozu sein Vorgänger geradezu eine Steilvorlage geliefert hat. Spannende Zeiten! Das Vertrauen in den Geist Gottes und die Gelassenheit der Kinder Gottes sind freilich unerlässlich, um nicht überwältigt zu werden. 

Donnerstag, 26. Dezember 2013

Der Herr der Töpfe und Pfannen


Herr der Töpfe und Pfannen,
ich habe keine Zeit,
eine Heilige zu sein
und Dir zum Wohlgefallen
in der Nacht zu wachen,
auch kann ich nicht meditieren
in der Morgendämmerung
und im stürmischen Horizont.

Mache mich zu einer Heiligen,
indem ich Mahlzeiten zubereite
und Teller wasche.
Nimm an meine rauen Hände,
weil sie für Dich
rau geworden sind.

Kannst Du meinen Spüllappen
als einen Geigenbogen gelten lassen,
der himmlische Harmonie
hervorbringt auf einer Pfanne?
Sie ist so schwer zu reinigen
und ach, so abscheulich!

Hörst Du, lieber Herr,
die Musik, die ich meine?
Die Stunde des Gebetes ist vorbei,
bis ich mein Geschirr
vom Abendessen gespült habe,
und dann bin ich sehr müde.

Wenn mein Herz noch am Morgen
bei der Arbeit gesungen hat,
ist es am Abend schon längst
vor mir zu Bett gegangen.
Schenke mir, Herr,
Dein unermüdliches Herz,
dass es in mir arbeite statt des meinen.

Mein Morgengebet
habe ich in die Nacht gesprochen
zur Ehre Deines Namens.
Ich habe es im voraus gebetet
für die Arbeit des morgigen Tages,
die genau dieselbe sein wird
wie heute.

Herr der Töpfe und Pfannen,
bitte darf ich Dir
anstatt gewonnener Seelen
die Ermüdung anbieten,
die mich ankommt
beim Anblick von Kaffeesatz
und angebrannten Gemüsetöpfen?

Erinnere mich an alles,
was ich leicht vergesse;
nicht nur um Treppen zu sparen,
sondern, dass mein
vollendet gedeckter Tisch
ein Gebet werde.

Obgleich ich Martha-Hände habe,
hab' ich doch ein Maria-Gemüt,
und wenn ich die schwarzen Schuhe putze,
versuche ich, Herr,
Deine Sandalen zu finden.
Ich denke daran,
wie sie auf Erden gewandelt sind,
wenn ich den Boden schrubbe.

Herr, nimm meine Betrachtung an,
weil ich keine Zeit habe für mehr.
Herr, mache Dein Aschenbrödel
zu einer himmlischen Prinzessin;
erwärme die ganze Küche
mit Deiner Liebe
und erleuchte sie mit Deinem Frieden.

Vergib mir, dass ich mich absorge,
und hilf mir, dass mein Murren aufhört.
Herr, der Du das Frühstück am See
bereitest hast, vergib der Welt,
die da sagt: "Was kann denn
aus Nazareth Gutes kommen?"

(Gedicht: Teresa von Avila zugeschrieben; Bild: Francisco de Zurbarán)

Zurbarán, 1664 gestorben, war fast ein Zeitgenosse Teresas von Avila. Während sich die Niederländer jener Zeit darauf spezialisierten Blumen zu malen, malten die Spanier Küchenutensilien... eine das Alltägliche nicht verachtende Aufmerksamkeit scheint hier ein gemeinsamer Nenner zu sein.
Das Kind, das wir dieser Tage in der Krippe erblicken, in nicht mehr zu überbietender Banalität und "Erdnähe" also, mag ein Wink sein auf den Ort, wo wir Gott nicht nur nicht vergessen, sondern getrost auch suchen sollen. Der Futtertrog im Stall ist nicht nur ärmlich, er ist v.a. irdisch. Gott tritt ganz in diese Welt... das Mindeste, was wir tun können, ist, ihn nicht bloß im geistlich Verklärten und ungemein bodenlos Überhöhten, sondern zu allererst in eben dieser Welt zu suchen, in all ihrer Stupidität und scheinbaren Gottesferne.
Gott wird Mensch um uns zu erlösen. Um Ihm anzugehören müssen wir also selbst erstmal Menschen sein, bevor wir Erlöste sein können! 

Dienstag, 24. Dezember 2013

Iubilate deo omnes


Puer natus est nobis,
et filius datus est nobis,
cuius imperium super humerium eius
et vocabitur nomen eius,
magni consilium angelus.
Cantate Domino canticum novum,
quia mirabilia fecit.
Viderunt omnes fines terræ
salutare dei nostri,
Iubilate deo omnes.

Montag, 23. Dezember 2013

Theologie der Befreiung

Weil das wohmöglich wieder Wellen schlägt (auf facebook geht's schon los), ein paar Worte zur Orientierung:

Erzbischof Müller hat dieser Tage vermelden lassen (hier), die Theologie der Befreiung gehöre zur Kirche. Und EB Müller hat recht! 

Tatsächlich hat die Kirche nie die Befreiungstheologie en bloc verurteilt, sondern, und das gehört sich so für eine Gemeinschaft, die keine Sekte ist, sie hat diese für uns Westler unvorstellbar vielseitige theologische Strömung immer sehr differenziert betrachtet. Die Instruktion Libertatis nuntius der Kongregation für die Glaubenslehre "über einige Aspekte der 'Theologie der Befreiung'" vom 6. August 1984 redet denn auch immer wieder von "manchen 'Befreiungstheologien'", bei denen Bedenken angebracht oder eine klare Ablehnung nötig ist. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass sich auch diese Theologie in den letzten 30 Jahren gewandelt und differenziert hat; sie ist heute nicht mehr identisch mit dem, was damals in aller Munde war. Zwischen einem Leonardo Boff und einem Óscar Romero (dessen Seligsprechungsprozess noch immer läuft), liegen Welten!

Insofer ist die Nachricht über die Befreiungstheologie als Teil der Kirche so neu nicht. Zumal gerade EB Müller, der u.a. zusammen mit einem Begründer der Befreiungstheologie, Gustavo Gutiérrez, 2004 ein Buch dazu herausgebracht hat (im Sankt Ulrich Verlag, inzwischen sehr schwer zu kriegen), hier keineswegs ein Neuling ist. Benedikt XVI. war sich durchaus im Klaren, dass er mit Müller einen Theologen mit weitem Horizont in die Kurie beruft. Das mag auch der Grund sein (und eine nette Koinzidenz noch dazu), warum EB Müller und Franziskus so gut mit einander können: beide haben sich ausgiebig mit dieser Theologie befasst, beide wissen um ihre Grenzen aber auch um ihren Wert.

Generell positiv ist auch zu bewerten, dass nun wohl zunehmend genau das geschieht, was der Weltkirche wirklich auch Not tut, nämlich die Weitung der Perspektive, gerade auch in Rom, über Rom hinaus. Radio Vatikan (s. Link): "Wenn man vom 'Zentrum der Kirche' spreche, sei dies nicht nur Rom oder der Vatikan, so der Erzbischof weiter. Denn das Zentrum sei auch dort, wo die Kirche den Leidenden begegne."
So wie der deutsche Verbandskatholizismus nicht über seinen Tellerrand hinausblicken kann, so können auch oft die "Konservativen" nicht über Rom hinaus blicken.
Eine gute Entwicklung!

