Montag, 29. März 2021

Entmündigte Theologen

Das aktuelle Aufbäumen zahlreicher Theologen gegen die römische Feststellung der immer schon geltenden Lehre bezüglich der Segnung nichtehelicher Verbindungen hat mich einmal mehr zu einem Gedanken zurückgeführt, der mich spätestens seit der Zeit meiner Diplomprüfungen in selbigem Fach immer wieder mal behelligt.

Die Theologen hierzulande, auch die „anständigen“, nicht nur der breite liberale Mainstream, sind bis auf wenige Ausnahmen in erschütternder Weise unfrei. Ich meine jene Freiheit der Kinder Gottes, von der Paulus in Paarung mit der Herrlichkeit spricht (vgl. Röm 8,21), und die zugleich jene Freiheit ist, wegen der wir „umkehren und wie die Kinder werden“ sollen (vgl. Mt 18,3). Gemeint ist die Freiheit des Bekenntnisses zu dem einen wahren Gott in drei Personen, der sich offenbart hat, der uns erlöst hat, der uns in seiner Kirche – insbesondere in den Sakramenten – leiblich, geistig und seelisch nahe ist. Ohne jetzt herablassend klingen zu wollen: Sie tun mir Leid.

Vor kurzem las ich in der Einführung zu einem Sammelband eines namhaften amerikanischen Theologen (den man hierzulande natürlich nicht kennt, weil man sich i.d.R. mit deutschsprachiger Literatur begnügt) das mit völliger Selbstverständlichkeit dargelegte Zeugnis, dass er seine (Jahrzehnte umfassende) theologische Arbeit als einen Teil seines Weges der Jüngerschaft betrachtet und als einen Weg, zu immer größerer Klarheit im Glauben zu gelangen. Von einer winzigen Anzahl abgesehen, kenne ich im deutschen Sprachraum niemanden in dem Fachbereich, der sein Wirken auch nur annähernd so zu charakterisieren in der Lage wäre – schon gar nicht öffentlich.

Soetwas tut man nicht. Das steht einem Theologen nicht gut an, denn das ist nicht „wissenschaftlich“. Nein, Theologie muss „wissenschaftlich“ sein (fatal, dass wir sprachlich nicht so schön wie im Englischen zwischen science und humanities unterscheiden können!), daher darf sie keinen freimütigen Bekenntnischarakter haben – noch nicht mal im Vorwort. Das ist keine Selbstzensur, es ist geradezu eine organisch vorgegebene Notwendigkeit, dass dies nicht geht.

Den Grund für diese Unfreiheit – die übrigens das genaue Gegenteil christlicher (erlöster) Gelassenheit ist – vermute ich in der seit Jahrzehnten alles Theologietreiben durchsäuernden Indeologisierung. In dem krankhaften Bestreben sich „wissenschaftlich“ zu geben, hat man die eigene wissenschaftliche Grundlage (= die Wahrheit der biblischen Offenbarung, wie sie vom authentischen Lehramt verbindlich vorgelegt wird, vgl. Dei verbum 10) aufgegeben, mit dem Ergebnis, dass nur noch Ideologie in Reinform übrig geblieben ist, deren Fachvertreter sich nun vorrangig mit anderen (gesellschaftlich relevanten) Wissensgebieten (stets ideologisch voreingenommen) beschäftigen müssen, um noch zumindest das Gefühl einer Daseinsberechtigung zu erzeugen. Soziologie, Psychologie, Marketing, Politik...

Vor allem aber dies schmerzt: Von einer lebendigen und heilig(end)en Liebe zu Jesus Christus und seiner Kirche ist weit und breit nichts zu spüren – überhaupt nichts.

Und selbst diejenigen, die ich als „anständige“ Theologen bezeichnet habe, betreiben zwar tatsächlich Theologie mit der ihr zukommenden wissenschaftlichen Grundlage (darum sind sie keine Häretiker), aber selbst diese Theologen gelangen nur in seltenen Ausnahmefällen zu jener Gelassenheit und Freiheit, dass sie sich freimütig zu dem, was sie beschreiben, erklären und verteidigen, bekennen können. Und noch seltener geschieht dies in einer Sprache, die inspiriert und wiederum andere zum Bekenntnis ermutigt.

Natürlich ist das religiöse und gesellschaftliche Umfeld hierzulande ein ganz anderes als in den USA, wo es sehr viel mehr Fluktuationen im religiösen Leben gibt und die US-amerikanische Zivilreligion das religiöse Bekenntnis konstant im öffentlichen Raum präsent hält. Nichts desto trotz halte ich diese Freimütigkeit, die begeistert, für genuin christlich und nötig. Andernfalls wird die Theologie nur noch bedeutungs- und v.a. fruchtloser, als sie es ohnehin schon längst ist (was aber die Herren und Damen Theologen zumeist noch nicht bemerkt haben, weil sie zu sehr mit sich selbst befasst sind).

Das gleiche Phänomen gibt es auch bei den Bischöfen zu beobachten. Bei denen ist es nochmal deutlicher, dass die übergroße Mehrheit unserer Hirten alles Mögliche sind (Bürokraten, Technokraten, Politiker etc.), aber sie sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Zeugen für Christus. Alle salbungsvolle Rede dieser Welt kann nicht das kürzeste Bekenntnis (Jesus Christus ist der Herr!) ersetzen.

So durch ihr eigenes Tun der christlichen Freiheit beraubt, sind sie wahrhaft entmündigte Christen, sie sind faktisch nicht zum Bekenntnis in der Lage, ihr Berufsethos (wie sie es verstehen) steht dem im Wege.

Sehr schade.

Donnerstag, 25. März 2021

Pflichten eines Bischofs

Da wir aktuell beobachten müssen, wie Bischöfe sich ganz offen gegen Rom positionieren und ihren Ungehorsam medial verbreiten, seien hier einige Stellen aus dem "Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe" (2004) wiedergegeben (mit in der aktuellen Lage relevanten Hervorhebungen von mir):


»Im Bewusstsein seiner Verantwortung für die Einheit der Kirche und unter Berücksichtigung der Tatsache, mit welcher Leichtigkeit heute jede Erklärung breiten Kreisen der öffentlichen Meinung bekannt wird, soll sich der Bischof davor hüten, Gesichtspunkte der Lehre des authentischen Lehramtes oder der Ordnung der Kirche in Frage zu stellen, um weder der Autorität der Kirche noch seiner eigenen Autorität Schaden zuzufügen« (13).

 

»Als Konsequenz seiner Bischofsweihe, der hierarchischen Gemeinschaft und seiner Zugehörigkeit zum Bischofskollegium sowie als Zeichen der Einheit mit Jesus Christus soll der Bischof der Gemeinschaft der Liebe und des Gehorsams mit dem Papst höchste Rechnung tragen und diese von Herzen fördern, indem er sich dessen Absichten, Initiativen, Freuden und Sorgen zu eigen macht und indem er auch in den Gläubigen die selben kindlichen Gefühle fördert.

Der Bischof soll getreu die Anordnungen des Heiligen Stuhls sowie der verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie ausführen, die dem Papst bei seiner Sendung des Dienstes an den Teilkirchen und ihren Hirten helfen. Er soll zudem dafür sorgen, dass die Dokumente des Heiligen Stuhls zeitnah den Priestern oder, je nachdem, dem gesamten Volk Gottes zur Kenntnis gelangen, wobei er in geeigneter Weise deren Gehalt erläutern soll, um ihn so für alle verständlich zu machen.« (14)


»Christus, der „gehorsam war bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,8), und dessen Speise es war, den Willen des Vaters zu tun (vgl. Joh 4,34), steht dem Bischof beständig vor Augen als das höchste Vorbild jenes Gehorsams, der die Ursache unserer Rechtfertigung war (vgl. Röm 5,19).

Indem er sich Christus gleichförmig macht, leistet der Bischof einen hervorragenden Dienst für die Einheit und die Gemeinschaft der Kirche, und mit seinem Verhalten zeigt er, dass in der Kirche gerechterweise niemand den anderen befehlen kann, wenn er sich nicht zuvor anbietet als Vorbild des Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes und der Autorität der Kirche.« (43)


»Im Bewusstsein, dass er in der Teilkirche der Leiter des gesamten Dienstes am Wort Gottes ist, und dass er das Amt eines Boten des Glaubens, des authentischen Lehrers und des Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit empfangen hat, muss der Bischof seine intellektuelle Bildung vertiefen durch persönliches Studium und durch ein ernsthaftes Bemühen, sich über die kulturellen Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Tatsächlich muss es der Bischof nämlich verstehen, die Strömungen des Denkens sowie die anthropologischen und wissenschaftlichen Richtungen unserer Zeit aufzunehmen und zu bewerten, um sie unterscheiden zu können und um auf die neuen Fragestellungen, die aus der Gesellschaft erwachsen, im Licht des Wortes Gottes und in Treue zur Lehre und zur Ordnung der Kirche antworten zu können.

