Mittwoch, 31. Oktober 2012

Ökumene

Am heutigen Reformationstag gab es bei uns die Marienmesse zu Ehren der "Mutter der Einheit". Das ist doch mal "ökumenischer Geist"!

Außerdem haben heute (leider leider unter der Woche) alle Verehrer des "sonnigen, softigen, kalifornischen Jesus" (unser Dogmatiker über das Jesusbild des "Jesus-Seminar", das sich der Suche nach dem "echten Jesus" verschrieben hat) ihr Fett weg bekommen: 
»Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.«
Nur so kann auch eine Einigung wachsen.
Deo gratias, für diesen oft so nötigen Ansporn!

Samstag, 27. Oktober 2012

Notiz: Kreuzige Ihn!

Vor meinem Katholischwerden gebrauchte ich wie jedermann den Spruch "Jesus ist von der religiösen Autorität seiner Zeit gekreuzigt worden!" um anzudeuten, dass die (mittelalterlichen, kinderschändenden) Katholiken ihn wohl kreuzigen würden, allen voran der Papst, wenn er tatsächlich wiederkäme.
Heute weiß ich, dass es die untreue religiöse Autorität war, die Jesus kreuzigte. Ihr Equivalent sind heute die ungehorsamen Priester und die Strukturfanatiker alla KFD, ZK etc. pp. Würde Jesus wiederkommen, würden diese ihn allein schon mit dem Argument kreuzigen müssen, sie hätten noch so viel zu "reformieren", zu "protestieren" und zu "strukturieren" (und gendergerecht zu machen), bevor sie ihm erlauben könnten, wiederzukommen... viel zu beschäftigt mit Nonsens und Egotrip.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Piusbruderschaften usw.

Da nun die FSSPX (siehe rechts im Bild) den untragbare Williamson fallengelassen hat (siehe rechts unten), fragt man sich, wo der jetz hingeht. Ob er wohl nen eigenen Club aufmacht?

Es ist hierzulande nicht allzu bekannt, wie, pardon: amüsant, das Ausmaß der Zerkrümelung der FSSPX ist: 1985 spaltete sich das de facto sedisvakantistische "Istituto Mater Boni Consilii" von der FSSPX aufgrund doktrinärer Fragen ab: Alle Päpste seit Johannes XXIII. sind illegitim.
Aber bereits 1983 spaltete sich die Priesterbruderschaft St. Pius V. (FSSPV) aufgrund von liturgischen Fragen ab. X für U? Die Begründung ist schon ein Witz in sich.
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, hat aber sogar die FSSPV wiederum eine Abspaltung, die nennt sich "Catholic Restoration".
Und, achja, fast vergessen: Es gibt auch noch die Piusbrüder "von der strengen Observanz"...

Wenn nun Williamson einen eigenen Club aufmachen sollte, haben wir bald eine ordfentliche Palette beisammen. 
Irgendwie typisch... und in hohem Maße amüsant, zumal die Begründung, warum Williamson (offiziell) aus der FSSPX gegangen wurde besser ist als jede Satire: Wegen Ungehorsams gegenüber der Autorität!


Update 3. November 2012: Er hats getan!! Sein neuer Club heißt "St Marcel Initiative". (Quelle)

Dienstag, 23. Oktober 2012

"Kirche" und nix dahinter

Warum nur erlebe ich dieser Tage ein Déjà-vu nach dem anderen, wenn allerorten Pfarrer- und Priesterinitiativen, Ungehorsamsaufrufe und Ökumenedespotien das Tageslicht erbklicken?

Allen diesen Initiativen scheint gemein zu sein, dass sie beständig Gott vernachlässigen. Jedesmal kann man konstatieren, dass entscheidende Begriffe und Konzepte des Christlichen (Gott, Jesus, Gebet, Hoffnung, Liebe, Erlösung, Kreuz etc. pp.) in ihren Manifesten, Erklärungen, Aufrufen und Wortschwallen nicht vorkommen (etwa hier). So auch nun in der Erklärung der augsburgischen Initiative (deren Homepage zudem Augenkrebs verursacht). Immer geht es nur um "Kirche", um "wir" um "Reform". Und sehr schnell wird klar, dass diese Leute die Kirche nicht als Leib Christi auffassen, sondern nur als Club, Verein oder Partei begreifen können, denn wie anders ist es zu erklären, dass jemand sagt, er fühle sich in der Kriche nicht mehr zuhause? Verräterisch: "Am Sonntag begehen katholische Christen das Kirchweihfest. Dabei denken sie nicht nur an den sichtbaren Bau ihrer Kirchen, sondern feiern sich selbst, das Volk Gottes, die Kirche aus lebendigen Steinen."

Ich kann diese beständige Verbaldiarrhö langsam nicht mehr ab...

Montag, 22. Oktober 2012

Herr Schüller hat Recht!

Schüller hat Recht: Wahrscheinlich wurde ihm wirklich nicht gesagt, was "Gehorsam" bedeutet (hier).
Er gehört zur Priestergeneration der 70er Jahre, damals wurde in nicht wenigen Seminaren den Bewerbern erzählt, sie bräuchten sich um den Zölibat keine Sorgen machen, der würde eh in fünf Jahren abgeschafft. Ich würde mich nicht wundern, wenn den Seminaristen die Sache mit dem Gehorsam ähnlich beigebracht wurde.

Im Grunde trägt Herr Schüller an seiner Misere also ähnlich Schuld, wie viele kirchlich Verheiratete, denen nicht gesagt wurde, was "Treue", was "Unauflößlichkeit" bedeutet. Ja, er ist Schuld an seiner Untreue (dem Bischof gegenüber), denn er tut es ja aus freien Stücken... aber er ist nicht der einzige Schuldige.
Das macht seine Bemühungen, die Kirche auszuhölen nicht besser, aber es würde erklären, warum er so drauf ist und es würde ihm zumindest vom Verdacht der Unehrlichkeit befreien: Er wusste es bei seiner Priesterweihe tatsächlich nicht besser... es hat ihm schlicht nie jemand gesagt (vgl. die fehlende Ehekatechese für Brautleute). Heute weiß er es offenbar besser, denn er sagt ja ganz klar, es sei ihm damals nicht recht erklärt worden... aber ein Gesinnungswandel, metanoia, kommt für den feinen Herrn nicht infrage.
Freud hätte seinen Spaß an ihm: "Versprichst du mir und meinem Nachfolger Ehrfurcht und Gehorsam" zitiert Herr Schüller den Bischof in der Liturgie der Priesterweihe, und wendet es dann sehr gewitzt, indem er sich an die Stelle des Bischofs stellt: "Der, dem ich dieses Versprechen abnehme", der, so Schüller, müsse "einen Weg finden" dies auszuüben. Er legitimiert hier also sein eigenes Handeln indirekt (er sprich von sich quais in der dritten Person), anstatt dass er sagt, er (als Priester, der dieses Versprechen abgegeben hat!) müsse so einen Weg finden... warum geht er um diese Ecken und erklärt, der Bischof müsse hier einen Denkakt im Hinblick auf den Kandidaten und dessen Fähigkeit zum Gehorsam leisten? Sehr interessant, ich weiß nur nicht, wie man das deuten kann.

Samstag, 20. Oktober 2012

Vom Inhalt des Katechismus

Das letzte Mal ging es um den Sinn des Katechismus (Lektüre wird hierfür vorausgesetzt). Der Predigtgärtner hat dankenswerterweise die ganze Diskussion etwas überblickt und entsprechend verlinkt. Ich will noch ein paar Worte zum Inhalt sagen.

Ich habe ja schon lang und breit zu erklären versucht, dass z.B. der KKK unmöglich die Lebenswirklichkeit seiner Adressaten berücksichtigen kann, da er sich an alle 1,2 Milliarden Katholiken richtet und es sowieso kein einziges Buch gibt, das einem Kreis von Adressaten voll entsprechen kann. Auch alle erdenklichen Jugendbücher können nie die Akzeptanz finden, die sich Autor und Herausgeber vielleicht wünschen würden, denn selbst innerhalb eine Milieus oder einer Altersgruppe gibt es große Unterschiede zwischen den Individuen.
Bücher können notwendig nicht so eine Akzeptanz finden... und selbst wenn sie es könnten, wären sie nach spätestens fünf Jahren aus dem Rennen, weil sich die Lebenswelten völlig verändert haben. Das Leben ist zu "lebendig", als dass irgendetwas Festgeschriebenes dem gerecht werden könnte.

Der Katechismus versucht aber auch nicht, im Unterschied zu manch gut gemeintem Jugendbuch, ein bestimmtes Milieu anzusprechen, sondern er wendet sich eben an alle und bietet in einem Band alles, was für die Zugehörigkeit zur weltweiten(!) Kirche im Bekenntnis wichtig ist. Weshalb die Annahme des KKK ja auch eine der Bedingungen ist, die übertrittswillige Anglikaner zu erfüllen haben, um als Gemeinde in den Schoß der Kirche zurückkehren zu können: Wenn ihr das akzeptiert, seid ihr katholisch.

Dass sich der KKK sehr "neutral" verhält und sozusagen im Wesentlichen eine Auflistung von Inhalten ist, ist übrigens auch der einzige Weg, wie dieses Buch zumindest einige Jahrzehnte überleben und "aktuell" bleiben kann; alles was sich auf das Hier und Jetzt und diesen oder jenen Umstand bezieht, ist schnell aus dem Rennen, weil es eben nur da und zu dieser Zeit gilt... weswegen etwa der Erwachsenenkatechismus den die deutschen Bischöfe vor 30 bzw. 20 Jahren herausgegeben haben in mancher Hinsicht jetzt schon wieder ziemlich antiquiert ist.
Das gleiche Problem ist übrigens die "theologische Aktualität": Der KKK hält sich wohlweißlich zurück irgendeiner theologischen Richtung nach dem Mund zu reden, die aus welchen Gründen auch immer gerade en vogue ist. Vor allem nach den babylonischen Erfahrungen der 60er und 70er ist das auch richtig so. 
Das ergibt auch Sinn, denn ein Katechismus ist ja nicht dazu da, theologische Methodik und Meinung zu unterrichten, sondern das vom Glauben zu vermitteln, was unabhängig von der Theologie gilt, denn, und das ist sehr wichtig und wird gerne vergessen, die Theologie kann und darf nicht über den Glauben bestimmen! (Das stört mich z.B. am Katechismus der DBK: Da ist so viel vom "verantwortlichen Gewissen" die Rede, dass es mir zum Halse raushängt. Was aus dieser "theologischen Idee", die mit dem "unüberwindbar irrenden Gewissen", wie es das letzte Konzil gefasst hat, recht wenig zutun hat und sich auch nicht wirklich auf Newman berufen kann, werden wird, bleibt abzuwarten.)