Libertatis consciencia, das Nachfolgedokument des oben erwähnten Libertatis nuntius, das ausdrücklich mit diesem zusammen gelesen werden soll, stellte 1986 fest:  
»Man muss durch eine tiefe Betrachtung des Heilsplans, wie er sich vor der Gottesmutter im Magnifikat ausbreitet, dem Glauben der Armen helfen, sich klar auszudrücken und sich im Leben zu verwirklichen. Hier liegt eine ehrenvolle kirchliche Aufgabe, die auf den Theologen wartet. Daher ist eine Theologie der Freiheit und der Befreiung, als treues Echo des Magnifikat Mariens, das im Gedächtnis der Kirche bewahrt wird, eine Forderung unserer Zeit.« (LC 98)

Gleichwohl muss, wie bei allen theologischen Schulen und religiösen Entwicklungen, das rechte Maß und die Orientierung an der Wahrheit behalten werden, weshalb sogleich klargestellt wird:  
»Es wäre aber eine schlimme Verkehrung, wollte man sich der Energien der Volksfrömmigkeit bemächtigen, um sie auf ein Projekt rein irdischer Befreiung umzuleiten, das sich sehr schnell als eine Illusion und als Ursache neuer Versklavungen offenbaren würde. Die also den Ideologien der Welt und der angeblichen Notwendigkeit der Gewalt nachgeben, werden der kühnen und mutigen Hoffnung untreu, wie sie der Hymnus auf Gottes Barmherzigkeit preist, den uns die Gottesmutter lehrt.« (LC 98)

Bleibt zu sagen:  
»Der Glaubenssinn erkennt die ganze Tiefe der Befreiung, die durch den Erlöser gewirkt worden ist. Er hat uns vom radikalsten Übel, der Sünde und der Macht des Todes, befreit, um der Freiheit ihre wahre Natur zu geben und ihr den Weg zu weisen. Dieser Weg ist vorgezeichnet durch das Hauptgebot, das Gebot der Liebe.« (LC 99)

Eine pauschale Polemik gegen jede Theologie der Befreiung, die immer wieder v.a. vom rechten Rand vorgebracht wird, ist weder hilfreich noch glaubwürdig. Eine ernsthafte Beschäftigung und (gerne auch kritische) Würdigung wäre eher sinnvoll und fruchtbar. Wenn ich die Zeit finde, schreibe ich demnächst vllt. auch hier mal was über Inhalt und Ziele der Befreiungstheologie... ma schaun...

Sonntag, 22. Dezember 2013

Das Schweigen Josefs

»Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum [...]. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.« (Mt 1,18-20.24)

Der Ziehvater Jesu, dessen biologische Verbindung zu Jesus von allen biblischen Zeugen dezidiert ausgeschlossen wird ("Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren"), ist eine verschwiegene Gestalt. Es sind keine Worte aus dem Mund Josefs überliefert. Er ist kein Mann vieler Worte, aber umso mehr ein Mann der Tat. Voll der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Gott gehorsam und ihm völlig vertrauend.
In der Kirchengeschichte gab es verschiedentlich die Ansicht, dass Jakobus der "Herrenbruder", eine der drei "Säulen" der frühen Gemeinde in Jerusalem (Gal 2,9), der Autor des gleichnamigen Briefes ist. Wenn nun, wie dies auch öfters gedacht wurde, dieser Jakobus tatsächlich ein Sohn Josefs aus einer früheren Ehe, und nicht ein noch fernerer Verwandter ist, so mag im Jakobusbrief auch etwas vom Wesen Josef aufscheinen (denn der Apfel fällt nicht weit vom Stamm).

Der Autor des Jakobusbriefes ist merkbar wortkarg, er kommt ohne Floskeln aus und schreibt konzis. Und er warnt sehr deutlich vor der Macht des Wortes: "Denkt daran, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch soll schnell bereit sein zu hören, aber zurückhaltend im Reden" (Jak 1,19). Auch Jakobus ist ein Mann der Tat, für den sich alles Reden und Glauben bewähren muss: "So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat. Wer meint, er diene Gott, aber seine Zunge nicht im Zaum hält, der betrügt sich selbst und sein Gottesdienst ist wertlos." (Jak 2,17.26) 
Jakobus wird von dem Kirchenhistoriker Hegesipp († um 180 in Jerusalem) beschrieben als "der Gerechte" und als "Burg des Volkes" geehrt, weil er bis zu seinem Martyrium oft im Tempel in Jerusalem auf Knien für das Volk betete, aus dem der Messias entstammte. Für Jakobus gilt die Liebe über alles und ihre Werke vor allen Worten. Die Werke der Liebe aber sind zu leisten ohne Ansehen der Person: "Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren." (Jak 2,27)

Vielleicht können uns diese Beiden schweigsamen und umso mehr besonnenen Heiligen, gerade im Trubel vor Weihnachten, aber auch alle Tage, ein gutes Beispiel der Besonnenheit geben. Jeden Tag können wir (auch auf die Fürsprache des hl. Josef, des Patrons der Kirche!) mit dem Psalmisten den Herrn bitten: "Herr, stell eine Wache vor meinen Mund, eine Wehr vor das Tor meiner Lippen!" (Ps 141,3) 


PS. Ja, ich habe etwas geflunkert... der Engel ist eigentlich ein Verkündigungsengel in einem größeren Bild von Fra Angelico, und er gebietet nicht Schweigen, sondern zeigt zum Himmel... seis drum, es schien mir passend. :)

Freitag, 20. Dezember 2013

Im Land der Selbstgerechten

Mein Beitrag über "Jubel-, Pöbel- und Binnenkatholizismus" von Ende November (hier) ist auf diesem Blog der meistgelesene Beitrag des Jahres 2013. Leider gab es aber nur wenige Kommentare.
Immer wenn man denkt, weiter kann das Niveau nicht sinken, irgendwann muss es doch mal bergauf gehen... welch bessere Zeit, als der Advent?

Dieser Tage habe ich wiederholt versucht, meinen Senf zum Tagesgeschehen zu geben. Seien es die ersten absolut überhaupt nicht überraschenden Ergebnisse der vatikanischen Bestandsaufnahme (es ist keine Umfrage!), die zunehmende Christenverfolgung, die neuesten Äußerungen aus Rom, Limburg, Trier, Freiburg und sonstwoher. Ich habe nie mehr als ein, zwei Sätze schreiben können, weil es mir letztlich immer nur die Sprache verschlagen hat.

Da haben ein paar Moraltheologen den vatikansichen Fargebogen beantwortet, und sofort schwafelt katholisch.de von einer "Erklärung"  und von "Theologieprofessoren fordern von der Kirche eine neue Sexualmoral". Dabei haben die Herren lediglich die Fragen beantwortet... und von manchen Phrasen und dem üblichen Mummenschanz mal abgesehen, finde ich die Antworten sogar erstaunlich ehrlich und v.a. hilfreich!

Immer mehr deutsche Bischöfe bringen sich derweil in Startposition, für den neuesten deutschen Sonderweg gegen die Weltkirche.

Da ist ein Politiker, den wohl in grauer Vorzeit mal irgendwer gekannt hat und der nun unverhohlern dem Vatikan droht (lol) und sogleich anbietet, bei Bedarf den Bischof eigenhändig zu erwürgen oder ggf. standesrechtlich erschießen zu lassen. Der Grund ist so wunderbar offensichtlich: Es darf keine Versöhnung geben!

