Montag, 9. März 2020

Kommunion in Zeiten von COVID-19

Erneut veröffentlicht mit Ergänzungen.

"Der Leib Christi kann nur heilen, nie krank machen."

Solche und ähnliche Sprüche kursieren z.Z. in den sozialen Medien und sie sind gegen die Vorsichtsmaßnahme angesichts von COVID-19 gerichtet, zeitweilig auf die Mundkommunion zu verzichten.

Zunächstmal: Diese Vorsichtsmaßnahme geschieht nicht primär aus Angst, die Eucharistie selber könnte das Virus übertragen - sonst müsste man auf die Kommunion generell verzichten -, sondern es geht um die Gefahr des Körperkontakts, speziell der Übertragung von Speichel, was leider bei unerfahrenen/unachtsamen Spendern wie auch bei unerfahrenen/unachtsamen Empfängern der Mundkommunion tatsächlich vorkommen kann (und auch beim "Amen!" sagen oder durch bloßes Anhauchen). Im übrigen besteht auch bei der Handkommunion eine gewisse (wenn auch geringere) Gefahr, wenn einer z.B. vorher in die Hand hustet und der Priester beim Ablegen der Hostie in die Hand diese berührt. Dennoch halte ich die Vorsichtsmaßnahme für sinnvoll, denn bloß weil sich z.B. ein bestimmter Spender nicht dran hält bzw. nicht vorsichtig ist, muss ich es ihm ja nicht gleichtun.

Aber kommen wir zur Eucharistie, denn auch auf die Kelchkommunion durch Gläubige soll ja verzichtet werden. Auch das halte ich für sinnvoll.
Es stimmt: Der Leib Christi macht nicht krank. Aber: Die äußeren Gestalten, unter denen dieser Leib und das Blut Christi sakramental gegenwärtig werden, die können krank machen! Stichworte: Glutenunverträglichkeit, Alkoholiker. Die eucharistischen Gestalten haben alle physikalischen und chemischen Eigenschaften dessen, wonach sie aussehen. Sie können bekanntlich verderben, schlecht werden, schimmeln. Sie können allergische Reaktionen hervorrufen und die Gestalt des Weines hat die Effekte von Wein. (Ich selbst reagiere sehr empfindlich auf Alkohol und habe den Effekt bei der Sumption von überschüssig konsekriertem Blut bereits erlebt.) Wenn die eucharistischen Gestalten diese Wirkungen haben und auch etwa gegen Schimmelpilze nicht immun sind, dann können sie offenkundig auch Transportmittel für Bakterien, Viren und Sonstiges sein, sie haben keine magische, antibakteriell und antiviral wirkende Aura um sich.

Diese Tatsache sollte einen Christen nicht verwundern, war doch Jesus Christus, als er "in allem uns gleich, außer der Sünde" auf Erden wandelte, ebenfalls mit allen physikalischen und chemischen Eigenschaften ausgestattet, die man als Mensch nunmal hat... er hatte Hunger und Durst, hatte einen Stoffwechsel samt aller zu entsorgenden Stoffwechselendprodukte, konnte leiden, krank werden und sterben... Ja, es ist wahr: Die hochheilige Gottesmutter musste ab und an auch mal dem Jesuskind die Windeln wechseln!
Der Eucharistie eine magische Immunität zuzusprechen ist nichts weiter als die altbekannte Häresie des Doketismus (heißt: Jesus habe nur einen Scheinleib gehabt, keinen echten, den physikalischen Gegebenheiten unterworfenen): Die eucharistischen Gestalten seien keine echten Gestalten von Brot und Wein, sie sind es nur scheinbar.
So eine Ansicht ist nicht besonders fromm und sie ist auch kein Ausdruck der Treue zur Überlieferung. Schaut man einmal in die Praxis der Vergangenheit, stellt man fest, dass man schon damals vorsichtig und realistisch war. So gab es etwa die Praxis, bei Ansteckungsgefahr die Krankenkommunion mit einer Art Löffel zu reichen, an dessen Ende sich eine Lunula (wie in einer Monstranz) befand, siehe Bild. Heute wissen wir mehr über ansteckende Krankheiten, und dass es ratsam wäre, sich erst gar nicht im selben Raum aufzuhalten wie ein Pestkranker. Aber wir sehen: Auch in der Vergangenheit ging man nicht von einer magischen Aura der Eucharistie aus, die eine Ansteckung verhindert, sondern man ergriff dem aktuellen Verständnis der Krankheiten entsprechende Vorsichtsmaßnahmen.

