Angesichts einiger weniger kontroverser Äußerungen des emeritierten Papstes am Ende der neuen Benedikt-Biographie von Peter Seewald (sehr lesenswert, ich kann es kaum beiseite legen!), fühlt sich der Freiburger Fundamentaltheologe Herr Striet – einer der wenigen Theologen, die ganz offen dem Atheismus frönen (s. meine Bemerkung hier) – dazu herausgefordert zu betonen, dass unsere Gesellschaft ganz und gar „nicht religionsfeindlich“ sei. „Allerdings“, so führt er fort, „verlangen sie von Menschen, die ihre religiösen Überzeugungen in den öffentlichen Diskurs einbringen wollen, dass sie so gute Gründe für sie aufbringen können, dass sie auch zu überzeugen vermögen.“ (hier).
Ein Wort: Naiv.
Ich glaube, Herrn Striet ist wirklich davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft „nicht religionsfeindlich“ ist. Und ich habe eine Vermutung, warum er davon überzeugt ist.
Ums kurz zu machen: Herr Striet fühlt sich in dieser Gesellschaft geborgen und keineswegs angefeindet, weil er selbst alles nur Denkbare tut, um mit dieser Gesellschaft konform zu sein! Die „Religion“ die er vertritt, steht per Definition in keiner ernsthaften Spannung zu dieser Gesellschaft, denn ihr oberstes Ziel besteht in der Gleichförmigkeit mit ihr.
Das und nur das, meint Striet mit „überzeugen“: Es geht nicht wirklich darum, jemanden umzustimmen, sondern es geht darum ihm nach dem Mund zu reden und das weltliche Gegenüber davon zu „überzeugen“, dass man genau so ist und denkt, wie er: „Ich bin keine Gefahr für dich und dein gewohntes denken/fühlen/handeln, und ich beweise es dir, indem ich nichts vertrete, was dich kränken oder belästigen oder herausfordern könnte.“
Es ist schon erstaunlich, dass Menschen, die ihre ganze Anstrengung darauf verwenden, sich und ihre „Religion“ mit der Gesellschaft in Gleichschritt zu bringen, in vollem Ernst verkünden können, die Gesellschaft stünde dieser ihrer „Religion“ nicht feindlich gegenüber. Natürlich nicht! Wieso sollte sie?
Was Herr Striet nicht sieht, und wohl auch nicht sehen kann, ist die Tatsache, dass diese Gesellschaft durchaus religionsfeindlich ist, nämlich immer genau dann, wenn die jeweiligen religiösen Ansichten nicht widerspruchsfrei zu den Ansichten dieser Gesellschaft passen. Er kann das nicht sehen, weil er in diesen Fällen selbst auf der Seite jener Gesellschaft steht.
Die Wirklichkeit, von der Herr Striet nichts wissen möchte, ist sogar noch dramatischer: Nicht nur diese Gesellschaft ist einem überzeugten und authentischen Christentum gegenüber feindlich gesonnen, sondern die katholische Kirche selbst, so wie sie gegenwärtig in Deutschland strukturell aufgestellt ist, ist über weite Strecken gegenüber ihren eigenen Gliedern feindlich gesonnen: Wer die Lehre der Kirche unverkürzt verkündet, oder wer auch nur vereinzelten als „traditionell“ empfundenen Frömmigkeitsformen anhängt, der hat es in der katholischen Kirche in Deutschland schwer. In verantwortliche Positionen kommt man so eher nicht. Wer an den aktuellen (von der angeblich nicht religionsfeindlichen Gesellschaft vorgelegten) Dogmen der Demokratisierung und Egalisierung, der Entsakralisierung und Säkularisierung (von Kirchenraum, Priestertum, Liturgie und Sakramenten) sowie der moralischen Liberalisierung Zweifel anmeldet, wird mundtot gemacht. Wer für diese Dogmen kämpft, ist gern gesehener "Dialogpartner". Der suizidale Weg ist hier nur das offensichtlichste Beispiel.
Es ist schon irgendwie putzig, als wie naiv dieser sich selbst als der alleraufgeklärteste ansehende Kerl sich hier offenbart.
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