Ich kann überhaupt nicht so viel fressen, wie ich dieser Tage kotzen möchte, angesichts des Verhaltens so vieler Leute die Verantwortung tragen (wollen)!

Die "anderen" sind aber auch nicht faul: kath.net kommt mit einem völlig blöden Clipart daher, das BDKJ und "17 Theologen" bei der Anbetung des goldenen Kalbs ("Sex") zeigt.
cui bono?

Und das Vatican Magazin bringt erneut einen Bericht über Limburg der fern alles Sinnvollen liegt... beim letzten Mal war es das hofberichterstatterische "Interview" mit dem Noch-Bischof, diesmal ist es ein "Psychogramm eines Problembistums", in dem dann aber nur die immer gleichen altbackenen Lamentationen drinstehen, wie sie auch überall sonst in Deutschland Anwendung finden könnten... der Informationsgehalt ist gleich 0.

Bin ich froh, dass ich schon vor einigen Jahren zum Katholizismus gefunden habe... und, Gott sei Dank, gilt meine Liebe der ganzen Katholischen Kirche, nicht bloß jenem deutschen Zipfel... So wie das hierzulande seit Monaten zugeht, würde ich den ganzen Haufen am liebsten gesammelt wegsperren... in einen Raum ohne Trennwände... damit man sich mal ordentlich aussprechen und handfest prügeln kann... Böses Blut und aggressives Erbgut aus dem Genpool entfernen... wissenschon...
Advent? Nein. Jeder gegen Jeden... man brüllt, klefft, beißt und kratzt was das Zeug hält...

Es findet ein ausgewachsener Krieg (wenn nicht Genozid) gegen die Christen im Nahen Osten statt, und alle Waszusagenhaber unter den deutschen Christen plappern über die selben alten und abgelutschten Themen. Nabelschau. Ich! ICh! ICH! Die Gunst der Stunde nutzen! Jetzt ist "Aufbruch"! jetzt wird alles anders! Jetzt ist Revolution!
Kindergartengezänk.

SO fegt man die Kirchen klinisch sauber... Glückwunsch!


In der Vesper vom 19. und 20. Dezember betet die Kirche im Responsorium:
»Der du auf den Cherubim thronst, erscheine, erwecke deine Macht und komm. Lass dein Angesicht leuchten, dann ist uns geholfen.«
Erwecke deine Macht und komm!

Montag, 16. Dezember 2013

der verwirrende Bileam


»Als Bileam aufblickte, sah er Israel im Lager, nach Stämmen geordnet. Da kam der Geist Gottes über ihn, er begann mit seinem Orakelspruch und sagte: Spruch Bileams, des Sohnes Beors, Spruch des Mannes mit geschlossenem Auge, Spruch dessen, der Gottesworte hört, der eine Vision des Allmächtigen sieht, der daliegt mit entschleierten Augen. [...]
Und er begann mit seinem Orakelspruch und sagte: Spruch Bileams, des Sohnes Beors, Spruch des Mannes mit geschlossenem Auge, Spruch dessen, der Gottesworte hört, der die Gedanken des Höchsten kennt, der eine Vision des Allmächtigen sieht, der daliegt mit entschleierten Augen: Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel.« (Num 24,2-4.16-17)

Bileam ist eine kuriose und sehr zwiespältige Gestalt. Er gehörte nicht dem Volk Israel an (darum wirft er sich auf den Boden vor Gott, weil er als Unbeschnittener nicht vor Gott zu stehen wagt) und sein Ziel war es eigentlich, zusammen mit dem moabitischen König Balak, Gott für seine Zwecke mit Opfern zu bestechen (Num 22,1) und das Moab gegenüber feindliche Israel zu verderben (sein Name heißt wörtlich "ihre Verwirrung", freier übersetzt oft mit "Volksverderber" wiedergegeben): "Darauf sagte Balak zu Bileam: Komm mit, ich will dich noch an einen anderen Ort mitnehmen. Vielleicht ist es Gott recht, dass du mir das Volk von dort aus verfluchst." (Num 23,27) Immer wieder versuchte Bileam, Gott für seine Zwecke zu instrumentalisieren, aber Gott legte ihm andere Worte in den Mund, und kehrte den Spieß einfach immer wieder um: "Doch wie soll ich verwünschen, wen Gott nicht verwünscht, wie soll ich drohen, wem Jahwe nicht droht?" (Num 22,8)

Die bekannte Episode mit der sprechenden Eselin (Numeri 22) zeigt Bileams zwiespältige Natur besonders eindrücklich, weil sein Reden und sein Tun sich allzuoft widersprechen. Als Balak ihm befiehlt, zu ihm zu kommen, aber Gott es ihm verbietet ("Geh nicht mit!" 22,12), sagt Bileam, er könne "dem Befehl des Herrn, meines Gottes, nicht zuwiderhandeln", aber gleich am nächsten Morgen bricht er dennoch auf, woraufhin eben jene Episode mit dem Esel geschieht, der den Engel auf dem Weg sieht, während Bileam diesen nicht sehen kann: "Aber Gott wurde zornig, weil Bileam mitging, und der Engel des Herrn trat Bileam in feindlicher Absicht in den Weg."

In neutestamentlicher Zeit galt Bileam als das Paradebeispiel eines Irrlehrers und also Volksverführers: "Bei dir gibt es Leute, die an der Lehre Bileams festhalten; Bileam lehrte Balak, er solle die Israeliten dazu verführen, Fleisch zu essen, das den Götzen geweiht war, und Unzucht zu treiben." (Offb 2,14; vgl. 2.Petr 2,15 und Jud 11)

Umso bemerkenswerter, wenn wir heute in der Lesung hören, dass Bileam "Gottes Worte hört", der Geist Gottes auf ihm ruht, und er sogar "die Gedanken des Höchsten kennt" (im krassen Widerspruch zur rhetorischen Frage des Paulus in Röm 11,34!).
Man spührt regelrecht, wie Bileams Wille dem was er tut widerstrebt, wenn er an anderer Stelle sagt "
Gott ist kein Mensch, der lügt, kein Menschenkind, das etwas bereut. Spricht er etwas und tut es dann nicht, sagt er etwas und hält es dann nicht? Sieh her, ich habe es übernommen zu segnen; so muss ich segnen, ich kann's nicht widerrufen." (Num 23,19-20)

Am Ende wird Bileam im Midianiterkrieg von den Israeliten getötet (Num 31,8).
Nichts desto trotz, wird es sein Teil, durch die "Einflüsterungen" Gottes eine Beschreibung Israels zu tun, die einem Loblied gleicht (etwa die militärischen Siege: Num 24,18-24). Und v.a. wird Bileam ein herrlicher Vorblick auf den Messias gewährt:
»Jakob, wie schön sind deine Zelte, wie schön deine Wohnstätten, Israel! Wie Bachtäler ziehen sie sich hin, wie Gärten am Strom, wie Eichen, vom Herrn gepflanzt, wie Zedern am Wasser. Von seinen Schöpfeimern rinnt das Wasser, reichlich Wasser hat seine Saat. Sein König ist Agag überlegen, seine Königsherrschaft erstarkt. [...]
Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel.« (Num 24,5-7.17)

Hier haben wir einen Mann, einen Heiden, dem eine einzigartige Gotteserkenntnis zuteil wurde, ja, der regelrecht von Gott als Werkzeug gegen seinen Willen gebraucht wurde, der aber von sich aus schon zweigeteilt zu sein scheint... und am Ende wird er in Gottes Auftrag umgebracht... Ich verstehe diese Gestalt nicht... er ist wohl gleich in mehrfacher Bedeutung eine "verwirrende" Figur...

