Montag, 24. Mai 2021

Gedanken zum "synodalen Prozess"

Ein paar erste einordnende Gedanken und Hinweise zum in diesem Jahr startenden synodalen Prozess der Weltkirche:


1) Schon allein sprachlich wird man sich hierzulande viel Mühe geben, den weltweiten synodalen Prozess als Ausweitung des deutschen suizidalen Weges zu verkaufen indem man z.B. den schwachsinnigen Namen „synodaler Weg“ („gemeinsamer Weg Weg“) dafür verwendet. Man reklamiert jetzt schon für sich, diesen weltweiten Prozess (mit) inspiriert zu haben, ja dessen „Wegbereiter“ zu sein. Natürlich stimmt das nicht, allein schon deshalb, weil der deutsche „synodale Weg“ 1. rechtswidrig ist (siehe den Brief von Kardinal Ouellet an Marxens vom September 2019) und 2. alle seine Themen bereits von Rom kassiert worden sind. Der suizidale Weg in Deutschland ist per Definition nicht synodal, weil er nicht die Spielregeln einer Synode befolgt. Das Wort synodal im Namen macht es nicht automatisch zu einer Synode - so wenig wie Zitronenfalter Zitronen falten. Das ist ja auch der Grund, warum man ihn so bekloppt benannt hat, statt ihn „Synode“ zu nennen: Man wollte das für „Synoden“ verbindliche Reglement umgehen, und hat dafür in Kauf genommen, ein kirchenrechtlich nicht existentes Etwas zu erschaffen, das folglich auch keine rechtliche Verbindlichkeit für irgendwen beanspruchen kann. (Die „Würzburger Synode“ von 1971-75 hat übrigens auch keinerlei Rechtsgültigkeit, da ihre Beschlüsse von Rom nicht approbiert wurden, aber das nur am Rande. Irgendwie können wir Deutschen Synode nicht.)

2) Natürlich hat der weltweite synodale Prozess auch aus sich heraus nichts mit dem deutschen suizidalen Weg seit 2019 zutun oder gemein: Jener wurde im Grunde bereits 2015 vom Papst zwischen den Zeilen angekündigt als er sagte: „Die Welt, in der wir leben und die in all ihrer Widersprüchlichkeit zu lieben und ihr zu dienen wir berufen sind, verlangt von der Kirche eine Steigerung ihres Zusammenwirkens in allen Bereichen ihrer Sendung. Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet.“ (Ansprache zur 50-Jahr-Feier der Errichtung der Bischofssynode am 17. Oktober 2015; hier) Was im Oktober losgehen soll, hat der Papst damals schon ziemlich genau ausformuliert: „Die synodale Reise[*] beginnt im Hinhören auf das Volk, das ‚auch teilnimmt am prophetischen Amt Christi‘ […]. Der Weg der Synode setzt sich fort im Hinhören auf die Hirten. Durch die Synodenväter handeln die Bischöfe als authentische Hüter, Ausleger und Zeugen des Glaubens der ganzen Kirche, wobei sie verstehen müssen, diesen von den oft wechselhaften Strömungen der öffentlichen Meinung zu unterscheiden. […] Und schließlich gipfelt der synodale Weg im Hören auf den Bischof von Rom, der berufen ist, als ‚Hirte und Lehrer aller Christen‘ zu sprechen: nicht von seinen persönlichen Überzeugungen ausgehend, sondern als oberster Zeuge der fides totius Ecclesiae [des Glaubens der gesamten Kirche], als ‚Garant des Gehorsams und der Übereinstimmung der Kirche mit dem Willen Gottes, mit dem Evangelium Christi und mit der Überlieferung der Kirche‘.“

3) Bereits seit 2014 hat sich zudem die Internationale Theologische Kommission mit dem Thema befasst und dazu 2018 ein entsprechendes Dokument veröffentlicht (das man für den deutschen suizidalen Weg geflissentlich ignoriert hat, das die Weltkirche aber nicht ignorieren kann), das jeder Interessierte lesen sollte (hier; vgl. Karl-Heinz Menke dazu hier).

4) Der nun angestoßene synodale Prozess zielt m.E. auch stark auf Fortschritte auf dem Weg der Ökumene mit den orthodoxen Kirchen. Verwiesen sei auf die „Gemeinsame Internationale Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Römisch‐Katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche“; über die Jahre gehörten dieser Kommission so illustre Namen an wie z.B. Louis Bouyer und Joseph Ratzinger auf katholischer Seite, und John Zizioulas und Dumitru Staniloae auf orthodoxer Seite (hier gibt es alle Dokumente von 1980 bis 2010). Diese Kommission hat seit dem so genannten Valamo-Dokument (benannt nach dem Ort der Unterzeichnung) von 1988 immer wieder auch die Synodalität als wesentliches Element des kirchlichen Lebens herausgestellt: unter den „Formen der Ausübung der Gemeinschaft unter den Bischöfen“ wird dort als „hauptsächlich das synodale oder konziliare Leben“ benannt (Nr. 52). Auch 2007 hat diese Kommission im so genannten Dokument von Ravenna die Frage der Konziliarität/Synodalität thematisiert. Darin heißt es z.B.: „Diese konziliare Dimension des Lebens der Kirche gehört zu ihrem tiefsten Wesen. D.h. sie ist im Willen Christi für sein Volk begründet (vgl. Mt 18,15-20), selbst wenn ihre kanonische Verwirklichung notgedrungen auch durch Geschichte und den sozialen, politischen und kulturellen Kontext bestimmt wird.“ (Nr. 10) Der nun angestoßene synodale Prozess soll bekanntluch auf mehreren Ebenen laufen (Bistümre, Bischofskonferenzen, kontinentale Konferenzen, Rom); genau das fand sich 2007 im Ravenna-Dokument formuliert: „So definiert muß die konziliare Dimension der Kirche auf den drei Ebenen kirchlicher Communio, der lokalen, regionalen und universalen Ebene, zu finden sein“ (ebd.). Im Jahr 2016 wurde das so genannten Chieti-Dokument veröffentlicht (hier), das sich mit Synodalität und Primat der Kirche im ersten Jahrtausend befasste. Dort wird etwa mit Blick auf Johannes Chrysostomos gesagt: „Synodalität ist eine grundlegende Qualität der Kirche als ganzer.“ (Nr. 3) Auch hier findet sich wieder die dreistufige unterscheidung der lokalen, regionalen und universslen Synodalität, was dann im Einzelnen näher ausgeführt wird.