Ameleo wirft dem Youcat vor, er würde doch nur wieder binnenkirchliche Chiffren verwenden und wenig erklären. Dem muss ich widersprechen: Gerade in dieser Hinsicht leistet der kleine Gelbe mit Worterklärungen, Aphorismen und Zitaten in der Seitenspalte eine gute Arbeit, indem er schwierige Begriffe eben nicht einfach unkommentiert benutzt. 
Es sei angemerkt, dass der Youcat ja offenkundig auf dem KKK aufbaut. Die fett gedruckten Zahlen in eckigen Klammern verweisen ja immer auf die entsprechenden Abschnitte im KKK. Der fett gedruckte Text an sich ist jeweils auch nichts anderes als eine geraffte Variante dieser Abschnitte. Im Grunde trifft also das, was ich bereits über den KKK geschrieben habe, auch auf den Youcat zu. Mit dem Unterschied, dass der Youcat die Möglichkeiten des Mediums besser nutzt (Bilder, Cartoons, Layout) und dass er (in den nicht fett gedruckten Passagen) zumindest einen sehr löblichen und nicht selten auch durchaus sinnvollen Versuch wagt, genau das zu tun, was Ameleo vermisst: Die "trockenen" Aussagen des Katechismus werden in verständlicher Sprache (die gottlob keine Alltagssprache ist!) und anhand von Beispielen aus der Lebenswelt junger Menschen erklärt. Immer aber den Spagat machend, das Bleibende aufzuzeigen. Das birgt natürlich die Gefahr, dass er in reklativ kurzer Zeit schon wieder altertümlich wirkt... wer weiß schon, ob nicht in 10 Jahren "Handys" so antiquiert sein werden wie es heute Walkmans sind (ich fand meinen ersten Walkman übrigens toll!).

Dass Lehr- und Lernmaterialien im konkreten Unterricht oft hilfreicher sind ist nicht überraschend und ich kann mich überhaupt nur wundern, wie man hier ein Konkurrenzverhältnis oder eine Unzulänglichkeit auf Seiten des Katechismus sehen kann, denn: 1. befassen solche Materialien sich meist viel viel ausführlicher mit einem Thema (oder kann man etwa die Ehe auf zwei Seiten erschöpfend erklären?); 2. werden sie in sehr kurzen Abständen erneuert und aktualisiert; 3. haben sie eine bei weitem engere Zielgruppe (Schulart, Jahrgang, etc.) und 4. haben sie auf der Grundlage dieser enormen Spezifizierung auch noch dem entsprechende didaktische Beigaben, Anregungen uvm. zu bieten. Dass das ein Katechismus, zumal einer, der auf der Ebene der Weltkirche angesiedelt ist, nicht leisten kann, liegt in der Natur der Sache. Darum ist das ja auch kein Unterrichtsbuch! (Oder habe ich nur überlesen, dass der Papst in seinem Vorwort den Youcat als Pflichtbuch für den katholischen Religionsunterricht verordnet hat?)
Ein Katechismus ist eine Hilfe zur Orientierung und zur Weitung der Perspektive, ein Gebrauchsgegenstand für den Alltag, eine Referenz für die Fülle der "Themen", eine Platte mit Appetithäppchen die alle Geschmäcker abdeckt und Lust macht auf bisher nicht oder wenig Gekostetes.

Und was ist mit den Fragen? Alle Nase lang, von Verweyen bis Küng, werden dem KKK wie dem Youcat die Fragestellungen vorgeworfen. Die Fragen, wie sie im Youcat stehen, wären nicht wirklich die Fragen junger Menschen. Ährm... Schonmal einen Dialog von Platon gelesen? Oder Galileo Galilei? Was ich sagen will: Der Dialog als Literaturgattung oder auch bloß das katechetische Frage/Antwort Prinzip ist natürlich notwendig ein Konstrukt! Immer. Natürlich stellt der normale Jugebdlche nicht die Frage "Was ist eine Tugend?"... aber sollte man ihm deshalb eine Antwort auf diese Frage vorenthalten?
Die katholische Glaubenswelt umfasst die ganze Welt und den Menschen in ihr. Wer sich darauf enlässt, findet Antworten auf wirklich alles und Hilfe in jeder Not. Ein Katechismus will nun auf diese Fülle hinweisen. Ein einzelner Ottonormalmensch hat aber in der Regel nur sein Ottonormalleben als Referenz und da mögen manche Dinge nicht vorkommen, die bei anderen Menschen aber durchaus vorkommen. Würde man sich nur an Einzelnen orientieren, würde man andere ausgrenzen... also muss der Katechismus, um eine möglichst breite Basis zu haben, halt auch Dinge ansprechen die für den einen oder anderen gerade nicht so gravierend sind. Und schließlich gibt es Vieles, was zwar im Blickfeld des Einzelnen bisher nicht vorkommt, das aber dennoch eine große Bedeutung hat oder haben wird. Ihm das vorzuenthalten mit dem Argument, er würde ja selbst nicht danach fragen, wäre nicht nur engstirnig sondern auch ziemlich beleidigend: Trauen wir es den Menschen denn nicht zu, mit Fragen konfrontiert zu werden, die zwar vielleicht (noch) nicht von allzu großer Relevanz sind, die es aber dennoch, objektiv gesehen, in sich haben?

Außerdem: Der Pädagoge weiß, dass auch das Fragen (als Akt) gelernt sein will. Und leider leider erleben wir es heute, dass das kaum mehr geübt wird, weil man, gerade in zeiten von Wikipedia, immer alles zur Verfügung zu haben glaubt. Man wird bequem und denkt, per Mausklick alles Erfahrbare erfahren zu können... das Sichwundern geriet damit in eine Krise und das Fragen gleich mit.
War es früher schon sinnvoll und oftmals sicherlich hilfreich, Fragen vorzugeben, so ist es das heute umso mehr.
Das Problem ist nicht, dass gezielt Fragen formuliert werden, um eine Antwort geben zu können. Das Problem ist, wenn man dabei stehen bleibt! Aber genau das soll ja, im Falle des Youcat, durch die Aufmachung, den freieren Text und die Anregung zum Austausch vermieden werden.

Dass das trotztdem nicht immer super funktioniert liegt wieder in der Natur der Sache: Jeder hat andere Fragen, jeder hat andere Erfahrungen gemacht, eine andere Bildung genossen, andere Interessen und Vorlieben, und jeder hat auch eine eigene Herangehensweise und Perspektive für Probleme und ihre Lösungen.
Das ist wiederum der Grund, warum der Papst auch das Studium des Katechismus in Gemeinschaft besonders betont: Weil die unterschiedlichen Lebenswelten unterschiedlicher Personen einenader ergänzen können und weil jeder von den Texten anders angesprochen wird... dem einen mag dies oder jenes unverständlich und fremd sein, sein Nachbar kann das aber schon wieder völlig anders empfinden.
Ich glaube, in dieser Hinsicht hat der Youcat inhaltlich alles rausgeholt, was aus dem statischen medium "Buch" rauszuholen ist...


so long...


PS. Was "strittige" Themen angeht, die etwa im KKK "unstrittig" behandelt werden: Diese Katechismen sind nichts anderes als die ordentliche Ausübung des Lehramtes. Synoden und Konzilien sind tatsächlich die außerordentliche Variante, wie die Kirche etwas lehrt. Weil also z.B. der KKK Ausdruck des Lehramtes ist, ist er eigentlich unstrittig, denn das Lehramt streitet nicht mit sich selbst. Das "Strittige" an manchen Theman ist der Teil der Kirchenglieder, die das Lehramt bekritteln und es anders oder besser wissen (wollen). Würde der Katechismus das berücksichtigen, wäre er nicht mehr Ausdruck des Lehramtes, sondern ein Situationsbericht innertheologischer Querelen... solches ist aber nicht Thema eines Katechismus, der ja schlicht darlegen will/soll, "wie es (dem authentischen Lehramt zufolge) ist".

Freitag, 19. Oktober 2012

Vom Sinn des Katechismus

Liebe Ameleo (hier), ich habe deine Vorbehalte und Einwände gegen den KKK und seine Verwendung gelesen. Ich will hier mal nur über den Katechismus reden, nicht über das Jahr des Glaubens. Das Wesentliche hat Frischer Wind (hier) bereits gesagt und ich möchte es wiederholen: Die Erfahrung ist wichtig, ohne Zweifel. Aber der Glaube hat nunmal auch Inhalte. Dass Jesus Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist, muss man lernen bzw. beigebracht bekommen, das ergibt sich nicht "einfach so". Den (oder irgendeinen) Katechismus gegen die Erfahrung und das "praktische Leben" auszuspielen wäre tatsächlich so, als wollte man das Brennholz gegen das Feuer ausspielen.

In der Theologie spricht man von fides qua creditur und fides quae creditur. Ersteres ist der Glaube mit dem geglaubt wird, der Glaube an sich: "Ich glaube!" Das Andere ist der Glaube der geglaubt wird: "Ich glaube an...!"
Für das Zweite braucht es Unterweisung, braucht es Inhalte, denn ohne diese kann es keinen Glauben geben, der über ein ganz basales (man kann sagen: natürliches) Bewusstsein um das bloße Dasein Gottes hinaus geht. Will ich an Jesus Christus glauben, muss ich, sofern mir keine Offenbarung alla Paulus zuteil wird, von anderen (oder eben aus einem Buch) etwas lernen.