Die theologische Fortbildung ist für den Bischof notwendig, um den unauslotbaren Reichtum des geoffenbarten Geheimnisses vertiefen und bewahren, um die Glaubensüberlieferung getreu darlegen zu können und um zu den Theologen eine Beziehung der respektvollen und fruchtbaren Zusammenarbeit pflegen zu können. […] Eine theologische Kenntnis auf der Höhe der Zeit wird es dem Bischof auch erlauben, darüber zu wachen, dass die verschiedenen theologischen Vorschläge, die vorgetragen werden, mit dem Inhalt der Überlieferung übereinstimmen, und alle Widersprüche und Abweichungen von der gesunden Lehre zurückzuweisen.« (52)


Der Bischof »darf […] keine Einschränkung seiner apostolischen Freiheit für die öffentliche Verkündigung des Evangeliums sowie der moralischen und religiösen Grundsätze, auch in gesellschaftlichen Fragen, erlauben. So wie er bereit ist, das Engagement und den wirklichen sozialen Fortschritt zu loben, so soll er anderseits auch bereit sein, jede öffentliche Beleidigung des göttlichen Gesetzes und der menschlichen Würde zu verurteilen«. (117)


»Es ist auch Aufgabe des Bischofs, immer und überall die moralischen Grundsätze der gesellschaftlichen Ordnung zu verkünden, und so die authentische Befreiung des Menschen anzukündigen, die durch die Menschwerdung des Wortes in die Welt gebracht wurde. Wenn es die Rechte der menschlichen Person oder das Heil der Seelen erfordern, ist es seine Pflicht, ein in der Offenbarung begründetes Urteil über die konkrete Wirklichkeit des menschlichen Lebens abzugeben: Insbesondere, was den Wert des Lebens anbelangt, die Bedeutung der Freiheit, die Einheit und die Beständigkeit der Familie, die Erzeugung und die Erziehung der Kinder, […].

Der Bischof soll es nicht unterlassen, seinen Gläubigen die Lehren und die Hinweise zu übermitteln, die er vom Heiligen Stuhl empfängt.« (120)

 

Die Bischöfe, die diesen Aufgaben nicht nachkommen, insbesondere diejenigen, die gerade das genaue Gegenteil davon tun, indem sie gegen die Lehre der Kirche wettern und ihre Änderung ("Weiterentwicklung") verlangen, sollten sich dringend eine Auszeit zur Besinnung nehmen, oder den Papst schleunigst um Entpflichtung bitten. Sie sind, bei allem gebotenen Respekt, für das ihnen übertragene Amt nicht hinnehmbar.

Mittwoch, 24. März 2021

Homosexualität und Kontrazeption

Ein kleiner Hinweis, weil das in der Diskussion wenig gesehen wird: Die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Sexualität hängt nicht unwesentlich mit der Akzeptanz künstlicher Empfängisverhütung zusammen.

Ein zentraler Punkt, der ausgelebte gleichgeschlechtlicher Sexualität aus biblisch-katholischer Perspektive als sündhaft qualifiziert, ist die solchen Akten grundsätzlich innewohnende Unmöglichkeit der Fortpflanzung, die als Kernaspekt des Geschlechtsaktes angesehen wird. Das exakt gleiche Kriterium erfordert nun aber auch die Ablehnung künstlicher Empfängnisverhütung.

Andersherum bedeutet dies: Die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Sexualität als legitim folgt notwendig aus einer Anerkennung künstlicher Empfängnisverhütung. Wer Humanae vitae ablehnt, der wird konsequenterweise auch die römische Absage von Segnungen gleichgeschlechtlicher Verbindungen ablehnen; wer HV annimmt, muss auch Letzteres annehmen. Sehr anschaulich hat diesen wichtigen Zusammenhang der frühere anglikanische Primas Rowan Williams in einer bedeutenden, im anglikanischen Raum bis heute vielfach beachteten, Ansprache im Jahr 1989 mit dem Titel "The Body’s Grace" (z.B. hier zu finden) ins Wort gebracht:

»In fact, of course, in a church which accepts the legitimacy of contraception, the absolute condemnation of same-sex relations of intimacy must rely either on an abstract fundamentalist deployment of a number of very ambiguous texts, or on a problematic and non-scriptural theory about natural complementarity, applied narrowly and crudely to physical differentiation without regard to psychological structures.«

Zu Deutsch: Wenn künstliche Empfängnisverhütung kirchlicherseits akzeptiert ist, dann muss man auch gleichgeschlechtliche Sexualität akzeptieren; alles andere wäre inkonsequent und heuschlerich.

Wie gut, dass die katholische Kirche die künstliche Empfängnisverhütung genauso als sündhaft ablehnt, wie sie dies mit gleichgeschlechtlicher Sexualität tut. Diese letztere Ablehnung ist also durchaus konsequent. Die Wut, die sich heute über Rom ergießt, ist die selbe, sie sich 1968 ergossen hat... Eigentlich reden wir in beiden Fällen über ein und das selbe Thema, nur die Akteure sind heute andere.


Übrigens kann man den durchschalgenden evangelisierenden "Erfolg" der alles und jeden segnenden Anglikaner statistisch nachweisen, wie z.B. hier mit Daten aus dem Jahr 2019: 

»The report, published by the National Centre for Social Research, on Thursday of last week, found that only 12 per cent of respondents would describe themselves as “belonging to the Church of England [or the Church in Wales and Scottish Episcopal Church]”. This figure is down from 14 per cent last year, 22 per cent in 2008, and 40 per cent in 1983, when the survey was first run.
Among 18- to 24-year-olds, just one per cent said that they belonged to the Church...«

 

Die Anhänger der britischen Staatsreligion sind in ihrem eigenen Staat (und anderswo) faktisch eine sehr schnell aussterbende Gruppe... Aber zum Glück "diskriminieren" sie während ihres Aussterbens niemanden, und sie stellen es jedem frei, sich als gesunder Mensch mit technischen Mitteln in einen für sie krankhaften Zustand zu versetzen, nämlich den der Unfruchtbarkeit... juhu?



ceterum censeo: Paul VI. hatte recht (KLICKMICH).

Sonntag, 21. März 2021

Sünde und Heiligkeit

Was das Responsum der Kongregation für die Glaubenslehre letztlich bedeutet, und wogegen sich nun viele mit ehrlicher oder inszenierter Wut aufbäumen, ist bei Licht betrachtet einzig dies: Dass zum ersten Mal seit langem wieder unmissverständlich klargestellt wurde, dass Sünde real ist.

 

 

»Die Kirche grenzt niemanden aus. Jeder der glaubt, und sein Leben auf Gott ausrichten will, ist willkommen. „Ausgrenzen“ kann man sich nur selbst, durch Unglauben und durch ein bewusst sündiges Leben. Das gilt, wie für alle Menschen, auch für Menschen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen.

[…]

Selbstverständlich vergibt Gott homosexuelle Sünden genauso wie jede andere Sünde, die ein Mensch bereut. Gerade deswegen ist es wichtig, dass die Kirche auch auf diesem Gebiet die Sünde Sünde nennt. Zu behaupten, dies sei „diskriminierend“, ist absurd. Die Frage kann nur sein, ob die Lehre der Kirche wirklich der Wahrheit entspricht. Aber wenn homosexuelle Akte tatsächlich Sünde sind gilt wie bei jedem anderen Gebot: Gottes Wort ist „Licht“ auf dem Weg des Menschen, und es ist gut für ihn zu wissen, dass dieses oder jenes Verhalten ,,ins Verderben“ führt, wie die Bibel dies auszudrücken pflegt.

[…]

[A]m gebieterischen Ruf zur Keuschheit führt kein christlicher Weg vorbei. Wer darüber entsetzt ist und das für schlechthin „unzumutbar“ hält, lasse sich gesagt sein: Das ist keine „besondere Strenge“ gegenüber Homosexuellen. Denn ein sexuell enthaltsames Leben mutet die Kirche im Namen Gottes jedem unverheirateten Menschen zu, zeitweise auch Eheleuten, und manchen Menschen für immer. […]

Menschen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen sind, wie alle Menschen, zur Heiligkeit berufen. Man kann mit Sicherheit annehmen: Es hat schon Heilige mit homosexuellen (und allen nur möglichen sexuell oder sonst wie merkwürdigen und abartigen) Neigungen gegeben. Als Christen, die entschlossen waren. Gott mehr zu gehorchen als ihren Antrieben, erkannten sie darin Versuchungen zur Sünde, die sie niederrangen und auszuhalten lernten, sicher auch mit Hilfe der Beichte.

Es wäre zu wünschen, einige von diesen Heiligen mit homosexuellen Neigungen beim Namen zu kennen und sie somit als Fürsprecher und Vorbilder zu haben: Heilige, die bestimmte Zeiten ihres Lebens unter gleichgeschlechtlichen Neigungen litten und doch verzichtet haben, ihnen nachzugeben. Sie richteten ihre Augen auf Gott, hielten die Leiden an diesem ihren Kampf für ungleich geringer als die Freude, die Gott ihnen verheißen hatte, dachten an die Gebote Gottes, hörten auf ihr Gewissen und lebten nach der Lehre der Kirche, der sie mehr glaubten als den „Weisen“ dieser Welt. Darum hörten sie nach ihrem Tod das Wort Jesu: ,,Kommt, ihr, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.“ „Homosexuelle“ im Himmel? Nein, sondern heilige Menschen, die trotz ihrer sexuellen und trotz manch anderer sündigen Neigungen Gott geliebt haben aus ganzem Herzen und mit allen ihren Kräften, nach dem Maß der Gnade.«

(aus: Andreas Laun, Homosexualität aus katholischer Sicht)


Donnerstag, 18. März 2021

Ein Kommentar zum Responsum der Glaubenskongregation

Ein unsystematischer und unvollständiger Kommentar zum


Responsum ad dubium der Kongregation für die Glaubenslehre über die Segnung von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts [HIER herunterzuladen]

  • Sofort wird klar – was aber nur bemerkt, wer ehrlich und unverbrettert ließt –, dass es in diesem Responsum nicht um die Segnung von (Einzel)Personen geht, sondern um die Segnung einer Verbindung von Personen, also um eine Lebensform, allgemeiner gesagt: um eine Handlung oder ein Tun von Personen. In den Kommentaren und Entgegenungen auf das Responsum, selbst in Wortmeldungen mancher Bischöfe, wurde der Eindruck erweckt oder sogar ausdrücklich so gesagt, dass diese römische Äußerung gegen die Segnung homosexuell empfindender Menschen gerichtet ist. Wie es der Text mehrfach(!) unmissverständlich deutlich macht, ist genau das nicht gemeint. Sogar weltliche Medien schaffen es, die im Dokument ausgedrückte Unterscheidung zwischen Sünde und Sünder deutlich hervorzuheben, beispielsweise tagesschau.de (hier), schade, dass manche kirchlichen Persönlichkeiten dazu nicht in der Lage sind.

