Dienstag, 9. Februar 2021

Die suizidale Lüge

Der ganze suizidale Weg ist ein Antizeugnis für die Kirche. Wie jede schlechte Häresie, beruht das ganze Vorgehen auf einer Lüge (im Unterschied zu einer "guten", etwa der Luthers, die stets auf einer berechtigten, wenn auch in die Irre gegangenen Sehnsucht beruht).

Diese Lüge, nämlich eine bewusste, absichtlich ins Werk gesetzte Irrefühung, ist die MHG-Studie, wie Manfred Lütz schon 2018 sehr treffend ins Wort brachte (hier):

»Im Jahre 2011 entschloss sich die Deutsche Bischofskonferenz zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Die führenden deutschen forensischen Psychiater Leygraf, Kröber und Pfäfflin wurden beauftragt, alle Tätergutachten aus den Jahren 2000-2010 auf die Frage hin zu untersuchen, ob sich daraus Konsequenzen für den Umgang der Kirche mit dem Missbrauchsthema ergäben. Diese Studie, die alle Tätergutachten aus fast allen deutschen Diözesen berücksichtigen konnte, also nahe an Repräsentativität heranreichte, erschien bereits 2012 und gab gute handlungsrelevante Hinweise. Allerdings gab sie sich streng wissenschaftlich, verzichtete auf Spekulationen, referierte nur den Stand der Forschung und gab die erhobenen Daten und ihre wissenschaftliche Diskussion wider. Das erregte damals allerdings kaum öffentliche Aufmerksamkeit.

Dagegen hatte sich Professor Christian Pfeiffer selbst der Bischofskonferenz als jemand empfohlen, der eine hohe Medienpräsenz habe. Er wolle alle Akten aller Diözesen erforschen und sei sich jetzt schon gewiss, dass dabei herauskommen werde, dass der Zölibat bei Missbrauch ein protektiver Faktor sei. Obwohl führende Wissenschaftler dringend von der Bestellung Pfeiffers abrieten, der in Fachkreisen als unseriös galt, ging die Bischofskonferenz wohl in der Hoffnung auf gute mediale Effekte auf das Angebot Pfeiffers ein. Erst nach zwei Jahren merkte man dann, auf was man sich eingelassen hatte und beendete die Zusammenarbeit. Bei dieser Gelegenheit bewies Pfeiffer seine Behauptung, über eine starke mediale Wirkung zu verfügen, indem er es tatsächlich erreichte, die eigentlich unspektakuläre Beendigung einer Zusammenarbeit zu einem erstrangigen Medienereignis zu machen.

Die Bischofskonferenz war jetzt in einer Zwickmühle. Die Bedenken bezüglich des Pfeiffer-Projekts aus Wissenschaftskreisen lagen ja nicht nur an den Bedenken bezüglich der wissenschaftlichen Seriosität von Pfeiffer, sondern auch an der Fragwürdigkeit seines Projekts. Man wusste bereits, dass die Datenbasis äußerst fragmentarisch sein musste, da sich herausgestellt hatte, dass viele Akten routinemäßig oder mit Vertuschungsabsicht vernichtet worden waren. Außerdem gab es Datenschutzprobleme und schließlich fragte man sich, was man für heute und morgen aus Einsichten lernen könnte, die die 50-er Jahre betrafen. Doch man brauchte einen so langen Zeitraum, um überhaupt an ein gewisses Quantum an Daten zu kommen. Für heute und morgen war die Leygraf-Studie eigentlich entscheidend, da sie auf stundenlangen gründlichen fachärztlichen Untersuchungen jetziger Täter beruhte und nicht auf unsicher interpretierbaren Aktennotizen. Doch die Bischofskonferenz war jetzt im Zugzwang, denn Professor Pfeiffer behauptete mit großer öffentlicher Anteilnahme, die Kirche wolle vertuschen und habe deswegen sein verdienstvolles Projekt sabotiert. Deswegen hielt man an dem Projekt fest, veranstaltete eine Ausschreibung, zog dafür einen wissenschaftlichen Beirat heran, und den Zuschlag erhielt ein Konsortium aus Mannheim, Heidelberg und Gießen, das nur teilweise einschlägig kompetent war.«

 

Egal, wie man über den suizidalen Weg denkt: Sein Fundament ist eine Lüge. Oder biblisch: Der suizidale Weg ist die faule Frucht eines schlechten Baumes. Das sollte man bei all dem nie vergessen.

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