Der Mittelpunkt dieses Lebens, seine Freude, sein tiefster Daseinsgrund, ohne den es uns nichtig erschiene, ist die Gabe unserer selbst an Gott, in Jesus Christus.
Ist, in dieser Welt zu sein, in sie hineingetaucht, als Parzelle der Menschheit, mit all seinen Fasern ausgeliefert, dargebracht, enteignet. Inseln göttlicher Anwesenheit sein. Gott einen Ort sichern. Vor allem der Anbetung überantwortet sein. Das Geheimnis des göttlichen Lebens auf uns lasten lassen, bis zum Erdrücktwerden. In den Finsternissen der allgemeinen Unwissenheit Leuchtpunkte der Bewusstwerdung Gottes sein. Erkennen, dass hier der eigentliche Akt der Erlösung geschieht; glauben im Namen der Welt, hoffen für die Welt, lieben im Namen der Welt. Wissen, dass eine Minute von glaubensbeladenem Leben, auch wenn sie sich ohne jede Aktion, ohne jeden äußeren Ausdruck vollzieht, einen Genius der Wertsteigerung und eine vitale Kraft in sich trägt, die unsere armseligen menschlichen Taten nie ersetzen können.
Alles Übrige es ist Beiwerk - das zwar notwendig ist, aber notwendig nur im Sinne einer Folge davon. Hier liegt der Kern, der Keim. Wenn der keim da ist, dann wird die Pflanze eines Lebens nach dem Evangelium unweigerlich daraus aufsprießen. Wenn wir dagegen versuchen, alle Blüten des Evangeliums auf der Erde auszubreiten: Hingabe, Armut, Demut und alles Übrige - wenn wir das versuchen, ohne zuvor das Korn gesät zu haben, dann legen wir bloß Gärten aus Schnittblumen an, die in zwei Tagen verwelken.
(Madeleine Delbrêl)
Sonntag, 10. Januar 2016
Schnittblumen
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