Freitag, 15. März 2013

Ein Papst zum Heulen

Recht amüsant ist es dieser Tage, zu beobachten, wie man in gleichem Maße von Rechts wie von Links den neuen Papst auseinander nimmt, ohne ihn wirklich zu kennen oder ihm auch nur Zeit zu gewähren, sich uns vorzustellen und sich in seine neuen Aufgabe zu finden. Man meint alles schon zu wissen. Was zu erwarten ist und was nicht. Wer er ist, was er tut, wie er denkt.

Spannend ist zu sehen, wie nicht nur die Piusse, sondern auch manche nicht-schismatische Katholiken das Ende des Abendlandes gekommen sehen, weil Franziskus anderntags nicht am eigentlichen Altar der Sixtina zelebriert hat, sondern an der Zelebrationstheke, die schon der selige Johannes Paul II. verwendete. Ja, ein neuer Ikonoklasmus wird bereits heraufbeschworen, weil der Papst dies tat!
Ja, geht's noch?
Man wirft ihm sogar vor (ebd), dass er sich bei seinem ersten Auftritt als "Bischof von Rom"  bezeichnet hat und nicht etwa als Papst. Ähm... Ja? Schonmal ins Annuarium Pontificio geschaut? Welcher Titel steht da beim Papstname an erster Stelle? Na? Hmm...? Episcopus Romanus, Bischof von Rom!

Leute, habt ihr echt so wenig Vertrauen in Gott? Ihr tut doch im Grunde nichts anderes, als die Wahl Franziskus' als Fehler zu deklarieren und damit den von Christus seiner Kirche versprochenen Beistand in Frage zu stellen. Nach dem Motto: Das könne Gott nicht gewollt haben, dass ein Papst gewählt wird, der die hl. Messe in die gleiche Richtung stehend feiert, wie sein inzwischen seliggesprochener Vorvorgänger. Ja, ne, is klar.


Achja: Und von Links schwappt derweil freilich die große Perplexheit/Entrüstung darüber heran, dass der Papst völlig unerwarteter weise katholische Positionen vertritt! Das muss man sich mal vorstellen: Das Oberhaupt der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche von Rom vertritt katholische Positionen!!!!1
So mancher Theologe und Medienmensch wird sich in kürzester Zeit nostalgisch verklärt an Benedikt XVI. erinnern um sagen zu können, wie schlimm das mit der Kirche doch ist. ;)

Sehr heiter, diese Tage.


Nachtrag: In seiner Ansprache an das Kardinalskollegium in der Sala Clementina (hier) hat der Papst heute etwas sehr schönes gesagt: "Il Paraclito fa tutte le differenze nelle Chiese, e sembra che sia un apostolo di Babele. Ma dall’altra parte, è Colui che fa l’unità di queste differenze, non nella “ugualità”, ma nell’armonia." (Deutsch: Der Paraklet [der Heilige Geist] bewirkt all die Verschiedenheit in der Kirche, und es scheint, dass er ein Gesandter von Babel sei [gemeint ist die babylonische Sprachverwirrung]. Aber auf der anderen Seite ist er es, der die Einheit aus dieser Verschiedenheit hervorbringt, nicht als eine "Gleichheit", sondern als eine Harmonie.)

Nachtrag 2 (17.03): Man regt sich ja tierisch über die Zelebrationsrichtung der ersten Messe von Papst Franziskus auf... Da ich es selbst nicht wirklich miterlebt habe, wusste ich bisher nicht, wie Benedikt seine erste Messe zum Abschluss des Konklave von 2005 feierte. Stellt sich raus: Auch Benedikt XVI. hat den Sperrholzaltar verwendet (hier zu sehen). Das wäre das...

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