Freitag, 22. Oktober 2021

Johannes Paul II. und der Umweltschutz

»Wir wissen, wie dringend heute eine Verbreitung des Bewusstseins für die Achtung vor den Naturschätzen unseres Planeten geworden ist. Und alle sind mitbetroffen, weil die Erde, die wir bewohnen, immer klarer ihre innere Einheitlichkeit offenbart, so dass die Entscheidungen um die Erhaltung ihres Erbes alle Völker ohne Unterschied betreffen. Erhaltung und Entwicklung der Waldgebiete sind überall grundlegend für die Aufrechterhaltung und Erneuerung der natürlichen Gleichgewichte, wie sie für das Leben unerlässlich sind. Das wird heute noch deutlicher, weil wir uns bewusst geworden sind, wie dringend notwendig eine entschiedene Umkehr der Tendenz in all jenen Verhaltensweisen ist, die zu besorgniserregenden Formen der Umweltverschmutzung führen. Jeder Mensch ist gehalten, Initiativen und Handlungen zu vermeiden, die die Reinheit der Umwelt gefährden können, und da die Pflanzen in ihrer Gesamtheit für die Gleichgewichte der Natur eine unerlässliche Rolle spielen, die ihrerseits wieder für das Leben auf all seinen Stufen notwendig sind, werden ihr Schutz und die Achtung vor ihnen immer mehr eine unbedingt notwendige Forderung an den Menschen.

Für den Christen aber ist die Sorge für die Erde eine moralische Verpflichtung, "damit sie Frucht bringe und eine würdige Wohnstätte für die gesamte menschliche Familie werde" (Gaudium et spes, Nr. 57).« 

(Predigt in Visdende am 12 Juli; in: ApSt 1987, 1565)


»Es ist bezeichnend, dass in unserer Zeit angesichts dessen, was die Gefahr des "Umwelt-Holocausts" genannt wird, eine große kulturelle Bewegung entstanden ist mit dem Ziel, die Umwelt zu schützen und neu zu entdecken. Für dieses dringende Anliegen muss besonders die Jugend sensibilisiert werden. Das achtungsvolle Genießen der Natur ist als wichtiger Bestandteil ihres Erziehungsprozesses zu betrachten. Wer wirklich sich selbst finden will, muss lernen, die Natur zu genießen, deren Zauber eng mit der Stille der Kontemplation verbunden ist. Die Tonarten der Schöpfung sind gleichfalls Mittel von außerordentlicher Schönheit, durch welche die empfängliche und gläubige Seele mühelos das Echo der geheimnisvollen, höheren Schönheit vernehmen kann, die Gott selbst ist, der Schöpfer, von dem jede Wirklichkeit ihren Ursprung und ihr Leben hat.

Das heutige Fest des hl. Benedikt von Nursia, des Schutzpatrons von Europa, lädt zu dieser Suche ein. Er lebte in einer Zeit der Krise der antiken Zivilisation und gründete Klöster, die Oasen der Kontemplation und zugleich Baustellen wurden. Das Mönchtum wusste klugerweise, wie Papst Paul VI. gut beobachtet hatte, "das Kreuz, das Buch und den Pflug" miteinander zu verbinden (Pacis nuntius, 24. Oktober 1964): drei Elemente, die nie voneinander getrennt werden dürfen, will man nicht das Gleichgewicht der Person, der Gesellschaft und der Umwelt gefährden. Der benediktinische Leitspruch "Ora et labora" ist eine weise Formel, dazu bestimmt, die Herzen und die Geister zu erbauen, aber auch "die Wüsteinei und Wildnis in fruchtbare Felder und schöne Gärten zu verwandeln" (ebd.) Das Beispiel von Benedikt, den wir heute besonders verehren, helfe dem Menschen dieser Zeit, die Fähigkeit der Synthese, an die großteils die Qualität der Zukunft der Menschheit gebunden ist.«

(Angelus in Santo Stefano di Cadore am 11. Juli; in: ApSt 1993, 119-120)


»Die Schöpfung ist sozusagen die große göttliche Erzählung. Der tiefe Sinn dieses wunderbaren Buches der Schöpfung jedoch wäre für uns schwer verständlich, wenn nicht Jesus, das menschgewordene Wort, gekommen wäre, um es uns "zu erklären", indem er unsere Augen befähigt hat, in den Geschöpfen leichter die Spur des Schöpfers zu sehen.

