Der Richter auf dem Regenbogen |
Ich lege hier nicht meine eigene Meinung dar, sondern den Standpunkt der Bibel (und damit des kirchlichen Lehramtes). Vgl. auch meine Ausführungen über das Be-urteilen von Sünde: hier.
Eine Vorbemerkung: Um gleich mal dem völlig falschen Eindruck zu wehren, Christen hegten speziell gegen homosexuell empfindende Menschen einen Groll, sei darauf hingewiesen, dass nach katholischem Verständnis das Ausleben der menschlichen Sexualität seinen einzigen legitimen Ort in der unauflöslichen Gemeinschaft der Ehe hat. Eine Ehe wiederum kann nach katholischem Verständnis (und darin zu unterscheiden von dem, was etwa manche Staaten unter dem Begriff "Ehe" verstehen) nur zwischen einem Mann und einer Frau gültig geschlossen werden. Folglich ist jeder vor- und außereheliche Geschlechtsverkehr als schwere Sünde zu betrachten, gleichgültig ob die Handelnden nun homo- oder heterosexuell empfinden. Dass Sex nur in die Ehe gehört, darf im Übrigen durchaus als ein Grundpfeiler der ganzen katholischen Sexualmoral betrachtet werden.
Immer gilt: Als Christen sind wir dazu gerufen, jeden Menschen, auch den Sünder (wir sind ja selber welche), zu achten, anzunehmen und zu lieben. Aber die Sünde sollen wir bekämpfen (auch unsere eigene); nie können wir Sünde einfach akzeptieren oder sogar gutheißen. Es gilt also immer zwischen den Menschen und ihren (sündhaften) Handlungen zu unterscheiden. Grundsätzlich verlangt aber der "Kampf gegen die Sünde" von uns Widerstand "bis aufs Blut" (Hebr 12,4).
»Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen haben tiefsitzende homosexuelle Tendenzen. Diese Neigung, die objektiv ungeordnet ist, stellt für die meisten von ihnen eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitgefühl und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Verfaßtheit erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.« (KKK 2358)
Oft wird gesagt, Jesus habe nichts zum Thema Homosexualität gesagt, darum dürfe die Kirche sie auch nicht verurteilen. Und es stimmt: Jesus hat nie das Wort "Homosexualität" gebraucht. Und er hat auch nie die mit diesem Wort bezeichnete Handlung explizit benannt. Aber dieser Hinweis auf das Vorkommen oder Nichtvorkommen von Begriffen im Munde Jesu hat keinerlei argumentative Kraft, denn ebensowenig hat Jesus Vergewaltigung, Pädophilie, Sodomie, Prostitution, Abtreibung, Umweltzerstörung oder Sklavenhandel explizit erwähnt; trotzdem halten wir diese Dinge für sündhaft.
Ironischerweise vertreten die Leute, die damit argumentieren, dass Jesus dazu ja nichts gesagt habe, sehr oft auch vehement die Ansicht, die Kirche müsse endlich Scheidung und Wiederheirat anerkennen... ... Jesus: "Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet." (Mk 10,11f.; vgl. auch Mt 5,32; 19,9; Lk 16,18; 1.Kor 7,10f.)
Auch wird gesagt, dass das Verbot von Homosexualität alttestamentlich sei, und wir würden doch heute auch niemanden mehr steinigen. Das ist insofern falsch, weil bereits im Alten Testament die jeweiligen Gesetze und Vorschriften unterschiedliches Gewicht hatten und sie in verschiedenen Kontexten und auf verschiedene Personen(gruppen) Anwendung fanden - also nicht alle Vorschriften gleich-wertig waren. Und im Neuen Testament finden wir, autoritativ durch Jesus selbst und seine Apostel, eine "Umwertung" des Gesetzes. Jesus führt die Vielzahl der alttestamentlichen Ge- und Verbote auf ihren vom Schöpfer gesetzten Kern zurück ("der Sabbat ist für den Menschen da", "am Anfang war das nicht so"), was in Teilen einer Abschaffung gleichkommt, in anderem eine Milderung oder aber auch eine Verschärfung des bisher Geltenden bedeutet. Laxismus kann man Jesus jedenfalls nicht vorwerfen.
Es gilt zu unterscheiden und besonders in den Blick zu nehmen, was denn nun eigentlich für Christen gilt und was nicht. Aber der Reihe nach.
Jesus sagt in Mt 5,17, dass er nicht gekommen sei, das (jüdische) Gesetz aufzulösen, sondern es zu erfüllen. Er kannte dieses Gesetz (die Thora), nach dem auch er und seine Familie lebten (vgl. Lk 2), auswendig und hat immer wieder ganz selbstverständlich darauf Bezug genommen und es oft auch interpretierend kommentiert. Für uns stellen sich hier zwei Fragen: Was sagt dieses Gesetz zu homosexueller Praxis? Und: Inwiefern sind diese Aussagen auch für Nichtjuden relevant?
Im Buch Leviticus (Drittes Buch Mose) finden wir fast ausschließlich Stellen, an denen es in der Einleitung von Gesetzesvorschriften heißt: "Sage Aaron und seinen Söhnen [= den Priestern]..." oder "Sage den Söhnen Israels..." (z.B. Speisegesetze). Folglich sind die so eingeleiteten Gesetze in erster Linie relevant für Juden. Es gibt lediglich vier Stellen, an denen diese Formulierung auffällig anders lautet, nämlich: "Sage den Söhnen Israels und den Fremden die in eurer Mitte wohnen...". Diese Gesetze, es sind Verbote, betreffen also auch die Nichtjuden. Diese sind:
1. Götzenopfer (Lev 17,8f.; 20,2)
2. Blut trinken (Lev 17,10.12)
3. Ersticktes essen (Lev 17,13)
4. Unzucht (Lev 18)
Unzüchtiges Verhalten wird in Lev 18 näher spezifiziert: Jegliche Form von Inzest, Ehebruch, der Beischlaf von Männern mit Männern sowie sexueller Verkehr mit Tieren. Sex von Männern mit Männern wird dabei explizit als Gräuel bezeichnet, eine Kategorie, die ansonsten vor allem für die Bewertung von Götzen(dienst) Verwendung findet (siehe dazu z.B. 2.Kön 23,13 und Hes 8), also für Verstöße gegen das allem anderen zugrundeliegende 1. Gebot des Dekalogs.
In der heidnischen Umwelt Israels - zur Zeit der Gesetzgebung (etwa in Ägypten oder Kanaan) wie auch zur Zeit Jesu (in der ganzen griechisch geprägten Welt des Mittelmeeres) - war ausgelebte Homosexualität eine verbreitete und gesellschaftlich akzeptierte Erscheinung. Die Juden machten dabei jedoch nicht mit, denn dem Gesetz Gottes zufolge handelt es sich hierbei um Praktiken, die die Menschen und auch das ganze Land, in dem sie leben, unrein machen (vgl. Lev 18,28), also um besonders schwerwiegende Vergehen die nicht gebunden sind an eine bestimmte Zeit oder Personen(gruppe).