Appropos "Buch": Ein jedes Buch ist ja nur ein Hilfsmittel, eine "Protese" wenn du so willst, für das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen demjenigen, der etwas erfahren will und dem, der es ihm sagt. "Katechese" ist auch solch ein Verhältnis. Kein Buch kann dieses menschliche Verhältnis völlig ersetzen, aber es kann behilflich sein, indem es z.B. auflistet, was an Inhalten vermittelt werden soll.
Warum heißt es denn in den Evangelien wieder und wieder "Und Jesus lehrte sie..."? 
Und warum taten die Apostel unentwegt das gleiche?
Warum musste wohl Paulus "sein" Evangelium immer wieder gegen "Verführer" und "falsche Lehrer" verteidigen und den Leuten immer wieder von Neuem einschärfen? Warum hat Paulus die Gemeinde in Kolossä angewiesen, seinen Brief auch in Laodizäa vorzulesen und den Brief an die Laodizäer (der uns nicht überliefert ist!) auch bei ihnen vorzulesen?
Geschah dies alles weil eh alles klar war und es auf die "persönliche Erfahrung" ankam? Nein! Sondern weil es eben Dinge gibt, die zu lehren bzw. zu lernen sind!

Der Katechismus, der uns Heutigen in gedruckter Form vorliegt, ist ein Luxus. Eine Errungenschaft unserer Zivilisation (s. Buchdruck). Aber er entspringt dem gleichen Prinzip wie die "Lehre" in der Bibel und ist zur Verwirklichung dieser notwendigen Lehre ein Hilfsmittel. Was meinst du, ist der Grund, warum es von frühester Zeit an umfangreiche katechetische Schriften gab und warum diese Schriften in so hohen Ehren gehalten wurden, dass sie uns bis heute überliefert sind? (Cyrill von Jerusalem, Abrosius, Augustinus und Gregor von Nyssa sind hier nur die prominentesten Beispiele.) 
Oder gibt es etwa heute weniger Anfechtungen, Irrlehren, Versucher und falsche Lehrer als damals und darum können wir also getrost auf ein Buch, das uns die Inhalte unseres Glaubens aufzeigt, verzichten?

Zu sagen, man bräuchte keinen Katechismus, ist im Prinzip eine protestantische Überlegung: sola scriptura. Demnach erschließt sich alles "wie von selbst", der Geist selbst ist es, so Luther, der uns (jeden Einzelnen) belehrt, nicht ein kirchliches Lehramt (und trotzdem haben Luther und seine Erben bekanntlich Katechismen verfasst... komisch, nicht?). Und darum gibt es abertausende protestantische Denominationen die alle irgendwie was anderes für "wahr" halten... Jesus sagt "der Geist wird euch alles lehren und euch an alles erinnern"... dass er damit aber nicht jeden einzelnen Getauften gemeint haben kann sondern wohl eher die Kirche als Ganze (mit ihrem Amt!), ist evident.
Es braucht die ständige Unterweisung (Predigt!), ansonsten ist es nämlich sehr leicht, einem Irrglauben zu erliegen oder, mal mehr, mal weniger schleichend, den eigenen Glauben (an...) zu verlieren.


Du sprichst von Rechthaberei und dozierendem Gehabe: Ja! Es ist Rechthaberei! Es "doziert" (lehrt) uns etwas! Denn worum es geht, etwa beim Bekenntnis zum Gottmenschen Jesus Christus, ist nichts weniger als die Wahrheit. Würdest du den Kirchenmännern, die sich (zuweilen unter Lebensgefahr) gegen Arianismus, Gnosis und andere Strömungen in der frühchristlichen Welt stemmten, Rechthaberei vorwerfen, weil sie darauf beharrten, dass das was von den Aposteln und ihren Nachfolgern (bis heute) gelehrt wurde, wahr ist?

Du fragst nach "belastbaren Antworten": Genau das ist es: Die Lehre der Kirche gibt genau diese. Es kann sein, dass diese Antworten dem persönlichen Fühlen, Wollen und Meinen nicht entsprechen, aber weil es hier ja (s.o.) nicht um diese Dinge, sondern eben um Wahrheit geht (also etwas objektiv Gegebenes, das SO ist und nicht anders), kann das nicht der Maßstab sein. Vielmehr ist die Lehre der Kirche (die, so die Zusage Jesu Christi, vom Geist in der Wahrheit gehalten wird!) als Maßstab anzusehen. Es mag kulturelle Schattierungen und Nouancen geben, aber was die Inhalte angeht und die aus ihnen abgeleiteten moralischen Werte (z.B. die Würde des Menschen), so bleiben diese bestehen und müssen es auch.

Genau das ist der ganze Sinn und Zweck des Lehramtes: Die grundlegenden, von der Kirche in apostolischer Sukzession und mit den "Schlüsseln des Himmelreiches" dargelegten Wahrheiten über Gott, seine Kirche und die Menschen zu bewahren, zu schützen und den Menschen immer wieder und wieder einzuschärfen. Das allgemeinste, grundlegendste und handlichste Hilfsmittel um dies treu und vollständig zu tun, trägt in seiner aktuellen und, wie ich finde, überaus gelungenen Form, den Titel "Ketechismus der Katholischen Kirche".
Er ist die Norm, an der sich andere Katechismen und die Katechese generell zu orientieren haben. Nicht weil ein alternder Diktator in Rom das so will, sondern weil der Katechismus einfach alles wesentliche enthält was zum katholischen Glauben dazugehört. Nicht mehr. Nicht weniger.

Wie das alles, die Inhalte, dann vom einzelnen Menschen angenommen und umgesetzt wird und wie der Lehrer oder Katechet es seinen Schülern oder Katechumenen vermittelt und auf welche kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekte er dabei Acht geben muss, DAS ist die Aufgabe eben des Lehrers oder Katecheten, darum gibt es ihn. 
Und darum reicht ein Buch alleine auch nie aus und darum erhebt etwa der KKK auch garnicht diesen Anspruch. Seltsam, dass du aus dieser notwendigen und wichtigen Einschränkung eine Anklage gegen den KKK machst. Alles was der KKK tut, ist das Brennholz zur Verfügung zu stellen, mit dem dann das Feuer des Glaubens brennen kann! 

Der KKK sagt dies auch ausdrücklich in Nummer 23 und 24:

»Dem vorliegenden Katechismus geht es in erster Linie um die Darlegung der Lehre. Er dient der Vertiefung der Glaubenskenntnis. Somit ist er auf das Reifen des Glaubens, seine Einwurzelung im Leben und seine Ausstrahlung im Zeugnis ausgerichtet1.

Wegen seiner Zielsetzung kann dieser Katechismus nicht selbst jene Anpassungen in der Darlegung und den katechetischen Methoden vornehmen, welche die Unterschiede in den Kulturen, Lebensphasen, im geistlichen Leben, in den gesellschaftlichen und kirchlichen Situationen der Adressaten erfordern. Diese unerläßlichen Anpassungen sind Aufgabe entsprechender Katechismen, und vor allem der für den Unterricht der Gläubigen Verantwortlichen«.
 

Der KKK Sagt: "Das glauben wir." Mehr nicht. Dass Verkündigung, Glaubensweitergabe und Lebensführung hier nicht aufhören, ist JEDEM klar. Wirklich! Aber es ist die notwendige Grundlage zum Bekenntnis! Bei meiner Taufe wurde gefragt "Glaubst du...". Wie, bitteschön, hätte ich da "Ja" sagen können, wenn ich nie gelernt hätte, was zu glauben ist oder wenn es eigentlich keine Wahrheit sondern nur unterschiedliche Meinungen, Lehren, Strömungen und "Erfahrungen" gäbe?
Du beschwerst dich, dass die Arbeit an dir hängen bleibt. Glückwunsch: Darum machst du sie ja! Ein Katechismus hat bloß den Sinn und Zweck aufzulisten (und anfanghaft zu erklären) WAS zu lehren und zu verkündigen ist. Du wirfst doch auch dem Glaubensbekenntnis nicht vor, dass man es erklären muss, oder? Nun, der Katechismus tut zwar mehr als das Glaubensbekenntnis, aber eben, auch nach eigener Aussage, längst nicht alles.

Die Frage, wozu es einen Katechismus braucht, ist eigentlich simpel: Jede Predigt folgt dem gleichen Prinzip wie der Katechismus auch. Nur kannst du schwerlich die "Fülle" der christlichen Lehre in all ihrer Vielgestaltigkeit und Schönheit(!) in einer einzigen Predigt unterbringen... daher gibt es eben dieses  mehr oder weniger dicke Buch: weil da alles (Wesentliche) drin ist.
Diesen gewaltigen Reichtum an Aspekten und Facetten der Wahrheit, der es wirklich jedem Menschen in jeder Kultur erlaubt, den katholischen Glauben anzunehmen und der uns eine unerschöpfliche Fülle an Lebensformen und Farben innerhalb der einen Kirche beschert ist nicht bloß ausweis der "göttlichkeit" dieses Glaubens ("innere Katholizität"), sondern auch stets ein Anlass zur Freude. Dass sich ein H. Küng über dieses "schwere Buch" muckiert, ist ein Ausweis seiner Verbitterung und nur traurig.