  • Ein Beispiel ist hier Bischof Overbeck in Essen, der verlauten ließ „Wir werden mit unseren seelsorglichen Angeboten auch weiterhin alle Menschen begleiten, wenn sie darum bitten – ganz gleich in welcher Lebenssituation.“ (hier) Mit dieser Äußerung erweckt er den Eindruck, Rom habe die Seelsorge für homosexuell empfindende Menschen untersagt, wogegen er sich nun mutig zur Wehr setzt. Dabei tut Rom eigentlich das genaue Gegenteil (s.u.). Eine ehrliche (und von Einsicht zeugende) Antwort wäre es gewesen, wenn der Bischof gesagt hätte, man werde das römische Responsum als Anspron nehmen, die entsprechende Seelsorge weiter zu fördern, denn genau dazu regt es ja auch an.

  • Es ist im christlichen Denken schon immer eine Grundkonstante, zwischen dem Sünder und der Sünde zu unterscheiden. Der Sünder hat ein Anrecht auf unsere Liebe und unseren Segen, weil er diese Liebe und diesen Segen auch fraglos von Gott erhält. Seine sündhaften Handlungen haben diesen Anspruch jedoch nicht, weil er ihnen auch von Gott her nicht zukommt: Gott segnet nicht die Sünde (vgl. Gal 2,17). Paulus sagt „Segnet, die euch verfolgen“ (Röm 12,14), er sagt nicht „Segnet die Verfolgung“. Jesus sagt „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“ (Mt 5,44), er sagt nicht „Betet dafür, dass die Verfolgung gelingt“. In gleicher Weise sollen wir z.B. für einen Ehebrecher beten und ihn segnen, aber unter keinen Umständen dürfen wir den Ehebruch segnen, egal wie sehr der Ehebrecher und seine Geliebte meinen, sich zu „lieben“.



AUF DAS VORGELEGTE DUBIUM:
Hat die Kirche die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen?

  • Es sei das Augenmerk auf die Wortwahl gerichtet: Gefragt wird nämlich nicht, ob die Kirche willens ist, oder ob sie in der Lage dazu ist, etwas zu tun. Sondern es wird gefragt, ob sie die Vollmacht hat, etwas zu tun. Es geht also nicht darum, ob die Kirche das in Frage Stehende tun kann, sondern ob sie es darf. Das „Können“ ist derweil vom „Dürfen“ abhängig, denn was nicht erlaubt ist, entfaltet in diesem Sinne auch keine Wirkung, ist nicht gültig, ist null und nichtig: Wenn ich beispielsweise als nicht bevollmächtigte Person ein Dokument unterschreibe, dann „kann“ ich diesen mechanischen Vorgang des Unterschreibens zwar offensichtlich tätigen, aber weil ich diese Unterschrift auf diesem Papier nicht leisten darf, weil ich nicht die Vollmacht dazu habe, ist meine Unterschrift Bedeutung- und Wirkungslos und bewirkt höchstens Verwirrung, Unannehmlichkeiten und zusätzlichen Verwaltungsaufwand zur Bereinigung des Fehlers.

  • Wann immer eine Frage auftaucht, in der es darum geht, ob die Kirche etwas tun darf, geht es folglich nicht um etwas, das in der Verfügungsgewalt der Kirche steht. Denn dürfen und nicht-dürfen geschieht nicht aus einem selbst heraus, sondern es ist auferlegt von dem, der die Regeln aufgestellt hat. Vollmacht wird einem durch Bevollmächtigung zuteil. (Die Alternative ist Selbstermächtigung, etwas, das gewöhnlich nicht gewaltfrei abläuft.) Also: Die Frage behandelt nicht etwas, das in der Kompetenz oder Beliebigkeit der Kirche liegt, sondern etwas, das ihr vorgegeben ist. Ginge es nur um ein Können“, ließe sich fragen, ob die Kirche nicht einfach den nötigen Mut aufbringen könnte, um es zu tun... Wenn ihr aber die Vollmacht fehlt, dann kann sie das nicht eigenmächtig ändern.

  • Nicht „Rom“ übt hier „Macht“ aus, wie es gerne dargestellt wird, sondern „Rom“ stellt gerade fest, dass es diesbezüglich keine Macht hat! Dass es auch in Sachen Religion gewalttätige Selbstermächtigung gibt, wissen wir aus Jesu eigenem Mund, wenn er über das Schicksal des Täufers Johannes (und sein eigenes) spricht: „bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan und Gewalttätige reißen es an sich.“ (Mt 11,12) Gemeint ist ein gewalttätiges Auflehnen gegen die Umkehrpredigt des Täufers, das dann auch folgerichtig auf die Umkehrpredigt Jesu weiterwirkte und noch bis heute wirkt. Das Aufbäumen von Theologenschaft und Bischofsclique gegen diese „römische Note“ ist m.E. nichts anderes als die (verbal) gewalttätige Auflehnung gegen das Himmelreich (= die Herrschaft Gottes), von der Jesus sprach.

  • Übrigens: Die gleiche Formulierung bzgl. der Vollmacht findet sich z.B. auch in Ordinatio sacerdotalis, womit die Unmöglichkeit der Spendung des Weihesakraments an Frauen festgestellt wurde. Auch Johannes Paul II. verkündete damals nicht, dass die Kirche dies nicht tun könne oder wolle, sondern, Zitat: „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ (Nr. 4).



WIRD GEANTWORTET:
Nein.

  • Manche Reaktionen stören sich an dem, was sie als „schroffes Nein“ oder dergleichen bezeichnen. Sogar manche Theologen stoßen in dieses Horn. Dazu muss man wissen, worauf auch der Kommentar zum Responsum hinweißt, dass ein Responsum grundsätzlich mit „Ja“ oder „Nein“ antwortet, die zugrundeliegende frage (dubium) ist entsprechend stets so gestellt, dass eine Ja/Nein Antwort möglich ist. Das ist in diesem „Literatur-Genre“ so und hat nichts mit Schroffheit zutun. Hätte die Frage anders gelautet, z.B. „Muss ein Priester die Segnung eines homosexuellen Paares unterlassen?“, wäre ein ebenso „schroffes“ Ja als Antwort gekommen. Eine Frage die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden kann, wäre nicht in der Form eines Responsum beantwortet worden, sondern dann womöglich als Instruktion oder Brief oder dergleichen… Mehr steckt nicht hinter dem angeblich „schroffen“ „Nein“.



Erläuternde Note

  • Wir können uns freuen, dass es erläuternde Noten gibt. Das war nicht immer so und das ist für die Autorität der gegebenen Antwort auch nicht erforderlich. Das Responsum wäre genauso gültig und verbindlich ohne eine erläuternde Note. Sie ist eine Hilfe zum Verständnis und zur Vermittlung. Wie sich zeigen wird, zeigt diese Note ein hohes Maß an pastoralem Einfühlungsvermögen und Realitätssinn bei den Verfassern. Ironischerweise spricht man ihnen genau das derzeit ab, während die so Absprechenden (bewusst oder aus Ignoranz) genau die Missverständnisse wiederholen, die mit dieser Note geklärt und beantwortet werden.



In einigen kirchlichen Bereichen verbreiten sich Projekte und Vorschläge von Segnungen für Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts.

  • Inzwischen hat es sich medial herumgesprochen, dass dieses Responsum vermutlich auf eine Anfrage aus dem deutschen Sprachraum antwortet, und dass es daher auch besonders auf diese Länder gemünzt ist. Bekanntlich werden in den meisten Bistümern inzwischen solche Segnungen vorgenommen und von offizieller Stelle zumeist stillschweigend geduldet. Manche Bischöfe haben auch schon ganz offen solche Feiern angeregt.



Nicht selten sind solche Projekte durch den aufrichtigen Willen motiviert, homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten, „damit diejenigen, welche die homosexuelle Tendenz zeigen, die notwendigen Hilfen bekommen können, um den Willen Gottes in ihrem Leben zu begreifen und ganz zu erfüllen“.

  • Faktisch herrscht wohl meistens eine Einstellung vor, die den Willen Gottes für das Leben des Menschen mit seinem faktischen Leben gleichsetzt. Wie immer jemand lebt, was immer er tut und will, das wird als der Wille Gottes für sein Leben propagiert. Der Maßstab ist meist also nicht der Wille Gottes, sondern der Wille des Menschen: Wie er leben will, das ist maßgeblich. Der Anspruch einer Lebensänderung die nicht dem eigenen Willen entspricht, kommt in den meisten pastoralen Papieren und Praktiken nicht vor.