Das Neue Testament bringt nun einige Änderungen für den Umgang mit dem Gesetz. Die Rezeption dieser hier relevanten und zuvor genannten Gesetze ist es, die uns jetzt interessiert. Und genau da finden wir eine erstaunliche Beständigkeit im Zeugnis der Schift vor:
A) Jesus, der mit dem Gesetz bestens vertraut war, nennt ausdrücklich die Unzucht (und wir haben keinen Grund, anzunehmen, dass er darunter etwas anderes versteht als das, was das jüdische Gesetz darunter versteht) und verurteilt sie als etwas, das aus dem Herzen des Menschen kommt und ihn unrein macht: "Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft." (Mk 7,21-22)
B) Paulus, der große Lehrer der göttlichen Liebe (vgl. 1.Kor 13), greift dies in seinem Brief an die Römer auf (Röm 1,24ff.) und behandelt auch explizit gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehr mit harten Worten: Männer wie Frauen haben "den natürlichen Verkehr [...] verlassen [und] sind in ihrer Begierde zueinander entbrannt". "Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge" weil sie es "nach ihrem eigenen Urteil nicht nötig hatten, Gott anzuerkennen" und "empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst."
C) Exakt jene vier Bereiche, die auch für die "Fremden in Israel" verboten waren (Götzenopfer, Blut und Ersticktes, Unzucht [mit allem, was dazugehört]), werden - darin im Sinne des Gesetzgebers völlig folgerichtig - auch vom Apostelkonzil (Apg 15) für die nichtjüdischen Nachfolger Jesu als einzige verbindliche Gebote des in Leviticus gegebenen Gesetzes benannt: "Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden. Wenn ihr euch davor hütet, handelt ihr richtig." (Apg 15, 28f.) Was früher für alle, auch die Nichtjuden, galt, gilt weiterhin für alle.
D) Nach Offb 21,8 wird nichts Unreines in das neue, ewige Jerusalem, die Stadt Gottes hineinkommen: "Aber die Feiglinge und Treulosen, die Befleckten, die Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, Götzendiener und alle Lügner - ihr Los wird der See von brennendem Schwefel sein. Dies ist der zweite Tod." Und noch knapper: "nichts Unreines wird hineinkommen und keiner, der Gräuel [!] tut" (Offb 21,27)
Den neutestamentlichen Befund zusammenfassend, ergibt sich folgendes Bild:
a) Das von Gott den Juden (und den Fremden) gegebene Gesetz verbietet aufs Schärfste die Unzucht und darin auch expressis verbis das Ausleben gleichgeschlechtlicher Sexualität.
b) Jesus hat dieses Verbot bestätigt.
c) Die frühe Kirche hat dies einmütig und "im Heiligen Geist" ebenfalls bestätigt.
d) Die prophetische Beschreibung des Gerichtes Gottes in der Offenbarung des Johannes bestätigt schließlich die Folgenschwere des Gräuels der Unzucht.Anzumerken ist hierbei noch, dass die frühen Christen sehr bald auch von den verbliebenen Speisegeboten Abschied genommen haben, was aber durchaus auf der Linie von Jesu Verkündigung liegt, wie uns der Evangelist Markus ausdrücklich nach einer wörtlichen Rede Jesu in einer redaktionellen Anmerkung mitteilt: "Merkt ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht unrein machen kann? ... Damit erklärte er [Jesus] alle Speisen für rein." (Mk 7,17f.)
Manchmal wird behauptet, das Thema sei unbedeutend, weil es im Gesetz selten explizit behandelt wird (nur Lev 18). Das stimmt aber nicht. Zuweilen wird auch gegenteilig behauptet, es gäbe in der Heiligen Schrift geradezu eine Obsession mit diesem Thema. Auch das stimmt nicht: Die Bibel behandelt einfach alles was den Menschen betrifft in gebührender und ungeschönter Weise (der KKK behandelt das Thema übrigens nur in 3 von insgesamt ca. 3000 Nummern - auch hier keine Obsession).
Dieser biblische Befund mag uns erschrecken. Wir müssen uns aber immer fragen, wie ernst wir das Wort Gottes nehmen. Die ganze Heilige Schrift ist hier eindeutig. Es gibt in der gesamten Bibel keine Andeutungen, die eine andere Schlussfolgerung nahelegen als diese, dass ausgelebte Homosexualität eine schwere Sünde ist. Es gibt keine Abmilderung und keine Relativierung. Wir wissen, dass Jesus gerade bei den Themen Ehe und Sexualität die Vorschriften des Alten Testaments nie abgeschwächt, sondern oft genug sogar noch (und zwar im Sinne des Schöpfers und Gesetzgebers) verschärft hat. Als die Juden Jesus fragten "Warum hat denn Mose geboten, einen Scheidebrief zu geben und zu entlassen?" Antwortet Jesus, das Zugeständnis des Mose aufhebend und auf die Schöpfungsordnung verweisend: "Er spricht zu ihnen: Mose hat wegen eurer Herzenshärtigkeit euch gestattet, eure Frauen zu entlassen; von Anfang an aber ist es nicht so gewesen. Ich sage euch aber, dass, wer immer seine Frau entlässt, außer wegen Hurerei, und eine andere heiratet, Ehebruch begeht; und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch." (Mt 19,7-9)
Diese herausgehobene Stellung der Sexualität ist naheliegend, wenn man bedenkt, dass der Mensch auf diese Zweisamkeit hin geschaffen wurde ("als Mann und Frau schif er sie... sie werden ein Fleisch sein") und das "erste Gebot" Gottes an den Menschen auch hier angesiedelt ist ("seid fruchtbar und mehret euch"). Sie betrifft den Menschen so existentiell wie kein anderer Bereich des Lebens - positiv wie negativ. Unsere Sexualität ist ein wesentlicher Teil unseres Weges zur Heiligkeit, zum Leben bei Gott. Jenes berüchtigte Kapitel 18 in Levitikus ist denn auch nicht nur eine Schilderung einer schweren Sünde ("Gräuel"), die es zu unterlassen gilt, es ist v.a. eine Verheißung des Lebens, dem nämlich das Verbot einzig dient. Die Unterweisung beginnt wiefolgt:
»Ich bin der HERR, euer Gott.
Nach der Weise des Landes Ägypten, in dem ihr gewohnt habt, sollt ihr nicht tun; und nach der Weise des Landes Kanaan, wohin ich euch bringe, sollt ihr nicht tun; und in ihren Ordnungen sollt ihr nicht leben.
Meine Rechtsbestimmungen sollt ihr tun, und meine Ordnungen sollt ihr halten, um in ihnen zu leben.
Ich bin der HERR, euer Gott.
Und meine Ordnungen und meine Rechtsbestimmungen sollt ihr halten. Durch sie wird der Mensch, der sie tut, Leben haben.