Hier hast du auch die Antwort auf die Frage, warum der KKK deine Schüler nicht direkt anspricht: Weil der KKK für die ganze Kirche verfasst wurde. Für eine Kirche, die in jedem Land und in jeder einzelnen Kultur auf dem Planeten vertreten ist und darum eine unendliche Vielfalt an Lebens- und Frömmigkeitsformen in ihrem Schoß umfasst. Zu sagen, dass eine Gruppe Jugendlicher in Deutschland da nicht vollumfänglich berücksichtig wird, ist in etwa so, als würde sich irgendeine Schwesterngemeinschaft ("nichtmal Gott weiß, wieviele Frauenorden es gibt") beschweren, dass ihr kleiner Orden in all seinen Spezifika im KKK nicht voll zur Geltung kommt. Aber es gibt eben noch so viel mehr und sogar scheinbar Gegensätzliches, das man aber dennoch dulden muss! Mit Manfred Lütz könnte man ein Extrembeispiel so schildern: Der in tiefster Armut barfüßig in seinem Kloster schuftende Bettelmönch muss es ertragen, dass zwei Kilometer weiter die Jesuiten in ihren barocken Prunksälen flanieren! Oder so: Der Papst an seinem herrschaftlichen Palast in Rom mit hundert Bediensteten muss sich damit abfinden, das irgend ein Analphabet der in einer Klause im frönzösischen Wald wohnt von den zeitgenossen mehr Ansehen und Aufmerksamkeit bekommt als er, oder dass der Rat irgendeiner Dominkanerterziarin von Fürsten und Königen mehr geschätzt wird als der seinige.
Der Katechismus der Katholischen Kirche ist, wenn du so willst, der kleinste gemeinsame Nenner der unendlich differenzierten katholischen Welt (von über einer Milliarde Menschen): Das was alle zu Glauben und zu halten haben (so verschieden sie auch sind und so unterschiedlich sie das auch leben und verwirklichen)! Nicht mehr, nicht weniger.

Dass auch die Gläubigen immer dazu ermutigt werden (sollten) den Katechismus zu studieren liegt nahe: Hier hat man alles was zum Glauben gehört kompakt und griffbereit. Man muss nicht immer den Pfarrer oder Bischof fragen (an die sich der Katechismus angeblich vorrangig richtet). Hat man Zweifel oder Fragen kann man da nachschauen. Oft findet man auch "neue" Sachen, die man bisher nicht wusste. Aber natürlich ist das immer nur der Anfang. Wenn ich aus einem Katechismus erfahre, dass ich als Katholik dies zu glauben oder jenes zu tu oder zu lassen habe, dann ist das ja bloß eine Information. Was ist falsch daran? Es zu leben, umzusetzen, anzuwenden etc. (und auch das Wissen zu vertiefen) ist und bleibt die Aufgabe, die uns niemand abnehmen kann. Auch kein Buch.


Fundamentalismus und Sektierertum entsteht übrigens immer genau da, wo man, entweder aus Dummheit oder Absicht, diese Fülle einengt. Wo man den Fokus zu sehr auf Einzelaspekte legt und vieles andere ausblendet. Um genau das zu vermeiden ist der KKK ideal, denn darin ist klar dargelegt, was alles zum Glauben dazugehört. Solange man nicht Aspekte daraus leugnet, ist man vor Fundamentalismus und Sektierertum gefeit. (Übrigens hat dieser "Bau", dieses Gesamtkunstwerk des Glaubens, auch die Eigenart, dass er einsturzgefährdet ist, wenn man beginnt, hi und da einzelne Steine herauszunehmen... Siehe den fließenden Übergang vom Luthertum über den Evangelikalismus bis zu den verschiedenen "christlichen" Sekten.)
Wenn man hierbei anderer Meinung ist und etwa glaubt, dass gerade das Festhalten an dieser Fülle das "Fundamentalistische" sei und der "gute Weg" wäre es vielmehr, sich auszusuchen, was man annimmt und was nicht, worin unterscheidet man sich dann noch von jeder beliebigen Sekte die es jemals gab? Tun das nicht auch die Piusbrüder?

Mit den Worten des II. Vatikanischen Konzils: 
»Dem offenbarenden Gott ist der "Gehorsam des Glaubens" (Röm 16,26; vgl. Röm 1,5; 2 Kor 10,5-6) zu leisten. Darin überantwortet sich der Mensch Gott als ganzer in Freiheit, indem er sich "dem offenbarenden Gott mit Verstand und Willen voll unterwirft" und seiner Offenbarung willig zustimmt.« (DV 5)
Die legitime Vermittlerin dieser Offenabrung bzw. der Inhalte dieser Offenbarung ist aber nunmal, geleitet vom Geist Gottes, die Kirche: 
»Als "die Säule und das Fundament der Wahrheit" (1 Tim 3,15) bewahrt die Kirche treu "den überlieferten Glauben, der den Heiligen ein für allemal anvertraut ist" (Jud 3). Sie behält die Worte Christi im Gedächtnis; sie gibt das Glaubensbekenntnis der Apostel von Generation zu Generation weiter. Wie eine Mutter, die ihre Kinder sprechen und damit zu verstehen und zusammenzuleben lehrt, lehrt uns die Kirche, unsere Mutter, die Sprache des Glaubens, um uns in das Verständnis und das Leben des Glaubens einzuführen.« (KKK 171)

Habe dazu früher schon geschrieben (hier Lektüre sehr empfohlen!).


Es gibt übrigens auch Katechismen in anderen Religionen, etwa im Islam oder Buddhismus... und Warum verwenden eigentlich die Juden so viel Zeit auf das Studium nicht nur ihrer heiligen Schrift sondern auch der Erklärungen dieser Schrift (etwa Talmud)? Antwort: Damit sie ihrem Gott, der sich offenbart hat, treu bleiben können! Sehr schade, wenn das für die Christen, zumal für die Katholiken, kein Anliegen ist... wie sonst kämen sie auf den Gedanken, ein beständiges Lernen und Aneignen des anvertrauten (Glaubens-)Gutes für unwichtig zu halten?


Heute erlebt man es allüberall, dass viele Katholiken oft nichtmal ganz grundlegende Inhalte des katholischen Glaubens kennen. Dass die Eucharistie ein Opfer ist, dass Bischöfe die Nachfolger der Apostel sind, dass Maria nicht angebetet sondern verehrt wird, dass die Taufe irreversiebel und dass die regelmäßige Beichte für den Kommunionempfang von entscheidender Bedeutung ist. Wie kommt es, dass selbst Theologiestudenten solche Dinge nicht wissen? (Alles schon erlebt!) Weil sie es nicht beigebracht bekommen haben und sie nie selber nachgefragt (oder in einem Katechismus nachgeschaut) haben. 
Ein Katechismus sagt uns nicht wie wir unseren Glauben zu leben haben. Er kann auch nicht die Lebenssituation eines Einzelnen berücksichtigen. Soetwas von einem Buch zu verlangen ist Blödsinn. Er sagt uns, was wir zu glauben haben, damit wir "ein gottgefälliges Leben" führen können! Wenn jemand das aber nicht anerkennen will, dann ist der Katholizismus für ihn wohl nicht das Richtige.


... mit besten Grüßen, meinereiner


PS. Du kritisierst den KKK, weil dort nirgends von der "Hierarchie der Wahrheiten" die Rede ist. Vielleicht solltest du dir das Buch nochmal genauer anschauen, da wird das nämlich durchaus behandelt! (z.B. in Nr. 234)

Fortsetzung: hier.

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Ecclesia semper... was?

Es ist immer ziemlich nervig, wenn Möchtegernkonzilsverteidiger etwa aus den Reihen von ZK und BDKJ von der "Ecclesia semper reformanda" fabulieren, so als sei dies die oberste Maxime davon, was die Kirche als solche zu tun oder zu lassen hätte. Die Kirche, so sagen sie, müsse beständig "reformiert" werden. Was heißt das eigentlich?
Vom Lateinischen her betrachtet ist es nicht völlig falsch: Es hat was mit Wiederherstellung zu tun. Aber das wird meist nicht gemeint. Was man oft damit sagen will, ist, dass die Kirche sich ändern soll, dass sie anders werden soll, "besser" sogar.

Murks.
Denn was es zu ändern und zu "verbessern" gilt ist nicht die Kirche, sondern die Lebens- und Handlungsweise ihrer Glieder. Die Kirche an sich ist von Christus eingesetzt, sein Leib, seine Braut, unsere Mutter. Sie ist geschmückt und bereit für ihren Bräutigam, und der wird sein Wiederkommen nicht davon abhängig machen, wie viel oder wenig die Glieder dieser Kirche ihr Antlitz beschmutzt haben.

Aber ich schweife ab. Worauf ich hinaus will ist dieses kleine vielen unbekannte Detail, dass der Ausdruck "Ecclesia semper reformanda" in der Lehrtradition der Kirche nicht vorkommt. Übrigens auch nicht beim Zweiten Vatikanischen Konzil! Was das Konzil aber festgestellt hat, ist die Notwendigkeit einer "Ecclesia semper purificanda", die "stets der Reinigung bedürftig" ist, da sie Sünder in ihrem Schoße umfasst (Lumen Gentium 8)!

Demzufolge ist das "bekehrt euch" und die Forderung nach Heiligkeit für eine wahre "Reform" der Kirche keine fromme Floskel, sondern auch Lehre "des Konzils". Und jeder der das anders sieht, spricht nicht in Treue zu diesem Konzil... so einfach ist das.

Montag, 15. Oktober 2012

Teresas Leidenschaft

Gut kenne ich den Vorwurf, der Katholizismus sei leidenschaftslos... *hust*
»Was ich aus eigener Erfahrung [...] von den Geschenken und Befriedigungen in der Meditation weiß, ist nur das eine, daß ich, wenn ich bei der Betrachtung der Passion zu weinen begann, nicht aufhören konnte, bis mir der Kopf zersprang; weinte ich wegen meiner Sünden, so war es dasselbe. [...] Die Tränen und das Sehnen werden hierbei manchmal von der Natur unterstützt, je nach der Stimmung, in der wir uns befinden. Aber schließlich finden sie, wie gesagt, trotzdem ihr Ziel in Gott.
[...]
Ich möchte auch [...] darauf hinweisen, daß es, wenn man auf diesem Wege gut vorankommen und zu den ersehnten Wohnungen emporsteigen will, nicht darauf ankommt, viel zu denken, sondern viel zu lieben. Darum tut das, was am meisten Liebe in euch erweckt. Vielleicht wissen wir aber gar nicht, was Lieben ist. Das würde mich nicht sehr wundern; denn es besteht nicht in dem größeren Genuß, sondern in der größeren Entschlossenheit, Gott in allem erfreuen zu wollen, sich mit allen Kräften darum zu bemühen, daß wir ihn nicht beleidigen, und ihn zu bitten, daß die Ehre und der Ruhm seines Sohnes sowie das Wachstum der katholischen Kirche stets Vorrang vor allem anderen habe. Das sind die Zeichen der Liebe.« (Teresa von Avila, Die innere Burg, Vierte Wohnung, Erstes Kapitel)

Intelligent Design ist Kreationismus

Intelligent Design Vertreter beharren darauf, keinen Kreationismus (siehe dort) zu vertreten und zudem keineswegs theistische Implikationen zu verbreiten. Es sei reiner Zufall, dass nahezu alle ID Vertreter Christen sind.
Es gibt angeblich ein "gemäßigtes" Intelligent Design, welches vorgibt, zur Wissenschaft einen Beitrag leisten zu wollen, indem es erklärt, es gäbe zunehmend Hinweise in der Naturwissenschaft, dass all diese Komplexität ein Zeichen für eine dahinter stehende Intelligenz sei, die entweder die Evolution steuere, oder sonstwie Naturprozesse beeinflusst. Was es mit diesen Ideen auf sich hat, wird nächstes Mal Thema sein.
Gehen wir nun erstmal dem Ursprung von Intelligent Design chronologisch nach.

