Montag, 5. September 2022

Verkündigung als Irreführung

Bischof Bätzing hat am vergangenen Sonntag in Essen zur Feier der Ludgerustracht gepredigt… und bewiesen, dass er entweder die Menschen böswillig in den Unglauben führen möchte, oder, dass er keine Ahnung vom Katholizismus hat. Sogar sein eigenes, nachlesbares theologhischen Fachwissen scheint er über Bord geworfen zu haben. Schlimm, wirklich schlimm.

Er sagte u.a.:


Dass die Grabstätten von Heiligen so bedeutsam wurden, dass man sogar Reliquienübertragungen quer durch Europa vollzog, hängt mit der familienbezogenen religiösen Einstellung der germanischen Bevölkerung zusammen. Dort bezog man sich auf einen Stammvater der Sippe – und der wurde nun im wahrsten Sinne des Wortes durch den Bezug zu einem christlichen Heiligen neu gesetzt.

Einmal davon abgesehen, dass es soetwas wie einen Heiligenkult und insbesondere Reliquienverehrung auch weit jenseits des Christentums gab und gibt (etwa im Buddhiusmus schon im 5. Jhd. v. Chr., im Konfuzianismus im 2. Jhd. v. Chr., ebenso im Islam bis heute), dies also schwerlich auf germanische Eigenheiten zurückzuführen ist, ist das von Bätzing dargelegte natürlich grundfalsch.

Im Christentum gab es Jahrhunderte vor den ersten Versuchen der Germanenmission schon einen ausgeprägten und auch theologisch reflektierten Heiligenkult inklusive Reliquienverehrung; das früheste uns in aller Deutlichkeit bezeugte Beispiel für einen ausgesprochenen Kult um einen Heiligen/Märtyrer und seine Reliquien ist Polykarp von Smyrna (gest. ca. 155), der seit ältester Zeit als Schüler des Apostels Johannes gilt, und auch da gewinnt man nicht den Eindruck, dass dies etwas Neues oder Unübliches war.

Dass die Verehrung gerade der Grabstätten der Heiligen nicht „mit der familienbezogenen religiösen Einstellung der germanischen Bevölkerung zusamme[hängt]“, sondern wohl eher biblische Wurzeln hat (Propheten- und Patriarchengräber!), kommt Bätzing offenbar nicht in den Sinn. Er dreht den Spieß einfach um und tut so, als wäre unsere christliche Heiligenverehrung ein heidnisches (germanisches) Relikt, das die Christen übernommen haben. In der Wirklichkeit ist es andersherum: Die Germanen hatten einen leichteren Zugang zum Christentum, weil sie Elemente ihrer eigenen Kuktur darin (in von heidnischen Vorstellungen gereinigter Form) wiederfanden.

Schon biblisch ist die Verehrung heiliger Gräber reichlich bezeugt. Als Jesus den Pharisäern zurief „Ihr errichtet den Propheten Grabstätten und schmückt die Denkmäler der Gerechten“ (Mt 23,29), da tadelte er nicht diese Praxis, sondern die Heuschelei die daraus entsteht, dass sie die Propheten und Gerechten zwar äußerlich ehren, sie in ihrem Tun aber verraten. Auch die Kraft solcher Gräber ist bezeugt: So hatte etwa das Grab des Elischa die Kraft, Tote zum Leben zu erwecken (vgl. 2Kön 13,20-21). Und ebenfalls biblisch ist auch schon die Verlegung von bedeutenden Gräbern („Reliquienübertragung“) bezeugt (etwa Rahels Grab: 1Sam 10,2).

Germanische Eigenheiten?


Der Glaube der Germanen war kriegerisch. Ähnlich wie bereits im Römischen Reich war man durchaus bereit, einem siegreichen Gott Folge zu leisten. So wurde das Kreuz mehr und mehr zum Siegeszeichen und Christus zum Sieger; die „Torheit des Kreuzes“, zu der sich der Apostel Paulus bekannte, trat sehr in den Hintergrund.

