Samstag, 14. April 2012

Kirchenkritik



















Kirchenkritik kann nur sinnvoll und schöpferisch sein, wenn man sich nicht (partiell) mit irgendeinem Aspekt der Kirche identifiziert, sondern mit ihrem Kern, wobei mit diesem nicht eine nur unsichtbare, ideale Kirche gemeint ist, sondern eine immer auch empirische, von Christus her stammende, von Anfang an mit einem Amt versehene. Der Kern, das Wesen, mit dem ich mich identifiziere, gestattet mir allenfalls eine kritische Einstellung zu peripheren Aspekten. [...] Alles, was an ihr diesem Kern nicht entspricht, kann von der Mitte her und auf die Mitte hin kritisiert werden, somit auch von der Liebe her auf die Liebe hin, und nicht von der selbst abständigen Peripherie her. Das heißt, dass wir die Kirche einzig aus dem Zentrum ihrer Liebe her kritisieren können, also nicht sosehr in einer Liebe zu ihr, als in ihrer Liebe selbst.
(Hans Urs von Balthasar, Die Kirche lieben, in: Pneuma und Institution, 1974)

Was die draußen tun, kann uns gleichgültig sein, aber es gibt sehr viele drinnen, die Gott einen Dienst damit zu erweisen meinen, daß sie auf die Kirche losschlagen wie auf eine alte verstaubte Matratze; warum nicht, wenn sie dabei bloß nicht vergäßen, sich bei jedem Schlag mit dem Geschlagenen zu identifizieren, wirklich an ihre eigene alte vermoderte Brust schlügen. Unterlassen sie das, dann verstehe ich nicht, weshalb sie behaupten können, in der Kirche zu bleiben und nicht draußen wider sie zu löcken.
(ders., Klarstellungen, 1978)


Zum Bild: Martin Luther - Wider das Papsttum zu Rom vom Teufel gestiftet. Wittenberg: Hans Lufft 1545. Titelblatt mit Holzschnitt (nach Lucas Cranach d. Ä. (1472 - 1553)

4 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die Zitate von HUvB! Den habe ich lange nicht mehr irgendwo aufblitzen sehen :)

    Sorry, hatte Dich bis gerade noch gar nicht in meinem Blogroll...

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  2. Der Hans Urs ist einer meiner Lieblinge... nach Ratzinger, aber vor Newman und Guardini. :P

    Dafür war dein neues Blog noch nich bei mir drin...

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  3. Eine Hand wäscht dem anderen seinen Fuß ;)

    Wenn ich mir erlauben darf, meine persönliche Favoliste mit dem heiligen Thomas zu beginnen, dann kommen auch ziemlich bald die von Dir Genannten. Mit Hans Urs muss ich etwas zurückhaltender sein. Bei ihm habe ich immer nur bei Bedarf gestöbert, weil ich vor lauter Thomas nie Zeit hatte, dicke Bücher zu lesen. Ich hätte da aber noch ein Schätzchen, dass mir mal gaaaaanz privat gegeben hat und lange nur bei mir als Musikkasette vorliegen hatte. Seit ich das Band veröffentlicht habe, hat es sich einigermaßen verbreitet,ist aber immer noch eine Art Geheimtip.
    Guchst Du:
    http://gloria.tv/?media=146191

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  4. Sehr interessant, danke!
    Kurz vor jenem zweiten zitierten Abschnitt sagt Balthasar etwas, was mich immer sehr ermutigt hat: "Warum ich trotzdem in der Kirche bleibe? Weil seltsamerweise wir Idioten alle sie mit unseren Maßnahmen noch immer nicht umzubringen vermocht haben."
    Wir kriegen sie nicht klein, denn sie ist ja nicht "unsere" Kirche!

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