Man kann die führenden Intelligent Design Vertreter durch die Zeit hindurch verfolgen, denn sie haben eine interessante Namensgeschichte hinter sich: Bis 1987 nannten sie sich allesamt "Creationists". In diesem Jahr verloren sie einen Prozess vor Gericht, in dem es um das Unterrichten von Kreationismus an Schulen ging. Für kurze Zeit nannten sie sich dann "design proponents". Ab 1988, bis zu einem berühmt gewordenen Prozess in Dover im US Bundesstaat Pennsylavnia 2005 nannten sich die selben Leute „Intelligent Design proponents“. Wiederum die selben Leute verstehen sich seit 2005 (seit der zuständige Richter urteilte, dass Intelligent Design "Kreationismus unter anderem Namen" sei) "teach the controversy proponents". Zu dem Prozess von 2005 siehe hier.

Dieser Werdegang lässt sich am schönsten an der Entwicklungsgeschichte eines Lehrbuches nachzeichnen: "Of Pandas and People" (das zuweilen unterschiedliche Namen trug), dem Aushängeschild der Kreationisten das auch beim Gerichtsprozess in Dover als wichtiger Beweis diente.


Also immer schön der Reihe nach:
Anfang 1987 hieß das Buch noch "Biology and Origins" und vertrat ausdrücklich "Creationism". In diesem Jahr wurde es in "Of Pandas and People" umbenannt, war aber Inhaltlich noch das gleiche Buch. Nachdem im Jahr 1987 ein Gericht urteilte, dass Kreationismus nicht im naturwissenschaftlichen Unterricht an öffentlichen Schulen unterrichtet werden dürfe, da er religiöser Natur sei, stand in dem ansonsten inhaltsgleichen Buch in einer neuen Version (immernoch 1987) plötzlich anstelle des Wortes "Creation..." nun überall der Begriff "Intelligent Design..." (denn "Intelligent Design" zu unterrichten war ja nicht verboten worden... toller Trick!). Genau hier taucht der Begriff des "Intelligent Design" zum ersten Mal auf!

Es wurde also einfach ein Begriff durch einen anderen Ertsetzt, das Buch war aber Inhaltsgleich. Das lässt mittels eines Textauszugs aus den verschiedenen Ausgaben des Buches "Of Pandas and People" sehr schön zeigen:
»Creation means that the various forms of life began abruptly through the agency of an intelligent creator with their distinctive features already intact–fish with fins and scales, birds with feathers, beaks, and wings, etc.« (Biology and Creation 1986, FTE 3015, p. 2-10)
»Creation means that various forms of life began abruptly through the agency of an intelligent Creator with their distinctive features already intact–fish with fins and scales, birds with feathers, beaks, and wings, etc.« (Biology and Origins 1987, FTE 3235, p. 2-13)

»Creation means that various forms of life began abruptly through the agency of an intelligent Creator with their distinctive features already intact–fish with fins and scales, birds with feathers, beaks, and wings, etc.« (Of Pandas and People 1987, creationist version, FTE 4996-4997, pp. 2-14, 2-15)
 

»Intelligent design means that various forms of life began abruptly through an intelligent agency, with their distinctive features already intact–fish with fins and scales, birds with feathers, beaks, and wings, etc.« (Of Pandas and People 1987, intelligent design version, FTE 4667, p. 2-15)
 

»Intelligent design means that various forms of life began abruptly through an intelligent agency, with their distinctive features already intact – fish with fins and scales, birds with feathers, beaks, and wings, etc.« (Of Pandas and People 1989, 1st edition, published, pp. 99-100)

Man beachte das Jahr 1987, in dem "Creationism" als religiös abgeurteilt und das Unterrichten desselben somit für verfassungswidrig erklärt wurde.
Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass die aus den obigen Zitaten ersichtliche Position im Angesicht zoologischer, paläontologischer, genetischer, physiologischer, embryologischer, mikrobiologischer und weiterer Erkenntnisse ganz gewaltiger Irrsinn ist... Aber das ist der Ursprungspunkt von "Intelligent Design"!


Man sollte übrigens nicht meinen, nur weil es in den USA Debatten gab ob der Einführung von ID in die Lehrpläne von Schulen, dass es eine wissenschaftliche Initiative dazu gegeben hätte: Im Gegensatz zu Europa, wo die Lehrpläne von Wissenschaftlern (also Experten) zentral erstellt werden, werden in den USA die Lehrpläne traditionell in "school districts" auch von der Politik stark mitbestimmt. Das ist auch der Grund, weshalb die Lehrpläne in den USA von school district zu school district große Unterschiede aufweisen und weshalb nach dem berühmten "Monkey Trial" 1925 die Evolutionstheorie nichtmehr an Schulen gelehrt werden durfte und ganz Europa sich nur darüber wunderte. Erst 1958, als die Russen Sputnik ins All geschossen hatten, änderte sich das, da man merkte, dass man naturwissenschaftlich nicht auf der Höhe der Zeit war.
Wann immer solche Vorstöße getan wurden, Kreationismus/ID in die Lehrpläne zu bringen, handelte es sich um rein politische Aktionen. Es gab nie eine wissenschaftliche Basis dafür und es gibt sie bis heute nicht.
 

Es ist daher interessant, anzumerken, dass diese "Intelligent Design Bewegung" ("ID movement") überhaupt so heißt, denn eine "Bewegung" ist semantisch eher politisch zu deuten. Es gab nie eine "Evolution Bewegung", eine "Relativitätstheorie Bewegung", eine "Elektromagentismus Bewegung" oder eine "Die-Erde-kreist-um-die-Sonne Bewegung". Warum nicht? Weil es in der Wissenschaft keine "Bewegungen" gibt; die findet sich eher im politischen Sektor. Wissenschaft funktioniert durch Forschung ("science is a verb"). Die Validität und damit auch die Beachtungswürdigkeit einer Hypothese wird anhand ihrer Fähigkeit die Fakten zu erklären erwiesen, nicht durch "Meinungsmache". Das faszinierende dabei ist, dass die ID Vertreter tatsächlich selber ihren Schwerpunkt im Bereich Meinungsbildung und politischer Einflussnahme setzen, statt im Bereich Forschung.

Was ich damit meine: ich meine die sogenannte "Wedge Strategy", wie sie im sogenannten "Wedge Document" (wedge: engl. "Keil") expliziert wird (Link). Es handelt sich dabei um ein ehemals internes Dokument des "Discovery Institutes" (dem auch der vormals erwähnte Jonathan Wells angehört), dem zentralen Knotenpunkt und die Geldquelle der Intelligent Design Bewegung, welches 1999 im Internet auftauchte. Dieses Dokument gelangte vor einigen Jahren ins Internet und es offenbart die wahre Absicht, die hinter dem angeblich so seriösen Intelligent Design steht und zeigt somit aus erster Hand, dass die ganze Aktion mit Wissenschaft absolut garnichts zutun hat. Es hat übrigens ein paar Jahre gedauert, aber mittlerweile hat das Institut zugegeben, dass sie die Urheber des Dokuments sind. Es war auch kaum glaubhaft zu leugnen, befanden sich Teile des Dokuments doch bereits lange Zeit öffentlich zugänglich auf ihrer Website.


Es werden in dem Dokument drei Phasen beschrieben, die letztlich nur ein Ziel haben: eine Umgestaltung der modernen westlichen Kultur. Ob man mit diesen Zielen übereinstimmt oder nicht (wir Katholiken wissen z.B. zu gut, was es bedeutet, an einer "Zivilisation der Liebe" mitzuarbeiten), die Krux ist, dass hier offenbar wird, dass Intelligent Design nichts mit Wissenschaft zutun hat, sondern eine rein politisch-religöse Initiative ist und dass jeder Anschein von Wissenschaftlichkeit eben nur dies ist: ein Schein.


Phase I: Research, Writing and Publication
Phase II: Publicity and Opinion-making
Phase III: Cultural Confrontation and Renewal

Phase I scheint bisher wenig erfolgreich zu verlaufen, denn es wurde bislang keinerlei Forschung betrieben und keine wissenschaftlichen Abhandlungen in relevanten Journalen veröffentlicht.
Phase II zeigt wohin es gehen soll: Meinungsmache. Es geht nicht um freies Denken oder Eigenverantwortlichkeit (die von den Kreationisten ständig unter dem Schlagwort "teach the controversy" geheuchelt wird).
Phase III zeigt den Größenwahn und das wahre Gesicht von Intelligent Design: es geht nicht um naturwissenschaftliche Forschung, Dialog oder Teilnahme an einer Förderung der Humanität und des Miteinanders, es geht um Konfrontation und Revolution.
In Großer Zuversicht verkündet das Dokument: "Discovery Institute's Center for the Renewal of Science and Culture seeks nothing less than the overthrow of materialism and its cultural legacies". 

Das ist das Zeil von Intelliegnt Design, wie es seine führenden Vertreter erdacht haben.