Freitag, 13. Dezember 2013

Von der "Wahl" eines Bischofs

Unsere Bundeskanzlerin demonstriert seit einigen Jahren in immer exzellenterer Weise, wie Demokratie funktioniert. Nämlich v.a. mit Anbiederung... wenn das "Volk" der Souverän ist, muss man sich gütlich mit ihm stellen, denn das Volk will bekanntlich nicht was "richtig" ist, sondern was das Gemüt anspricht. Eine Politik des Machterhalts zeichnet sich in einer Demokratie naturnotwendig durch Wankelmütigkeit und Standpunktlosigkeit aus. Wieso sind alle davon so überrascht? Wenn die Stimmung im Volk schwankt, muss natürlich derjenige, der regieren will, mitschwanken, sonst wird er nicht gewählt, und wer einen Standpunkt hat, macht sich notwendigerweise für einen Teil des Stimmviehs unwählbar.
Der einzelne Bürger mag noch so mündig sein, die Masse, und sie ist nunmal das, was in einer Demokratie zählt, ist es nicht! Vor allem in "Friedenszeiten" ist sie sehr verwöhnt...

Die Katholische Kirche in Deutschland leidet m.E. beträchtlich unter zu viel Einfluss durch die Politik. Das ZdK, jenes selbsternannte oberste Organ der Katholiken im Land, ist evidentermaßen ein Politikerkarussel, das nur marginal mit theologischer Kompetenz ausgestattet ist und das, soweit der Eindruck von Außen dies zu beurteilen zulässt (ein Urteil über den Einzelnen maße ich mir nicht an, ich sehe aber die Früchte des dort betriebenen Geschäfts!), ohne erkennbare Spuren von soetwas wie Frömmigkeit oder gar Heiligkeit bei den Mitgliedern auskommt.(Gleiches gilt auch für den Rat der EKD.)

Die Nähe der Politik zur Kirche ist natürlich nichts Neues, es gibt sie seit der Konstantinischen Wende. Heute kann diese Nähe aber weitaus zerstörerischer sein als früher, denn heute bekommt jeder diese Nähe zu spüren und, siehe Merkel, die politische Führung (auch in der Kirche) ist gezwungen, sich dem "Volk" anzubiedern, sich ihm gegenüber darzustellen... Dem mittelalterlichen Pfarreischäfchen konnten die Kanäle zwischen Bischof und Fürst recht egal sein, und dem Fürsten wiederum das Befinden jenes Schäfchens... heute ist das nicht mehr so, Demokratie und Medien sei Dank. 
Zudem geht es der deutschen Kirche ja so gut, dass sie allen Grund hat, verwöhnt und bequem zu sein... Es herrscht weitestgehend Friede... bei uns wird niemand für seinen Glauben verfolgt (es sei denn, er wiederspricht dem gesellschaftlichen Mainstream, was unsere geweihten und nicht geweihten Wortführer aber nur äußerst selten tun) und das finanzielle Polster federt noch immer alle Verrottung und allen Verfall im Unterbau ab. Dass das eigentliche Proprium der Kirche seit einem halben Jahrhundert hierzulande in eklatanter Weise verramscht und totgetrampelt wird (die Morallehre, mehr dazu hier, ist nur ein aktuelles Beispiel) stört dabei nur unmerklich... man schickt sich eher noch an, das bisherige Handeln zu verstärken. Das soll aber jetzt nicht das Thema sein, sondern hier geht es um die Frage nach der Bestellung von Bischöfen.

Um zu verstehen, warum die Kölner Initiative zur "Beteiligung an der Wahl eines Bischofs" so fragwürdig ist, ist es hilfreich zu betrachten, wie denn eigentlich ein Bischof zu seinem Amt kommt.


Der Regelfall der Bestellung eines Bischofs, der bei ca. 99% aller Bischofsernennungen in der römisch-katholischen Kirche vorliegt, funktioniert so:

In regelmäßigen Abständen (alle 1-3 Jahre) schickt der Bischof einer Diözese sowie die zuständige Bischofskonferenz eine so genannten Absolute Liste mit geeigneten Kandidaten nach Rom [die Liste ist "absolut", weil es dabei um Priester geht, die generell geeignet wären, in den Bischiofsstand aufgenommen zu werden, ohne dass damit bereits ein konkretes Bischofsamt verbunden wäre], sodass Rom immer einen Pool von Priestern in jeder Diözese kennt, aus denen man gegebenenfalls neue Bischöfe ziehen kann.
Wird ein Bistum vakant, weil der Bischof gestorben oder zurückgetreten ist, wird durch den örtlichen päpstlichen Legaten (Nuntius) unter geheimer Befragung der Bischöfe der betroffenen Kirchenprovinz, der zuständigen Bischofskonferenz, des Klerus der betroffenen Diözese sowie von Laien, "die sich durch Lebensweisheit (sapientia) auszeichnen" (c. 377 § 3 CIC), eine so genannte Relative (Dreier-)Liste geeigneter Kandidaten erstellt und ebenfalls nach Rom gesandt [diese Liste ist "relativ", weil sie Zweckgebunden ist für die Besetzung eines bestimmten Bischofsamtes, weswegen also auch Kandidaten draufstehen können, die bereits dem Bischofsstand angehören], die nun dem Pool geeigneter Kandidaten zugerechnet werden.

Jetzt kommt der Papst ins Spiel [wenn ich "Papst" sage, meine ich die römische Kurie, denn der Papst kann sich nicht um alles persönlich kümmern bzw. auch nur alles im Blick behalten; dafür hat er seine Dikasterien, die per Definition in seinem Auftrag handeln... weswegen es auch so idiotisch ist, einen Keil zwischen Papst Franziskus und EB Müller treiben zu wollen: Letzterer handelt im Auftrag von Ersterem und würde es diesem nicht gefallen, was jener macht, würde er ihn zurechtweisen, was er aber, oh Wunder!, nicht tut]: Der Papst wählt einen Kandidaten aus, der dann der nächste Bischof des vakant gewordenen Bistums wird. Wichtig ist dabei: Der Papst hat zwar die Listen aus der Diözese bzw. die des Nuntius zu berücksichtigen (und normalerweise beschränkt er sich auch auf sie), er ist in seiner Wahl aber letztlich völlig frei: Er ist nicht an den Pool (aus Absoluter Liste und Relativer [Dreier-]Liste) gebunden, sondern kann jede Person, die er für geeignet erachtet, zum neuen Bischof bestimmen... Punkt.
Das ist der Regelfall.

Nun gibt es da aber noch ein weltkirchlich völlig unbedeutendes Häufchen von Ausnahmefällen, die v.a. an einigen wenigen (und interessanterweise recht nah beeinander liegenden) Örtchen anzutreffen sind, nämlich in: ein paar Bistümern der Schweiz, Frankreichs und Österereichs sowie in allen deutschen Bistümern.