Ich bin der HERR.« (Lev 18,2-5; vgl. Lev 19,2)
Die Kirche wusste sich immer an diese biblischen Vorgaben gebunden. Von einer veränderten Lebenswirklichkeit kann nicht die Rede sein, denn, wie gesagt, war Homosexualität in der Welt, in der das Christentum entstand, übliche Praxis (zusammen mit Gladiatorenkämpfen, Kreuzigungen und Sklaverei...). Was heute anders ist, ist die Einstellung mancher Hirten und vieler die sich Christen nennen, zum Wort Gottes... inwiefern es noch gilt und was das für Folgen hat für unser moralisches Urteilsvermögen. Ich werde letztere Frage in einem kommenden Beitrag vertiefen (hier).
»Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen [wie alle anderen Menschen auch]. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft –, durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.« (KKK 2359)
PS. Was das nunmehr in den USA eingeführte so genannte "Menschenrecht" auf gleichgeschlechtliche Ehen betrifft, nur eine kurze Notiz: Als Katholiken leben wir schon seit Langem in einer Umwelt, in der es viele Lebensverhältnisse gibt, die - staatlicherseits oder von der veröffentlichten Meinung - als "Ehe" betrachtet werden, von denen wir aber wissen, dass sie keine sind. (Oder wie sollte man das sonst bewerten, dass Zweit- und Drittehen inzwischen völlig "normal" sind?) Schon heute müssen Katholiken ihren Begriff von Ehe samantisch von dem der Mehrheit der Gesellschaft abgrenzen. Insofern wird die in absehbarer Zeit auch hierzulande kommende "Homo-Ehe" wenig Neues bringen. Und wer mit dieser Entwickklung nicht schon seit geraumer Zeit gerechnet hat, der lebt wohl in einem Schneckenhaus... natürlich musste das kommen und natürlich wird das auch bei uns bald aktuell. Eine Ablehnung seitens des Staates ist heute nicht mehr haltbar. Machen wir uns nichts vor: Gesetzesentwürfe zu Geschwisterehe (in Zeiten von ubiquitärer Verhütung und Abtreibung fällt der biologische Grund für ein Inzestverbot faktisch weg) und Vielehe ("wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen") sind auch schon in vielen Schubladen auf stand-by.
Früher wollten die jungen Wilden die Ehe abschaffen, heute fordern sie "für alle" die Ehe. Freilich ist das Ergebnis dieser jeweiligen Bestrebungen das Gleiche: Eine faktische Egalisierung ist nur eben ein viel effizienterer Weg zu ihrer Zerstörung als die Agitation gegen sie... damit lässt sich Mehrheit (freilich nicht: Wahrheit) herstellen...
Alles was Menschen an "Gesetzen" machen, kann auch von Menschen wieder rückgängig gemacht werden. Auch die Legalität der Abtreibung wurde in den USA einst höchstrichterlich beschlossen, aber inzwischen hat der Lebensschutz dort die Chance, der neue Mainstream zu werden!
Wer wirklich progressiv ist, wird auch die Sodo-Ehe zwischen Mann und Kamel oder Frau und Schäferhund nicht für immer in den Schubladen verborgen bleiben lassen......
AntwortenLöschenDer sich Übergebende
Hallo! Schön, dass du wieder versuchst, den Dingen auf den Grund zu gehen. Die wie gewohnt gründliche Herangehensweise ist das Inspirierende an deinem Blog.
AntwortenLöschenDie "Obsession" mit Sexthemen gehört zu den mir eher aufstoßenden Aspekten. Was ist für einen heterosexuellen kath. Blogger so interessant an der Frage, ob "praktizierte Homosexualität" Sünde ist? Sie wird halt manchmal Sünde sein und manchmal nicht, wie alle sexuellen Handlungen.
So sagt es ja im Wesentlichen auch der KKK. "Objektiv ungeordnet" ist eben was anderes als "Sünde". Dasselbe gilt für die hier nicht zitierten Qualifizierungen aus KKK 2357 ("in sich nicht in Ordnung", "Verstoß gegen das natürliche Gesetz" und "in keinem Fall zu billigen").
Zu den befremdlichen Aspekten gehört weiter die doch oft voreingenommene und etwas beschränkte Darstellung der Themen, die an sich viel mehr hergeben, als du daraus machst.
Hier vor allem dies: Die eigtl. spannende Frage bzgl. praktizierter Hs. ist doch nicht, ob Bibel und/oder Kirche (die in dem Artikel übrigens viel zu kurz kommt) Hs. als Unzucht und deshalb als Sünde bewerten, sondern inwieweit diese Gleichsetzung auch dann noch vernünftig und damit aus christlicher Sicht vertretbar ist, wenn hs. "Orientierung" als schuldfrei anerkannt und hs. Beziehungen eheähnlich oder gar ehegleich konstituiert sind.
Bei der Forderung nach der sog. "Homoehe" geht es ja gerade darum, solche Verhältnisse aus dem Dunstkreis der "Unzucht" herauszunehmen und in einem sozial anerkannten, objektiv geordneten und damit moralisch überhaupt nicht mehr anstößigen Kontext zu praktizieren. Sex in der Homoehe ist ja vom Selbstverständnis her ganz normaler, züchtiger Sex in der Ehe und damit eben gerade keine "Unzucht". Auch wenn man das für falsch und verquer gedacht hält, müsste man diesen für die aktuelle Diskussion ganz entscheidenden Aspekt wenigstens abhandeln.
Das zweite Stirnrunzeln betrifft die stark evangelikal geprägte Herangehensweise. Bis auf die KKK-Zitate und den ominösen "Kardinal" in der Einleitung gibt es keine genuin kath. Gesichtspunkte. Der Absatz, in dem es spezifisch um die Kirche geht, ist der geradezu "antikatholischste" des ganzen Artikels:
"Von einer veränderten Lebenswirklichkeit kann nicht die Rede sein, denn, wie gesagt, war Homosexualität in der Welt, in der das Christentum entstand, übliche Praxis ([...]). Was heute anders ist, ist die Einstellung mancher Hirten und vieler die sich Christen nennen, zum Wort Gottes..."
Aber hallo, ganz ohne Zweifel kann von einer veränderten Lebenswirklichkeit die Rede sein. Ganz abgesehen von den hist. falschen Annahmen (Hs. war in der "Welt" der Urkirche keineswegs eine "übliche Praxis", sondern sozial geächtet) ist die Umformung christlicher Moral im veränderten "lebensweltlichen" (vulgo: soziokulturellen) Kontext ja gerade die Stärke des kath. Lehramtskonzepts. Dein Statement könnte eins zu eins aus einem prot. Pamphlet stammen, das kath. "Hirten" vorwirft, sie hätten sich vom "Wort Gottes" entfernt. In die gleiche (unschöne) Kerbe haut das Wort von "vielen, die sich Christen nennen". Klassische evangelikale Polemik.
Das evangelikale, aus kath. Sicht fragwürdige Bibelverständnis äußert sich deinem Artikel in mehreren Punkten, darunter v. a. diese schon erwähnte Gleichsetzung von "Sünde" mit irgendwelchen in der "Bibel" genannten Handlungen. Das ist der kath. Morallehre eigtl. fremd. Bei uns wird eine "Sünde" nicht einfach aus der "Bibel" abgelesen, sondern anhand vernünftiger Maßstäbe (u.a. auch Naturrecht usw.) und theol.-philos.-lehramtl. Reflexionen genau geprüft, wann was als "Sünde" anzusehen ist und wann nicht. Das ist wohl auch der tiefere Grund, weshalb die im Ev. nicht erwähnte Hs. und die im Ev. durchaus verbotene Ehescheidung oft zusammen auftauchen.