Seit 2002 können wir den Discovery Institute fellow William Dembski bezüglich der Zukunft der „Wedge Strategy“ wiefolgt zitieren: »the wedge metaphor has outlived its usefulness. Indeed, with ID critics like Barbara Forrest and Paul Gross writing books like Evolution and the Wedge of Intelligent Design: The Trojan Horse Strategy, the wedge metaphor has even become a liability. To be sure, our critics will attempt to keep throwing the wedge metaphor (and especially the notorious wedge document) in our face. But the wedge needs to be seen as a propaedeutic — as an anticipation of and preparation for a positive, design-theoretic research program that invigorates science and renews culture.« (Der Titel des Papiers entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Becoming a Disciplined Science: Prospects, Pitfalls, and Reality Check for ID. Klick.)

Die Arroganz und Absurdität der ganzen Angelegenheit wird besonders darin offenbar, wenn er sagt »We are producing scientific articles. The question is whether or not peer-reviewed journals that are Darwinian in perspective would accept them under any circumstances«. (Quelle
Es ist zum Lachen: Diese Leute schaffen es nicht, ihre Artikel durch das peer-review zu bekommen. Das Institut gibt darum eigene "Wissenschaftsjournale" heraus. Das Ganze ist so abstrus: Weil sie keine ihrer sogenannten wissenschaftlichen Artikel in den angeblich auf Darwinismus gepolten wissenschaftlichen Magazinen unterbringen können, errichten sie selber ein Journal, das als Voraussetzung für eine Veröffentlichung die Schlussfolgerung festsetzt (quasi als Prämisse): Intelligent Design ist korrekt. (Dass das mit den "auf Darwinismus gepolten" Journalen eine der Realität widersprechende Verschwörungstheorie ist, habe ich ja schon behandelt.)

Aber nochmal zurück zur Frage nach dem Wesen von Intelligent Design:
Welche "wissenschaftliche Theorie" benötigte jemals "Apologetics Seminars" oder "Opinion-Maker Conferences" (siehe WEDGE-Document)?
Welcher Wissenschaftler hat jemals Programme ins Leben gerufen "to cultivate and convince influential individuals in print and broadcast media, as well as think tank leaders, scientists and academics, congressional staff, talk show hosts, college and seminary presidents and faculty, future talent and potential academic allies" (ebd)? 

Ich habe bereits Beispiele (z.B. hier) von herausragenden Wissenschaftlern vorgebracht, die ihre (durchaus revolutionierenden) Ideen mit viel harter Forschungsarbeit und unter dem Druck der wissenschaftlichen Gemeinde so weit erarbeitet haben (und belegen konnten!), dass sie schließlich die verdiente Anerkennung erhielten. In der gesamten Geschichte der Wissenschaft geschah nie ein Fortschritt mit so absurden, größenwahnsinnigen, despotischen Methoden, wie es das "Discovery Institute" in diesem seinem Manifest proklamiert.
Auch wenn die ID Vertreter das gerne vergessen wollen, de facto gibt es das alles bis heute.
Einige der wichtigsten und langjährigen "fellows" des "Discovery Institutes", die auch Erwähnung in dem Dokument finden, sind Michael Behe, William Dembski, Jonathan Wells, Stephen C. Meyer, John G. West, Phillip Johnson, Bruce Chapman und Steven J. Buri. Diese Leute sind bekannt dafür, dass sie Lügen, Fakten falsch darstellen und nicht davor zurückschrecken, zu Betrügen wo es nur geht. Sie gehören auch zu denen, die z.B. die Existenz von Übergangsfossilien und die Ergebnisse der modernen Genetik ganz einfach leugnen.


Ein letzter, mir besonders wichtiger Punkt in dem Dokument, ist die explizite und apodiktisch formulierte Unterscheidung zwischen den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaft und dem Glauben an einen Schöpfer. Es ist eine falsche Dichotomie die in letzter Folge einen beiderseitigen Fundamentalismus zum Ziel hat, nämlich den, dass man entweder an Gott glaubt, oder eine andere Meinung vertritt, als die in dem Dokument dargelegte (indem man etwa Evolution akzeptiert).
Dieser politische Aktivismus der sich als "Wissenschaft" tarnt und Polarisierung als Mittel zum Zweck begreift ist mit ein Grund für die Entstehung des modernen fundamentalistischen Atheismus, der im Wesentlichen die gleichen Taktiken anwendet und die gleiche philosophische und theologische Unbildung propagiert. Richard Dawkins schrieb seinen "Gotteswahn" als direkte Antwort darauf.
 

Mag sein, dass viele Vertreter des Intelligent Design und sogar einzelne Angehörige des "Discovery Institutes" heute dieses Dokument nicht mehr als Maßstab nehmen; es bleibt dennoch Fakt, dass die eigentliche Intention von Intelligent Design absolut garnichts mit Naturwissenschaft zutun hat, sondern eine rein politische, meinungsbildende Strömung ist, mit dem Ziel die Gesellschaft zu verändern, auf Kosten zentraler wissenschaftlicher Errungenschaften der letzten 200 Jahre.
Im Urteil von 2005, das das Unterrichten von "Intelligent Design" verbot, heißt es, nachdem zahlreiche ID-Vertreter angehört wurden und ebenso zahlreiche Wissenschaftler: "ID cannot uncouple itself from its creationist, and thus religious, antecedents" (Quelle) Und:  "The overwhelming evidence at trial established that ID is a religious view, a mere re-labeling of creationism, and not a scientific theory." (Quelle)
Was im Grunde nichts anderes ist, als was jede wissenschaftliche Institution auf dem Planeten schon vorher wusste: Bis heute kommen von Seiten des Intelligent Design keinerlei wissenschaftliche Ergebnisse und es ist nach wie vor weitestgehend den Strategien verhaftet, die ich schon teilweise beschrieb. Es bleibt Teil dessen, was man unter "Kreationismus" summieren kann.
Positiv ist, dass es seit 2007, v.a. seit President Bush (ein Kreationist) aus dem Amt ist, ziemlich ruhig geworden ist um diese Leute...  sie siechen vor sich hin.

Beim nächsten Mal will ich mir konkrete "Argumente" von ID  bzw. Kreationismus vornehmen, um ihren Zusammenhang (bzw. ihre Identität) noch deutlicher aufzuzeigen.

Sonntag, 14. Oktober 2012

Einer ist gut

»Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen.« (Mk 10,17-18)

Bei Lukas nochmal: "Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen." (18,19) 
Jesus lehnt es nicht ab, als "gut" bezeichnet zu werden. er verweist aber auf Gott, der allein gut ist. Er tut dies, so sagen uns die Kirchenväter (Beda, Ambrosius u.a.), weil Er uns auf etwas hinweisen will: Er selbst ist eben nicht bloß ein Mensch. Jesus lehnt das Attribut also nicht ab, aber Er nimmt es auch nur dann und insofern an, als Er in seiner Gottheit dieses attestiert bekommt: Du nennst mich gut, obwohl doch nur Gott gut ist? Dann musst du in mir auch mehr sehen als bloß einen Menschen.

Erkennen wir, wen wir vor uns haben?

Gesegnet!

War gestern/letzte Nacht auf der Hochzeit von Freunden. Ein tolles Paar. Eines von denen, bei denen man sofort weiß, dass sie wirklich für einander geschaffen worden sind und dass Gott sie zu Großem berufen hat. Es war die schönste Hochzeit auf der ich bisher war. Sehr schön und freudenreich (und, für mich nicht unerheblich, liturgisch einwandfrei).
Die Predigt war wunderbar und auch die Worte die der Vater des Bräutigams sagte waren überaus bewegend und tief.

Welch eine Freude, einmal eine so tiefe und betont katholische Hochzeit erleben zu dürfen. Welche Hoffnung, welche Zuversicht, welche Gnade.
Man konnte geradezu die Engel hören, wie sie Gott lobten, als er diese Ehe segnete und wie sie sich herabneigten und sich am Brautpaar erfreuten! :)


Wohl dem, der den HERRN fürchtet und auf seinen Wegen geht!
Du wirst dich nähren von deiner Hände Arbeit; wohl dir, du hast's gut. 
Deine Frau wird sein wie ein fruchtbarer Weinstock drinnen in deinem Hause, deine Kinder wie junge Ölbäume um deinen Tisch her.
Siehe, so wird gesegnet der Mann, der den HERRN fürchtet.
Der HERR wird dich segnen aus Zion, dass du siehst das Glück Jerusalems dein Leben lang und siehst Kinder deiner Kinder.
(Ps 128)

Samstag, 13. Oktober 2012

Ehrlichkeit in der Kirche

Im Juni hat Bischof Huonder von Chur sich zu meinem persönlichen Helden gemausert. Und immer mehr werde ich darin bestärkt, denn er hat wirklich etwas sehr wichtiges getan: Indem er eine klare Linie vertritt (nämlich die Lehre der Kirche), tut er ganz bewusst das, was viele im kirchlischen Dienst Stehende nicht tun: Er ist ehrlich.



- Wenn der Pfarrer den Brautleuten nicht erklärt, dass ihre Ehe unauflöslich, ihre Entscheidung für einander endgültig und unumkehrbar ist (ein Pfarrer zitiert die Bibel während einer Trauung: "Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht leichtfertig[!!] trennen...");
- Wenn die Bedeutung und Notwendigkeit der Beichte im Kommunionunterricht und überhaupt unter den Tisch fällt;
- Wenn ein Bischof zivilrechtlich geschiedenen Wiederverheirateten eine baldige Folgenlosigkeit ihrer Entscheidungen in Aussicht stellt;
- Wenn eine Heilge Messe auf die Interaktion der Anwesenden reduziert wird;
- Wenn die katholische Sexualmoral als unwichtiges Relikt der Vergangenheit bezeichnet und folglich gänzlich ignoriert wird;
- Wenn Gott immerzu als "der liebe Gott" und der "bedingungslos Liebende" dargestellt wird, als der "unendlich verständnisvolle" und als "unser Bruder" in allen Lebenslagen;

Wenn alles das und noch viel mehr geschieht, dann ist das eine Hintergehung, ein Betrug, eine Täuschung, ein Schwindel, eine gefährliche (das ewige Heil betreffende) Irreführung. Die Schuldigen sind die Irreführenden! Paulus wusste wovon er sprach, wenn er sagt "Wer das Amt eines Bischofs anstrebt, der strebt nach einer großen Aufgabe." (1Tim 3,1)
Leider wird Augustinus in dem Brief der deutschen Bischöfe an die Priester (hier) nur unvollständig paraphrasiert, wenn es heißt: "Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Priester". Denn worauf Augutinus hier (Sermo 340) u.a. hinaus will, ist die große Verantwortung, die der Hirte für die Schafe hat, für deren Wohlergehen er, der Hirte, nämlich am Ende vor Gott Rechenschaft abgeben muss. Es ist ein "Schrecken"!

