»In der Folge einer verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung kann in der konkreten Situation aber auch die Möglichkeit gegeben sein, die Sakramente der Taufe, der Heiligen Kommunion, der Firmung, der Versöhnung und der Krankensalbung zu empfangen, insofern die erforderliche konkrete Glaubensdisposition vorhanden ist. Die Gemeinde und demzufolge auch die Kirche als Ganze werden so als Gemeinschaft erlebt, in der Versöhnung mit der Lebensgeschichte möglich ist und sich auch konkret vollzieht.«
So die "Handreichung für die Seelsorge zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung in der Erzdiözese Freiburg", die heute vom Erzbischöflichen Seelsorgeamt veröffentlicht wurde (s. hier).
Natürlich unterlässt man es geflissentlich, zu erklären, was eine "verantwortlich getroffenen Gewissensentscheidung" denn nun wohl sei (Kardinal Meisner erklärt dazu hier einige sehr wichtige Dinge), man erklärt aber, wie diese zustande kommen soll, nämlich, in nuce, durch "drüber reden":
»Ein seelsorglicher und theologisch fundierter Gesprächsprozess der Partner bzw. eines der Partner mit dem Pfarrer zielt darauf hin, dass das Paar bzw. einer der Partner für sich eine verantwortete wirkliche Gewissensentscheidung treffen kann. Diese vor Gott, im Glauben an Ihn und im gemeinsamen Gespräch entwickelte geistliche Überzeugung gilt es, sowohl vom Pfarrer als auch von der Gemeinde zu respektieren.«
Recht geschickt, wird die bloße Nennung der rechtlichen Tatsachen unterlassen und stattdessen werden völlig unterschiedliche Situationen in der Textkomposition vermengt und verzahnt. Es geht von vornherein um »Paare, die sich aufgrund einer wohlüberlegten Entscheidung für eine verlässliche und personale Lebensgemeinschaft und damit für eine zweite standesamtliche Trauung entscheiden oder entschieden haben.« Die Möglichkeit einer Feststellung der Ungültigkeit der "ersten Ehe" wird bloß als eine Möglichkeit nach dem Eingehen einer "zweiten standesamtlichen Trauung" erwogen, so als sei der Fall einer Nichtigkeit der "ersten" Ehe das Gleiche, wie ihr Fortbestehen und hätte demnach auch die gleichen Konsequenzen. Die Möglichkeit des dauerhaften Fortbestehens der "ersten Ehe" und die theologischen Konsequenzen daraus werden nicht erwähnt.
Natürlich hat man keine Texte des Lehramts, auf die man sich stützen könnte, man gefällt sich aber darin, den Freiburger Moraltheologen Schockenhoff zu zitieren, der, Überraschung!, schon seit langem kein Problem darin sieht, alles und jeden zur hl. Kommunion zuzulassen.
Irritierend wirkt denn auch dieser Passus, der dem oben zitierten vorausgeht:
»In besonderer Weise ist es angezeigt, die geistliche Entscheidung, am Leben der Kirche vielfältig teilzuhaben und bewusst auf den Empfang der Sakramente zu verzichten, zu respektieren und pastoral zu begleiten.«
Im Falle einer bestehenden (gültigen) Ehe bei gleichzeitiger Unterhaltung einer zweiten eheählichen Beziehung, ist diese Option wohl kaum v.a. eine geistliche Entscheidung, die es durch die Gemeinde zu respekltieren gilt, sondern eine Pflicht, die es durch die Betroffenen anzunehmen gilt! Natürlich ist es wichtig, dass eine Gemeinde niemanden verurteilt, der so entscheidet, aber hier wird es so dargestellt, als stünde so eine "Entscheidung" jedem frei, ungeachtet der kirchlichen Gesetze.
