In der heutigen Perikope des Evangeliums (Lk 4,31-37) verlässt Jesus seine Heimatstadt und geht zum See Genezareth hinab, nach Kafarnaum, wo er denn auch sogleich einen Besessenen heilt. Die Leute sind erstaunt und begeistert, ihnen ist von Gott her etwas Gutes zuteil geworden.
In seiner Heimatstadt sah das noch anders aus, da waren die Menschen weniger "glücklich" mit ihm...
Aus der gestrigen Perikope:
»Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. Seine Rede fand bei allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs?
Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat!
Und er setzte hinzu: Amen, das sage ich euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt. Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam. Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon. Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman.
Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut. Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen.« (Lk 4,21-29)
Das Schriftwort, das sich erfüllt hat, kündet von großer Freude, von Heilung, von Gerechtigkeit, von Friede und gipfelt im "Gnadenjahr des Herrn". Es ist also nicht verwunderlich, wenn die Leute sich freuen und Beifall bekunden: Wer möchte nicht Teil haben an dieser Gnade? Die Zuhörer versichern sich dieser Teilhabe auch prompt: Dieser, der es verkündet, ist doch einer von uns, der Sohn Josefs, den wir kennen!
Jesus erkennt ihre Bemühung und fasst ihre Gedanken ins Wort: Tu die Wunder, schenke die Gnade auch hier in deiner Heimat! Doch Jesus enttäuscht. Er führt genau die Beispiale aus der Geschichte Israels mit seinem Gott an, in denen Gott sich eben gerade nicht an Israel, sondern an den Fremden als gnädig erwiesen hat. Man kann Jesus hören, wie er ausruft: Ihr wollt, dass ich in meiner Heimat, unter euch, Wunder wirke? Nein, keiner hier, soll geheilt werden, niemand von euch, soll gesättigt werden.
Jesus ist hier, bei ihnen; er kündigt Großes an und - verlässt die Stadt. Und das Erste was er tut, als er eine andere Stadt besucht, ist: Heilung bringen. Hmpf...
Mal ehrlich: Die verzweifelte Wut von Jesu Publikum ist doch mehr als verständlich. Mit anzusehen, wie anderen Gnaden zuteil werden, obwohl man sich selbst doch in so inniger Gemeinschaft mit Gott zu wissen glaubt... das ist unerträglich. Es muss zur Verzweiflung, zur Wut führen. Das Glück der anderen klingt wie Hohn auf einen selbst, der man sich von Gott gestraft fühlt.
Ich sehe mich sehr oft selbst in den Reihen der Leute in jener Synagoge. Tue ich nicht genug? Gehe ich nicht Tag um Tag in die Kirche? Warum passiert mir dann dies? Warum ist das so? Warum sind die anderen so sehr gesegnet und ich verschmachte? Wann endlich schenkt Gott MIR Heilung? Wann darf ICH Glück erfahren?
Jesus heilt da, wo in diesem Moment Heilung nottut. Er musste diesen Dämon in der Synagoge von Kafernaum austreiben und wohmöglich dieses oder jenes Leid in Nazareth "übergehen"... Warum, wissen wir nicht. Gott erfüllt nicht unsere Wünsche. Also brauchen wir Geduld und Beharrlichkeit. Immer wieder muss man sich erinnern: Gott vergisst mich trotzdem nicht, wie er auch Israel in den Tagen Elijas nicht vergessen und in der Zeit des Elischa nicht verlassen hat!
Der Psalm der heutigen Messe besingt diese Zuversicht:
Der Herr ist gnädig und barmherzig,
langmütig und reich an Gnade.
Der Herr ist gütig zu allen,
sein Erbarmen waltet über all seinen Werken.
Danken sollen dir, Herr, all deine Werke
und deine Frommen dich preisen.
Sie sollen von der Herrlichkeit deines Königtums reden,
sollen sprechen von deiner Macht.
Sie sollen den Menschen deine machtvollen Taten verkünden
und den herrlichen Glanz deines Königtums.
Dein Königtum ist ein Königtum für ewige Zeiten,
deine Herrschaft währt von Geschlecht zu Geschlecht.
Der Herr ist treu in all seinen Worten,
voll Huld in all seinen Taten.
Der Herr stützt alle, die fallen,
und richtet alle Gebeugten auf.
(Ps 145,8-14)
langmütig und reich an Gnade.
Der Herr ist gütig zu allen,
sein Erbarmen waltet über all seinen Werken.
Danken sollen dir, Herr, all deine Werke
und deine Frommen dich preisen.
Sie sollen von der Herrlichkeit deines Königtums reden,
sollen sprechen von deiner Macht.
Sie sollen den Menschen deine machtvollen Taten verkünden
und den herrlichen Glanz deines Königtums.
Dein Königtum ist ein Königtum für ewige Zeiten,
deine Herrschaft währt von Geschlecht zu Geschlecht.
Der Herr ist treu in all seinen Worten,
voll Huld in all seinen Taten.
Der Herr stützt alle, die fallen,
und richtet alle Gebeugten auf.
(Ps 145,8-14)
Ja, warum wirkt Gott nicht an mir, was er an anderen wirkt? Vielleicht, weil Gott für uns einen ganz eigenen Plan hat und für uns – letztlich sub specie aeternitatis – überhaupt nicht taugt, was anderen nützt ...? Doch allein die Vorstellung, daß es diesen Plan gibt und daß Gott ihn jeweils nur für dich, nur für mich bereitet hat (und geduldig auch immer wieder neu aufrollt, wenn wir ihn durchkreuzen), mahnt uns den hohen Stellenwert an, den unsere je eigenen Leben und Lebensentwürfe bei Gott haben. Wir brauchen keine eigenen Pläne vor Gott ausbreiten, um ihm zu bedeuten, was das Beste für uns wäre (zumal wir unsere Meinung auch dauernd ändern) – aber wir brauchen Vertrauen in seine Vorsehung und Führung.
AntwortenLöschenAber wie leicht schreibt sich das und wie schwer können wir es fassen ...