Der Pantokrator im 12. Jahrhundert. |
»Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.« (Mk 3,35)
Es hat mich schon in der Zeit meiner Bekehrung ziemlich irritiert, wenn manche Priester die verschiedenen Gebete während der Heiligen Messe mit "... durch Jesus Christus, unseren Bruder und unseren Herrn" beendet haben. Und noch mehr hat es mich aus der Fassung gebracht, als ich lernte, wie solche Gebete eigentlich zu enden haben(!).
Endgültig ist mir der Kragen geplatzt, als neulich ein Priester mit behänder Selbstverständlichkeit das Vaterunser mit den Worten einleitete, wir würden jetzt gemeinsam mit Christus beten. (Dass der betreffende Priester eine wichtige Funktion im freiburger Priesterseminar innehat und nicht etwa ein knuffig-freundlicher alter Landpfarrer ist, macht die Sache nicht besser.)
Warum mir diese prominente Redeweise von Christus als "Bruder" so aufgestoßen ist, ist freilich schnell erklärt: Weil Christus selbst immer fein säuberlich zwischen seinem Vater (z.B. Mt 5,48; 10,20; Mk 11,25; Lk 6,36; Joh 8,42) und unserem Vater (z.B. Mt 11,27; [Mk 8,38;] Lk 2,49; Joh 5,36.43) unterschieden hat. Nie, an keiner Stelle, spricht er von "unserem Vater"... auf die Frage wie wir beten sollen sagt er: "So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel,..." (Mt 6,9)!
Wenn mich nicht alles täuscht, kennt die Bibel die Rede von Jesus als "Bruderunser" nicht. Ich kann mir jene Redewendung nur aus oben zitierter Stelle heraus erklären. Interessant ist, dass sich hieraus eine gewisse Anmaßung ergibt, denn dann würde die Aussage, "Jesus ist mein Bruder" oder "Ich bin Bruder Jesu" implizieren "Ich tue den Willen Gottes"... Was zu der lustig verzwirbelten Frage führt, ob jemand, der ständig von Jesus als "Bruder" referiert, den Willen Gottes tut, welcher wiederum, Jesus ist gemeint, unablässig klargestellt hat, dass es einen Unterschied zwischen unserem und seinem Vater gibt...
Es ist zumindest äußerst unwahrscheinlich, dass Jesus mit der oben zitierten Stelle intendierte, seine Jünger zu seinen Brüdern zu erklären. Zumindest deutet darauf das erwähnte Faktum der Differenzierung hin und auch das Fehlen jener Bruderunser-Rede im restlichen NT. Mk 3,35 ist sehr viel konkreter: Vom Willen Gottes kann Jesus nichts losreißen. Auch nicht die Wünsche und Vorstellungen seiner Mutter und seiner Brüder. Die Bande zu seinem Vater ist stärker als die Familienbande: "Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig." (Mt 10,37)
Mir ist dieser Kuschelkatholizismus mehr als suspekt, und ich weiß jetzt auch warum: Weil er sehr leicht in Gefilde abrutscht, die im krassen Widerspruch zum christlichen Glauben stehen... Natürlich sollen auch wir Gott unseren Vater nennen. Natürlich dürfen wir, wie ich es bei den Jesus-Freaks immer mit Freude erleben durfte, auch einfach "Papa" zu ihm sagen. Aber es lässt sich ein deutlisches Aroma von Häresie/Blasphemie/Ignoranz/Volksverblödung kaum leugnen, wenn man sich allein nur vorstellt, der zur Rechten des Vaters erhöhte Christus würde gemeinsam mit uns beten "... und vergib uns unsere Schuld ... und führe uns nicht in Versuchung..."...
Nachtrag: "Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern." (Röm 8,28) Hier geht es freilich um die Vollendung im Himmel und weniger um den Pilgerweg dort hin. Es sei betont, dass hier von Christus als dem "Erstgeborenen" die Rede ist. Es besteht eine gewisse Parallelität zu Kol 1,18: "Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, damit er in allem der Erste sei." Auch hier ist er der "Erstgeborene", dennoch wird niemand annehmen, dass seine Auferstehung das gleiche ist, wie unsere Auferstehung. In gleicher Weise ist seine Sohnschaft von der unsrigen unterschieden... der Abstand ist unermesslich groß. Hier wie dort ist mit der Bezeichnung des Erstgeborenen keine Feststellung einer Sippe gemeint. Wohl nicht grundlos ist, außer an solchen Stellen wie den zwei erwähnten (also im Hinblick auf die Auferstehung bzw. die Vollendung!), ansonsten die Rede von den "Brüdern" unter Einschluss Jesu vermieden.
Nachtrag: "Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern." (Röm 8,28) Hier geht es freilich um die Vollendung im Himmel und weniger um den Pilgerweg dort hin. Es sei betont, dass hier von Christus als dem "Erstgeborenen" die Rede ist. Es besteht eine gewisse Parallelität zu Kol 1,18: "Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, damit er in allem der Erste sei." Auch hier ist er der "Erstgeborene", dennoch wird niemand annehmen, dass seine Auferstehung das gleiche ist, wie unsere Auferstehung. In gleicher Weise ist seine Sohnschaft von der unsrigen unterschieden... der Abstand ist unermesslich groß. Hier wie dort ist mit der Bezeichnung des Erstgeborenen keine Feststellung einer Sippe gemeint. Wohl nicht grundlos ist, außer an solchen Stellen wie den zwei erwähnten (also im Hinblick auf die Auferstehung bzw. die Vollendung!), ansonsten die Rede von den "Brüdern" unter Einschluss Jesu vermieden.
Meines Erachtens ist das eine Form des Neo-Arianismus, mit dem man von Christus, dem Weltenrichter am Ende der Zeit, auf einen knuffigen "Ich weiß, wie Ihr Euch alle lieb haben könntet"-Sozialpädagogen runterdekliniert, damit man die Fragen nach den Letzten Dingen: Endgericht, Sünde, Umkehr etc umgehen kann. Meiner Meinung nach ist mit dieser Haltung auch oft eine Sünden-Apologetik bis hin: Wenn Gott uns so sündig geschaffen hat,wie wir sind, hat er uns auch so zu lieben, ohne von uns Umkehr zu fordern, sonst ist er kein "guter Gott". Ebenso ist dort das Meßopfer meist in erster Linie "Liebesmahl der Gemeinde", der Altar ist tiefergelegt, und Kniemöglichkeiten sind baulicherseits nach Möglichkeit aus der Kirche entfernt.
AntwortenLöschenHabe noch einen kleinen Nachtrag angehängt.
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