Wieso Obsession? Es ist der erste Beitrag auf diesem Blog überhaut, der sich mit Homosexualität befasst.
LöschenVon Interesse ist das Thema, weil es dazu aktuell eine breite Debatte in der Kirche und in der Theologie (mein Tätigkeitsfeld) gibt und viel Verunsicherung auf Seiten der Gläubigen. Der Text wurde ja auch ursprünglich nicht für den Blog verfasst (wie ich angedeutet habe).
Ist es etwa nur berechtigt sich zu einem Thema zu äußern, wenn man selber "mitten drin" steckt? Dürfen heterosexuelle Menschen sich also nicht zum Thema Homosexualität äußern?
Dass eine "Orientierung" schuldfrei ist, die Praxis aber nicht, ist nichts Neues... Kleptomanie ist ja auch nicht sündhaft, aber Klauen schon!
Was die "eheähnliche Konstituierung" angeht verweise ich auf das PS. Du vermischst hier gesellschaftliche Entwicklungen mit kirchlicher Lehre.
Vielleicht ist es dir entgangen, dass ich in diesem Beitrag bereits einen Folgebeitrag angekündigt habe, der manches weiter ausführen soll?
"evangelikale Polemik" ist neu, das wurde mir bisher nicht vorgeworfen. Du bemängelst meine Fixierung auf die Schrift... Wenn man den Anfang genau liest, stellt man fest, dass das Absicht ist.
Was die Homosexualität in der römischen Antike betrifft, müsste man das feiner ausdifferenzieren, was ich aber absichtlich nicht getan habe, weil es zum Thema nichts beiträgt. Es gab jedenfalls viele Formen der Sexualität, die wir heute unter "homosexuell" verbuchen, die akzeptiert waren (Stichwort: Dominanz und Submission).
"Obsession" war nur ein Stichwort, das ich spielerisch aus deinem Text aufgeschnappt habe und mit dem ich an meinen seinerzeitigen Hinweis auf deine obsessive Beschäftigung mit dem Wiederverheiratetenthema anknüpfe. Dass sich konservative Christen obsessiv mit dem Thema Sexualität und insb. HS beschäftigen, ist meine ich nicht zu übersehen (und auch nicht allein dadurch zu erklären, dass das Thema momentan insgesamt stark gehypt wird, es liegt nach meiner Beobachtung schon stark an den Interessen der konservativen Christen selbst). Dass du zum ersten Mal über HS schreibst, habe ich nicht bemerkt, sorry.
LöschenNatürlich darf man über das Thema schreiben, wenn es einem begegnet und wenn man darauf Lust hat, mache ja selber nichts anderes.
An sich interessiert mich das Thema der moralischen Beurteilung hs. Praxis überhaupt nicht und ich finde die vielen Diskussionen darüber total übertrieben und eigtl. nervend (aus allen Richtungen). Aber als interessanten akademischen Gegenstand, an dem man sich gut im theologschen Disput üben und vieles lernen kann, finde ich es dann doch auch spannend und vielseitig.
Dass hs. "Orientierung" schuldfrei ist, hs. Praxis aber nicht, ist für Katholiken etwas völlig Neues. Die Existenz einer Neigungshomosexualität wurde im kath. Schrifttum mit ein paar vereinzelten Vorläufern erst seit den 60er Jahren bejaht und von den maßgeblichen Handbuchautoren auch da noch stark angezweifelt. Der Durchbruch kam mit dem "Holländischen Katechismus", dessen (innerkirchlich stark umstrittene) Sichtweise es letztlich in den KKK geschafft hat. Festgezurrt wurde die kath. Interpretation der "tief sitzenden Neigungen" (statt "Veranlagung") bekanntlich erst mit der Änderung des KKK in den 90ern.
LöschenDas Bsp. mit der Kleptomanie ist ärgerlicher Unsinn. Kleptomanisches Klauen ist nach kath. Auffassung selbstverständlich keine Sünde, sondern ein Krankheitssymptom. Sündhaft wäre allenfalls der leichtfertige Umgang mit der eigenen Erkrankung (Disziplinlosigkeit, Verzicht auf Therapie etc.). Da eine hs. Orientierung nach h.M. keine Krankheit ist, trifft dies für sie höchstens eingeschränkt zu ("Therapie" z.B. scheidet meist aus). Außerdem ist krankhaftes Klauen ebenso wie berechnetes, sündhaftes Stehlen notwendig mit einem objektiv angerichteten Schaden verbunden, praktizierte Hs. dagg. nicht.
Man sieht, wie leicht man hier bei aller Vorsicht auf argumentative (und eindeutig homophobe) Abwege geraten kann, wenn man nicht extrem sorgfältig differenziert.
Über das Schriftverständnis müssten wir nochmal reden. Deine Herleitung entsprach zwar im Wesentlichen einer auch katholischerseits verwendeten Argumentation. Unvernünftiger Schriftgebrauch ist allerdings nicht katholisch, während im evangelikalen Bereich die Schrift meist sogar explizit über der Vernunft steht. Diese Tendenz ist in meinen Augen bei dir darin erkennbar, dass du die Vernunftargumente, die gegen eine Anwendung der Schriftstellen zur "Unzucht" und zum hs. Verkehr auf moderne Homosexuelle sprechen, völlig ausblendest (also nichtmal widerlegst). Es geht also nicht nur darum, dass du nicht naturrechtlich argumentierst (was du vielleicht noch nachholen willst), sondern um den biblizistischen Schriftgebrauch selbst. Die polemischen Anteile ("Namenschristen", wortferne Hirten etc.) waren jdfs. klar evangelikale Ausborgungen.
Dass die hs. Praktiken der Antike nicht mit der praktizierten Homosexualität, auf die sich der KKK bezieht, vergleichbar sind, räumst du in deiner Antwort also ein. (In Klammern: Gemeint ist ja wohl im Wesentlichen die grch.-hell., kaum die sittenstrenge röm. Welt.) Von der (beschränkt) "üblichen" zur (moralisch) anerkannten Praxis ist es ja ein großer Schritt.
Gesellschaftliche Entwicklungen und kirchliche Lehre sind im trad. kath. Verständnis immer miteinander verschränkt und gehen Hand in Hand. Das zeigt sich ja gerade in Bezug auf die kirchliche Lehre zur praktizierten Homosexualität, die mit der Position des gesellschaftlichen Mainstreams voll übereinstimmt. Die Vorstellung einer katholischen Gegenkultur zum herrschenden System ist ja ganz neu und dem traditionellen Katholizismus recht fremd.
Von daher wäre die gesellschaftliche Entwicklung zur geordneten, moralisch nicht mehr anstößigen hs. Praxis ein Phänomen, auf das sich die kath. Lehre evtl. einlassen kann, ebenso wie sie sich auf die Vorstellung einer hs. "Neigung" eingelassen hat; jdfs. ist diese Frage bei uns (anders als bei den Evangelikalen) nicht durch Bibelzitate gelöst.