5) Die Meinungsmacher und Meinungsmachthaber in der deutschen suizidalen Kirche werden sich sehr bemühen, das Ruder an sich zu reißen und weltweit Druck auszuüben. Keine Sorge: Die Zeiten sind vorbei. Die katholische Kirche in Deutschland hat längst ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Auch die deutschsprachige Theologie, die einst das letzte Konzil maßgeblich bestimmte, und die aktuell das Loblied auf die Segnung gleichgeschlechtlicher Akte singt, wird weltweit mehr und mehr ignoriert.

6) Der suizidale Weg deutscher Machart wird durch den weltkirchlichen synodalen Prozess faktisch zur Marginalie. Alles was bisher dafür getan wurde und was noch getan werden sollte, kann direkt in die Tonne. Schon strukturell wird jener weltkirchliche Prozess völlig anders ablaufen und der Takt wird letztlich von Rom vorgegeben (hier der Ablauf). Die rechtswidrig erzielten „Ergebnisse“ des suizidalen Weges können nicht in das neue Format überführt werden.

7) In seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland (vgl. meine Gedanjken dazu hier, hier und hier) hat Franziskus deutlich gemacht, was für ihn bei der Frage der Synodalität die „bestimmenden Elemente“ sind: Evangelisierung und der Sensus Ecclesiae (vgl. dazu hier). Beides existiert beim deutschen suizidalen Weg nicht. Papst Franziskus am 30. April dieses Jahres an die Nationalversammlung der Katholischen Aktion Italiens (hier; eigene Übersetzung): „Eine Kirche des Dialogs ist eine synodale Kirche, die auf den Geist und auf die Stimme Gottes hört, die uns durch den Schrei der Armen und der Erde erreicht. In der Tat ist das Synodale nicht so sehr ein Plan, der geplant und verwirklicht werden muss, sondern vor allem ist es ein Stil, den es zu verkörpern gilt. Und wir müssen präzise sein, wenn wir von Synodalität, von einer synodalen Reise, von synodaler Erfahrung sprechen. Es ist kein Parlament, Synodalität bedeutet nicht, zu parlamentieren. Synodalität ist nicht die bloße Diskussion über Probleme, über verschiedene Dinge, die in der Gesellschaft existieren ... sie ist mehr. Die Synodalität strebt keine Mehrheit an, eine Einigung über pastorale Lösungen, die wir treffen müssen. Das allein ist keine Synodalität; das ist ein schönes ‚katholisches Parlament‘, okay, aber es ist keine Synodalität. Weil der Geist fehlt. Was die Diskussion, das ‚Parlament‘, die Suche nach Dingen[?] zur Synodalität macht, ist die Gegenwart des Geistes: Gebet, Schweigen, Unterscheidung von allem, was wir teilen. Ohne den Geist kann es keine Synodalität geben, und ohne Gebet gibt es keinen Geist. Dies ist sehr wichtig.“

 

Ich bin sehr gespannt. Die deutschsprachigen Mitraträger werden es in der Mehrheit und als DBK wohl tunlichst vermeiden, ihrer Hirtenpflicht nachzukommen, und sich stattdessen mit großer Begeisterung vor den Karren wechselhafter Strömungen der öffentlichen Meinung“ spannen lassen; aber ich bin zuversichtlich, dass die Weltkirche sich daran kein Beispiel nehmen wird.



[*] Das  italienische „cammino sinodale“ kann man mit „synodaler Weg“ übersetzen, aber dann ist es eben unsinnig, weil im griechischen Wort „Synode“ schon das Wort „Weg“ drinsteckt (syn = gemeinsam; hodos = Weg). Auf italienisch kann man das deshalb sinnvoll sagen, weil das italienische Wort „cammino“ eigentlich
das Gehen/Laufen oder „das zu Gehende/Laufende“ meint (it. camminare = laufen, gehen, wandern); stünde hier ein anderes italienisches Wort für „Weg“, z.B. sentiero (Pfad), via (Weg) oder passo (Pass, Schritt, Weg), ergäbe sich das gleiche Problem wie im Deutschen. Nur dooferwesie haben wir keine deutsche Entsprechung für cammino, die diesen Unfug vermeiden könnte, am ehesten scheint mir im Kontext noch das Wort „Reise“ zu funktionieren, daher von mir so wiedergegeben. Wer auch immer in der DBK sich für die Benennung des suizidalen Weges womöglich an jenen Worten des Papstes bedient hat, beherrschte vermutlich weder Italienisch noch Griechisch.

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