Bemerkenswert ist auch das angestrebte "Ziel" des Sakramentenempfangs solcher, die dies eigentlich nicht dürfen:
»Die Gemeinde und demzufolge auch die Kirche als Ganze werden so als Gemeinschaft erlebt, in der Versöhnung mit der Lebensgeschichte möglich ist und sich auch konkret vollzieht. Dies wird nicht nur von den Betroffenen positiv und stärkend erlebt, sondern hilft der ganzen Gemeinde, das barmherzige Handeln Jesu Christi am eigenen Leib zu erfahren. Alle Vorläufigkeit und Brüchigkeit menschlichen Daseins und Handelns wird auf diese Weise schon erleuchtet vom Licht der Gnade Gottes.«
Es ist erschreckend, wie hier das Handeln Gottes, seine Barmherzigkeit und seine Gnade so exklusiv am Empfang von Sakramenten festgemacht wird, ohne dass die Voraussetzungen für dieses Empfangen bedacht oder auch nur erwähnt werden. Es geht nur noch um das "erleben" und "erfahren", letztlich also um ein "gutes Gefühl" bei allen Beteiligten, nicht um Gebote Gottes (die niergendwo Erwähnung finden) oder Ähnliches. Alles wird auf die menschlichen Bedürfnisse runtergekocht, die Sakramente dienen diesen Bedürfnissen. Die zweite zivilrechtliche Ehe wird entsprechend als ein "Wagnis" eines "neuen Lebensprojekts" bezeichnet, das Heil der Seele oder die Gottgefälligkeit des Lebens haben dabei keinen Platz.
Gleich zu Beginn der Handreichung wird denn auch klargestellt, dass "das sakramentale Verständnis der Ehe" dem "Wunsch" Vieler nach einer lebenslangen Bindung entspreche. Wohl gemerkt: Nicht die Tatsache, dass die Ehe ein Sakrament (i.e. wirkmächtiges Zeichen der Gnade und Gegenwart Gottes) ist, bildet hier die argumentative Grundlage, sondern der menschliche "Wunsch", dem - zufällig? - das in der katholischen Kirche bewahret "sakramentale Verständnis" entspricht. Genausogut könnte in einem Parteiprogramm stehen, dass jenem Wunsch die von der Partei vertretene Politik entspricht... Dazu passt sehr gut, dass die Unauflöslichkeit der Ehe nur ein einziges Mal - und dann überaus beiläufig ("z.B.") in Klammern mit anderen Wesensmerkmalen der Ehe - genannt wird, wobei im Kontext freilich die Sakramentalität verschwiegen wird.
Natürlich ist die Thematik unendlich komplex. Ich habe hier des öfteren auch durchaus eine Lanze für mehr "Barmherzigkeit" gebrochen, wobei ich darunter etwas gänzlich anderes verstehe, als etwaige Memorandisten und Ungehorsamsaufrufer (wobei ich den Vorteil habe, mich auf Bibel und Katechismus stützen zu können, wärend jene nur ihr eigenes Gutdünken vorweisen können).
Diese Handreichung zeigt aber v.a. Eines: Im Erzbistum Freiburg gibt man einen Scheiss auf das, was die Kirche will, lehrt und tut, man prescht einfach wie wild voran, schafft Fakten, probiert vielleicht auch einfach nur aus, wie weit man gehen kann, bevor wieder ein Brief aus Rom kommt. Dass der Papst nun höchstselbst sich mit diesem Thema auf der kommenden Synode befassen will, kümmert trotz aller Lippenbekenntnisse niemanden: Man macht einfach trotzdem was man will. Die Geduld (eine Tugend!) wird dabei eher beiläufig auch noch abgeschafft.
PS. Passt wie Ar*** auf Eimer: katholisch.de titelt (hier) "Mehr Rechte für Wiederverheiratete"... man zeige mir die Stelle im Katechismus wo es heißt, dass es ein (dann einklagbares) Recht auf Sakramentenempfang gibt.
Danke,
AntwortenLöschenich hatte bisher nur einen flüchtigen Blick durch den Text geworfen, so daß mein Blogbeitrag recht kurz geblieben ist.
Nun, deinem PS. muss ich zu einem gewissen Teil widersprechen: Nach can. 213 gibt es schon ein formuliertes Recht auf Sakramentenempfang. Die Kirche erlaubt es sich jedoch Voraussetzungen zu benennen, nach denen man sich eines gewissen Rechtspools verwirkt. (vgl. can. 915)
AntwortenLöschenEben, es ist an Voraussetzungen gebunden. Ich kann dieses "Recht" nicht einklagen, wenn ich nicht die nötien Voraussetzungen mitbringe.
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