Wieso das so ist, braucht uns jetzt nicht zu kümmern, viel interessanter sind die konkreten Unterschiede zum Regelfall. Geregelt werden diese Ausnahmefälle von den jeweils geltenden Konkordaten. Für uns in Deutschland sind hierbei das Bayrische Konkordat, das Badische Konkordat sowie das Preußenkonkordat relevant ["Konkordate" sind völkerrechtliche Verträge zwischen dem Heiligen Stuhl und einzelnen Staaten].

Zunächst zum Bayrische Konkordat von 1924 (gilt für die bayrischen Diözesen und, sicher aus einem erheiternden historischen Grunde, auch in Speyer). Dieses unterscheidet sich betreffs der Bestellung von Bischöfen vom Regelfall dahingehend, dass nicht die Bischofskonferenz, sondern nur die bayrischen Bischöfe die periodische Absolute Liste nach Rom senden, und dass es zudem das Domkapitel (nicht der Nuntius) ist, das im Fall der Fälle eine Relative (Dreier-)Liste zusammenstellt. Der gravierendste Unterschied zum Regelfall besteht aber wohl darin, dass der Papst bei seiner Auswahl an den Pool der eingegangenen Listen gebunden ist; er kann nicht jemanden ernennen, der nicht auf einer der eingereichten Listen steht. Wie im Regalfall, wird auch hier der vom Papst ausgewählte Kandidat der neue Bischof (sofern der Staat nix dagegen hat).

Das Badische Konkordat von 1932 (das hier in Freiburg gilt) sowie für unser Thema quasi deckungsgleich das Preußenkonkordat von 1929 (das u.a. für Köln gilt) unterscheiden sich vom Regelfall wiefolgt: Die Absolute Liste schickt der jeweilige Diözesanbischof regelmäßig nach Rom, die Relative (Dreier-)Liste im Fall einer Vakanz wird vom Domkapitel des betroffenen Bistums zusammengestellt. Der Papst ist hier wieder frei in der Auswahl, er kann also auch Leute auswählen, die nicht auf den Listen stehen (das Domkapitel hat also nur ein Vorschlagsrecht). Allerdings bestimmt der Papst nicht eindeutig den neuen Bischof, sondern er sendet eine so genannte Terna in das vakante Bistum zurück. Dabei handelt es sich um eine Liste von drei Namen, von denen einer aus dem betreffenden Bistum stammt. Das Domkapitel des vakanten Bistums wählt dann aus dieser Dreierliste den neuen Bischof.

(Diese Ausnahmen sind der Grund, warum uns Deutschen die Ansprache des Papstes an die Apostolischen Nuntien im Juni [hier; vgl. auch hier] so fremd vorkam und uns eigentlich auch überhaupt nicht betraf: Bei uns hat der Nuntius bei Bischofsernennungen nix zu melden, er ist nur der Postbote.)


Zum Thema:
Wenn sich nun eine Kölner Initiative anschickt, Bischöfe "wählen" zu wollen, stellt sich die Frage: Wie?
Dass das Domkapitel für die Erstellung der Relativen (Dreier-)Liste auch Priester und Laien befragt, ist bereits Usus. Genau hier will man ansetzen und schlägt vor, dass nur solche Kandidaten auf die Liste kommen, die zuvor von wem auch immer "gewählt" wurden.
Fakt bleibt aber: Der Papst ist frei in der Auswahl der zur Wahl stehenden Kandidaten (relative Liste plus absolute Liste plus wen immer der Papst für geeignet hält). Das ganze "Wahlverfahren", wie immer sich das dann gestaltet, kann also völlig für die Katz sein.

Davon abgesehen muss man aber v.a. feststellen, dass eine "Wahl" durch das "Kirchenvolk" insofern äußerst fragwürdig ist, weil der normale Gläubige überhaupt keine Ahnung hat, wer denn für den bischöflichen Posten geeignet wäre... die meisten Gläubigen kennen nur ihren eigenen Pfarrer und vielleicht noch so manchen Priester, der, aus welchen Gründen auch immer, hie und da mal in den Medien erscheint (z.B. Bruder Paulus, um mal eines der sehr wenigen positives Beispiele zu nennen). 
Das Problem mit einer Einführung von (Pseudo-)Demokratie ist, dass man sich damit auch zwangsläufig Wahlkampf ins Haus holt, denn irgendwie müssen doch überhaupt mal Kandidaten die nötige Aufmerksamkeit haben, damit sie jemand kennt und also wählen kann, ansonsten "wählt" jeder nur seinen eigenen Pfarrer. Das "Wahlvolk" hat schlicht keinen Durchblick und keine Ahnung vom zur Verfügung stehenden Personal und deren Eignung (entsprechend dem, was in c. 378 CIC dargelegt ist)... die "Obrigkeit" hingegen schon, weswegen sie es auch ist, die klar fokussiert (und geheim!) Erkundigungen einholt und die Listen zusammenstellt!

Das historische Argument der KKI ist übrigens ziemlich unaufrichtig, weil es einfach nicht zieht: In der "alten Kirche" konnten Bischöfe aus und von ihrer Gemeinde gewählt werden, weil das, was dort die "Gemeinde" war, einen mengenmäßig überschaubren Kreis von Menschen bezeichnete, die sich unter einander kannten (es gab keine flächendeckende Pfarreistruktur, sondern Stadtkirchen und in so ziemlich jeder größeren Stadt gab es einen Bischof)... jeder kannte jeden, man wusste wer tauglich ist und wer nicht. Und selbst wenn es Spannungen und Spaltungen in diesen Gemeinden gab, gab es doch in aller Regel einen glühenden Eifer für den Glauben und die Kirche [und keine politische Abhängigkeit!]... etwas, was heute schlichtweg nicht mehr existiert. Davon abgesehen war es immer schon so, dass eine Gemeinde nie für sich einen Bischof bestimmen konnte, denn jeder Bischof musste von den Bischöfen der benachbarten Diözesen anerkannt und dann v.a. auch geweiht werden (daher die Vorgabe der für eine Bischofsweihe erforderlichen drei Konsekratoren)!
Die Kölner Kircheninitiative begeht zudem einen merklichen Schnitzer, wenn sie ihre Forderungen an der "früher" (wann?) gebräuchlichen "Befragung des Volkes" messen, denn "befragt" werden kann das Volk ja auch heute noch, was die KKI fordert ist aber eine Mitbestimmung des "Volkes"! Und die gab es "früher" nicht!

Dass die Kölner Initiative so unglaublich vage ist und sich abzeichnet, dass am Ende "(Kirchen-)Volksvertreter" diejenigen sein müssten, die tatsächlich "wählen", liegt in der Natur der Sache: Sie ist praktisch nicht anders durchführbar. Aber selbst dann krankt das System unheilbar an einem Legitimationsproblem, denn auch jene "Vertreter", etwa Pfarrgemeinderäte (die in aller Regel aber auch nicht mehr Ahnung haben!), können ja beim besten Willen nicht den Willen aller betroffenen Gläubigen repräsentieren... bei der letzten PGR-Wahl in meiner Pfarrei hatten wir 12 Kandidaten für 12 freie Plätze und eine Wahlbeteiligung von deutlich unter 10 %. (Zum Problem der Demokratisierung und der Verweigerung des Kirchenvolkes dieser gegenüber, siehe hier.)
"Demokrartie", so wie man es sich wünscht, ist letztlich aber v.a. darum nicht durchführbar, weil sie mit bestehenden Gesetzen kollidiert (kirchen- und völkerrechtlich müsste einiges geändert werden) und weil v.a. der Papst letztlich ein nicht zu demokratisierendes Element ist und bleibt (der Jurisdiktionsprimat ist Glaubensinhalt!).