  • Die Bibel weiß es besser: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege“ (Jes 55,8). Wir wissen, dass sogar ein christliches Bekenntnis nicht ausreicht, um gerettet zu werden, solange nicht auch unser Handeln dem Bekenntnis entspricht; und das heißt, solange unser Handeln nicht konsequent an den Plänen bzw. am Willen Gottes ausgerichtet ist: „Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“ (Mt 7,21; vgl. 12,50) Das Entscheidende ist der Weg Gottes, der nichts anderes meint als die Befolgung seines Willens: „Du sollst die Gebote des Herrn, deines Gottes, bewahren, auf seinen Wegen gehen und ihn fürchten.“ (5Mos 8,6)



Auf diesen Wegen können das Hören des Wortes Gottes, das Gebet, die Teilnahme an liturgischen Handlungen der Kirche und praktizierte Nächstenliebe eine wichtige Rolle bei der Förderung von Bemühungen spielen, die eigene Lebensgeschichte zu deuten sowie frei und verantwortungsbewusst die eigene Taufberufung anzunehmen,...

  • Das ist ein ungemein wichtiger Punkt: Es wird klar, dass die Teilnahme und Teilhabe am Leben der Kirche sehr viel mehr beinhaltet, als die oft geforderte „Anerkennung“ durch eine öffentliche Zeremonie. Die Realität ist häufig gerade die, dass solche Zeremonien, deren Inhalt meist nicht verstanden, und die daher mit eigenen „Inhalten“ gefüllt werden, einen Gutteil unserer pastoralen Anstrengungen einnehmen: Die so genannten Kasualien (Taufe des Kindes, Erstkommunion, Firmung, Trauung, Beerdigung) werden noch relativ viel nachgefragt, aber sie entfalten faktisch keine Tiefenwirkung mehr. Sie werden innerhalb eines in hohem Maße standardisierten und ebenso flachen Kirchen- und Gottesbildes (ein säkularisiertes Christen- und Gutmenschentum, wenn man so will) als Gestaltungselemente für Familienfeiern udgl. angefragt, aber nicht als Vollzüge des christlichen Glaubens. Dementsprechend sind, wenn es um „Teilhabe an Kirche“ geht, meist auch nur solche formalisierten und öffentlichen Aktionen im Blick. Das Glaubensleben, also die bewusste Annahme der Taufberufung, umfasst mehr; einiges wurde hier genannt.



... weil „Gott jeden Menschen liebt. Und Gleiches tut auch die Kirche“, indem sie jede ungerechte Diskriminierung ablehnt.

  • Wird später noch relevant: Die Kirche lehnt ungerechte Diskriminierung ab. Das gleiche tut auch der Staat. Wie wir aus der Geschichte wissen, ist das leider sowohl bei der Kirche als auch beim Staat durchaus nicht selbstverständlich.

  • Nun behaupten manche anlässlich des Responsums, etwa der „Schweizerische Katholische Frauenbund“ (hier), es gäbe nicht soetwas wie eine gerechte Diskriminierung, Diskriminierung sei immer ungerecht. Das ist natürlich Quatsch, denn sowohl im Staat, als auch im gesellschaftlichen Alltag und so auch in der Kirche gibt es massenweise gerechte Diskriminierungen, d.h. eine Ungleichbehandlung von Personen anhand bestimmter Parameter. Beispiele gefälligst? Hier: Wenn jemand im Gefängnis sitzt und nicht nach belieben die Welt bereisen darf, dann handelt es sich dabei um eine gerechte Diskriminierung. Der Staat hat das Recht, Menschen auf diese Weise (gerechter Weise) zu diskriminieren, z.B. in der Form der Strafe für begangene Verbrechen. Aber auch jedes Schild an einer Tür „Zutritt verboten“, „Privat“, „Nur für autorisiertes Personal“ ist eine gerechte Diskriminierung, denn allen nicht Berechtigten wird der Zutritt verwehrt. Oder wenn ein Ladenbesitzer sich entscheidet, aus einem gerechten Grund einen potentiellen Kunden nicht zu bedienen, dann ist das eine gerechte Diskrimierung. Oder wenn der Busfahrer mich nicht mitnehmen will, weil ich keine Fahrkarte habe (und auch keine kaufen will), dann ist das eine gerechte Diskriminierung. Ein wichtiges Stichwort hier ist das „Hausrecht“. Das gibt es aber auch anderswo, z.B. wenn Grundstücke verlost werden: Wer kein Los kauft, wird diskriminiert, indem er nicht an der Verlosung teilnehmen darf. Wer eine Niete gezogen hat wird diskriminiert, indem er kein Grundstück bekommt. Überall gibt es gerechte Diskriminierung. Flapsig gesprochen: Wie der ÖPNV, so hat auch die Kirche Regeln, und wer sich nicht an sie hält, hat keinen Anspruch darauf, „bedient“ zu werden, er wird dann folglich gerechterweise diskriminiert.



Unter den liturgischen Handlungen der Kirche sind Sakramentalien von besonderer Bedeutung: als „heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden. Durch diese Zeichen werden die Menschen bereitet, die eigentliche Wirkung der Sakramente aufzunehmen; zugleich wird durch solche Zeichen das Leben in seinen verschiedenen Gegebenheiten geheiligt“.

  • Diese allgemeine Darlegung konkretisierend: Der Segen über eine innige Verbindung zwischen zwei Menschen ist Hingeordnet auf die in Gottes Plan vorgesehene Verbindung par excellence, in der sich als ein tiefes/großes Geheimnis das Verhältnis zwischen Christus und seiner Kirche (Eph 5,32) bzw. zwischen Gott und Mensch sinnbildlich verdichtet: Die Ehe.

  • In der Geschichte der Kirche gab es auch die Tradition der Freundschaftssegnung, bei der eine besondere freundschaftliche Liebe zwischen zwei Menschen (meist zwischen zwei Männern) in einer eigenen Liturgie unter den Segen Gottes gestellt wurde. Diese so genannte „Adelphopoiese“ (gr. „Brudermachung“), im Deutschen spricht man von „Schwurbruderschaft“, gab es in der Westkirche bis ins 14., in der Ostkirche noch bis ins 20. Jahrhundert. Vor ein Paar Jahren hat man versucht, hier soetwas wie eine Trauung Homosexueller oder doch zumindest die „Gutheißung“ (Segnung) gleichgeschlechtlicher Partnerschaften zu erblicken… das stellte sich erwartungsgemäß als dummer Irrtum heraus und ist seit ein paar Jahren wieder in der Versenkung verschwunden. Es würde mich aber nicht wundern, wenn das demnächst von irgendwelchen „Theologen“ erneut herangezogen wird, was dann wiederum mühselig entkräftet werden muss… Stellte sich nämlich heraus: Menschen waren einstmals in der Lage, eine innige Beziehung zu pflegen, ja sogar Liebe für einen anderen Menschen zu empfinden, ohne jeglichen Wunsch, auch mit diesem zu kopulieren… Etwas, das in unserer hypersexualisierten Welt unvorstellbar geworden ist, daher auch das Unverständnis für diese historischen Zeremonien.

  • Im Grunde wäre es wünschenswert, wir würden „Liebe“ nicht immer eingleisig als sexuelle Liebe auffassen. Es gibt z.B. auch die Liebe in der Familie, für die es eigene Segensformen gibt (Familiensegen). Ob es für freundschaftliche „Liebesbeziehungen“ wieder besondere liturgische Formen braucht, weiß ich nicht, aber sie würden in der gegenwärtigeen Situation jedenfalls ein gerütteltes Maß an Unterscheidung und Festigkeit im Glauben erfordern, um sie korrekt zu beurteilen und einzusetzen…



Der Katechismus der katholischen Kirche erläutert weiter: „Die Sakramentalien verleihen die Gnade des Heiligen Geistes nicht nach Art der Sakramente, sondern bereiten durch das Gebet der Kirche vor, die Gnade zu empfangen und mit ihr mitzuwirken“ (Nr. 1670).

  • In gewisser weise sind alle Sakramentalien mit Gebet verbundene Segnungen, denn sie alle dienen dazu, Gegenstände oder Personen in den Dienst (des Willens) Gottes zu stellen bzw. Gottes Zuwendung durch die Kirche auszudrücken.



Zur den Sakramentalien gehören Segnungen, mit denen die Kirche „die Menschen aufruft, Gott zu preisen, sie auffordert, seinen Schutz zu erbitten und sie ermahnt, sich seiner Barmherzigkeit mit der Heiligkeit des Lebens würdig zu erweisen“. Darüber hinaus sind „sie in einer gewissen Nachahmung der Sakramente eingesetzt und beziehen sich immer und hauptsächlich auf geistliche Wirkungen, die sie kraft der Fürbitte der Kirche erlangen“.

  • Wir erfahren: Ein Segen befähigt zur „Mitwirkung“, er entält eine Ermanung und er hat (hoffentlich) auch eine Wirkung. Ein Segen ist also kein Konsumgut – das man passiv empfängt, um dann weiter das zu tun, was man halt tun will –, sondern er wirkt und bewirkt etwas.

  • Festzuhalten ist, dass ein Segen an sich nicht an in der Vergagenheit liegende Vorausetzungen beim Empfänger gebunden ist, denn was auch immer in der Vergangenheit gewesen ist, wo auch immer der bisherige Weg langführte: Der Segen dient dazu, mehr auf den Wegen Gottes zu gehen. Ein Segen ist aus genau diesem Grund aber durchaus anspruchsvoll in Richtung Zukunft, und er bringt eine Verpflichtung mit sich bezüglich der Absicht (für diese Zukunft), mit der er empfangen wird.

