Dienstag, 16. März 2021

Humanwissenschaften

Auch in ihrer dümmlichen Erwiederung (hier) auf die römische Note über die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (dümmlich, weil sie den Text völlig falsch darstellen und eigentlich überhaupt nicht auf ihn eingehen) verweisen Stephan Goertz und Magnus Striet wiedermal auf die so genannten "Humanwissenschaftern", deren Erkennntnisse angeblich eine Änderung der kirchlichen Lehre verlangen würden, denn theologisch können diese "Theologen" schon lange nicht mehr argumentieren. Die Bischöfe Timmerevers und Kohlgraf plappern es nach (hier).

Dazu schrieb kürzlich Alex Lefrank (sehr lesenswert ist etwa sein Buch "Kirche ist Paradox") einen Leserbrief an die Tagespost, der den wesentlichen Fehler solcher Verweise gut auf den Punkt bringt:

»Humanwissenschaften sind beschreibende Einzelwissenschaften, die mit den Methoden, die sie selbst definieren, die beobachtbare Wirklichkeit des Menschseins erforschen. Diese Wirklichkeit ist nicht die ganze Wirklichkeit des Menschen. Sie abstrahiert von dem, was dem Menschsein eigentümlich ist: die Sinn/Ziel-Dimension seines Lebens. [D.h. diese wird nicht behandelt.] Dafür ist als systematische Wissenschaft die Philosophie zuständig, denn sie forscht nach dem Ganzen der Wirklichkeit, zu dem die Sinnfrage dazugehört. Wenn nun in der Diskussion um die kirchliche Sexuallehre gefordert wird, die Erkenntnisse der neueren Humanwissenschaften als maßgeblich für die Sexualethik zu berücksichtigen, wie es etwa Prof. Eberhard Schockenhoff in seiner Einführung zum Thema Sexualität in der Bischofskonferenz in Lingen, März 2019, getan hat, begeht man folgenden Fehler: Man übersieht, dass Humanwissenschaften, die solche Aussagen formulieren, ihren selbst definierten Bereich verlassen und eine philosophische Aussage machen, und zwar eine des philosophischen Positivismus, der Sinn/ Ziel-Aussagen grundsätzlich ablehnt, die über die funktionalen Beziehungen hinausgehen. In Bezug auf Sexualität sagen sie damit indirekt: Ihre spezifische Gestaltung ist ohne Bedeutung für das Sinnziel des Menschseins. Konsequent wird dann die Sexualmoral auf die Nächstenliebe reduziert und das sechste Gebot damit eigentlich gestrichen.«

 

PS. I.d.R. unterlässt man es sowieso, zu benenne, welche "Humanwisseschaften" denn nun eigentlich welche konkreten Erkenntisse erbracht haben... Genderstudies zählen nicht.

Generell können Erkenntnisse einer Wissenschaft nicht unmittelbar maßgeblich für den Glauben (und die aus ihm resultierende Moral) sein. Sie können es mittelbar, indem sie theologisch eingeordnet und im Lichte der Offenbarung bewertet werden, aber ein solches Vorgehen ist in der "Theologenzunft" (zu der ich selbst gehöre) ja weitestgehend unvorstellbar geworden. Schade, da wären sie endlich mal nützlich gewesen. Stattdessen bleiben sie beim fachfremden Stammtischgefasel, das sie als Theologen disqualifiziert und unter "echten" Wissenschaftlern keineswegs seriöser erscheinen lässt.

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