»Wo mich schreckt was ich für euch bin, tröstet mich, was ich mit euch bin. Für euch bin ich nämlich Bischof, mit euch bin ich Christ. Jenes ist der Name des empfangenen Amtes, dieses der Gnade, jenes der Gefahr, dieses des Heiles.«


Der Brief schweigt sich darüber eher aus. Es wird zwar eine "Spannung zwischen den vielfältigen Ansprüchen und Erwartungen der Gläubigen in den Ihnen anvertrauten Gemeinden und dem Gehorsam dem Lehramt gegenüber" konstatiert, doch dass dem mit Katechese und Ehrlichkeit begegnet werden muss statt mit jener Anbiederung, die seit Jahrzehnten vorherrscht, dass die Position des Lehramtes vermittelt werden muss, das wird nicht erwähnt. Die angesprochene Spannung wird eher als eine notwendige und unabänderliche Gegebenheit betrachtet, "es ist halt so" und nun muss man das wohl aushalten...
Die Priester werden ratlos zurückgelassen... es erinnert eher an Durchhalteparolen zu Kriegszeiten als an richtungsweisende väterliche Sorge, was hier mitgeteilt wird. Was soll man bitteschön denken, wenn die eigentliche Antwort auf diesen Missstand als Frage formuliert daherkommt: "Haben wir den Mut, auch schwierige Inhalte unserer Überlieferung so mitzuteilen, dass sie einsehbar und verständlich werden?"

Ein leichter Knoten bildet sich dann auch noch im Hirn: Braucht es Mut, die "Inhalte unserer Überlieferung" so mitzuteilen, dass sie unverständlich werden?
Und was heißt überhaupt "Inhalte unserer Überlieferung"? Geht es hier tatsächlich nur um "Inhalte"? Geht es nur um zu lernendes Wissen, um Information? Bei einer Büchse Thunfisch mag zwar die Informnation über den Inhalt wichtig sein, aber wenn mir niemand sagt wie ich an diesen Inhalt drankomme und welchen Sinn und Zweck dieser Inhalt hat (er kann mich ernähren), solange bringt mir diese Information nichts.
Nein, es geht um eine göttlich ratifizierte und kirchlich tradierte Gebrauchsanweisung fürs Leben inklusive nicht weniger Gebote, Warnungen und Ermahnungen (siehe Paulus)!
Immerhin: Es werden in dem Schreiben auch konkret die priesterliche Lebensform, inklusive Zölibat, positiv behandelt.
Gewünscht hätte ich mir aber eher einen Appell... etwa so:

Liebe Hirten, belügt eure Schafe nicht mehr!

Von der Abstammung des Menschen

Da ich beim letzten Mal jenen lustigen Cartoon gebracht habe, sei hier, bevor wir zum Intelligent Design weitergehen, einfach mal ein Einschub gegeben, bei dem es, in dieser Serie über die Evolution, ein wenig ans Eingemachte geht: Die Evolution des Menschen. Das mag jetzt didaktisch nicht so toll sein, aber ich will ja hier keinen Unterricht geben... da kann man das schonmal etwas auflockern und in "unüblicher Reihenfolge" abhandeln. Hier geht es erstmal nur um Fakten. Richelieu hat vor einiger Zeit (hier) mal einen Einblick in die Evolution des Pferdes gegeben, ich werde das nun für den Homo sapiens , also für uns, tun.

1858, als Charles Darwin "Die Entstehung der Arten" veröffentlichte, kannte man nur zwei Menschenspezies (nämlich Homo sapiens und den Homo neandertalensis) und es gab keine Fossilien von "Zwischenformen", um sie evolutionär mit irgendwelchen frühen Primaten in Verbindung zu bringen. Darwin sprach darum von "Missing Links", von fehlenden Übergangsfossilien. Das war vor 150 Jahren! In der Kinderstube der Evolutionstheorie!

Seit dieser Zeit haben Wissenschaftler die Fossilien von hunderten Individuen, die über einem Dutzend unterschiedlichen Spezies angehören, gefunden, und sehr viele von ihnen zeigen definitiv Verbindungen zu den anderen Primaten auf.
Der Einfachheit halber nehme ich in der Darstellung an der Seite den Schädel eines Schimpansen als Anfangspunkt damit die Entwicklung von frühen Primaten zu uns deutlich wird (vgl. Evolution ist ein Baum); man beachte wie die Augenwülste zurückgehen, der Oberkiefer gerade wird und das Schädelvolumen zunimmt (von ca. 400cm³ zu den heutigen ca. 1400cm³; die Schädel sind hier nicht in ihrer realen relativen Größe zu einander dargestellt, sondern die Bilder sind der Übersichtlichkeit halber auf etwa die gleiche Größe angepasst). Alle abgebildeten Beispiele auf der linken Seite sind Vorfahren des modernen Menschen (die genauen Abstammunsgverhältnisse sind nach wie vor Gegenstand vieler Forschungen). Cro-Magnon ist ein früher Homo sapiens.
Merke: die hier abgebildeten Schädel repräsentieren jeweils eine eigene Spezies. Von jeder dieser Spezies haben Wissenschaftler mehrere, manchmal dutzende Individuen gefunden.

Entgegen weitläufiger Meinung, wurde nie behauptet, dass wir von irgendeiner Affenart abstammen die heute lebt (z.B. Schimpanse). Die Evolutiontheorie sagt aus, dass Menschen und Schimpansen gewissermaßen Schwesterspezies sind. Also mussten wir zunächstmal einen gemeinsamen Vorfahren dieser beiden Gruppen finden.
Wir haben solch eine Form gefunden und zwar schon 3 Jahre bevor Darwin mit seiner Theorie an die Offentlichkeit ging. Gemeint ist die Gattung Dryopithecus. (Heute zählen wir diesen eher zu den Vorfahren der Schimpansen und haben andere, z.B. die Gattung Sahelanthropus, vor ca. 7 bis 6 Millionen Jahren und die Gattungen der Orriron und Ardipithecus, als mögliche Kandidaten für den Posten. Wikipedia hilft.) 

Somit hatten wir also schon eine Art Anfangspunkt und nun brauchten wir nurnoch ein weiteres Glied, nämlich von diesem sehr frühen gemeinsamen Vorfahren zum Menschen, um eine Abstammung handfest zu machen. Die Theorie verlangte, dass so eine Form in Erdschichten gefunden werden müsste, die zwischen dieser frühen Form und den jüngsten bis dahin bekannten Menschenformen liegt. Wir fanden zahlreiche Kandidaten (darunter auch zahlreiche Affenarten und Vorfahren der heutigen Menschenaffen). Die Theorie verlangt aber, dass wir eine Form Finden müssten, die sozusagen (im morphologischen Sinn) auf "halbem Weg" von frühen Primaten zum Menschen liegt.
Wir haben exakt das gefunden (1974): es ist Australopithecus afarensis (das bekannteste Exemplar ist als "Lucy" berühmt geworden). Er war ein aufrecht gehender "Affe" dessen Hände, Füße, Zähne, Becken, Schädel und andere Merkmale, genau dem entsprachen, was die Theorie forderte, dass wir es finden müssten: Ein "Zwischending" zwischen Mensch und dem gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Menschenaffe.

Die Abstammung des Menschen ist (wie so vieles) recht komplex und so ist es beispielsweise nicht völlig geklärt wie die Gattung Homo mit den Australopithecinen verwandt ist. Vermutlich geschah der Übergang über den A. africanus oder den A. garhi (nicht abgebildet). Zwischen den abgebildeten H. ergaster und H. heidelbergensis wäre noch der H. antecessor zu erwähnen, dessen Status als eigene Art aber umstritten ist. 

Kreationisten tun trotz alledem so, als hätten wir z.B. Lucy nie gefunden, oder sie behaupten einfach, Lucy wäre ein Affe (was ungefähr so sinnvoll ist, als würde jemand beim Fund eines Hundeskeletts behaupten, es handle sich um eine Katze... wer sich nicht auskennt, wird es nicht besser wissen, wer sich auskennt, kann nur den Kopf schütteln).
Dass wir so dermaßen viele fossile Belege gefunden haben und das Australopithecus afarensis-Skelett genannt Lucy nur einer davon ist, scheint sie nicht weiter in ihrer Behauptung zu stören.

Aber nicht nur das: 1977, drei Jahre nachdem wir dieses Ex-"Missing Link" in der menschlichen Absammungslinie gefunden haben, erwähnte Harward Paläontologe Stephan J. Gould in einem Interview die extreme Seltenheit von weiteren Übergangsformen in den Fossilienfunden. Kreationisten lieben es, diesen Kommentar aus dem Kontext zu reißen um zu zeigen, dass selbst eine Ikone der Evolutionsbiologie wie Gould, das Fehlen solcher Fossilien zugibt. Aber in den mehr als 30 Jahren seit dem, gab es einen "paläontologischen Boom" und wir haben heute weit mehr Übergangsformen in dieser unserer Abstammungslinie gefunden als wir jemals zu träumen wagten (das kleine Detail, dass Wissenschaft nämlich Fortschritte macht, vergessen Kreationisten ständig...).
Nicht eines dieser Fossilien dürfte existieren, wenn Kreationisten Recht hätten. Dennoch bestehen sie weiterhin darauf, dass wir keine Übergangsformen hätten und argumentieren pseudoklug, dass das "Missing Link" ja nicht ohne Grund so heiße. Darwin nannte es "missing", weil es missing war! Man beachte die Vergangenheitsform. Und natürlich wusste er, dass es nicht "one link" ein Kettenglied) geben kann, sondern es immer eine ganze Kette von solchen Übergangsformen.
Eigentlich ist jedes Exemplar eine "Übergangsform": Der Übergang von der Generation vor ihm zu der Generation nach ihm. Was wir an Fossilien aus der Geschichte der Evoluton finden können, sind immer Momentaufnahmen von Veränderungen die abertausende von Generationen brauchten um überhaupt nur merkliche (sichtbare) Auswirkungen zu haben. Überhaupt ist es Wahnsinn anzunehmen, wir hätten seit Darwins Zeiten keinerlei Fortschritte gemacht, ebenso wie es Wahnsinn wäre zu behaupten, wir hätten in Sachen Krankheitserreger keine Fortschritte seit Pasteur gemacht. Wir haben so viele und detaillierte fossile Zeugnisse für die menschliche Abstammungslinie wie für keine andere Abstammungslinie einer Spezies (verständlicherweise wird da ja auch aufwändiger geforscht und gesucht), so dass eigentlich kaum noch Glieder dieser Kette mehr vonnöten sind... so vollständig ist sie (s.u.).