Soso, das Kreuz als ruhmwürdiges Siegszeichen und Christus als Sieger ist also nicht paulinisch? Redet er von dem Apostel Paulus, der immer wieder von dem Sieg und dem Siegespreis redet, den wir durch Christus errungen haben (Röm 8,37; 1Kor 9,24; 15,54.57; Phil 3,14; Kol 2,18)? Jener Paulus, der sich „allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen“ möchte (Gal 6,14), und der die, die nicht glauben, als „Feinde des Kreuzes Christi“ (Phil 3,18) bezeichnet?

Bätzing versteht offenbar nicht, dass Paulus mit der „Torheit des Kreuzes“ den Vorwurf der Ungläubigen benennt: „Wir dagegen verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit“ (1Kor 1,23), und dass er dem entgegen setzt: „für die Berufenen aber, Juden wie Griechen: Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (V. 24) Insbesondere die Nennung der „Kraft“ ist hier aufschlussreich, denn sie weist in die gleiche von Paulus so geliebte „sportliche“ Bildsprache ([Wett]Kampf, Lauf etc.), wie die Rede vom „Sieg“. Nochmal: „Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen[!], Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft.“ (1Kor 1,18)

Achja, Jesus: „Ich habe die Welt besiegt.“ (Joh 16,33) Insbesondere der Erste Johannesbrief und die Offenbarung des Johannes sind natürlich voll von „Siegesrhetorik“ darüber, was Jesus getan hat und wer er ist.

Germanische Eigenheiten?


Im Folgenden beklagt Bätzing dann noch, dass der Charakter der Eucharistie als Opfer „stärker in den Vordergrund“ getreten sei als die Danksagung, womit er nur, ganz vorne auf dem deutsch-theologischen Mainstream reitend, seinen eigenen Unmut über die faktische Entfaltung des Durchdringens der Offenbarung im Laufe der Kirchengeschichte zum Besten gibt – er selbst wünscht sich offenbar etwas anderes, aber zum Glück beten wir nicht „Bätzings Wille geschehe“. Und er kontrastiert seine romantisierte Vorstellung einer güldenen Anfangszeit, in der jeder einzelne Mensch ausschließlich aufgrund „persönlicher Umkehr“ zum Glauben kam, mit den offenbar schä(n)dlichen Einflüssen der Germanen, die seiner Ansicht nach erst eine Annahme des Glaubens als „Familienclan“ ermöglicht, und folglich „Zwangstaufen“ befördert hätten. *Hust* Apg 16,14-15 *hust*… offenbar wurden auch vorher schon ganze „Häuser“, sprich: Familien (und damit ist biblisch nicht die Kleinfamilie im schnuckligen Einfamilienhaus gemeint!) getauft.

Nach diesem Stakkato von falschen und irreführenden Aussagen fragt der Bischof doch allen Ernstes:

Liebe Geschwister im Glauben, hilft uns ein solcher Exkurs in die Lebens- und Glaubenswelt des hl. Liudger mit all ihren Herausforderungen?

Die Antwort muss wohl lauten: Nein. Kein Stück. Es sei denn, die Intention ist es, sich möglichst schnell vom katholischen Glauben und Leben zu verabschieden.

Im Übrigen muss man wohl hoffen, dass im Publikum nicht allzu viele „Geschwister im Glauben“ saßen, jedenfalls, wenn man es am sich hier ausdrückenden Glauben des Herrn Bätzing misst.

 

Alles Treiben um den suizidalen Weg und die Abschaffung von Priestertum, Hierarchie und kirchlicher Sexualmoral einmal beiseite gelassen, zeigt diese Predigt: Dieser „Bischof“ stärkt nicht die ihm anvertraute Herde, er belebt nicht die Freude am Glauben oder die Verehrung Gottes und seiner Heiligen, sondern er sät nur Falschheiten, Zweifel und Unglaube. Er übernimmt die dümmlichen und schlicht uninformierten (ignoranten) Vorurteile einer antichristlichen Welt und „verkündet“ sie als Wahrheiten von der Kanzel. Letztlich entmündigt er die Menschen, weil er sie offenbar für dumm verkauft und in die Irre führt.

Wie kann so jemand Bischof werden - und bleiben?

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