Sonntag, 12. Januar 2020

Dürftige Theologie - 20 - Taufpriester

Bitte die Einführung (hier) beachten!


Von dem Theologe und Autor Fabian Brand ist vor ein paar Tagen (wohl in Erwartung des heutigen Festes der Taufe des Herrn) ein Artikel auf katholisch.de (HIER) veröffentlicht worden, der dem geneigten Leser eine wesentliche aber nicht selten vergessene Dimension der Taufe bewusst machen möchte: Nämlich dass die Taufe priesterliche Würde vermittelt. Man spricht nicht umsonst vom "Taufpriestertum" oder vom "gemeinsamen Priestertum". Wie es im Einleitungstext heißt: "Durch die Taufe werden Menschen nicht nur in die Kirche eingegliedert, sondern sie erlangen auch Anteil am gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen." Positiv muss man hervorheben, dass hier korrekt vom "gemeinsamen Priestertum" gesprochen wird und nicht vom "allgemeinen Priestertum". Letzteres ist ein protestantischer Ausdruck bei dem dezidiert die Ablehnung eines Weihepriestertums mitgemeint ist. Soweit, so gut.

Doch kann ich nicht umhin, ein großes Versäumnis festzustellen, denn die erste, wesentlichste und wichtigste Wirkung der Taufe bleibt bei diesem bemühen um die Weitung des Blicks für die Bedeutung der Taufe leider ungenannt: Die Vergebung der Sünden. Dass es sich dabei um DEN wesentlichen Aspekt der Taufe handelt erfährt man schon aus dem Glaubensbekenntnis: "Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden." Das unerwähnt zu lassen ist nicht so gut.

Der ganze Text vermittelt einen überaus horizontalen Eindruck. Zwar ist es gut und wichtig daran zu erinnern, dass mit der Taufe priesterliche (und prophetische und königliche) Würde vermittelt wird, leider unterlässt es der Autor, irgendetwas sinnvolles über dieses Priestertum zu sagen, die wenigen eingestreuten fromm klingenden Floskeln helfen da wenig. Seine Ausführungen kreisen einzig und allein um horizontale Aspekte von Partizipation, Mitbestimmung, Machtgefälle, Dialog auf Augenhöhe und anderes. Der Autor kann nicht anders, denn er begreift offenbar auch das Weihepriestertum nur in diesen Kategorien. Für ihn ist die Kirche ein Machtapparat, eine Organisation und mehr nicht. Er bemüht sich sehr darum, den Unterschied zwischen Tauf- und Weihepriestertum einzuebnen - sehr passend, denn das eine wie das andere scheint für ihn auf einer horizontalen Ebene angesiedelt zu sein, die eigentliche Bedeutung im Kontext von Gottes Heil und der Sakramentalität der Kirche fehlt. Taufpriestertum ist für ihn daher gleichbedeutend mit Entscheidungskompetenz. Wie traurig!

Zur Sache: Priestertum hat nichts mit Entscheidungskompetenz und Macht zu tun. Es ist Dienst vor Gott für die Menschen zu deren Heil. Priester sind dazu da, den Menschen Gottes Heil zuzuwenden und mit ihnen und für sie Gott das ihm gebührende Lob darzubringen. Die priesterliche Würde jedes Christen drückt sich ganz konkret nicht in etwaigen Entscheidungskompetenzen und in der Mitbestimmung an Strukturen aus, sondern im Treten vor Gott in Reue und Demut für sich und für andere, im Gebet für die anderen, im Segnen der anderen, im Opfer für und mit den anderen - besonders in der Feier der Eucharistie -, in der Verkündigung göttlicher Wahrheiten, und - hinsichtlich der Eltern - in der Erziehung der Kinder zu christlichem Leben und Gebet. So in etwa drückt es übrigens auch das Zweite Vatikanische Konzil aus, auf das der Text wiederholt sich zu beziehen vorgibt.

