Freitag, 23. Dezember 2016

Die Häresie der Menschwerdung?

Weil es grad in den Nachrichten die Runde macht: Die im Pfarrblatt der Wiener Dompfarrei (hier zu finden) vorgetragene These der Pastoraltheologin Rergina Polak von der Universität Wien, wonach die Vorstellung von der Menschwerdung Gottes eine Häresie sei, ist ein bestechend klares Beispiel für die Dämlichkeit von Vielem, was im deutschen Sprachraum als "Theologie" bezeichnet wird.


Sie stützt sich v.a. auf den Johannesprolog, in dem, so behauptet sie, lediglich von der Fleischwerdung Gottes die Rede sei, was ihrer Ansicht nach lediglich das Wirken Gottes in der Geschichte meine, nicht aber von einer Menschwerdung. Letzteres entspräche nicht der Erfahrungen der biblischen Autoren, und überhaupt sei Weihnachten mit seiner klassischen Rede von der Menschwerdung Gottes ein antijudaistisches Kampfmittel der Christen. Man könne bestenfalls von einer Menschwerdung des "präexistenten Messias" sprechen, dies entspräche dann auch den jüdischen Vorstellungen.
Ihr Anliegen ist eine Versöhnung zwischen Judentum und Christentum, natürlich mit der keineswegs neuen Zauberformel, einfach Jesus zu einem "einzigartigen" jüdischen Wanderprediger zu verkleinern. Mehr ist es nicht. Das alles ist also, wie könnte es auch anders sein, nur eine verschnörkelte Methode, um letztlich die Gottheit Jesu zu leugnen, was spätestens dann klar wird, wenn sie nur insofern zugesteht dass man Jesus "einzigartig und 'göttlich' [ihre Anfürungszeichen!]" nennen könne, als in ihm Gott selbst wirke. *gäähn*


An diesen Behauptungen ist so viel falsch, dass man gar nicht recht weiß, wo man anfangen soll... ich nenne mal nur die offensichtlichsten Dinge:

Frau Polak sollte den von ihr so geschätzten Johannesprolog vielleicht auch mal lesen. Dann würde ihr auffallen, dass dort zwar tatsächlich nicht von der Menschwerdung, sondern von der Fleischwerdung des göttlichen Logos die Rede ist, dass aber zugleich davon gesprochen wird, dass dieser Fleischgewordene Logos in unserer Mitte wohnte, gesehen wurde, und der Täufer Johannes auf diesen also offenbar recht konkret unter uns wohnenden inkarnierten Logos mit Gesten und Worten hinweisen konnte.
Sodann hätte die Frau wissen können, dass auch die Fleischwerdung Gottes etwas der jüdischen Vorstellung durchaus Fremdes ist (sie behauptet das Gegenteil ohne jeden Beleg), und auch nicht als Umschreibung von dessen Wirken im Volk gebräuchlich ist. Ihre Rede von der Menschwerdung des "präexistenten Messias" ist dementsprechend riesengroßer Bullsh*t, denn das Judentum kennt keinen "präexistenten Messias"! Es kennt einen kommenden Messias, den es erwartet, dieser ist aber nicht präexistent und kann folglich auch nicht "Mensch werden".
Kaum einer Erwähnung wert ist noch, dass die Frau offenbar auch nicht weiß, was der Terminus "Häresie" bedeutet, weder etymologisch, noch rechtlich, noch praktisch.

Entweder hat die Frau überhaupt keine Ahnung, wovon sie da schreibt, oder sie lügt. Ich enthalte mich hier eines Urteils.
In jedem Fall finde ich es verantwortungslos von der Redaktion des Pfarrblattes, so einen Bockmist in einem Pfarrblatt zu Weihnachten zu veröffentlichen. Theologen beitreiben an ihren Schreibtischen ja gerne solche intellektuellen Masturbationen, das juckt mich wenig, so funktioniert heutzutage "Theologie" über weite Strecken, damit verdienen viele Leute ihr Brot. Aber das Ergebnis dann so plump und dämlich und falsch dem nicht-theologischen Volk zu präsentieren, zumal zum Fest, ist einfach nur geschmacklos und ein Zeugnis für die suizidale Arroganz und Blindheit der Verantwortlichen.