  • Wenn „Segnen“ bedeutet, jemandem das „gute Wort Gottes“ zukommen zu lassen, dann kann dies immer nur in dem Sinn geschehen, dass das Segnen dazu dient, den Willen Gottes zu erfüllen: Das „Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, ohne zu bewirken, was ich will, und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe.“ (Jes 55,11)

  • Ganz gleich, ob wir Gegenstände, Tiere oder Menschen Segnen: Immer ist der Sinn des Ganzen dies, dass der Wille Gottes durch sie mehr erfüllt wird, dass das Leben von Gottes Geschöpfen gelingt und (mehr) Frucht bringt. Eine sündhafte Handlung kann folglich nicht gesegnet werden „auf dass sie gelinge“, der Versuch wäre nichts weniger als Blasphemie. Umso mehr sollen wir die so handelnden Menschen – Sünder, wie wir alle! – segnen, auf dass sie von ihrem sündigen Tun ablassen und sich auf den Weg Gottes begeben.

  • Hier wird auch einleuchtend, warum die Kirche Gegenstände segnet, nicht aber bestimmte Handlungen von Menschen: Gegenstände sind nicht sündhaft und sie können gar nicht sündigen, nur Menschen können das. Man kann Gegenstände zu sündhaften Zwecken gebrauchen, aber dann sündigt der Gebrauchende, nicht der Gegenstand. Der Spruch „Ihr segnet Kläranlagen, aber nicht Schwule“ ist also in mehrfacher Hinsicht fragwürdig: 1. Segnen wir Schwule durchaus, nur nicht ihre „schwulen“ Handlungen; wie wir jeden Sünder segnen, nicht aber die Sünden, die er begeht. 2. Ist es ziemlich menschenverachtend, homosexuell empfindende Menschen mit unbelebten Gegenständen, erst recht mit Kläranlagen, zu vergleichen. Menschen können sich für oder gegen Gott, für das Gute oder für die Sünde entscheiden; Kläranlagen können dies nicht. Offensichtlich respektiert und schützt die Kirche die Würde dieser Menschen mehr als diejenigen, die solche dümmlichen Vergleiche anstellen.



Um der Natur der Sakramentalien zu entsprechen, ist es deshalb erforderlich, dass, wenn über einige menschliche Beziehungen ein Segen herabgerufen wird, abgesehen von der rechten Absicht derjenigen, die daran teilnehmen, die zu segnende Wirklichkeit objektiv und positiv darauf hingeordnet ist, die Gnade zu empfangen und auszudrücken, und zwar im Dienst der Pläne Gottes, die in die Schöpfung eingeschrieben und von Christus dem Herrn vollständig offenbart sind. Mit dem Wesen der von der Kirche erteilten Segnung ist daher nur vereinbar, was an sich darauf hingeordnet ist, diesen Plänen zu dienen.

  • Aufhorchen ließ mich hier das Wort „vollständig“. Die Pläne Gottes für seine Schöpfung sind durch Christus vollständig offenbar geworden. Dies bedeutet, dass es keine „neuen Erkenntnisse“ geben kann (weder aus Privatoffenbarungen, noch aus den oft herbeifabulierten „Humanwissenschaften“), die an diesem einmal geoffenbarten Willen Gottes etwas ändern können. Sein Wille ist es, dass wir durch Christus gerettet sind, dass wir uns von der Sünde entfernen und ihm zuwenden sollen. Punkt. Die Zehn Gebote sind keine Verhandlungssache. Ebenso wenig die Bergperedigt oder sonstwelche Weisungen, die die Kirche uns authentisch, im Gehorsam gegen den Willen Gottes vorlegt.

  • "Vollständig offenbart" heißt indes nicht, das dieser Plan auch schon vollständig von der Kirche erkannt und verstanden wird. Der Geist, der uns in die ganze Wahrheit einführt (vgl. Joh 16,13) ist ja nach wie vor am Wirken. Gleichwohl kann ein Fortschritt in diesem Verständnis nie dem bisherigen Weg widersprechen; es kann keine echte Einsicht aus dem Geist Gottes geben, die einer früheren Einsicht aus demselben Geist widerspricht. Was einmal als wahr erkannt wurde, bleibt wahr. Dies zu leugnen wäre Relativismus, der die Möglichkeit von Wahrheit ablehnt.

  • Außerdem: Der Segen gilt allem, „was an sich darauf hingeordnet ist“ Gottes Plänen zu dienen. Es geht also nicht um Dinge, von denen wir behaupten, sie würden diesen Plänen dienen, und es geht auch nicht um solche Dinge, deren Hinordnung auf diese Pläne durch menschliches Verhalten pervertiert wurde. Nicht menschlicher Wunsch und seine Einbildungskraft sind also maßgeblich, sondern die Dinge an sich.



Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist.

  • Achtung, wichtig: Was die Kirche über die Unmöglichkeit der Segnungen von Verbindungen zwischen Menschen lehrt, betrifft nur solche Verbindungen „die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließen“ und es betrifft alle Verbidnungen „die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe einschließen“. Also auch alle heterosexuellen Beziehungen und Partnerschaften, auf die dies zutrifft. Die zuvor erwähnte Adelphopoiese, genau wie Segnungen für Familien oder solche zur Verlobung, sind darum unproblematisch. [Nun wird mancher sagen: „Ja, aber die Verlobten sind noch nicht verheiratet und die ‚machen es‘ doch bestimmt schon!“ Das mag sein. Solange sie es nicht an die große Glocke hängen, geht die Kirche jedoch wohlwollend, gütig und barmherzig davon aus, dass sie „es“ nicht „machen“, sondern sich an die Lehre der Kirche halten – oder sich zumindest aufrichtig darum bemühen (im Falle des Scheiterns gibt es die Beichte). Das ist auch nicht soo wirklichkeitsfremd, wie es oft dargestellt wird, ich selbst kenne einige v.a. junge Menschen, die sich daran (ge)halten (haben), einschließlich meine Frau und mich.]

  • Nun hat man der Kirche (wiedermal) eine „Fixierung auf Sexualität“ vorgeworfen. Das ist natürlich Unsinn, denn wo ist hier die Fixierung? Wann hat sich die Kirche denn das letzte Mal über das Thema Sex geäußert? Ist länger her… also gibt es hier keine Fixierung. Da die Kirche aber zu allem, was zum Menschsein gehört, etwas zu sagen hat, kommt ab und an natürlich auch mal Sex zur Sprache, der gehört nämlich zum Menschsein dazu und ist sogar von quasi-sakramentaler Natur (eine sakramental geschlossene Ehe ist erst dann gänzlich unauflöslich, wenn sie „vollzogen“ wurde). Manfred Lütz sagte einmal pointiert „Sex ist ein Sakrament!“… so hoch, so wichtig, ja so heilig(!) schätzt die Kirche Sex(ualität) ein.

  • Nicht unwichtig ist, dass hier davon die Rede ist, dass eine Ehe per Definition „an sich für die Lebensweitergabe offen“ ist. Denn nichts lieben Pharisäer mehr, als Haare zu spalten und darauf hinzuweisen, dass auch in Ehen zwischen Mann und Frau nicht immer Nachwuchs vorhanden ist, ob das denn gleichfalls „ungültige“ Verbindungen seien… Das ist natürlich nur ein Ablenkungsmanöver. Das Entscheidende ist nicht, ob tatsächlich Kinder da sind, wie das „alttestamentlich“ zuweilen der Fall war (Unfruchtbarkeit als Zeichen für das Verfluchtsein von Gott), sondern ob die Verbindung „an sich offen“ für Kinder ist – die ja immer Geschenk Gottes, nie Verdienst, und nicht mit Gewalt (künstliche Befruchtung, Leihmutterschaft) zu erringen sind.

  • Diese Offenheit, die stets den Menschen als ganzen Betrifft (ein bloßes Gefühl genügt z.B. nicht) kann übrigens auch in heterosexuellen Verbindungen fehlen, weswegen etwa das bewusste Aussschließen von Nachwuchs ein Grund für die Nichtigkeit einer Ehe ist. Bei homosexuellen Paaren ist es so, dass sie, egal wie offen für Nachwuchs sie seelisch (gefühlsmäßig) oder geistig (willensmäßig) auch sein mögen, sie es als „ganze Menschen“ (aus Seele, Geist und Körper) faktisch nicht sind und nicht sein können, denn zwei Männer oder zwei Frauen können keinen Nachwuchs hervorbringen, ganz egal wie sehr sie es wollen, fühlen oder wie gesund und fit sie sind. (Ein bewusstloser Mensch – sozusagen ohne „Geist“ – kann darum auch keine Ehe eingehen.)

  • „Aber was, wenn z.B. die Frau aufgrund einer Erkrankung keine Kinder bekommen kann, dann ‚kann‘ sie doch auch nicht ‚körperlich offen‘ sein?“ Eine Krankheit ändert nichts an der genannten „Offenheit“, schließlich betrachten wir auch Krankheit nicht (mehr) als Hinweis auf eine Verfluchung durch Gott. Eine Erkrankung mit der sexuellen Orientierung eines Menschen zu vergleichen ist indes Unfug, Homosexualität ist keine Krankheit.



Das Vorhandensein positiver Elemente – die in sich betrachtet dennoch zu schätzen und hervorzuheben sind – in solchen Beziehungen ist trotzdem nicht in der Lage, diese zu rechtfertigen und sie daher rechtmäßig zum Gegenstand einer kirchlichen Segnung zu machen, weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet ist.