Das Zweite Vatikanische Konzil sieht die priesterliche Würde besonders im Empfang der Sakramente verwirklicht und es bindet die priesterliche, prophetische und königliche Würde des Getauften konsequent an den einen Priester, Prophet und König Jesus Christus. Von ihm kommt diese Würde - und zwar in dem Maße, wie wir an ihm Anteil haben. Der Text von Fabian Brand vermeidet diese Rückbindung an Christus konsequent. Jegliches Empfangend- oder Abhängig-sein ist ihm offenbar zuwider. Das Taufpriestertum dient dem Machen, es bedeutet Freiheit! Interessant ist, dass das Taufpriestertum durch den Verzicht auf die göttliche Dimension als etwas Gegebenes erscheint das keinerlei Führung, Reifung, Übung oder dergleichen bedarf: Es muss nur bei den Getauften bewusst gemacht und seine Ausübung durch die Amtsträger zugelassen werden - und alles ist in Butter. Es existiert nicht in der Abhängigkeit von Christus, sondern erscheint als eine ähnlich selbstverständliche und absolute Größe wie das "Gewissen" (siehe dazu HIER). 
Hier kommt ein weiteres Defizit jenes falschen Begriffs von Priestertum ins Spiel: Der Autor sieht in der priesterlichen Würde ein Moment der Freiheit (zum Machen, Mitbestimmen etc., eine Art Freiheitsrecht, das nicht vom Klerus eingeschränkt werden darf). Aber genau das ist gerade kein Merkmal des Priestertums. Der Priester ist der Gebundene, Abhängige, Empfangende und zum geben Verpflichtete - er ist Diener Gottes und der Menschen. (Die Freiheit des Christen - gemeint ist hier natürlich Freiheit in Christus, nicht Freiheit zur Beliebigkeit - liegt in seiner Königswürde begründet.)

Der Text ist in sich schlüssig, denn wenn der wesentliche Aspekt der Taufe unerwähnt bleibt, warum sollte es dem wesentlichen Aspekt des Priestertums anders ergehen? In der Summe ist der Text aus christlicher Perspektive inhaltslos, aber das allein macht nichts, denn sein ganzer Sinn besteht offenkundig darin, die abgedroschene Forderung nach mehr "Mitbestimmung" und einem "angstfreien Dialog auf Augenhöhe" einmal mehr pseudo-theologisch aufzuwärmen. Gääähn! Das an sich wäre nicht schlimm, würde der Text nicht die gebrauchten christlichen Vokabeln entleeren und so die Entsakralisierung und Säkularisierung der Kirche in den Köpfen unbedarfter Leser fördern.

In meinem vorherigen Beitrag befasste ich mich mit der Alternative, vor der die Kirche heute steht: Sie kann entweder Kultgemeinde oder professionalisierte Wohlfahrtsorganisation sein. (HIER, vgl. auch im vorvorherigen Beitrag die Frage der verweltlichten Perspektive, HIER) In dem hier besprochenen katholisch.de-Beitrag wird sehr schön die letztere anschaulich, in der selbst Priestertum und Taufe nur in Kategorien von Organisation und Funktion verstanden werden (können), losgelöst von ihrem göttlichen Gehalt. Eine Taufe zur Mitbestimmung in Gremien ist ebenso antichristlich wie ein Priestertum der Macht. In der Realität haben weder Macht noch Mitbestimmung in Gremien etwas damit zu tun und bezogen auf Taufe und Priestertum stellen sie eine Verzerrung wenn nicht gar Entstellung dar.

Eigentlich wundere ich mich, dass der Autor jenes Textes ausgerechnet die priesterliche Würde für seine Ausführungen gewählt hat und nicht etwa die königliche Würde des Getauften... diese würde sich doch rein begrifflich viel besser für die Verwirklichung von Machtansprüchen eignen... Auch hier wäre es sicher nicht schwer gewesen, den Wesenskern dieser Würde (nämlich Miterben des Königs der Könige zu sein und so frei zu sein für die Überwindung des Reiches der Sünde) unter den Tisch fallen zu lassen... aber das taugt freilich nicht für die Einebnung des Unterschieds zwischen Laien und Klerikern.

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