Wir sind hier aber noch nicht fertig, es geht noch weiter: Da Evolution nicht wie eine Leiter, sondern wie ein Baum funktioniert, gab es noch einige weitere Arten von Hominiden, die zwar nicht unsere Vorfahren waren, die jedoch Abzweigungen dieser Abstammungslinie repräsentieren (einige davon sind hier auf der rechten Seite abgebildet). Der Neandertaler war z.B. kein Vorfahre von uns, aber unser gemeinsamer Vorfahre mit ihm ist der Homo heidelbergensis (s.o.). Der Neandertaler lebte sogar einige Jahrtausende gleichzeitig mit dem Homo sapiens in Europa. Der Homo rudolfensis ist vermutlich kein Vorfahre von uns. Die Gattung der Paranthropus wird als später Zweig des Australopithecinen betrachtet, lebte vor 2,7 bis 1,2 Millionen Jahren und hatte im Vergleich mit den restlichen Hominiden ein recht kleines Gehirn. Der Homo floresiensis gilt als die Menschenart, die neben dem Homo sapiens am längsten überlebt hat (der Neandertaler starb vor 30.000 Jahren aus, H. floresiensis vor gerademal 12.000!). Er stammte vermutlich von Homo erectus ab.

Einer der wichtigsten und zugleich bemerkenswertesten Faktoren bei der Entstehung des Menschen, ist das stetige Anwachsen des Gehirnvolumens. Wichtig dafür war besonders der aufrechte Gang, der die Hände freigab und so die Entwicklung von komplexeren Werkzeugen ermöglichte. Dies führte dazu, dass die Kiefer weniger Belastungen aushalten mussten, da die Beute mit Werkzeugen zerteilt werden konnte und entsprechend die Kiefermuskulatur weniger stark ausgeprägt sein konnte. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die Ansätze dieser Muskeln an der Schädelseite weiter nach unten verlagert werden konnten, was eine Ausdehnung des Schädel- und damit des Hirnvolumens überhaupt erst möglich machte. Bei den Paranthropus ist noch der Grat oben auf dem Schädel sichtbar: hier waren die Muskeln verankert. Erst als die Muskulatur bei unseren Vorfahren schwächer wurde, da ihre Funktion zunehmend mit Werkzeugen unterstützt werden konnte, verschwand der Grat und der Schädel konnte wachsen. Dass die Muskeln kleiner wurden, lässt sich auch am schrumpfenden Jochbogen (durch den diese Muskelstränge hindurchgehen) wunderbar zeigen, ebenso am graduellen Verschwinden der Reißzähne.

Kreationisten werden zuweilen einwenden, dass es ja einzelne hominide Fossilien gab die sich als Fälschung herausstellten. Das ist richtig, und sie wurden von Wissenschaftlern als Fälschungen entlarvt! Ein entscheidender Grund für ihre Entlarvung (noch bevor man moderne Datierungsverfahren hatte) ist übrigens dieser: Diese Fossilien passten von Anfang an nicht ins "Bild". Es hätte z.B. bedeutet, ein Fossil von einem Typus Mensch an einer Stelle und aus einer Zeit zu finden, wo er laut der Theorie garnicht hingehören konnte...
Darum konnte man sie nie so recht einordnen, bis man schließlich so viele andere (gesicherte) Funde hatte, dass diese "störenden" und gefälschten Teile schlicht obsolet wurden. Wären sie authentisch gewesen, hätten sie die Theorie eher schädigen können; dass sie sich als Fälschungen erwiesen haben bestätigte also die Theorie! Außerdem lassen zwei Fälschungen all die "echten" Fossilien nicht verschwinden...
Hier mal ein grober Stammbaum der menschlichen Entwicklung (die Balken zeigen an, wann sie lebten; die Zahlen sind Millionen Jahre v.u.Z.):

Zum Vergleich: bei einem Stammbaum der menschlichen Abstammungslinie zur Zeit Darwins, muss man sich alles wegdenken außer H. sapiens und H. neandertalensis. Darum konnte er noch von einem "missing link" sprechen und darum ist dieser Begriff nicht mehr zeitgemäß! Sehr ähnlich verhält es sich übrigens mit fast allen Abstammungslinien (einzelner Spezies wie ganzer Gattungen und Tierstämme) und deren Fossilien (besonders reichhaltige Fossilienfunde wurden seit Darwins Zeiten für die Abstammung von Wal, Pferd, Fisch, Reptil, Säugetier uvm. gemacht).

Über die genauen Verwandtschaften gibt es noch viele Unklarheiten und das Ganze ist Thema zahlloser Debatten und Forschungen. Beispiele: Von manchen Forschern wird Homo ergaster zu einer frühen Form des H. erectus gezählt, was diesen dann doch noch zu einem Vorfahren des H. heidelbergensis und somit auch von uns machen würde. Außerdem herrscht kein Konsens darüber, ob Australopithecus bahrelghazali tatsächlich als eigene Art anzusehen ist. Die Entstehung der Gattung Homo aus den Australopithecinen ist ebenfalls nicht völlig geklärt. Das "wie genau" ist also noch ein gutes Stück von der Klärung entfernt; aber die Forschungen machen ständig Fortschritte.

Dass vieles noch so umstritten und unklar ist, ist aber kein Beleg für die Ungültigkeit dieser Fossilienfunde oder für die Falschheit der Idee, dass der Mensch seinen Ursprung im Tierreich hat, sondern eher ein Beleg dafür, was wir bei einem graduellen Entwicklungsprozess und bei (in absoluten Zahlen) spärlichen, aber doch verhältnismäßig reichenden Fossilienfunden erwarten würden: die Übergänge sind so weich und fließend und wir haben so viele Übergangsformen gefunden, dass eine klare Abtrennung und Kategorisierung nicht möglich ist. Zumal soetwas sowieso bestenfalls Hilfsmittel ist, niemals aber absolute und der Natur entsprechende Gültigkeit haben kann. Es hat ja nicht schlagartig eine Art eine andere abgelöst, sondern jede Spezies stammt von ihren Vorfahren ab und hat sich also graduell, über viele viele Generationen, aus diesen entwickelt. Darum sind auch die Zeitangaben, wann die einzelnen Spezies lebten, oft unterschiedlich beziffert; proto-neandertaler Merkmale tauchten z.B. bereits vor 500 bis 350 Tausend Jahren auf, obwohl der eigentliche Neandertaler meist erst ab 130 Tausend beziffert wird.
Zwei Dinge sind jedoch sicher: 1. Wir haben all diese Fossilien gefunden und 2. gab es diese (überaus erstaunliche) Entwicklung von schimpansenähnlichen Primaten zum heute lebenden Menschen (und auch die Entwicklungslinie dieser frühen Primaten weit weit zurück bis zu viel primitiveren Säugetieren ist fossil belegt). Die Evolution des Homo sapiens aus dem Tierreich ist ein historisches Faktum, dessen genauer Ablauf, wie bei jedem historischen Ereignis, jedoch niemals mit absoluter Sicherheit festzustellen sein wird. Wie ich schon früher in dieser Serie erklärte, sind diese ganzen Fossilien eigentlich nur ein zusätzlicher Aspekt; die wirklichen (und viel genaueren) Belege für unsere Verwandtschaft mit anderen Lebewesen, kommen heute überaus zuverlässig aus der Genetik.

Die meisten Kreationisten insistieren dennoch weiterhin, dass wir nie etwas authentisches gefunden hätten das "halb Affe und halb Mensch" war. Aufgrund dieser unglaublichen Starrheit sind sie stets bemüht all die gefundenen Formen entweder strikt in Affen und Menschen zu unterteilen (wobei sich die verschiedenen kreationistischen Richtungen, Gruppen und Vereinigungen dabei nichtmal annähernd einig sind) oder sie einfach zu ignorieren/leugnen und weiter auf ihrem Standpunkt, der Mensch sei in seiner biologischen Form auf magische Weise ganz besonders geschaffen und nicht mit den anderen Lebewesen auf der Erde verwandt, zu beharren. Was freilich molekularbiologisch, genetisch, physiologisch und paläontologisch gesehen lächerlich ist.
Die offizielle Positon der Katholischen Kirche hierzu und einige sich daraus ergebende theologische Fragestellungen werde ich bei Zeiten auch noch behandeln. Nur soviel vorweg: Die Tatsache unserer biologischen Abstammung aus dem Tierreich wird vom Vatikan vollumfänglich anerkannt. Gerade Joseph Ratzinger hat bereits vor über 40 Jahren sehr Eindrückliches und Schönes darüber geschrieben. Und es ist wirklich ein schöner Gedanke, der auch das biblischen Wort oftmals in einem neuem Licht erstrahlen lässt.

Es ist interessant: heute beobachten wir in der Tierwelt große Vielfalt in den einzelnen Gattungen: viele nah verwandte Spezies. Wir Homo sapiens sind heute die einzige verbliebene Spezies unserer Gattung. Aber das war nicht immer so: Zeitweilig gab es zahlreiche Hominina Spezies die zeitgleich auf diesem Planeten lebten.