  • Wichtige Unterscheidung: positive Elemente machen den Kontext, in dem sie eingebettet sind, nicht durch ihr bloßes Vorhandensein zu etwas Gutem. Wenn ein Ehebrecher mit seiner Geliebten „Werte“ wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft und „Treue“ (haha!) pflegt, bleibt seine Beziehung zu ihr dennoch ein Ehebruch und also eine Sünde. Was immer es an „Positivem“ in dieser Beziehung gibt, ist nicht wegen der (sündhaften) Beziehung da, sondern höchstens trotz dieser. Daher machen sie diesen Ehebruch nicht „gut“, sie „rechtfertigen“ den Ehebruch nicht, er bleibt Sünde und kann niemals von der Kirche (ab)gesegnet werden. Genau betrachtet fördern diese positiven Elemente hier sogar die Sünde, weil sie der sündhaften Beziehung mehr „Haltbarkeit“ verleihen… Es wird also klar: Auch an und für sich Positives wie z.B. „Hilfsbereitschaft“ kann pervertieren und gewissermaßen „im Dienst“ der Sünde stehen. Man kann das auch mit beliebigen anderen Szenarien durchspielen: Ein Missbrauchstäter, der die an sich positiven Elemente „Fürsorge“ oder „Väterlichkeit“ pervertiert; oder das positive Element „kindliches Vertrauen“, das sein Opfer daran hindert, aus dieser schrecklichen Beziehung auszubrechen. Der Punkt ist: Nur weil ein Gefühl, eine Überzeugung, ein Wille oder eine charakterliche Eigenschaft an und für sich positiv ist, bedeutet dies nicht, dass sie auch in jedem Kontext Positives hervorbringt. Das bloße Vorhandensein „positiver Elemente“ hat darum keinerlei Gewicht für die Beurteilung des Kontextes in dem sie vorkommen, wenn dieser Kontext an sich schon sündhaft ist. [Die einzige zu stellende Frage ist also letztlich: Ist praktizierte Homosexualität, wie überhaupt praktizierte Sexualität außerhalb der Ehe, Sünde, oder ist sie es nicht? Bibel und Kirche sagen: ja, sie ist es.]

  • Heilsgeschichtlich gewendet sind „positive Elemente“ wie Freundschaft, Vertrauen, Treue, Dankbarkeit etc. in einer Ehe nicht nur für das Gute, das die Ehe ist, förderlich, sondern sie haben selbst ihren Ursprung aus der Gnade, die dem ehelichen Bund zuteil wird.



Da die Segnungen für Personen in Beziehung zu den Sakramenten stehen, kann darüber hinaus die Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen nicht als zulässig angesehen werden, weil sie in gewisser Weise eine Nachahmung oder einen analogen Hinweis auf den Brautsegen darstellen würde, der auf den Mann und die Frau herabgerufen wird, die sich im Sakrament der Ehe vereinigen, da „es keinerlei Fundament dafür [gibt], zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“.

  • Manche Kommentatoren meinen, die Kongregation würde hier eine Verwechslung zwischen einer sakramentalen Ehe und einer bloßen Segnung für eine Partnerschaft befürchten, was ein falsches Sakramentsverständnis auf Seiten der Kongregation sei. Antwort: 1. Ja und 2. Nein.

  • Zu 2.: Die Gefahr einer Verwechslung sieht die Kongregation zunächst im Blick auf den zur kirchlichen Trauung gehörigen Brautsegen, nicht im Blick auf das Sakrament. Aber das eine führt zum anderen:

  • Zu 1.: Die Gefahr einer solchen Verwechslung ist zweifelsohne real, denn bei Licht betrachtet wissen die meisten, die sich in unseren Kirchen „trauen“, nicht, was sie dort tun. Papst Franziskus hatte 2016 (in der konkreten Wortwahl wohl eher unüberlegt, der Sache nach aber nicht falsch) drastisch dargelegt: „sie wissen nicht, was sie sagen“, wenn sie sich das Ja-Wort geben. Er schließt daraus: „die große Mehrheit unserer sakramentalen Ehen“ sei daher „ungültig“. Der Papst stellte fest, dass „die Leute nicht wissen, was das Sakrament bedeutet“ (hier). Dass die Erfragung des Konsenses ein sakramentaler Vollzug ist, ist den meisten überhaupt nicht bewusst. Oder überhaupt, was ein Sakrament ist. Mag sein, dass diese Erfragung für nicht wenige Paare nur so eine Art Willenserklärung ist, wie etwa bei der Taufe eines Kindes, wenn der Zelebrant fragt „Was erbitten Sie von der Kirche“ und man mit „die Taufe“ antwortet. Meist besteht das Entscheidende für die Paare darin „den Segen Gottes“ zu erhalten. Das ist für sich genommen auch schön und begrüßenswert, aber zuwenig. Und genau darum besteht die sehr reale Gefahr der Verwechslung mit anderen „Segnungen“. Da ist die Glaubenskongregation sehr hellsichtig und realistisch.

  • Zu glauben, die Menschen, die Adressaten solcher Feiern wären, würden hier die Unterscheidung klar haben, ist ausgesprochen unrealistisch. Von sonstigen Mitfeiernden und Außenstehenden ganz zu schweigen. Faktisch ist der Zustand der religiösen Bildung auf einem absoluten Tiefpunkt. Mir sind z.B. beruflich bedingt Ergebnisse von (nicht veröffentlichten) Umfragen aus österreichischen Diözesen bekannt, aus denen hervorgeht, dass viele der regelmäßigen Gottesdienstbesucher(!) nicht unterscheiden (können) zwischen einer Wort-Gottes-Feier mit Kommunionempfang und einer Eucharistiefeier. [Ich weiß zudem aus direkter Beobachtung, dass auch reichlich Theologen den wesentlichen Unterschied nicht benennen können.] Eine Segensfeier für ein Homosexuelles Paar wäre für die meisten Menschen genausowenig von einer Trauung unterscheidbar, zumal die umgebenden Feierlichkeiten außerhalb des Kirchenraums (und wohl schon die Deko und Gestaltung in demselben) gewiss auch keinen Unterschied deutlich machen würden. Selbst wenn den „Gesegneten“ der Unterschied bewusst und verständlich wäre: Es rechnet wohl niemand ernsthaft damit, dass sie diesen Unterschied dann auch in der Gestaltung der Feierlichkeiten kenntlich machen würden.



Die Erklärung der Unzulässigkeit von Segnungen der Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts ist daher weder eine ungerechte Diskriminierung noch enthält sie die Absicht, eine solche zu sein, sondern ruft die Wahrheit des liturgischen Ritus in Erinnerung und das, was dem Wesen der Sakramentalien zutiefst entspricht, so wie die Kirche sie versteht.

  • Jeder Mensch kann sich zu jeder Zeit den Segen Gottes „holen“, sei es im liturgischen Rahmen etwa am Schluss einer jeden hl. Messe oder im persönlichen oder gemeinschaftlichen Gebet („Der Herr segne uns, er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben“); oder einfach indem er Gott darum bittet oder jemand anderen bittet, ihn zu segnen. Nichts und niemand hindert einen Menschen, Gottes Segen zu erhalten, am wenigsten die Kirche. Es gibt nur ein Hindernis zwischen dem Menschen und Gott: Die Sünde des Menschen.

  • Die Kirche segnet alle und sie betet für alle. Als Christen sollen wir auch homosexuell empfindende Menschen segnen. Nicht, weil sie homosexuell sind, sondern weil sie von Gott in diese Welt gestellt sind, von ihm als seine Geschöpfe geliebt und darum schon immer von ihm, Gott, gesegnet. Sündhafte Handlungen von Menschen können wir aber nicht segnen, weil sie nicht von Gott in die Welt gesetzt sind, sondern aus dem freien Willen der Menschen kommen. Zu glauben, alles was Menschen tun, habe ein Recht auf Segen, weil Gott doch alle (Menschen!) segne, ist ein grober Irrtum; man spiele das nur einmal mit anderen freien menschlichen Handlungen wie Mord, Ehebruch oder Diebstahl durch. Menschen können sündigen, d.h. sich von Gott(es Plan) abwenden, daher kann nicht alles, was Menschen tun, gesegnet werden.

  • Die Sünde ist Trennung von Gott und faktisch das Ausschlagen seines Segens.



Die christliche Gemeinschaft und die geistlichen Hirten sind aufgerufen, Menschen mit homosexuellen Neigungen mit Respekt und Takt aufzunehmen; sie werden im Einklang mit der kirchlichen Lehre die am besten geeigneten Wege zu finden wissen, um ihnen das Evangelium in seiner Fülle zu verkünden. Diese Personen mögen gleichzeitig die aufrichtige Nähe der Kirche anerkennen – die für sie betet, sie begleitet, mit ihnen den Weg des christlichen Glaubens teilt – und ihre Lehren mit aufrichtiger Bereitwilligkeit annehmen.