Diese oben beschriebenen weltkirchlich völlig unbedeutenden Ausnahmen (bei ca. 50 Bischöfen die von den beschriebenen bzw. angedeuteten Ausnahmen betroffen sind, und 5000 katholischen Bischöfen weltweit, macht das tatsächlich nur 1% der Fälle aus!) lassen die Kölner Initiative ohnehin lächerlich erscheinen... sollten die praktischen Unmöglichkeiten wider Erwarten bewältigt werden können, wäre damit lediglich ein deutscher Sonderweg zementiert, der für die Katholische Weltkirche irrelevant ist und bleiben wird.

...

Sicher ein gewichtiger Grund, warum es in Basel und St. Gallen immer solche merkwürdigen Bischofsgestalten gibt, die sich sogar trauen, nicht als Angehörige des Klerus erkennbar vor die Kameras der Weltöffentlichkeit zu treten, liegt darin, dass dort die Bestellung eines Bischofs völlig ohne den Papst stattfindet... das Domkapitel erstellt eine Kandidatenliste und wählt dann einen davon aus. Und darum knallt und zischt es derzeit so in der Schweiz, weil diese Regelung, bzw. einige der Konsequenzen daraus, mit dem Selbstverständnis der Kirche nicht vereinbar ist.

Hieran sieht man, was passiert, wenn sich die Schafe den Hirten aussuchen: Sie wählen nicht den, der sie gesund und sicher bewahrt, sie pflegt und sie mit Stock und Hund auf die beste Weide treibt, sondern sie wählen den, der sie mit Leckerli verwöhnt und immer nur knuddelt und betüddelt... Welches Schaf möchte schon freiwillig "mit Stock und Hund getrieben" werden... oder welches Schaf möchte geschoren werden (man muss sie dazu immer einfangen und während der Prozedur festhalten, auch wenn die betreffenden Panik-Instinkte schon sehr stark runtergezüchtet sind)... oder welches Schaf würde weniger schmackhaftes (dafür aber gesundes und notwendiges) Futter und die Konfrontation mit dem Wetter und den Elementen wählen, wenn es auch fett, rund und Salz leckend im Stall liegend verweilen kann...

In der Demokratie siegt letztlich die Bequemlichkeit (von Idiologien, die von der u.U. letztlich bestimmenden Minderheit vertreten werden, ganz zu schweigen), das beweist uns Frau Merkel und das beweisen gewissermaßen auch manche schweizer Bischöfe. 
Im Staat beobachten wir zudem immer wieder, wie die Gewählten letztlich doch ihrem eigenen Gutdünken folgen, taktieren, Wahlversprechen brechen und von Lobbys beharkt und oft genug regelrecht gelenkt werden... weswegen sich der Wähler darum auch jedesmal wieder verarscht vorkommt. Die Frage, die sich jeder Demokratieforderer stellen sollte, ist diese: Welchen Grund hätten wir, zu glauben, dass das in einer "kirchlichen Demokratie" anders wäre?


Zum Schluss:
Die Kirche ist eine Theokratie, sie ist sakramental, sie ist wesensnotwendig eine hierarchisch und in Stände gegliederte Institution: Ihr Oberhaupt ist Jesus Christus, und der ist jeder Medienkampagne, jedem Wahlkampf, jeder Stimmungsschwankung und politischen Agenda absolut entzogen.
Die Kirche ist beseelt und wird durch die Jahrhunderte geleitet vom Heiligen Geist. Wenn sich die Macher der Kölner Initiative auf den Heiligen Geist stützen wollen, wie sie es behaupten zu tun, dann müssen sie zunächstmal anerkennen, dass dieser Heilige Geist die Kirche seit 2000 Jahren leitet und dass auch der Jurisdiktionsprimat des Papstes, der eine notwendig zu glaubende Wahrheit ist, vom Geist geoffenbart ist. Auch muss man sich im Klaren darüber sein, dass der Heilige Geist niemals an eine politische "Form" gebunden sein kann. Wenn er in seiner Kirche handelt, und das müssen wie glauben!, dann handelt er auch bereits in der gegenwärtig üblichen Form der Bischofsernennung so, wie es recht ist. Der Heilige Geist bedarf keiner Medienkampagnen (unbestreitbares Herzstück der Kölner Initiative!)... Menschen bedürfen dieser!
Unzweifelhaft ist auch, dass man sich mit "Demokratie in der Kirche" allerhand Probleme einhandeln würde (s.o.), zumal in solch einer Legitimationsform per definitionem immer nur Mehrheit eine Rolle spielt, nicht aber Wahrheit.

Statt solche Initiativen anzuleiern und kurioserweise ansonsten anti-kirchliche Medien vor den eigenen, angeblich "geistreichen" Karren zu spannen (Spiegel), sollten die Unterstützer dieses Vorhabens ganz einfach mal das tun, was man von je her bei einem Bischofswechsel in einem Bistum tat: beten. Beten um einen guten Bischof!
Die Kirche ist keine Partei und kein gemeinnütziger Verein, sie ist kein Staat und kein politischer Rat; sie ist Leib Christi, seine Braut, unsere Mutter!
 
Dies müssen wir immer fest glauben und darauf Vertrauen: Das Gebet ist das wahre und eigentliche Instrument der "Mitsprache aller" in der Kirche, denn Gott ist es, der sie führt!

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Besinnung

»Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.« (Mt 11,28-30)


Besinnung ist ein zentrales Schlagwort der vorweihnachtlichen Marketingmaschinerie. Besinnung kann man kaufen in Teeform, als Kerze, Plüschkissen, Buch, CD oder Staubfänger.
Besinnung ist ein Kuschelwort das Ruhe, Bequemlichkeit, Zufriedenheit, Romantik und Friede meinen kann.

Besinnung ist eines dieser Worte, deren eigentliche Bedeutung uns abhanden gekommen ist, obwohl es doch direkt vor uns liegt: Be-Sinnung... Sinn!
Was ist der Sinn? Der Sinn ist alles das, was es an "großen Fragen" gibt nach Werten, Wahrheit, Gott...
Die Adventszeit sollte für uns Christen eine wirkliche Zeit der Besinnung sein, wir sollten uns das Wort von der Werbeindustie wieder zurückklauen und uns konsequent nach dem letzten Sinn unseres Lebens ausrichten...

Es ist irgendwie witzig, dass ich beim ersten Vers des heutigen Evangeliums an die zahllosen scheinbar hirnamputierten (besinnungs-losen?) schwer beladenen vorweihnachtlichen Einkäufer denken musste, die derzeit die Innenstadt überfluten... noch viel mehr als eh schon das ganze Jahr... "Weihnachtsmarkt"! Der Gott Konsum... (Als einsamer Student habe ich wohl leicht reden: das einzige wofür ich Geld ausgebe sind Bücher und Lebensmittel...)
Beim Anblick der wuselnden Innenstadt, um zu "meiner" Kirche zu kommen ist diese Ansicht unvermeidlich, werde ich immer zum Misanthrop. Die Adventszeit ist für mich daher immer eine besondere Herausforderung, nicht der Misanthropie zu verfallen. Zum Glück ist der einzige Grund warum ich mir das Schauspiel Tag um Tag antue der, dass "meine" Kirche vom Weihnachtsmarkt unfreiwillig umzingelt ist. Hätte ich nicht IHN zum Ziel (in jeder Hinsicht...), wagte ich mich nicht in diesen Pfuhl.
Ist das meine tägliche Be-Sinnung?