Wieso soll die biblische Rede von Unzucht, die u.a. ausdrücklich der Beischlaf von Männern mit Männern meint (Lev 18,22), nicht auf "moderne Homosexuelle" anwendbar sein? Läuft das "modern" etwa irgendwie anders?
LöschenIch habe mich bewusst auf das biblische Zeugnis konzentriert, weil das gewissermaßen der kleinste gemeinsame Nenner ist, von dem jeder, der sich Christ nennt (*g*), hoffentlich ausgeht und weil man mit "Naturrecht" heute erst recht niemanden mehr hinterm Ofen vorlocken kann. Nicht mitbekommen? Soetwas wie ein Naturrecht gibt es in Wirklichkeit nicht... sagen jedenfalls immer mehr Leute die sich "Theologen" nennen... "katholische Sonderlehre", "vorkonziliar" etc...
LöschenZu 1)
LöschenDarüber hatten wir doch gerade gesprochen. Weil solche Homosexuelle offenbar in geordneten Verhältnissen leben wollen (sonst würden sie keine "Homoehe" fordern). Solche Verhältnisse sind in der Bibel nicht im Blick und in der Antike gab es sie auch nicht. In geordneten Verhältnissen leben ist das Gegenteil von Unzucht betreiben. Ergo, keine Unzucht.
Das wäre zumindest ein Versuch, dem biblischen Befund rational zu Leibe zu rücken. Es entspricht wohl auch im Großen und Ganzen dem Selbstverständnis der Betroffenen, und darauf käme es für die Frage "Sünde oder nicht?" ja hauptsächlich an. Erscheint mir also auf den ersten Blick recht brauchbar. Die "Homoehe" braucht man gar nicht dafür, "gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft" reicht völlig. Also auch definitorisch keine Probleme.
Wenn du dem etwas entgegensetzen möchtest, musst du vernünftig argumentieren. Ein Gebot ohne rationale Begründung gilt im Christentum nicht, jdfs. nicht im katholischen ("logosgemäß" i.S. Ratzingers); es einzufordern wäre Aberglaube.
Eine Möglichkeit wäre eine naturrechtliche Argumentation, die hat allerdings wieder ihre eigenen Probleme. Reiner Bibelpositivismus garniert mit einem passend gemachten Geschichtsbild reicht aber definitiv nicht.
"Moderne Homosexuelle" war keine besonders gelungene Ausdrucksweise von mir, aber es ist ja klar, was gemeint war. Eben ganz normale hs. Liebespaare wie man sie heute kennt und weithin akzeptiert und gegen deren Beziehung (Stichwort: Lebenspartnerschaft) vom biblischen Gott her vermutlich (käme jetzt auf deine Gegenargumente an) keine Einwände bestehen. Also jdfs. keine Mäzene oder Philosophen, die Abhängigkeitsverhältnisse ausnutzen und sich zur Unterhaltung oder Selbstbestätigung Jugendliche oder Sklaven zuführen lassen (Stichwort: Dominanz und Submission).
Zu 2)
Deine Entgegnung geht an meinem Einwand vorbei. Ich sagte ja, dass ich gar nichts daran auszusetzen habe, dass du das Thema biblisch und erstmal nicht naturrechtlich angehst. Beanstandet habe ich den unvernünftigen Umgang mit den Schriftzeugnissen, indem du Einwände gar nicht überprüfst und einfach voraussetzt, diese Verbote seien allgemeingültig und ungebrochen auf "praktizierte Homosexualität" (wie wir sie heute und eben erst heute kennen) übertragbar.
Zum Naturrecht
Grundsätzlich sehe ich keine Veranlassung, zugunsten rein nominalistischer Diskurse völlig auf die bewährten Muster einer auf die Natur der Dinge abzielenden Betrachtungsweise der Wirklichkeit zu verzichten. Das sehen auch kath. Kritiker des Naturrechts wohl nicht so (Schockenhoff etwa ist ja nicht für die Abschaffung, sondern eine weniger vorbelastete Bezeichnung und differenziertere Analyse der "natürlichen" ethischen Grundlagen). Immerhin ist der Nominalismus ja die Basis nicht nur für individualistisches Beliebigkeitsdenken, sondern auch für vernunftfeindlichen Bibel- oder Lehramtspositivismus.
P.S.
Dein protestantisches Schriftverständnis wird auch hier wieder deutlich. Die Bibel ist mitnichten der kleinste gemeinsame Nenner der Christen (das ist ein prot. Missverständnis). Gemeinsamer Bezugspunkt der Christen ist vielmehr Jesus Christus, dem wir nachfolgen. Für uns Katholiken ist das "Wort Gottes" nicht etwa in erster Linie die Bibel, sondern Christus (sehr schön erklärt diesen Unterschied K.-H. Menke, Sakramentalität, S. 71). Die Schrift legt sich also nicht selber aus und gilt auch nicht "einfach so", sondern bedarf der christlichen Deutung (die bei uns das Lehramt sicherstellt). Deshalb tun wir uns leichter als die Prottis, wenn es darum geht, biblische Texte im Sinne Jesu zu relativieren (d.h. in Bezug zu Christus zu setzen, nicht absolut). Wir brauchen uns also wegen einer Levitikusstelle keinen Kopf zu machen und müssen nicht so tun, als seien wir zu blöd, um den Unterschied zwischen Unzucht und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft oder zwischen einer achsenzeitlichen Stammesgesellschaft und der pluralistischen Weltgemeinschaft zu begreifen.
OH, mir ist heute wieder bewust ge(macht )worden, woher ich die Formulierung "die sich Christen nennen" habe. Ich konnte, als du mich deswegen protestantischer Polemik beschuldig hast, den Finger nicht recht darauf legen, woher diese Formulierung in mein Denken "eingesickert" ist, ich wusste nur, dass sie sicher nicht aus protestantischer Polemik kam... heute nun ists klar geworden: Aus der Liturgie der Kirche. Als ich den Text schrieb kam das nämlich gerade im Tagesgebet des 15. Sonntag im Jahreskreis dran (und heute morgen auch wieder, denn in den Wochenmessen zur Auswahl taucht dieses Oration am Mittwoch der ersten Woche auf):
Löschen"Gott, du bist unser Ziel,
du zeigst den Irrenden das Licht der Wahrheit
und führst sie auf den rechten Weg zurück.
Gib allen, die sich Christen nennen,
die Kraft, zu meiden,
was diesem Namen widerspricht,
und zu tun, was unserem Glauben entspricht.
Darum bitten wir..."
Ok, das würde meinen Vorwurf "evangelikaler Polemik" natürlich vollkommen entkräften.
LöschenDas würde auch bedeuten, dass du den Ausdruck "sich Christ nennen" ganz unpolemisch und wertfrei meintest und damit nicht andeuten wolltest, "sie nennen sich zwar Christen, sind es aber nicht". That's fine.
Vielen Dank für die sehr gute Zusammenfassung!