  • Dieser Aufruf gilt eigentlich für alle Menschen. Faktisch kennen die meisten Getauften die (Moral)Lehre der Kirche nicht und sie leben sie folglich auch nicht (und sie können folglich auch nicht über ihren Sinn oder Unsinn urteilen). Die Umfrage im Vorfeld der Familiensynode hat diese weitestgehende Unkenntnis (bei gleichzeitiger blinder Ablehnung des nicht Bekannten) eindrücklich belegt, vgl. meine Anmerkungen dazu hier; in kurz: die Hirten und Theologen haben seit Jahrzehnten (spätestens seit Humanae vitae) ihre Pflicht diesbzeüglich sträflich vernachlässigt und geben „Rom“ die Schuld daran. Die Theologie hat diesen Irrweg befeuert. [Dieses ideologische Spiel geht sogar so weit, dass z.B. einige Bücher von Johannes Paul II., insbesondere „Liebe und Verantwortung“, jahrzehntelang vergriffen waren und ganz bewusst nicht nachgedruckt wurden, auch nicht als dieser große Papst starb und heiliggesprochen wurde (welche Chance, sein schriftliches Erbe gewinnbringend unters Volk zu werfen!… vertan…): der Kösel-Verlag saß auf den Rechten seiner deutschen Übersetzung von 1979 und tat nichts damit. Es musste erst von Josef Spindelböck eine neue Übersetzung aus dem Polnischen erstellt werden, damit dieses wichtige Buch den deutschsprachigen Leser über einen anderen Verlag wieder erreichen konnte. Solche Blockaden seitens der Verlage sind recht effektiv, wenn man bestimmte Positionen und Gedanken kleinhalten will, und es ist die Theologie, die hier Druck auszuüben vermag.]

  • Hierzulande hört man es nicht gern, das es tatsächlich homosexuell empfindende Menschen gibt, die sich bemühen, entsprechend der Lehre der Kirche zu leben. Allen Unkenrufen zum Trotz gibt es diese Menschen. Besonders hervorzuheben ist hier das seit über 40 Jahren aktive Apostolat „Courage International“, das sich genau dieser Menschen annimmt. Diese homosexuell empfindenden Menschen, die nach der Lehre der Kirche zu leben sich bemühen, die gibt es, und der Prozentsatz könnte u.U. (ist nur eine Mußmaßung meinerseits) sogar dem der Heterosexuellen ähneln, die dies gleichfalls tun wollen.

  • Ich bin mir derweil sicher: Würden die Hirten ihrer Pflicht nachkommen und diese Lehre (zunächst selbst kennen und) unverkürzt verkünden, würden sehr viel mehr Menschen nach ihr leben, denn diese Lehre ist befreiend, erfüllend und einfach schön. Meine Meinung? Die hierzulande durch viel theologische Propaganda und Falschinformation fast schon zum Schimpfwort gewordene „Theologie des Leibes“ ist Mark und Bein einer christlichen Lehre und Lebenspraxis von Liebe und Sexualität für das 21. Jahrhundert. Möge sich Gott der Hirten erbarmen, die seit Jahrzehnten ihre Pflicht so sträflich vernachlässigt haben...



Die Antwort auf das vorgelegte Dubium schließt nicht aus, dass Segnungen einzelnen Personen mit homosexueller Neigung gespendet werden, die den Willen bekunden, in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben, wie sie in der kirchlichen Lehre vorgelegt werden; sie erklärt jedoch jede Segnungsform für unzulässig, die dazu neigt, ihre Verbindungen anzuerkennen. In diesem Fall würde die Segnung nämlich die Absicht zum Ausdruck bringen, nicht bestimmte Einzelpersonen dem Schutz und der Hilfe Gottes im oben genannten Sinne anzuvertrauen, sondern einen Entschluss und eine Lebenspraxis zu billigen und zu fördern, die nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden können.

  • Erneut erfahren wir, dass für den Empfang des Segens Gottes der Wille, die Absicht für die Zukunft entscheidend ist. Wenn ich davon ausgehe, dass mir der Segen Kraft für ein anstehendes Werk gibt, dann wäre es schlicht eine Gotteslästerung (eine Sünde gegen den Heiligen Geist [Mt 12,31]?), diese göttliche Kraft für eine Sünde, also die Abkehr von Gott und zum Schaden für mich und andere einzusetzen. Die Argumentation zielt also nicht darauf ab, Gottes Segen oder gar Gott selbst „in Schutz zunehmen“, wie manche meinen. Sondern es geht um den Schutz des Menschen vor noch tieferer Verstrickung in die Sünde durch die Vergötzung oder Fetischisierung des göttlichen Segens für sündige Zwecke.

  • Ein Segen ist immer eine Einladung (oder Aufforderung), auf dem Weg Gottes zu gehen. Er dient nicht unseren Wünschen, sondern dem Willen Gottes für uns.

  • „Gottes Pläne“… wie sehr stört man sich an diesem Begriff! Es wird als kaum zu überbietende Dreistigkeit gesehen, dass „Rom“ meint, die „Pläne Gottes“ zu kennen. Tatsächlich geht es hier nur um das, was ich bereits erwähnte: Die Kirche äußert hier keinen Machtanspruch (oder Wissensvorsprung), sondern sie weist auf ihre eigenen Grenzen hin, dass sie sich nämlich nicht gegen den geoffenbarten Willen Gottes erheben kann (zur Frage, ob praktizierte Homosexualität laut der Bibel Sünde ist, vgl. meine Überlegungen hier). Täte sie es, sie hörte auf, seine Kirche zu sein.



Gleichzeitig erinnert die Kirche daran, dass Gott selbst nicht aufhört, jedes seiner Kinder zu segnen, die in dieser Welt pilgern, denn für ihn „sind wir […] wichtiger als alle Sünden, die wir begehen können“. Aber er segnet nicht die Sünde und er kann sie nicht segnen: Er segnet den sündigen Menschen, damit er erkennt, dass er Teil seines Liebesplans ist, und sich von ihm verändern lässt. Denn er „nimmt uns so, wie wir sind, aber lässt uns nie so, wie wir sind“.

  • Nochmal: Es ist zu unterscheiden zwischen dem Sünder und der Sünde, also zwischen dem Menschen und dem, was er tut. Wenn wir die Unterscheidung zwischen Sünder und Sünde nicht machen, dann müssten wir beides miteinander identifizieren – der Sünder ist die Sünde –, was dann nur zwei ungute Möglichkeiten bereithält: 1) Wir verurteilen jeden Sünder endgültig, ohne Möglichkeit von Umkehr und Vergebung, denn es gibt ja keine Unterscheidung zwischen der Sünde und dem Sünder – das will offenkundig niemand und das ist auch nicht der Weg Gottes. 2) Weil wir den Menschen für absolut gut halten, müssen wir auch alle seine sündhaften Handlungen für gut erklären, also faktisch die Idee der „Sünde“ abschaffen, um nicht – was wir ja nicht wollen – in 1) zu geraten – das scheint es zu sein, was nicht wenige heute gerne hätten, aber auch das ist offenkundig nicht der Weg Gottes. Der Ruf Jesu zur Umkehr (Mt 3,2) ist der Beweis für die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Sünder und Sünde, denn dieser Ruf setzt sowohl die Realität der Sünde voraus, als auch die Möglickeit, sich von ihr abzuwenden.

  • Die Logik Mensch gut = Handlung gut ist für mich eine Ausgeburt des Snobismus. Sowas kann nur jemand denken, der noch nie die Folgen eigener oder fremder Sünden an sich selbst oder an anderen erlebt hat. Hier kommt ins Spiel, was Bernhard Meuser in seinem Buch "Freie Liebe" beschrieben hat: die, die die kirchliche Moral abschaffen wollen, zeichnen z.B. homosexuelle Beziehungen immer nur in den schillernsten Farben. Alles super aufgeklärte und reife, tief gläubige Menschen die ausschließlich respektvoll, achtsam und liebenswürdig miteinander umgehen. Zugleich zeichnen sie Menschen, die an der kirchlichen Moral scheitern, als die Schlimmsten, weil sie es überhaupt versucht haben. In der Realität sind die hier in Frage stehenden gleichgeschlechtlichen Beziehungen meist alles andere als ideal: Monogamie ist eher die Ausnahme, Drogen, Alkohol und Promiskuität sind hier deutlich häufiger anzutreffen. Die traurige Ironie dabei ist freilich, dass es für das Scheitern an der kirchlichen Moral viel Hoffnung gibt, denn insbesondere die Beichte schenkt stets die Möglichkeit des neuen Anfangs, während das Scheitern außerhalb der Kirche sehr schnell in einen bodenlosen Abgrund führt…



Aus diesen Gründen verfügt die Kirche weder über die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts im oben gemeinten Sinne zu segnen, noch kann sie über diese Vollmacht verfügen.

  • Manche Kommentatoren behaupten, es gäbe in diesem Schreiben „dynamische Begrifflichkeitendie eine Weiterentwicklung ermöglichen würden (hier). Der entscheidende Begriff hier (wie auch in Ordinatio sacerdotalis) ist jedoch, wie schon erläutert, der der Vollmacht, und der ist nicht dynamisch.

  • Was ich oben zur Vollmacht ausgeführt habe, wird hier am Ende des Dokuments noch überboten: Nicht nur hat die Kirche die Vollmacht nicht, sie kann diese Vollmacht überhaupt nicht haben; Die Kirche darf nicht nur solche Verbindungen nicht segnen, sie kann es gar nicht dürfen. Mehr Absolutheit und weniger „Dynamik“ geht nicht.

  • Die Kritiker werden nun erwidern: Dann nehmen wir uns eben diese Vollmacht, wir bevollmächtigen uns selbst. Und damit sind wir wieder bei Jesus: bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan und Gewalttätige reißen es an sich.“ (Mt 11,12) Nichts Neues unter der Sonne (vgl. Pred 1,9).



