Der Mainzer Theologen Oliver Wintzek beschwert sich über "Verstörendes", das einige seiner Studenten an Eindrücken vom Weltjugendtag in Lissabon mitgebracht hätten (hier).
Womit wurden denn die wackeren Theologiestudenten so verstört, dass nicht einmal die gewiss solide theologische Formung ihres Magisters Wintzek sie vor solcher Verstörung bewahren konnte? Im Kern meint er wohl das, was er eine "irritationsresistente Gewissheit zu wissen, was Gott (oder Jesus) für alle Ewigkeit offenbart habe und wolle" nennt.
Besonders verstörend für die wackeren Studenten war offenbar das Vorkommen von eucharistischer Anbetung am Weltjugendtag. Für Wintzek fast schon so etwas wie eine Sünde, für die ihm zufolge selbst "'Jesus'-affiner (höherer) Klerus" "anfällig" sei. Jesus-affiner Klerus ist "anfällig" für eucharistische Anbetung: da gebe ich ihm natürlich völlig recht, nur dass ich dieses Faktum sehr begrüße. Gut, wenn es solchen Klerus gibt. Kurios finde ich es allerdings, wie wackere Theologiestudenten von soetwas "verstört" sein konnten, schließlich weiß jeder, der schon einmal einen Weltjugendtag mindestens aus der Ferne verfolgt hat, dass man eucharistische Anbetung als ein zentrales Element eines solchen Weltjugendtages erwarten darf, dessen Vorkommen also kaum Verstörungspotential bergen dürfte.
Schließlich gipfelt die Meinungsäußerung darin, dass Wintzek denen, die an Jesus Christus als den Sohn Gottes glauben und an seine eucharistische Gegenwart, die frühchristliche Häresie des Miaphysitismus (in unseren Breiten meist als Monophysitismus bezeichnet) unterstellt, also die Ansicht, Jesus habe nur eine Natur besessen, nämlich, so Wintzek, nur die göttliche. Jesus sei für sie, so unterstellt er den Gläubigen, nurmehr göttlich und gar nicht wirklich Mensch.
Ich weiß, dass Wintzek immer ganz bewusst provozieren will und darum sehr pointiert schreibt. Aber hier hat er den Bogen m.E. so sehr rhetorisch überspannt, dass er ihm mit voller Gewalt ins Gesicht zurückschlägt: Gegen einen karikierten Jesus, der nur ein "Lautsprecher ewiger Wahrheiten" sei, setzt er nämlich einen "seiner Zeit verhafteten menschlichen Verkündiger der (universalen) Gotteshoffnung Israels". Während er also den Anbetenden auf dem Weltjugendtag mit vagen Andeutungen die Häresie des Monophysitismus unterstellt, begeht er sie selbst ganz ausdrücklich. Jesus habe nichts bleibend gültiges Verkünden können, denn er war nur ein in seiner Zeit verhafteter Mensch.
Jesus ist für Wintzek ausdrücklich kein "Kundgeber Gottes" - das sei eine "Überbeanspruchung Jesu" - und fragt emphatisch: "Woher diese Gewissheit des göttlichen Willens?"
Das Großartige ist ja gerade, dass Jesus beides war und ist: wahrer Mensch und wahrer Gott. Darum konnte er auch als wahrer Gott lehren und als Mensch Kunde bringen: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.“ (Joh 1,18) Und dieser selbe Jesus lässt keinen Zweifel daran, dass alles, was er tut und lehrt, der Wille seines himmlichen Vaters ist: "denn ich bin nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat." (Joh 6,38) Die Apostel haben das aufgenommen und waren völlig klar: "Das ist es, was Gott will: eure Heiligung" (1Thess 4,3).
Offenbar hegt Herr Wintzek selbst eine irritationsresistente Gewissheit zu wissen, wer Jesus in Wirklichkeit war und wer nicht, auch wenn das gegen das biblische Zeugnis und 2000 Jahre Tradition geht...
Achso: Woher hat er eigentlich die Erkenntnis, dass Menschen nicht in der Lage sind, den Willen Gottes zu verkünden? Wenn das die Propheten des Alten Bundes konnten, dann doch sicher auch der Mensch gewordene Gott?!