AntwortenLöschenDer zahlreichen sehr abenteuerlichen (und falschen) Behauptungen von Kommentator "Jorge" (Fazit: "Die Vorstellung einer katholischen Gegenkultur zum herrschenden System ist ja ganz neu und dem traditionellen Katholizismus recht fremd") kann ich nicht zustimmen. Christus fordert Umkehr vom sündhaften Denken und Handeln, ganz unabhängig vom Mainstream. Christus fordert von denen, die Ihm nachfolgen, die Gebote Gottes zu befolgen und nicht, wie "Jorge" meint, sich dem Mainstream bzw. "gesellschaftlichen Entwicklungen" anzupassen. :-)
Vielleicht als Ergänzung:
Kirchliche Haltung zu Homosexuellen
LG
Jo, ich weiß auch nicht, was Jorge uns damit sagen will... Wenn die "Vorstellung einer katholischen Gegenkultur zum herrschenden System" "ganz neu und dem traditionellen Katholizismus recht fremd" ist, dann fällt mir dazu nicht einmal mehr irgendein frecher Kommentar ein...
LöschenHeute hat die Kirche in der Messe Jesu Erklärung des Sämann-Gleichnisses gelesen. Dort heißt es etwa: "Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt, aber keine Wurzeln hat, sondern unbeständig ist; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er zu Fall."
Ich frage mich, wer das sein könnte, der hier Verfolgung um des Wortes willen erleidet, wenn doch der Katholizismus niemals eine Gegenkultur dargestellt haben soll...
Hallo, wie schön dass wir beisammen sind! Diese letzte Aussage war tatsächlich überspitzt und ein wenig provokant. Natürlich hat Frischer Wind vollkommen recht, was der Mainstream macht, ist für einen Christen nicht entscheidend. Das Reich Gottes ist ja per definitionem ein göttlicher Gegenentwurf zu der vom Bösen beherrschten Leitkultur.
LöschenGerade indem man gegen den Strom schwimmt und gefällige Moden nicht mitmacht oder hinterfragt, gewinnt man Selbständigkeit und Freiheit zum Andersdenken. Nun besteht die aktuelle Mode unter konservativen Christen ja darin, sich selbst quasi als "die letzten Mohikaner" zu zeichnen, die dem Druck des Mainstreams heldenhaft widerstehen. Verfolgungsmotive werden zur Selbststilisierung benutzt (s.o. Sämann). Das wird gerade am Thema der "Homosexualisierung" gern durchexerziert. Es hat natürlich eine religionssoziologisch gut fassbare Basis und ist ein leicht nachvollziehbarer psychologischer Mechanismus bei religiösen und politischen Minderheiten. Der kann heilsam und identitätsstiftend sein und Widerstandskräfte mobilisieren, aber auch krankhafte, antisoziale Züge annehmen, wenn man die Abschottung übertreibt.
An dieser Stelle wäre daran zu erinnern, dass eine christliche Minderheit stets sauerteigförmig daherkommt. Der Sauerteig sondert sich gerade nicht vom frischen Teig ab und bleibt für sich, sondern realisiert seinen Wert erst dadurch, dass er sich ununterscheidbar mit dem Gesamtteig vermischt und ihm Gehalt und Geschmack gibt. Ein widerspenstiger Sauerteig, der keine Lust auf den Mainstream hat und lieber "rein" und unvermischt bleibt, verdirbt und versauert und endet in der Mülltonne. Von daher bleibt eine christliche Gegenkultur nie auf das Dagegen-Sein beschränkt, sondern ist trotz ihrer Andersartigkeit durch Aufgeschlossenheit und die Bereitschaft gekennzeichnet, im frischen Gebilde aufzugehen. Das Reich Gottes realisiert sich gerade nicht im säuerlichen Für-Sich-Bleiben, sondern in der Verwandlung ungenießbarer Säure in milden Geschmack durch Vermischung mit der Gesamtkultur. Das Opfer besteht also nicht darin, standhaft sauer zu bleiben und vom Mainstream verfolgt und eliminiert zu werden (das ist die verständliche, aber sachlich unbegründete Sorge des Sauerteigs vor seiner Auflösung), sondern sich ohne Angst vor Geschmacksverlusten vertilgen zu lassen und gerade dadurch die christliche Mission zu erfüllen.
In diesem Zshg. ist zu bedenken, dass Katholizität zu den vier klassischen Wesenseigenschaften der Kirche gehört (neben Einheit, Heiligkeit, Apostolizität). Katholizität (definiert als zeitliche und räumliche Ausdehnung der Kirche) wurde in der Dogmatik immer dahin aufgefasst, dass die kath. Kirche die Mehrheitskirche ist. Die physische Katholizität manifestiert sich nach trad. Lehre darin, dass spätestens seit dem 5. Jh. weltweit simultan die Mehrheit der Bevölkerung bzw. der Christen zu ihr gehört. Bellarmin hielt das für nicht mehr unbedingt erforderlich. Die moralische Katholizität gilt indes weiter als unverzichtbares Erkennungsmerkmal der wahren Kirche: Eine Kirche, die sich nicht wenigstens virtuell für alle Menschen überzeugend als Kirche der Mehrheitschristen darstellt, kann demnach nicht katholisch sein. Noch bis ins 20. Jh. hinein hatten die Dogmatiker Mühe damit zu begründen, wie sich Katholizität statistisch darlegen lässt. Mag sein, dass diese Überlegungen heute, wo die Pflingstkirchen bald die Milliardengrenze knacken, nicht mehr ganz ernstzunehmen wirken. Auf jeden Fall bleibt Mehrheitsfähigkeit für einen Katholiken auch im Globalisierungszeitalter ein ernstzunehmendes Kriterium, das uns von "Sekten und Schismatikern" (so die trad. Diktion) unterscheidet. Das heißt nicht, dass man sich dem Mainstream "anpassen" müsste, aber man muss virtuell und moralisch alle vernünftigen Menschen überzeugen können.
Du baust hier eine völlig verfehlte Alternative auf, wenn du sagst, entweder "säuerliches Für-sich-bleiben" - also Abschottung - oder im Teig aufgehen... beides ist falsch! Du hast das Konzept vom Sauerteig irgendwie falsch verstanden: Der Sinn des Sauerteiges ist es nicht "im frischen Gebilde aufzugehen", sondern dass er den Teig durchsäuert!
LöschenNe, also sorry, deine vorherige Bemerkung ist nicht nur "überspitzt" und "provokant", sie ist schlichtweg falsch. Dieser Rettungsversuch ändert daran nichts, es ist immer noch falsch.
Angenommen, praktizierte Homosexualität ist tatsächlich das, was und Schrift und Tradition einmütig sagen ("haha, guter Witz!", würdest du vllt. sagen), nämlich sündhaft. Wie kann eine "Öffnung" hin zur Gutheißung dieser Sünde dann sinnvoll sein? Sicher, nach deiner Logik wäre diese "Offenheit zur Welt" gut. Aber die Frage, die du dir überhaupt nicht zu stellen scheinst ist, wie es mit unserem Verhältnis zu Gott aussieht... du redest nur vom Aufgehen in der Welt, aber nirgends vom Gehorsam gegen Gott. Spielt das etwa keine Rolle? Geht es beim Christsein nur dartum, wie wir uns zur Welt, gar zum Mainstream verhalten?