Papst Franziskus wurde in der dem unterzeichnenden Sekretär dieser Kongregation gewährten Audienz über das vorliegende Responsum ad dubium samt der Erläuternden Note informiert und hat ihre Veröffentlichung gutgeheißen.

  • Der Münsteraner Dogmatiker Michael Seewald meint, mit dieser Wortmeldung aus Rom seien drei der synodalen Themen faktisch abgewickelt (hier): 1) den Zölibat habe Papst Franziskus nach der Amazonassynode bekräftigt (z.B. hier); 2) das Frauenpriestertum könne man sowieso vergessen (vgl. die entsprechende Stellungnahme der Glaubenskongregation aus dem Jahr 2018, hier, worin die Lehre von Ordinatio sacerdotalis nochmals bestätigt wurde); 3) und nun sei auch die Frage nach der Segnung homosexueller Partnerschaften vom Tisch.Ganz Unrecht hat der Dogmatiker nicht, er vergisst allerdings die Instruktion der Kleruskongregation vom Juni 2020 („Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde“, hier), die klargestellt hat, dass Laien nicht Pfarrer sein können; damit ist auch das vierte Thema des suizidalen Weges eigentlich erledigt. Was dem Dogmatiker auch entgangen zu sein scheint (was man in Deutschland aber generell einfach nicht wahrnehmen wollte), ist, dass das hier nun behandelte Thema eigentlich bereits 2016 durch Amoris Laetitia Nr. 251 (hier) entschieden wurde, worauf sich das hier behandelte Schreiben ja auch maßgeblich stützt, da „es keinerlei Fundament dafür [gibt], zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“.

  • Alle vier „Themen“ des synodalen Weges haben bereits ihre Absage vom Papst erhalten… Und nun?



Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 22. Februar 2021, dem Fest der Kathedra Petri.

  • Des Öfteren wird so getan, als ob dieses Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Verbindungen etwas Neues wäre. Das ist es natürlich nicht, denn die Kirche hat solche Segnungen nie gutgeheißen, auch schon vor dem 22. Februar 2021. Ausdrückliche „Verbote“ gibt es erst aus jüngerer Zeit, einfach weil es erst in jüngerer Zeit Forderungen und Versuche gibt, solche Segnungen durchzuführen. Das Responsum aus Rom bestätigt und bekräftigt jedoch nur, was vorher schon galt, insofern ist jede Empörung seitens kirchlicher Würdenträger oder aus der Theologenschaft entweder nur ein Schauspiel für die Medien, oder die sich so Äußernden hatten bislang wirklich keine Ahnung, was ihre Kirche lehrt. Ein gutes Beispiel bietet aktuell der in solchen Fragen des Öfteren sich äußernde Bischof Johan Bonny aus Antwerpen, der nach dieser Weisung aus Rom, medial gut platziert, sich nun für seine Kirche „schämt“ (hier). [Ich hatte mich vor einigen Jahren schonmal mit dem Wirrwar des Denkens dieses Bischofs befasst (hier).] Dass die Kirche Segnungen für gleichgeschlechtliche Verbindungen für unzulässig hält und sie auch vor diesem Responsum schon (auf lokaler Ebene) verboten wurden, lässt sich sogar ohne Rückgriff auf den Katechismus oder den Blick ins ferne „Rom“ belegen: Im Jahr 2018 hat der Freiburger Erzbischof Stephan Burger im Anschluss an jene aus Amoris laetitia zitierte Stelle (Nr. 251) für sein Bistum bereits die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ausdrücklich untersagt, ebenso Bischof Fürst von Rottenburg-Stuttgart (hier). Ein Jahr zuvor tat Bischof Genn in Münster das Gleiche (hier). Also: Die aktuelle „römische“ Weisung ist nichts Neues.

Dienstag, 16. März 2021

Humanwissenschaften

Auch in ihrer dümmlichen Erwiederung (hier) auf die römische Note über die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (dümmlich, weil sie den Text völlig falsch darstellen und eigentlich überhaupt nicht auf ihn eingehen) verweisen Stephan Goertz und Magnus Striet wiedermal auf die so genannten "Humanwissenschaftern", deren Erkennntnisse angeblich eine Änderung der kirchlichen Lehre verlangen würden, denn theologisch können diese "Theologen" schon lange nicht mehr argumentieren. Die Bischöfe Timmerevers und Kohlgraf plappern es nach (hier).

Dazu schrieb kürzlich Alex Lefrank (sehr lesenswert ist etwa sein Buch "Kirche ist Paradox") einen Leserbrief an die Tagespost, der den wesentlichen Fehler solcher Verweise gut auf den Punkt bringt:

»Humanwissenschaften sind beschreibende Einzelwissenschaften, die mit den Methoden, die sie selbst definieren, die beobachtbare Wirklichkeit des Menschseins erforschen. Diese Wirklichkeit ist nicht die ganze Wirklichkeit des Menschen. Sie abstrahiert von dem, was dem Menschsein eigentümlich ist: die Sinn/Ziel-Dimension seines Lebens. [D.h. diese wird nicht behandelt.] Dafür ist als systematische Wissenschaft die Philosophie zuständig, denn sie forscht nach dem Ganzen der Wirklichkeit, zu dem die Sinnfrage dazugehört. Wenn nun in der Diskussion um die kirchliche Sexuallehre gefordert wird, die Erkenntnisse der neueren Humanwissenschaften als maßgeblich für die Sexualethik zu berücksichtigen, wie es etwa Prof. Eberhard Schockenhoff in seiner Einführung zum Thema Sexualität in der Bischofskonferenz in Lingen, März 2019, getan hat, begeht man folgenden Fehler: Man übersieht, dass Humanwissenschaften, die solche Aussagen formulieren, ihren selbst definierten Bereich verlassen und eine philosophische Aussage machen, und zwar eine des philosophischen Positivismus, der Sinn/ Ziel-Aussagen grundsätzlich ablehnt, die über die funktionalen Beziehungen hinausgehen. In Bezug auf Sexualität sagen sie damit indirekt: Ihre spezifische Gestaltung ist ohne Bedeutung für das Sinnziel des Menschseins. Konsequent wird dann die Sexualmoral auf die Nächstenliebe reduziert und das sechste Gebot damit eigentlich gestrichen.«

 

PS. I.d.R. unterlässt man es sowieso, zu benenne, welche "Humanwisseschaften" denn nun eigentlich welche konkreten Erkenntisse erbracht haben... Genderstudies zählen nicht.

Generell können Erkenntnisse einer Wissenschaft nicht unmittelbar maßgeblich für den Glauben (und die aus ihm resultierende Moral) sein. Sie können es mittelbar, indem sie theologisch eingeordnet und im Lichte der Offenbarung bewertet werden, aber ein solches Vorgehen ist in der "Theologenzunft" (zu der ich selbst gehöre) ja weitestgehend unvorstellbar geworden. Schade, da wären sie endlich mal nützlich gewesen. Stattdessen bleiben sie beim fachfremden Stammtischgefasel, das sie als Theologen disqualifiziert und unter "echten" Wissenschaftlern keineswegs seriöser erscheinen lässt.

Montag, 15. März 2021

Zum Kölner Gutachten

 Zu Dokumentationszwecken:


Donnerstag, 11. März 2021

Chestertons Zaun

Beliebt bei Gesetzgebern und Juristen, aber auch unter Programmierern, ist eine Analogie, die G. K. Chesterton in seinem Buch "The Thing" dargelegt hat (hier, ab Seite 29; sehr lesenswert), um katastrophale Folgen übereilter Reformen zu verhindern: "Chestertons fence", oder zu Deutsch: Chestertons Zaun.

In der Analogie geht es um einen Zaun oder ein Tor auf einem Weg und jemanden, der diesen Zaun entfernen will, ohne zu wissen, für welchen Zweck der Zaun eigentlich dort steht. Chesterton argumentiert nun, dass niemand grundlos einen Zaun errichtet, mögen die Gründe gut oder schlecht sein. Aber solange der, der den Zaun zerstören will, nicht weiß und verstanden hat, weshalb der Zaun da ist, sollte er ihn lieber nicht zerstören, denn wenn er den Sinn des Zauns nicht kennt, weiß er auch nicht, was die Zerstörung des Zauns womöglich für Konsequenzen hätte. Erst wenn er in Erfahrung gebracht hat, weshalb der Zaun errichtet wurde, erst dann lässt sich überhaupt erst vernünftig darüber reden, ob er entfernt werden sollte, oder nicht. Übrigens ist das nicht nur anzuwenden auf Dinge die als "Hindernisse" ("Zäune") wahrgenommen werden und daher aus dem Weg geräumt werden sollen, sondern es kann auf alle (physischen oder gedanklichen) Einrichtungen und Konventionen angewendet werden. Immer gilt es innezuhalten und sich zu fragen "Warum gibt es das?" oder "Warum ist das so?", bevor man sinnvoll darüber nachdenken und reden kann, daran etwas zu ändern.

Dass Chesterton zufällig auch ein unergründlicher und unnahbar genialer "Laientheologe" war spielt hier keine Rolle, zumal, wie gesagt, seine Analogie sich in der modernen Welt durchaus großer Beliebtheit erfreut. Interessant ist Chestertons Zaun für mich v.a. deshalb, weil er ziemlich genau auch auf unsere aktuellen (uralten) Reformdebatten passt, denn die "Reformer", die z.B. die kirchliche Sexualmoral abschaffen wollen, kennen i.d.R. weder die Inhalte dieser Moral, noch die Gründe, warum es sie gibt. Was sie für deren Infragestellung schlichtweg disqualifiziert.