Die hässliche Fratze

Es ist schon erstaunlich, wie grässlich die Fratze ist, wenn erst mal die Maske fällt. Edite Estrela, die Dame, die es sich scheinbar zum Lebensziel gemacht hat, soetwas Absurdes wie ein "Menschenrecht auf Abtreibung" durchzusetzen (um mal nur das schwerwiegendste Element des umgangssprachlich nach ihr benannten Berichts zu nennen), sieht das demokratische Ergebnis der Abstimmung und wittert sofort Räuber hinter jeder Ecke.
(Hier kann man sich das Gesabbel antun.)

"Scheinheiligkeit und Obskurantismus" sowie "extremistische und fundamentalistische Bewegungen" hätten demnach gesiegt über die "legitimen Rechte von Frauen".
Die Ablehnung ihres Berichts war für die Frau kein demokratisches Votum, sondern ein persönlicher Angriff, weswegen sie sich auch wehrt und nach allem tritt und beißt, was sich regt... "Ihr könnt mich nicht einschüchtern! Ich habe keine Angst vor euch! Ich habe recht!"

Traurig ist nur, dass sich hier wiederum zeigt, dass mit Demokratie bestenfalls Mehrheiten geschaffen werden können, niemals Wahrheit. Es wird wieder über soetwas abgestimmt werden und wieder und wieder, so lange, bis es durchgesetzt ist...

Dienstag, 10. Dezember 2013

Politik und ihre Nachwirkungen

Das wäre peinlich geworden für den Ex-Oberhirten von Freiburg, wenn der Estrela-Bericht heute in Straßburg angenommen worden wäre: Exzellenz Zollitsch war es doch, der (s. hier) vor der AfD warnte, weil es unbedingt gelte, am Euro festzuhalten um damit letztlich die EU zu schützen... Nun ist um Haaresbreite (334 zu 327 Stimmen) dieser Anti-Segen der EU eines "Menschenrechtes auf Abtreibung" an uns vorbeigegangen (aber, ähnlich wie bei den Anglikanern mit ihren Bischöfinnen [s. hier]: In ein paar Jahren wird gewiss wieder über das Gleiche abgestimmt, und dann wird es wohl kaum noch so viel Widerstand geben)... Glück gehabt, Herr Bischof!

Und über allem: Deo gratias! Die Abstimmung fand statt, als ich gerade die Eucharistie mitfeierte, der Bericht war natürlich Thema der Predigt und der oratio fidelium.


PS. Natürlich weiß ich, dass Herr Zollitsch erst kürzlich in seiner Funktion als DBK-Vorsitzender sich gegen den Estrela-Bericht geäußert hat (er tat damit seine Pflicht als Sprachrohr des deutschen Episkopats!), das ändert aber nichts an seinem fragwürdigen Verhalten als Diözesanbischof (denn bzgl. AfD hat er sich nicht in seiner Funktion als DBK-Vorsitzender geäußert).

Montag, 9. Dezember 2013

Das neue Gotteslob

Wie Kathnews berichtet (hier), finden manche, das neue Gotteslob sei "voller Fehler" und daher nachzubessern.

Nun, das stimmt wohl. Ich hatte mich ehrlich gesagt schon gewundert, wo derartige Zwischenrufe bleiben, denn einige der Fehler sind doch bemerkenswert offensichtlich.

Aber alles der Reihe nach: Das neue Gotteslob, als Gesang- und Gebetbuch, finde ich insgesamt sehr gelungen!
Das Buch ist nach jeder Richtung größer als sein Vorgänger (es hat das gleiche Format wie das Magnifikat, das vorkonziliare Gesangbuch in Freiburg) und ungefähr doppelt so dick. 
Etwa die Hälfte ist der eigentliche Gesangsteil (allgemeiner Teil, Psalmen und, in meinem Fall: Freiburger Eigenteil). Es ist also wirklich ein Buch, dass nicht bloß im Gottesdienst gebrucht werden soll. Gut so! Die vorkonziliaren Liederbücher waren übrigens meist auch nur zur Hälfte mit Gesängen gefüllt, der Rest waren Gebete, Andachten und eben Erklärungen. Insofern hat man sich also auf Bewährtes zurückbesonnen.
Die Aufmachung ist stilvoll, die Zusammenstellung überaus sinnvoll. Der Zweifarbendruck (Lied- und Strophennummern, Titel und anderes in Rot) ist durchaus hilfreich (man kennt das ja aus Wörterbüchern, wenn die Lemmata blau sind, sieht man sie einfach besser), die Schrift ist gut lesbar und die Inhaltsverzeichnisse der einzelnen Abschnitte erleichtern die Navigation.

Endlich wurden die doofen Messreihen aufgelöst, und auch die elendigen grauenhaften "Credo-Dreizeiler" sind nahezu alle verschwunden (welch hoffnungslos idiotische Idee, das feierliche Bekenntnis des Gottesvolkes zu seinem Herrn und Gott auf zwei-drei mehr oder minder sinnleere Sätze einzudampfen, bei deren Erstellung offenbar die Frage "Reimt es sich?" die oberste Priorität hatte). Dass im Messablauf das Nizäno-Konstantinopolitanum (vulgo: "Großes Glaubensbekenntnis") abgedruckt wurde und nicht das Apostolische Glaubensbekenntnis, ist sehr löblich, ist doch Letzteres ein römisches Taufbekenntnis und eigentlich nicht für das Bekenntnis der ganzen Gemeinde im Gottesdienst geeignet/gedacht (was an der Ich-Form bereits ins Auge sticht)... außerdem ist Ersters das wirklich ökumenische Glaubensbekenntnis, da es vor den großen Schismen formuliert und auch von allen übernommen wurde (während nicht alle jenes römische[!] Taufbekenntnis gern haben...).
Es ist auch schön zu sehen, dass der Choral einen breiteren Raum bekommt.
Auch den Ansatz mit den Kurzkatechesen für die Zaungäste (und nicht nur die) finde ich an und für sich eine gute Idee.
Der Gebets- und Andachtsteil wurde deutlich aufgewertet, sodass der Freiburger Erzbischof nicht unrecht hat, wenn er in seinem Vorwort schreibt, dass die Gläubigen auch anhand des Gotteslobes "das Kirchenjahr betend und singend mitvollziehen" können.