Auf Jesus kannst du dich mit diesem Gerede jedenfalls überhaupt nicht berufen. Wenn der vom Verhältnis des Christen zur Welt gesprochen hat, dann nie im Sinne eines Aufgehens, Anpassens, Offenseins. Er sprach von einem eklatanten Kontrast (bei euch soll es nicht so sein), Verfolgung (selig seid ihr, wenn sie euch um meinetwillen verfolgen), Überwindung (der Welt), Ausharren (bis ans Ende), Umkehr (des Mainstreams auf den Weg Gottes) und eben Durchsäuern.
Achja, auch dies ist falsch: "Katholizität" hat nichts mit "Mehheit" zutun. Das mag man mal damit in Verbindung gebracht haben ob der statistischen Norm, aber das spielt dogmatisch keine Rolle. Wäre dem so, wäre der Arianismus zu gewissen Zeiten "katholisch" gewesen. Das ist ein völlig absurdes Konzept, v.a. wenn man Jesu Rede vom schmalen Weg/Tor betrachtet.
Die Kirche verstand sich schon als "katholisch", lange bevor sie annahm, dass die Mehrheit der Menschen ihr zugehören. Ihre katholizität betrifft zwar auch ihre räumliche Ausdehnung, aber nicht ihren Bevölkerungsanteil. V.a. betrifft sie aber, klassischerweise, die innere Katholizität, insofern in ihr (und nur in ihr) alle Gnaden(mittel) zu finden sind.
Die Christen sind, das zeigen die Geschichte und die Gegenwart, in aller Regel (so sie nicht zufällig die Mehrheit sind) vom Mainstream verfolgt. Eine Akkomodation an diesen Mainstream wäre ihr Untergang.
Erstmal zu dem letzten Punkt:
LöschenSelbstverständlich hat Katholizität mit Mehrheit zu tun; Katholischsein bedeutet ja gerade, "Mehrheitskirche" zu sein und nicht eine unter vielen. Das ist keine bes. originelle Idee von mir, sondern ganz normale "vorkonziliare" Mainstreamdogmatik, wie sie vor weniger als 100 Jahren in den Lehrbüchern stand. Der Hinweis auf den Arianismus geht fehl, daran hatten die damaligen Dogmatiker natürlich auch schon gedacht und deshalb (wie ich oben schon schrieb) das 5. Jh. als Grenzziehung zw. sukzessiver und simultaner Katholizität der Kirche angesetzt.
Sicher muss man nach Ende des konfessionellen Zeitalters neu überlegen, was unter "Mehrheitskirche" zu verstehen sein soll, aber die Katholizität einfach fallen lassen und den Begriff schnell mal kreativ umdeuten, wie du das versuchst (Katholizität als "Fülle der Gnaden" in der "wahren" Kirche), das geht auch nicht.
Das Kennzeichnende der Katholizität besteht ja gerade darin, dass man an der Mehrheitsfähigkeit und Überzeugungskraft der Kirche erkennen kann, wo die "wahre" Kirche überhaupt ist (denn alle Splittergruppen behaupten ja auch, "wahre" Kirche zu sein). Die katholische Kirche ist demnach die, in der die Mehrheit der "normalen" Christen zu Hause ist und deren Lehre der Mehrheit der Menschen (Christen wie Nichtchristen) als "die" christliche Lehre schlechthin erscheint – nicht in dem Sinne, dass sich alle zu ihr bekehren, aber doch so, dass sie als Hauptstrom des Christentums wahrgenommen wird.
Klar ist, dass diese "vorkonziliare", statistisch begründete Definition der Katholizität noch ganz im konfessionellen Zeitalter beheimatet ist und darum kein wirkliches ökumenisches Bewusstsein entwickelt hat. Von daher wären der Begriff der "Mehrheitskirche" und die Zahlenverhältnisse "nachkonziliar" wohl am ehesten im ökumenischen Sinn zu überdenken, da scheint mir auch der Schlüssel zu liegen.
Jetzt fehlt mir allerdings noch, den Bogen zur Homosexualität zu schlagen, denn die Stoßrichtung meiner Hinweises auf den Mehrheitscharakter der kath. Kirche ist wohl nicht begriffen worden, weil ich das nicht klar genug ausgedrückt habe.
LöschenEs geht natürlich nicht um "Akkomodation", also dass die Kirche sich unkritisch oder anbiedernd dem "Zeitgeist" oder "Mainstream" annähern (und bspw. homosexuelle Beziehungen erlauben) sollte. Sondern es geht darum, dass die innersten und ehrlichsten Überzeugungen der vernünftigen Mehrheit der Christen (bspw. dass Homosexualität anders als man früher dachte wohl doch nicht in sich böse ist) ein Indiz dafür sind, was in der kath. Kirche als richtig zu gelten hat und welche Lehrmeinung sich durchsetzt.
Also nicht Akkomodation i.S. einer bequemen, widerstandslosen Übernahme irgendeines Zeitgeistes. Sondern Zurkenntnisnehmen der Wahrheit, die (auch) in der allg. Überzeugung der Mehrheit der vernünftigen und gutmeinenden Christen zum Ausdruck kommt. Ein Beharren auf veralteten, als falsch erwiesenen Überzeugungen oder "Wahrheiten", von denen man mittlerweile weiß, dass sie gar nicht wahr sind, wäre also zutiefst unkatholisch.
Dass dem so ist, zeigt unter anderem der Umgang der kirchl. Lehre mit diesem Thema. Die Anerkennung einer unverschuldeten sexuellen Neigung oder Orientierung ist ja ein Novum in der Kirche (gerade mal 50-70 Jahre alt), die damit Erkenntnisse aus der säkularen Wissenschaft aufgenommen und moralisch bewertet hat.
1) Du schriebst: »Katholischsein bedeutet ja gerade, "Mehrheitskirche" zu sein und nicht eine unter vielen.«
LöschenHier vermischst du zwei Dinge: Die Frage nach der "Mehrheit" und die Frage nach "eine unter vielen". Letzteres sind wir übrigens de facto schon sehr lange... denn es gibt ja noch andere christliche Kirchen, kirchliche Gemeinschaften und Sekten. Ich weiß nicht, wo du das mit der mehrheit ausgegraben hast, aber es ist ein Irrtum: Die Kirche hat "katholisch" nie im Sinne von "die (statistische) Mehrheit" verstanden. Und die Rede von der inneren Katholizität ist übrigens auch keineswegs neu.
Auf einen kurzen ungeordneten Blick in die "vorkonziliare" Theologie und Lehre:
Thomas von Aquin bestimmt die Katholizität in seinen Erklärungen zum Glaubensbekenntnis auf drei Weisen:
1. Im Bezug auf den Ort, insofern sie auf der ganzen Erde ausgedehnt ist (was den biblischen Prophezeihungen entspricht und dem heilswillen Gottes für alle Menschen) und sogar darüber hinaus (ecclesia triumphans und patiens). Keine Mehrheit hier.