Wer nun die Erkenntnisse der modernen Medizin verschmäht und meint, die Eucharistie würde ihn vor Ansteckung bewahren, der offenbart m.E. ein falsches Eucharistieverständnis. Wunder gibt es, seien sie eucharistisch oder Heilungswunder an besonderen Gnadenorten. Aber Wunder kann man nicht verallgemeinern und schon gar nicht voraussetzen oder garantieren, das wäre schon fast gotteslästerlich und erinnert an die Versuchungen Jesu in der Wüste, von denen wir dieser Tage erst wieder in der Messe gehört haben. Auch Weihwasser oder Lourdeswasser ist kein Zaubermittel: Auch dieses ist den physikalischen und chemischen Gesetzlichkeiten unterworfen. Diesem vergänglichen Wasser wundersamere Eigenschaften zuzusprechen als den vergänglichen Gestalten der hl. Eucharistie grenzt m.E. schon an Götzendienst.
Nochmal: früher ergriff man auch adäquate Vorsichtsmaßnahmen. Im Übrigen geht es nicht nur um einen selbst, sondern auch um die Gesundheit aller anderen!

Ich halte nichts von Panikmache. Klugheit und Achtsamkeit sollte man deshalb trotzdem nicht vernachlässigen. Es geht nicht nur um den eigenen Schutz, sondern auch den der anderen. Wenn z.B. ein Infizierter auf dem Empfang durch Mundkommunion besteht, er selbst oder der Priester aber nicht in der Lage ist, sie so zu spenden bzw. zu empfangen, dass ein Kontakt zwischen Zunge und Fingern ausgeschlossen ist, dann ist das ein echtes Übertragungsrisiko.
Es ist nicht so schwer: Hände oft waschen und desinfizieren, in die Innenseite der Ellenbogen husten statt in die Hand, möglichst wenig mit den Händen berühren, bei Mund- wie auch bei der Handkommunion Kontakt vermeiden, was oft bei der Handkommunion einfacher ist: Wenn man den Priester nicht kennt ist nicht klar, ob er richtig Mundkommunion reichen kann, gleichfalls sind aus Sicht des Priesters oft Gläubige nicht recht in der Lage, sie zu empfangen, wenn sie etwa "zuschnappen" oder sich unerwartet nach vorne bewegen.

Der Empfang der hl. Kommunion in ein auf der rechten Hand liegendes Tuch scheint mir übrigens keine sinnvolle Lösung zu sein. Die Praxis geht auf die Zeit zwischen dem 4. und 9. Jahrhundert zurück und betraf nur Frauen. Sie kam aus der Mode, als die Handkommunion aus der Mode kam. In der alten Praxis wurde der Leib des Herrn nicht auf die linke Hand gelegt und mit der Rechten Hand aufgenommen und zum Mund geführt, wie es heute Usus ist, sondern er wurde auf der Rechten Handfläche empfangen und dann direkt sumiert, indem der Kommunikant den Kopf zur Hand neigte und mit dem Mund den Leib des Herrn aufnahm. Diese Praxis war sinnvoll, solange es sich bei der eucharistischen Gestalt des Leibes Christi noch um "richtige" (gesäuerte) Brotstücke etwa in Würfelform handelte, die auf die beschriebene Weise leicht aufzunehmen waren. Mit unseren heutigen flachen (ungesäuerten) Hostien würde sich diese Praxis m.E. als ziemlich problematisch in der Durchführung erweisen. Von der Problematik der Reinigung dessen, was dann faktisch ein Corporale (oder: Dominicale) ist, ganz zu schweigen.


Zu guter Letzt bleibt immer noch die geistige bzw. geistliche Kommunion (vgl. meine Ausführungen dazu HIER). Für alle, die keine Handkommunion machen wollen, kann ich diese Form wärmstens empfehlen.
Die Eucharistie ist v.a. Nahrung für das ewige Leben, insofern bleibt neben hygienischen Fragen die wichtigste zu beachtende Sache immer noch die rechte Disposition zum Empfang des Sakraments. Eine Beichte mag zwar auch nicht vor einer viralen Ansteckung schützen, aber sie sorgt dafür, dass die Eucharistie fruchtbar werden kann, ob nun Mund-, Hand- oder geistige Kommunion. Es ist durchaus befremdlich, dass man dieser Tage von unseren Bischöfen und Priestern so viel über hygienische Fragen zum Kommunionempfang hört, aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal etwas zur noch viel schwerwiegenderen moralischen Disposition und zum würdigen Empfang gehört habe... Das betrifft dann v.a. das ewige Heil, aber auch schon das irdische Wohl: »Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne den Leib zu unterscheiden, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt. Deswegen sind unter euch viele schwach und krank und nicht wenige sind schon entschlafen.« (1Kor 11,27-30)

Das Bild stammt aus: A. Schmid, Cæremoniale für Priester, Leviten, Ministranten und Sänger, Kempten/München 1906.

1 Kommentar:

  1. Hier praktische Hilfen:
    https://traditionundglauben.com/sonntagspflicht-in-zeiten-gesundheitlicher-gefahren-missa-in-tempore-moro/

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