Jesus ist das Wort, das den Sinn all dessen enthält, was lebt. Er ist das Wort, in dem der "Name" aller Dinge ruht, vom kleinsten Teilchen bis zu den riesigen Galaxien. Er selbst ist also das "Wort", voll der Gnade und Wahrheit (vgl. Joh 1,14), durch das der Vater sich selbst und seinen Willen, seinen geheimnisvollen Liebesplan und den tiefsten Sinn der Geschichte offenbart (vgl. Eph 1,9-10). In Jesus hat Gott uns alles gesagt, was er uns zu sagen hatte. 

"Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen" (Mt 13,3). Die Menschwerdung des Wortes ist die größte und wahrhaftigste "Aussaat" des Vaters. Am Ende der Zeiten wird die Ernte kommen: Der Mensch wird dann vor das Gericht Gottes gestellt Wenn er viel erhalten hat, wird er über vieles Rechenschaft ablegen müssen.

Der Mensch ist nicht nur für sich selbst verantwortlich. sondern auch für die anderen Geschöpfe. Er ist es im weltumspannenden Sinn: Denn an ihn ist ihr Schicksal in der Zeit und jenseits der Zeit gebunden. Wenn er dem Plan des Schöpfers gehorcht und sich ihm anpasst, führt er die gesamte Schöpfung ins Reich der Freiheit, so wie er sie durch den Ungehorsam am Anfang mit sich ins Reich der Zerstörung gerissen hat. Dies wollte der heilige Paulus uns heute in der zweiten Lesung sagen.

Seine Worte sind geheimnisvoll, aber faszinierend. Indem sie Christus aufnimmt, ist die Menschheit imstande, einen neuen Lebensstrom in die Schöpfung zu leiten. Ohne Christus bezahlt der Kosmos selbst die Folgen der menschlichen Weigerung. dem göttlichen Heilsplan in Freiheit zuzustimmen. Für unsere Hoffnung und die aller Geschöpfe hat Christus im Herzen des Menschen den Keim neuen, unsterblichen Lebens eingepflanzt. Das Samenkorn des Heils, das der Schöpfung eine neue Ausrichtung gibt: die Herrlichkeit des Reiches Gottes,

"Denn wie der Regen und der Schnee - so haben wir aus dem Buch des Prophe ten Jesaja gehört - vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt.... so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, ... wozu ich es ausgesandt habe" (Jes 55,11). Jeder hat deshalb die Verantwortung, "gute Erde" zu sein und Christus aufzunehmen, damit das Evangelium schon in dieser Welt und für das ewige Leben Frucht bringe. Der Christ muss darauf achten, nicht oberflächlich oder unbeständig zu sein; er darf sich nicht von den Sorgen dieser Welt und dem trügerischen Reichtum ersticken lassen (vgl. Mt 13.19-22). Indem er den Anregungen der Gnade entspricht, hat er die Aufgabe, "gute Erde" zu werden, fähig, nicht nur das Wort aufzunehmen, sondern es auch in Fülle Frucht tragen zu lassen.

Liebe Schwestern und Brüder von Santo Stefano di Cadore! Die herrliche Naturumgebung, in der sich euer Leben abspielt, hilft euch, eure Berufung als Glaubende besser zu verstehen. Indem ihr in der Umwelt die Spuren des himmlischen Vaters erkennt, sollt ihr dankbaren Herzens seine Größe preisen und euch bemühen, durch das Zeugnis eines wahrhaft christlichen Lebens auf Gottes Hochherzigkeit zu antworten.

Eure Täler hier "jauchzen, ja sie singen" wirklich (vgl. Antwortpsalm). Handelt so, dass euer ganzes Dasein die aus der Natur aufsteigende Botschaft wiedergibt und zum Lobpreis des Herrn wird, der auf die Erde kommt, sie tränkt und mit seinen Gaben erfüllt.«

(Predigt beim Sonntagsgottesdienst in Santo Stefano di Cadore am 11. Juli; in: ApSp 1993, 1002-1003)

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