2. Im Bezug auf die Stände der Menschen, insofern in ihr alle vertreten sind (sie ist keine Elite).
3. Im Bezug auf die Zeit, insofern sie bis zum Ende der Zeiten fortdauert.
Der erste Punkt ist für uns besonders interessant, denn, wie etwa Michael Schmaus in seiner (vorkonziliaren) Dogmatik schön darlegt, kann damit gerade NICHT die Zahl der Anhänger gemeint sein: »Wenn von der Kirche die räumliche Katholizität ausgesagt wird, so ist dabei weniger an die tatsächliche Erstereckung über die ganze Welt oder an eine große Zahl zu denken, etwa derart, daß die Kirche Christi mehr Anhänger hat als irgend ein anderes religiöses Gebilde.« Das ist ja auch logisch: »Würde man in der großen Zahl an sich eine die Kirche prägende und unterscheidende Wesenseigentümlichkeit sehen, so hätte dies die Folge, daß die Kirche Christi sich nur gradweise von sonstigen religiösen Gebilden unterscheidet.« Und Schmaus erklärt, »daß in der großen Zahl für sich allein kein Zeichen des Göttlichen gesehen werden kann.« (Auch Ott schreibt nichts anderes)
Was besagt die "räumliche Katholizität" nach Schmaus? »Sie will zunächst besagen, daß die Kirche Christi fähig ist, alle Menschen und Völker mit ihren verschiedenen individuellen und kollektiven Eigenarten zu erreichen und ihnen zu bieten, wessen sie für die Erfüllung ihres Wesens bedürftig sind.« Dazu passt, was Papst Pius X. in seinem Katechismus auf die Frage nach der Katholizität antwortet: »Die Kirche ist katholisch (d.h. allumfassend, allgemein), weil sie für alle Menschen aller Zeiten gegründet und passend und auf der ganzen Erde verbreitet ist.« Freilich ist eine Inkulturation dabei immer nur insoweit möglich (und auch ausreichend!), als die Wahrheiten des Glaubens und der Moral nicht tangiert sind.
Wird...
... fortgesetzt:
LöschenDer Römische Katechismus - der ist zwar "nachkonziliar", allerdings hier in Betreffs des Konzils von Trient (nämlich 1566 herausgegeben) - erklärt die Katholizität so:
»Die dritte Eigenschaft der Kirche: Sie heißt katholisch, d. h. allgemein, und das mit Recht. Sagt doch der hl. Augustin (S. Aug. Serm. 242) von ihr: "Vom Sonnenaufgang bis zum Untergang ist sie verbreitet und strahlt im hellen Glanz der Glaubenseinheit." Denn die Kirche beschränkt sich nicht, wie irdische Staaten oder häretische Sekten auf ein bestimmtes Reich oder ein bestimmtes Volk, nein, sie umfasst im Schoß ihrer Liebe alle Menschen, gleichviel ob Barbaren oder Skythen, ob Sklaven oder Freie, ob Mann oder Frau. Darum heißt es (Offb 5, 9 f ): "Aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen hast du mit deinem Blut uns für Gott erkauft und uns zu einem Gottesreich gemacht." Und David sagt im Hinblick auf die Kirche: "Verlange von mir, ich gebe die Völker dir zum Erbe und zum Besitz der Erde Enden" (Ps 2, 8); und wiederum (Ps 86, 4): "Rahab und BabyIon will ich nennen unter denen, die mir in Liebe zugetan"; und endlich: "Dort wird geboren alle Welt" (Ps 86, 5).
Außerdem gehören alle Anhänger des wahren Glaubens von Adam bis auf uns und weiterhin bis zum WeItende zur wahren Kirche, die gegründet ist "auf dem Fundament der Apostel und Propheten" (Eph 2, 20), die wiederum alle stehen und ruhen auf dem "Eckstein Christus", der beide Teile [Heiden und Juden] in eins verbunden und Friede verkündet hat den Nahen und den Fernen (Eph 2, 14. 17).
Allgemein heißt die Kirche endlich auch deshalb, weil jeder, der zum ewigen Heil gelangen will, dieser Kirche angehören und an ihr festhalten muss, gerade so wie jene, die einstmals in die Arche gingen, um sich vor der Sintflut zu retten.
In den genannten drei Eigenschaften haben wir - darüber belehre man die Gläubigen ein ganz zuverlässiges Kennzeichen, um die wahre Kirche von jeder falschen zu unterscheiden.«
Auch hier steht nichts von Zahlenverhältnissen und Mehrheiten. Mir ist kein Lehrdokument bekannt, dass jemals die Katholizität, wie du es nennst, "statistisch" beschrieben oder gar begründet hätte. Wo du die Idee her hast, weiß ich ehrlich nicht.
Zu guter Letzt nochmal Schmaus (immernoch "vorkonziliar"): »Was die innere Katholizität der Kirche betrifft [dem widmet Schmaus ein eigenes Kapitel!], so bezieht sie sich auf die Fülle der von Christus verkündeten Offenbarungswahrheit und der von ihm geschenkten Heilsgüter sowie auf die gläubige Entfaltung und die allseitige Verwirklichung des von Christus geschenkten Heils im Leben.« Und: »Der Gegensatz zu dieser inneren Univeralität ist die Häresie, [...] sowie das Schisma«. Und um diese, deiner Meinung nach, "kreative Umdeutung" neueren Datums noch etwas zu kitzeln, fährt Schmaus in seiner gewohnt chronologisch orientierten Darlegungsweise fort: »Im christlichen Altertum wurde diese innere Katholizität von Cyrill von Jerusalem ausgearbeitet...«
Soviel dazu.
2) Du schreibst sodann: »dass die innersten und ehrlichsten Überzeugungen der vernünftigen Mehrheit der Christen [...] ein Indiz dafür sind, was in der kath. Kirche als richtig zu gelten hat und welche Lehrmeinung sich durchsetzt.«
LöschenDein Denkfehler liegt darin begründet, dass du "Mehrheit" mit "Wahrheit" gleichsetzt. Das ist Irrsinn. Mehrheit bringt hier überhaupt nichts. Die Mehrheit lebte in Sodom und Gomorra verdammungswürdig. Die Mehrheit warf sich vor dem goldenen Kalb nieder. Die Mehrheit der Israeliten fiel immer wieder von Gott ab. Die Mehrheit wählte, ganz demokratisch, nicht nur in unserem Land einst einen Diktator zum Staatschef.
Dazu verweise ich auf die unmittelbare Fortsetzung dieses Blogbeitrags (Dürftige Theologie - 17 - Vom Be-Urteilen), der in der rhetorischen Frage kulminiert: »Oder glaubt denn irgendwer ernsthaft, dass wir gegenwärtig in einer Gesellschaft leben, die im Einzelnen wie im Gesamten so heil(igmäßig) ist, dass sich der Wille Gottes in der "Lebenswirklichkeit" der Menschen kundtut?«
Außerdem gibt es nur eine Lehrmeinung, nämlich die des Lehramtes; alles andere sind bloß Meinungen.