Soweit mal einige der (vielen!) positiven Seiten des "Neuen".
Was die "Fehler" bzw. Versäumnisse angeht, seien nur mal die für mich merkwürdigsten und krassesten genannt:

Was mich persönlich am meisten kratzt ist, dass man ausschließlich das Zweite Hochgebet abgedruckt hat (die paar Seiten mehr hätten das Buch auch nicht "unhaltbarer" gemacht!). Dabei ist die fast ausschließliche Verwendung gerade dieses Hochgebetes v.a. am Sonntag eigentlich eine dramatische Fehlentwicklung (die auch Mitverantwortung daran trägt, dass die Dimension des eucharistischen Opfers in Vergessenheit geriet, weil dieses im Zweiten Hochgebet nur andeutungsweise vorkommt), die es eigentlich zu korrigieren gilt. Nun wird sie aber regelrecht zementiert. Bisher konnte man zumindest noch beim Blättern durch das Gesangbuch merken, dass es noch mehr gibt als jenes "Standardhochgebet" (nämlich Nr. 367ff.)... ab sofort wird der Canon Romanus - das Gebet, dass die große Mehrheit aller Christen 1500 Jahre lang am heiligsten Ort und im heiligsten Augenblick ihres Christenlebens beteten! - also amtlich verbrieft dem Vergessen anheimgegeben. (Wieviele der Messbesucher haben schon ein Messbuch zuhause und lesen darin? Sehr traurig. Aber vielleicht stellt ja doch noch der eine oder andere die Frage, warum im Messablauf im Abschnitt "Eucharistisches Hochgebet" plötzlich "Zweites Hochgebet" steht... Wenn es ein "Zweites" gibt, gibt es dann also auch ein "Erstes"?)

Davon abgesehen scheinen mir v.a. die Kurzkatechesen viel zu häufig ein Griff ins theologische Klo gewesen zu sein... man kann schon fast daran ablesen, wer die Verfasser waren (nein, da sach ich nix weiter zu...). So fehlt etwa in dem Teil über das Ehesakrament jede Erwähnung ihrer Unauflöslichkeit, dafür wird ausgiebig über "Gefährdungen" geredet. Bei der Taufe wird ihre in die Kirche eingliedernde Funktion behandelt... und nichts anderes. Sündenvergebung (Erbsünde)? Exorzismus? Christus als Gewand angezogen? Wiedergeburt? Neue Schöpfung? Nixda.
Bei der Erklärung der Eucharistie kommt überraschenderweise das "Opfer der Messe" vor (obwohl "Opfersprache" doch so verpönt ist!), in dem Christus gegenwärtig ist, aber unter dem Titel "Wandlung erfahren" ist dann doch bloß von einer Wandlung der Gläubigen(!) die Rede... dass Brot und Wein gewandelt werden, dass Christus leibhaftig Gegenwärtig wird, wird nicht erwähnt: "In jeder Eucharistiefeier wird Christus mit seiner verwandelnden Liebe gegenwärtig und schenkt sich in den Gaben von Brot und Wein." 
Ich kenne Protestanten(!), die diese katechetischen Texte nicht unterschreiben würden weil zuviel Entscheidendes fehlt!

Es spiegelt sich hier freilich der zum Heulen traurige theologische Trend wieder, wodurch nun also überaus direkt die Verwässerung der Theologie nicht mehr nur durch das Wort der Predigt (was immer eines menschlichen Übermittlers bedarf), sondern auch durch das vom Vatikan approbierte gedruckte Wort in die Gemeinden und die Köpfe der Gläubigen sickern kann... wie diese Texte die römische Überprüfung überleben konnten, ist mir unverständlich. Die vorrangige Zielgruppe dieser Texte, die Zaungäste eines Gottesdienstes, die "Neuen", werden hier, auf gut Deutsch, belogen, weil ihnen ganz wesentliche Aspekte einfach vorenthalten werden.

Die scheinbar wahllos platzierten Piktogramme auf manchen ansonsten leeren (Halb)Seiten muss man wohl nicht ernst nehmen... als Anregung taugen sie wenig. DEN Platz hätte man lieber gesammelt für den Canon Romanus genutzt (und mancher wird wohl auf diese leeren Seiten starren und sein Lieblingslied vermissen...).

Oh, achja: Dem hierarchisch orientierten Katholiken fällt schließlich auch auf, dass das besondere Gebet für den Papst und die Bischöfe fehlt. In Andachten kommen die Amtsträger natürlich noch vor, aber nicht mehr in eigenständigen Gebeten (im alten Gotteslob ist z.B. das Gebet für den Papst bei Nummer 27,2, ein Gebet aus der Feder des seligen John Henry Newman, zu finden).


Wieder zur News auf kath-news: Dass das Gotteslob peinliche (oder doch absichtliche?) Fehler enthält, fällt jedem theologisch gebildeten Leser recht schnell auf... Aber es werden sich wohl kaum Einzelne mit der Forderung nach einer Überarbeitung des neuen Gotteslobes durchsetzen... zumal es jetzt auch zuspät ist. Und weil die gravierendsten Fehler dem theologischen Mainstream entsprechen, wird so eine Forderung ohnehin verhallen. Es mussten schon einmal zichtausende Exemplare eingestampft werden*, was für Verlag und Diözesen nicht eben günstig war.
Auch die Einführung wurde ja nun ziemlich verkackt... Festakt im Freiburger Münster am 1. Advent, ab Mitte Januar soll überall das neue Gotteslob verwendet werden (so eine pastorale Anordnung im Erzbistum Freiburg), aber de facto kommt es bei den meisten Pfarreien (d.h. bei allen außer dem Freiburger Münster...) erst viel später überhaupt nur an... und wer es sich als Privatperson besorgen will, muss halboffizielle Kanäle nutzen, um sich ein Exemplar noch in diesem Jahr zu sichern... 

Das Timing der Veröffentlichung ist sowieso generell idiotisch, weil irgendwann ja noch eine neue Messbuchübersetzung ansteht (und da wird nicht nur das pro multis geändert sein, was es nun im Gotteslob schon ist!), ganz zu schweigen von der neuen Bibel- und damit Pslamenübersetzung... da stimmen nachher die Texte hinten und vorne nicht überein... aber sei's drum...


Ein neues Lieblingslied hab ich nocht nicht, dafür fehlt die Praxis. Ein paar meiner alten Lieblingslieder hab ich schon wiedergefunden. Freilich wird jeder bei der Liedauswahl was zu mäkeln haben, etwas vermissen oder für überflüssig erachten... das perfekte "Liederbuch" gibt es eben nicht.
Ich finde das Buch insgesamt eine gelungene Sache und es ist auch sinnvoll, nach 40 Jahren ein neues Kapitel zu schreiben... sinnvolle Korrekturen gibt es einige (s.o.) und gerade bei vielen "modernen Liedern" merkt man doch, wie die Zeit vergeht. Diesem Gang sollte man sich nicht lethargisch in den Weg stellen.
Das gleiche Bild passt freilich nicht, wenn es um Glaubensinhalte geht; eine zeitgeistkonforme Katechese ist ein Unding und eine Ungerechtigkeit gegenüber den (zukünftigen) Gläubigen. Man darf gespannt sein, ob es da noch Neuigkeiten geben wird.


my 2 cents...



* Mir ist, als Bücherfreund sowieso, völlig unbegreiflich, wie soetwas passieren konnte... der Verlag müsste wissen, welches Papier nötig ist (zumal einer, der als "Experte für Dünndruck" gepriesen wird) und der Kunde, also die Bistümer, müssten das bei den 1zu1 Vorabexemplaren eigentlich gemerkt haben, als sie das Buch zum ersten Mal aufschlugen.  (Zwar wurde offiziell Stillschweigen über die Vergleichssumme vereinbart, die die DBK zu zahlen hatte, aber akademisch sickerte dann doch recht bald durch, dass sie im mittleren einstelligen Millionenbereich lag.) Peinlich.