Mittwoch, 13. Januar 2021

"Niedere Weihen" für Frauen?

Papst Franziskus hat mit seinem Motu proprio Spiritus Domini vom 11. Januar 2021 eine Änderung des CIC c. 230 §1 verordnet, derzufolge nun auch weibliche Menschen ganz offiziell zu den Diensten als Lektor und Akolyth dauerhaft beauftragt werden können. (HIER ist das Motu proprio und HIER der Begleitbrief des Papstes, beides bisher nicht auf deutsch veröffentlicht.)

Das hat für einen gewissen Unmut gesorgt, da man das als eine Etappe in der Salamitaktik hin zur Priesterweihe für Frauen wahrnehmen zu müssen meint, v.a. vor dem Hintergrund, dass Lektor und Akolyth früher als sog. "niedere Weihen" Vorstufen zum Priestertum bildeten.


Ich möchte an dieser Stelle gern die Panik etwas dämpfen, indem ich ein paar Punkte erläutere.

  • "In den ältesten Zeiten wurden die niederen Kirchendienste vielfach von Laien besorgt, und es verging geraume Zeit, bis die verschiedenen Klassen laikaler Diener zu klerikalen Rangstufen sich entwickelten und erhoben wurden" (Nikolaus Gihr, Sakramentenlehre Bd. 2, Freiburg 1921, 235).
  • "Zum Sacrament der Priesterweihe gehören jedenfalls die drei Ordines: Episkopat, Presbyterat und Diakonat, denn diese drei sind in der Heiligen Schrift genannt und wurden von den Aposteln durch Händeauflegung übertragen" (Paul Schanz, Die Lehre von den heiligen Sakramenten der katholischen Kirche, Freiburg 1893, 674; vgl. auch Oswald, Sakramentenlehre Bd. 2, Münster 1877, 320ff.). Die sog. "niederen Weihen" waren also keine sakramentalen Weihen, sondern es handelte sich, wie es Gihr (ebd.) ausdrückt, um Anordnungen der Kirche. In aller Deutlichkeit: Die niederen Weihen waren immer schon "bloß" Sakramentalien.
  • In seinem Motu proprio Ministeria quaedam von 1972 ordnete Papst Paul VI. an: "Was bisher als 'niedere Weihen' bezeichnet wurde, soll in Zukunft die Bezeichnung Dienste erhalten [s.o., auch Gihr sprach schon von 'Kirchendiensten']" und: "Die Dienste können auch Laien übertragen werden, so dass sie nicht mehr den Kandidaten für das Weihesakrament vorbehalten bleiben."
  • Papst Franziskus lässt in seinem Begleitbrief keinen Zweifel daran, dass die Kirche, wie dies Johannes Paul II. feststellte und was Franziskus hier  ausdrücklich wiederholt, keine Berechtigung hat, Frauen zu Priestern zu weihen. Was er tut ist, er unterscheidet zwischen ordiniertem (sakramentalem) Amt und nicht-ordiniertem (nicht-sakramentalem) Dienst. Und diese Unterscheidung ist korrekt, sie war es auch schon vor dem Vaticanum II. 
  • Jene nicht-sakramentalen Dienste werden seit Jahrzehnten von Laien übernommen, wie dies auch in der frühen Kirche der Fall war. Die sakramentale Ordnung der Kirche ist davon unberührt.
  • Die Änderung, die Franziskus nun für den CIC angeordnet hat, war eigentlich überfällig. Es geht ja letztlich nur um die Frage, ob auch Frauen dauerhaft zu jenen Diensten beauftragt werden können. Faktisch geschieht das schon vielerorts, es sorgte bloß für mehr Papierkram, dass die befristete Beauftragung regelmäßig "verlängert" werden musste.
  • Faktisch wurde übrigens schon 1997 eine dauerhafte Beauftragung auch von Frauen zum Dienst des außerordentlichen Kommunionspenders ermöglicht. In der "Instruktion zu einigen Fragen über die Mitarbeit der Laien am Dienst der Priester", die von allen römischen Dikasterien (auch von Ratzinger) unterzeichnet wurde, heißt es: "Wenn Gründe echter Notwendigkeit es nahelegen, können Laien vom Bischof beauftragt werden, als außerordentliche Kommunionspender auch außerhalb der Eucharistiefeier die heilige Kommunion auszuteilen, 'ad actum vel ad tempus' oder auf Dauer; dazu ist der dafür vorgesehene liturgische Ritus anzuwenden." (Instr. Art 8 §1)
  • Die Ironie dabei ist übrigens Folgendes: Da der Gegenstand der aktuellen Frage die Dauerhaftigkeit der Beauftragung von Laien zu diesen Diensten ist, wird eigentlich nochmal deutlicher, wie wenig das hier Behandelte mit den "niederen Weihen" von einst zu tun hat, denn diese waren gerade nicht "auf Dauer", sie waren seit vielen Jahrhunderten nur noch Durchgangsstufen ohne real existierende Funktion - es war durchaus üblich, dass ein und derselbe "Weihekandidat" mehrere dieser "niederen Weihen" in ein und der selben Feier nacheinander gespendet bekam.
  • Die katholischen Stände waren übrigens nie nur schwarz/weiß, Laien/Kleriker. Klassischerweise gab (und gibt) es zwischen dem geweihten Amt (Diakone, Priester, Bischöfe) und den nicht-ordinierten Laien noch so manche "Zwischenstufe". Dazu zähl(t)en etwa die geweihten ("ordinierten") Jungfrauen, die Witwen, Bekenner und eben auch Lektoren (vgl. Martimort, Handbuch der Liturgiewissenschaft 2, Freiburg 1965, 11). Nie wurde das als eine Verwischung des Unterschieds zwischen Laien und Klerikern wahrgenommen, und auch Franziskus lässt an dieser Unterscheidung keinen Zweifel.
  • Wer hier Salamitaktik unterstellt, muss m.E. diese selbe Motivation auch für die Entscheidungen von Paul VI. und Johannes Paul II. unterstellen. Wenn überhaupt, dann ist die aktuelle Entscheidung von Franziskus eine weitere überdeutliche Bestätigung dafür, dass Frauen nicht das Sakrament der Weihe empfangen können, da jetzt deutlicher wird, für welche Dienste keine Weihe erforderlich ist, bis wohin der "Laiendienst" reicht, und wo er seine Grenze hat.

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